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Selbstbeteiligung – Bedeutung, Rechtliche Grundlagen, Beispiele, Vor- und Nachteile

Die Selbstbeteiligung, auch bekannt als Selbstbehalt, Eigenanteil oder Zuzahlung, beschreibt den Anteil, den der Versicherungsnehmer im Schadenfall selbst tragen muss. Dieser Mechanismus findet vor allem bei Kfz-Versicherungen Anwendung, ist aber auch in vielen anderen Versicherungssparten zu finden. In diesem Beitrag werfen wir einen detaillierten Blick auf die rechtlichen und praktischen Aspekte der Selbstbeteiligung, insbesondere im Zusammenhang mit der Kfz-Versicherung, und beleuchten ihre Bedeutung sowie die Vor- und Nachteile.

I. Was bedeutet Selbstbeteiligung?

Der Begriff der Selbstbeteiligung beschreibt den vertraglich festgelegten Betrag, den ein Versicherungsnehmer im Schadensfall selbst zu tragen hat. Dies bedeutet, dass die Versicherung erst dann einspringt, wenn die Schadenssumme die Höhe der vereinbarten Selbstbeteiligung übersteigt. Somit bleibt ein Teil des Risikos beim Versicherungsnehmer.

 

1. Die Selbstbeteiligung als finanzielles Risiko

Der finanzielle Charakter der Selbstbeteiligung stellt für den Versicherungsnehmer ein Eigenrisiko dar. Die Versicherung übernimmt im Schadenfall nur die Kosten, die über den Betrag der Selbstbeteiligung hinausgehen. Das bedeutet, dass der Versicherungsnehmer bei jedem Schaden selbst einen Teil der Kosten übernehmen muss, bevor die Versicherung zahlt. In der Praxis könnte dies beispielsweise bedeuten, dass bei einer Reparatur, die 1.000 Euro kostet und einer vereinbarten Selbstbeteiligung von 300 Euro, die Versicherung lediglich die verbleibenden 700 Euro übernimmt.

Dieses Modell wirkt sich direkt auf die Prämienhöhe aus: Je höher der Betrag des Eigenanteils, desto geringer sind in der Regel die monatlichen oder jährlichen Versicherungsprämien. Grund dafür ist, dass der Versicherungsnehmer im Schadenfall selbst einen Teil des Risikos trägt, was die Versicherung entlastet. Dadurch werden die Beiträge günstiger.

 

2. Anwendung in verschiedenen Versicherungssparten

  1. Kfz-Versicherung: Die Selbstbeteiligung ist insbesondere in der Kaskoversicherung (Teilkasko und Vollkasko) üblich. Bei der Kfz-Haftpflichtversicherung ist eine Zuzahlung hingegen nicht vorgesehen, da der Gesetzgeber sicherstellen will, dass Geschädigte vollständig entschädigt werden, ohne dass der Versicherungsnehmer finanzielle Einbußen erleidet. In der Kaskoversicherung wählen Versicherungsnehmer häufig eigene Zuzahlungsanteile zwischen 150 und 1.000 Euro, abhängig von ihrer Risikobereitschaft und den finanziellen Möglichkeiten.
  2. Private Krankenversicherung: Auch in der privaten Krankenversicherung gibt es häufig Selbstbeteiligungen. Diese können entweder als fester Betrag pro Jahr oder als Anteil an den Behandlungskosten vereinbart werden. Je höher die Selbstbeteiligung, desto günstiger wird in der Regel der monatliche Versicherungsbeitrag. Eine bekannte Variante ist die jährliche Selbstbeteiligung, bei der Versicherungsnehmer bis zu einem bestimmten Betrag pro Jahr ihre medizinischen Ausgaben selbst tragen. Erst wenn dieser Betrag überschritten wird, übernimmt die Versicherung die weiteren Kosten.
  3. Rechtschutzversicherung: In der Rechtschutzversicherung ist die Selbstbeteiligung ebenfalls üblich. Sie dient dazu, den Versicherten zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Rechtsstreitigkeiten anzuhalten. Durch die Eigenbeteiligung vermeidet die Versicherung die Kosten von Bagatellstreitigkeiten, die den Verwaltungsaufwand erhöhen würden. Der Versicherungsnehmer entscheidet selbst, ob es sich lohnt, einen Rechtsstreit auf eigene Kosten zu führen oder ob er die Zuzahlung in Kauf nimmt, um den Fall durch die Versicherung abwickeln zu lassen.

