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Leasingvertrag / Leasing (§§ 535 ff. BGB analog): Rechtliche Einordnung, Definition, Finanzierungsleasing und operatives Leasing

Ein Leasingvertrag stellt eine komplexe und vielschichtige Sonderform des Vertragsrechts dar, die trotz ihrer Ähnlichkeit mit dem Mietvertrag (§§ 535 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)) durch besondere Charakteristika und Regelungen gekennzeichnet ist. Dieses Vertragsmodell, welches seinen Ursprung im englischen Begriff „to lease“ – zu Deutsch „mieten“ oder „pachten“ – findet, umfasst eine breite Palette an Anwendungsmöglichkeiten, die von Fahrzeugen über Immobilien bis hin zur EDV-Ausstattung reichen. Der vorliegende Beitrag beleuchtet den Leasingvertrag in seiner juristischen Tiefe, indem er die Definition, Abgrenzung zu verwandten Vertragsarten, Arten des Leasings sowie zentrale rechtliche Fragestellungen umfassend darlegt.

I. Definition von Leasing und rechtliche Abgrenzung

Die Definition und Abgrenzung eines Leasingvertrags zu ähnlichen Vertragsformen wie dem Miet- und Pachtvertrag bedarf einer präzisen juristischen Betrachtung, die insbesondere die Charakteristika und spezifischen Regelungen des Leasings hervorhebt. Im Zentrum steht dabei die differenzierte Analyse der Vertragsinhalte und der rechtlichen Einordnung, die dem Leasing seine einzigartige Stellung im Vertragsrecht verleiht.

 

1. Definition des Leasingvertrags

Ein Leasingvertrag ist ein terminus technicus des Vertragsrechts, der eine besondere Form des Dauerschuldverhältnisses darstellt. Charakteristisch für das Leasing ist die Überlassung eines Wirtschaftsguts (Leasinggegenstand) vom Leasinggeber an den Leasingnehmer gegen Zahlung einer Leasingrate. Dies ermöglicht dem Leasingnehmer die Nutzung des Gegenstands für einen definierten Zeitraum, ohne dass das Eigentum am Gegenstand selbst übergeht. Der Begriff “Leasing” leitet sich vom englischen “to lease” ab, was so viel wie “mieten” oder “pachten” bedeutet, was bereits auf die mietähnliche Struktur des Leasings hinweist.

 

2. Abgrenzung von Leasing zu Miete und Pacht

Trotz der Ähnlichkeiten mit Mietverträgen (§§ 535 ff. BGB) unterscheidet sich der Leasingvertrag in mehreren wesentlichen Punkten:

  • Übertragung von Verpflichtungen: Im Gegensatz zu den meisten Mietverhältnissen, bei denen der Vermieter für Wartung und Instandhaltung des Mietgegenstandes zuständig ist, werden diese Verpflichtungen beim Leasingvertrag häufig auf den Leasingnehmer übertragen. Dies impliziert eine größere Verantwortung und teilweise auch ein höheres Risiko für den Leasingnehmer.
  • Vertragslaufzeit und Kaufoption: Während Mietverträge oft auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden, sind Leasingverträge in der Regel durch eine feste Laufzeit charakterisiert. Zudem beinhalten Leasingverträge häufig eine Kaufoption für den Leasingnehmer, was ihm die Möglichkeit gibt, den Leasinggegenstand nach Ende der Vertragslaufzeit zu erwerben. Diese Option ist bei Mietverhältnissen unüblich.
  • Wirtschaftliche Zurechnung: Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal liegt in der wirtschaftlichen Zurechnung des Leasinggegenstands. Beim Finanzierungsleasing tendiert die wirtschaftliche Zurechnung zum Leasingnehmer, was eine Annäherung an Kaufverträge impliziert, während beim Operate-Leasing der Leasinggegenstand dem Leasinggeber wirtschaftlich zuzurechnen bleibt.

 

3. Wie lässt sich der Leasingvertrag rechtlich einordnen?

Die rechtliche Einordnung des Finanzierungsleasings unter den Leasingverträgen ist ein komplexes und facettenreiches Thema, das in der juristischen Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich diskutiert wird.

Finanzierungsleasing als atypischer Mietvertrag: Die überwiegende Meinung in der Rechtsprechung und einem Teil der juristischen Literatur sieht das Finanzierungsleasing als eine atypische Form des Mietvertrages an. Der Schwerpunkt dieses Vertragstyps liegt in der Gebrauchsüberlassung des Leasinggegenstandes an den Leasingnehmer, wobei der Leasinggeber primär die Finanzierungsfunktion übernimmt und somit keine traditionellen mietrechtlichen Gewährleistungs- oder Instandhaltungspflichten trägt. Folglich finden die §§ 535 ff. BGB entsprechend, jedoch nur analog Anwendung, da die atypische Interessenlage der Parteien berücksichtigt werden muss. Die Atypizität begründet sich insbesondere durch die Übertragung der Sach- und Preisgefahr sowie die Ausschluss- bzw. Drittverweisungsklauseln hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche.

Finanzierungsleasing als typengemischter Vertrag: Eine alternative Sichtweise begreift das Finanzierungsleasing als einen typengemischten Vertrag, der sowohl Elemente eines Kreditvertrags als auch eines Geschäftsbesorgungsvertrags gemäß § 675 Absatz 1 BGB enthält. Diese Interpretation stützt sich auf die Tatsache, dass der Ankauf und die Überlassung des Leasinggegenstandes als eine Art Geschäftsbesorgung für den Leasingnehmer betrachtet werden können, wobei die Leasingraten eher einem kreditierten Aufwendungsersatz gleichkommen. Gegen die Einordnung des Finanzierungsleasings als typengemischten Geschäftsbesorgungsvertrag mit Darlehenstyp spricht, dass der Leasinggeber primär ein eigenes Geschäft führt, indem er selbst Eigentümer des Leasinggegenstandes wird und dieses Eigentum nicht im Sinne einer klassischen Geschäftsbesorgung an den Geschäftsherrn weitergibt. Der Fokus auf die Gebrauchsüberlassung mit einer zusätzlichen Finanzierungskomponente rückt das Finanzierungsleasing näher an den typischen Mietvertrag, wobei die spezifische Ausgestaltung der Vertragsbedingungen, wie die Festlegung einer Laufzeit und die Vollamortisation, eine analoge Anwendung mietrechtlicher Vorschriften nahelegt.

Finanzierungsleasing als Vertrag sui generis: Ein weiterer Ansatz sieht das Finanzierungsleasing als einen Vertrag sui generis, also als einen eigenständigen Vertragstyp, der keinem der im BGB explizit aufgeführten Vertragstypen zugeordnet werden kann. Diese Sichtweise betont die Notwendigkeit, auf allgemeines Schuldrecht zurückzugreifen, um die spezifischen Eigenheiten und die atypische Interessenlage im Finanzierungsleasing angemessen zu adressieren.

Schlussfolgerung: Die Ansicht, dass es sich um einen – atypischen – Mietvertrag handelt, erscheint aufgrund der Gebrauchsüberlassung und der analogen Anwendung der §§ 535 ff. BGB als besonders tragfähig, erfordert jedoch eine flexible Handhabung, um den Besonderheiten des Finanzierungsleasings gerecht zu werden.

 

II. Welche Arten von Leasingverträgen sind zu unterscheiden?

Die verschiedenen Arten von Leasingverträgen, insbesondere das Finanzierungsleasing und das Operative Leasing, weisen charakteristische Unterschiede auf, die ihre jeweilige Anwendung in der Praxis bestimmen. Diese Unterschiede betreffen die Vertragsdauer, die Kündigungsmöglichkeiten, die Amortisation, sowie die Risikoverteilung. Eine detaillierte Betrachtung dieser Aspekte ermöglicht ein tieferes Verständnis der jeweiligen Leasingmodelle.