 

3. Absolute und prozentuale Selbstbeteiligung

Es gibt zwei Haupttypen der Selbstbeteiligung, die je nach Versicherungsart und Vertrag zur Anwendung kommen:

  1. Absolute Selbstbeteiligung: Bei dieser Form des Selbstbehalts handelt es sich um einen festen Betrag, der bei jedem Schadenfall fällig wird. Der Versicherungsnehmer zahlt also immer denselben Betrag, unabhängig von der Höhe des Schadens. Ein klassisches Beispiel wäre eine Kfz-Versicherung, bei der eine Selbstbeteiligung von 300 Euro vereinbart ist. Wenn ein Schaden in Höhe von 1.000 Euro entsteht, trägt der Versicherte die ersten 300 Euro, und die Versicherung übernimmt die restlichen 700 Euro.
  2. Prozentuale Selbstbeteiligung: Hier wird die Höhe der Selbstbeteiligung als Prozentsatz der Gesamtkosten festgelegt. Dieser Anteil kann beispielsweise bei 20 % liegen. Das bedeutet, dass der Versicherungsnehmer im Schadenfall einen Teil der Kosten proportional zum Schadenswert übernimmt. Ein Beispiel aus der Krankenversicherung: Der Versicherte könnte vereinbaren, 20 % der Behandlungskosten selbst zu tragen. Wenn eine Behandlung 1.000 Euro kostet, zahlt er 200 Euro, während die Versicherung die restlichen 800 Euro übernimmt.

 

4. Warum wird die Selbstbeteiligung vereinbart?

Der Hauptgrund für die Vereinbarung eines Selbstbehalts liegt in der Beitragssenkung. Da der Versicherungsnehmer durch die Selbstbeteiligung einen Teil des Risikos trägt, sinken die Kosten für die Versicherung. Diesen Vorteil gibt die Versicherung in Form niedrigerer Prämien an den Kunden weiter. Besonders für Versicherte, die nur selten Schäden erleiden oder bereit sind, kleinere Schäden selbst zu tragen, kann sich eine hohe Selbstbeteiligung lohnen, da sie so dauerhaft niedrigere Beiträge zahlen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Vermeidung von Bagatellschäden. Durch die Eigenanteil an der Schadenssumme wird der Versicherungsnehmer angehalten, Schäden nur dann zu melden, wenn diese über dem vereinbarten Selbstbehalt liegen. Dadurch verringert sich der Verwaltungsaufwand für die Versicherung, und der Versicherungsnehmer vermeidet es, wegen kleiner Schäden in eine schlechtere Schadenfreiheitsklasse eingestuft zu werden – besonders relevant bei der Kfz-Versicherung.

 

II. Relevante Rechtsnormen

Die rechtlichen Grundlagen der Selbstbeteiligung in Versicherungsverträgen basieren auf vertraglichen Vereinbarungen zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer. Obwohl diese Regelungen primär privatrechtlicher Natur sind, greifen in bestimmten Fällen gesetzliche Vorgaben, die den Rahmen für jenen Eigenanteil genauer festlegen. Im Folgenden werden einige der wichtigsten Rechtsnormen zur Selbstbeteiligung, insbesondere im Kontext der Kfz- und Krankenversicherung, erläutert.

 

1. Versicherungsvertragsgesetz (VVG)

Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) stellt die rechtliche Grundlage für Versicherungsverträge dar. Es regelt die Rechte und Pflichten sowohl des Versicherers als auch des Versicherungsnehmers. Eine zentrale Bestimmung in Bezug auf die Selbstbeteiligung findet sich in § 193 Absatz 3 VVG, der sich auf die private Krankenversicherung bezieht. Diese Vorschrift begrenzt diese eigene Beteiligung auf 5.000 Euro pro Jahr, um Versicherungsnehmer vor einer übermäßigen finanziellen Belastung zu schützen. es ist besonders wichtig, da private Krankenversicherungen eine Vielzahl von Gesundheitsleistungen abdecken, die im Laufe eines Jahres hohe Kosten verursachen können.

 

2. Allgemeine Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB)

In der Kfz-Versicherung spielen die Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) eine entscheidende Rolle. Diese allgemeinen Geschäftsbedingungen regeln die Details der vertraglichen Beziehungen zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer. Die Selbstbeteiligung ist in den AKB ein fester Bestandteil des Vertragsverhältnisses. Es wird dabei genau festgelegt, wann und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer im Schadenfall einen Eigenanteil zu tragen hat.

Typischerweise können Versicherungsnehmer in den AKB zwischen verschiedenen Selbstbeteiligungsstufen wählen, was den Versicherten die Möglichkeit gibt, ihre Beiträge durch eine höhere Eigenbeteiligung zu senken. Dabei ist zu beachten, dass jede Schadensregulierung, die unterhalb der Höhe des Selbstbehalts liegt, vollständig vom Versicherungsnehmer getragen wird, während die Versicherung nur den Teil des Schadens übernimmt, der diese übersteigt.

In den AKB wird ebenfalls klargestellt, dass in der Kfz-Haftpflichtversicherung keine Selbstbeteiligung vorgesehen ist. Der Gesetzgeber hat dies bewusst ausgeschlossen, um sicherzustellen, dass geschädigte Dritte im Straßenverkehr vollständig entschädigt werden und nicht auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unfallverursachers angewiesen sind.

 

III. Selbstbeteiligung bei der Kfz-Versicherung

Die Selbstbeteiligung ist besonders in der Kfz-Versicherung von großer Bedeutung, da sie dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit bietet, die Höhe seiner Beiträge aktiv zu beeinflussen. Sie kommt insbesondere in der Teilkasko- und Vollkaskoversicherung zur Anwendung, während sie bei der Kfz-Haftpflichtversicherung – wie bereits erwähnt – nicht vorgesehen ist.

 

1. Teilkasko Selbstbeteiligung

In der Teilkaskoversicherung deckt die Versicherung Schäden ab, die durch äußere Einflüsse wie Diebstahl, Sturm, Hagel oder Wildunfälle entstehen. Für diese Art von Versicherung können Versicherungsnehmer eine Selbstbeteiligung vereinbaren, typischerweise in einer Höhe von 150 Euro oder 300 Euro. Diese Selbstbeteiligung wird fällig, sobald ein Schaden gemeldet wird. Je höher die Selbstbeteiligung, desto niedriger fällt der monatliche oder jährliche Beitrag aus. Versicherungsnehmer, die bereit sind, kleinere Schäden selbst zu tragen, können auf diese Weise ihre Versicherungsprämien spürbar senken.

Die Selbstbeteiligung in der Teilkasko ist besonders bei häufigen Bagatellschäden sinnvoll, da diese in der Regel unterhalb der Höhe der Selbstbeteiligung liegen und somit nicht von der Versicherung reguliert werden. Durch die Übernahme dieser Kosten durch den Versicherungsnehmer spart die Versicherung Verwaltungsaufwand und der Versicherungsnehmer vermeidet es, seine Schadenfreiheitsklasse zu gefährden.

 

2. Vollkasko Selbstbeteiligung

Die Vollkaskoversicherung umfasst alle Leistungen der Teilkaskoversicherung und bietet darüber hinaus zusätzlichen Schutz bei selbstverschuldeten Unfällen oder Vandalismusschäden. Auch hier kann der Versicherungsnehmer eine Selbstbeteiligung vereinbaren, wobei Beträge zwischen 300 Euro und 1.000 Euro gängig sind. Wie bei der Teilkasko gilt: Je höher die Selbstbeteiligung, desto niedriger die Versicherungsprämie.

Ein Versicherungsnehmer kann durch eine Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung von einer deutlich geringeren monatlichen Belastung profitieren. Besonders bei hochwertigen Fahrzeugen oder Leasingfahrzeugen ist es jedoch wichtig, dass der Versicherte in der Lage ist, den Selbstbehalt im Schadenfall auch tatsächlich aufzubringen.

Ein Rechenbeispiel verdeutlicht den Zusammenhang zwischen dem eigenen Anteil an der Schadenssumme und der Versicherungsprämie: Ein Versicherungsnehmer, der eine Vollkasko ohne Selbstbeteiligung abschließt, zahlt möglicherweise 600 Euro jährlich. Mit einer Selbstbeteiligung von 300 Euro könnte der Beitrag auf 450 Euro sinken, was einer Ersparnis von 150 Euro entspricht – also rund 25 Prozent.

 

IV. Vor- und Nachteile der Selbstbeteiligung

Die Entscheidung für eine Versicherung mit Selbstbeteiligung hängt von der individuellen Risikobereitschaft und finanziellen Situation des Versicherten ab. Im Folgenden werden die wichtigsten Vor- und Nachteile zusammengefasst:

Vorteile

  1. Günstigere Versicherungsprämien: Je höher der Selbstbehalt, desto niedriger sind die laufenden Kosten der Versicherung. Dies kann insbesondere für Fahrer mit einer guten Schadenshistorie von Vorteil sein.
  2. Vermeidung von Bagatellschäden: Versicherte melden oft keine kleineren Schäden, um eine Rückstufung in der Schadenfreiheitsklasse zu vermeiden. Dies spart der Versicherung Verwaltungskosten und führt zu einer Prämienersparnis für den Versicherten.
  3. Förderung von Eigenverantwortung: Durch die Selbstbeteiligung wird der Versicherte angehalten, sorgfältiger mit dem versicherten Gut umzugehen und Risiken zu vermeiden.

Nachteile

  1. Hohe Kosten bei häufigen Schäden: Wenn ein Versicherter mehrere Schäden erleidet, die unterhalb der Selbstbeteiligungsschwelle liegen, muss er alle Kosten selbst tragen. Dies kann die erwartete Ersparnis schnell aufbrauchen.
  2. Finanzielle Belastung im Schadenfall: Ein hoher Selbstbehalt kann im Schadensfall zu einer erheblichen finanziellen Belastung führen. Versicherte sollten daher sicherstellen, dass sie den eigenen Anteil problemlos aufbringen können.

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