Finanzierungsleasing: Das Finanzierungsleasing zeichnet sich durch mittel- bis langfristige Vertragslaufzeiten aus, während derer das Leasingverhältnis aus steuerlichen Gründen in der Regel nicht kündbar ist. Der primäre Zweck besteht in der Vollamortisation des Leasingobjekts, d.h., der Leasingnehmer finanziert über die Leasingraten den vollständigen Kaufpreis inklusive der Finanzierungskosten. Darüber hinaus ist es üblich, dass dem Leasinggeber ein Gewinn verbleibt. Die Leasingraten sind so kalkuliert, dass sie diese Kosten vollständig abdecken.

Eine charakteristische Dreiecksbeziehung entsteht zwischen dem Leasinggeber, dem Leasingnehmer und dem Lieferanten: Der Leasingnehmer wählt ein Leasingobjekt aus, das der Leasinggeber vom Lieferanten erwirbt und anschließend dem Leasingnehmer zur Nutzung überlässt. Ein wesentliches Merkmal des Finanzierungsleasings ist die Überwälzung der Wartungs-, Instandsetzungsleistungen sowie der Sach- und Preisgefahr auf den Leasingnehmer. Zudem wird die mietvertragliche Gewährleistung ausgeschlossen, stattdessen tritt der Leasinggeber seine kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche gegen den Lieferanten an den Leasingnehmer ab (sogenannnte Drittverweisungsklausel). Am Ende der Leasingdauer kann der Leasingnehmer das Objekt zurückgeben oder ein vereinbartes Optionsrecht, z.B. auf Kauf, ausüben.

Operatives Leasing: Im Gegensatz dazu ist das Operative Leasing kurzfristiger angelegt und bietet den Parteien größere Flexibilität. Die Verträge erlauben es beiden Seiten, bei Einhaltung einer vorher bestimmten Frist, jederzeit zu kündigen. Das heißt, es besteht keine Bindung an eine feste Leasingdauer. Das Operative Leasing dient der temporären Nutzung von Investitionsgütern, ohne die Absicht des Eigentumserwerbs und ohne die Übernahme der damit verbundenen Risiken. Diese Risiken, einschließlich der Verantwortung für Wartung und Instandhaltung des Leasingobjekts, verbleiben beim Leasinggeber. Das Operative Leasing eignet sich daher besonders für Unternehmen, die flexibel auf kurzfristigen Bedarf an Investitionsgütern reagieren möchten, ohne langfristige finanzielle Verpflichtungen einzugehen.

 

III. Problembereiche und Herausforderungen von Leasingverträgen

Gewährleistungsrechte: Ein zentraler Problembereich betrifft die Gewährleistungsrechte des Leasingnehmers. Da die mietrechtliche Gewährleistung oft ausgeschlossen wird, ist die Praxis der Drittverweisungsklausel, bei der der Leasinggeber seine Gewährleistungsansprüche gegen den Lieferanten an den Leasingnehmer abtritt, von besonderer Bedeutung. Dies wirft Fragen hinsichtlich der Durchsetzbarkeit und der praktischen Handhabung solcher Ansprüche auf.

Insolvenz des Leasingnehmers oder Leasinggebers: Im Falle einer Insolvenz des Leasingnehmers oder Leasinggebers ergeben sich komplexe rechtliche Fragestellungen bezüglich der Rechte an dem Leasingobjekt und der Fortführung des Leasingverhältnisses. Die Einordnung des Leasingvertrags kann erhebliche Auswirkungen auf die Behandlung des Leasinggegenstands im Insolvenzverfahren haben.

Verbraucherschutz: Die Anwendung von Verbraucherschutzvorschriften auf Leasingverträge, insbesondere bei Verbraucherleasing, ist ein weiteres diskutiertes Thema. Hier steht insbesondere die Frage im Raum, inwieweit Verbraucher vor ungünstigen Vertragsbedingungen und unklaren Risikoverteilungen geschützt werden können.

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