Online Scheidung in Deutschland: Trennung per Klick möglich?

Die digitale Scheidung (nachfolgend: online Scheidung) gewinnt in Deutschland zunehmend an Bedeutung. Mit dem Voranschreiten der Digitalisierung suchen viele Menschen nach effizienteren und digitaleren Möglichkeiten, rechtliche Verfahren zu handhaben. Hierzu erfährt insbesondere das Familienrecht durch neue technologische Möglichkeiten eine bedeutende Transformation. Die online Scheidung ist ein Paradebeispiel dafür, wie traditionelle Verfahren durch die Nutzung des Internets neu gestaltet werden. Doch was bedeutet das konkret für die Beteiligten, und wie verläuft ein solches modernisiertes Scheidungsverfahren?

Die Ehe, traditionell ein Bund fürs Leben, kann manchmal an den Realitäten des Alltags scheitern. Eine Scheidung ist daher mehr als nur ein formeller Akt; sie ist ein bedeutender Lebenswandel, der emotionale, soziale und wirtschaftliche Veränderungen mit sich bringt. Diese Veränderungen erfordern eine sorgfältige und kompetente Handhabung, um die Rechte und das Wohl aller Beteiligten zu wahren.

Mit dem Aufkommen der online Scheidung hat sich eine neue Dimension eröffnet. Dieser Ansatz nutzt digitale Technologien, um den Scheidungsprozess effizienter und flexibler zu gestalten. Der Zugang zu rechtlicher Beratung und Unterstützung wird dadurch erleichtert, was besonders für berufstätige oder im Ausland lebende Personen von Vorteil ist. Dennoch ist die mündliche Verhandlung vor Gericht, bei der beide Ehepartner anwesend sein müssen, weiterhin ein zentraler Bestandteil des Verfahrens.

Demgegenüber illustriert ein internationaler Fall aus England, bei dem eine Scheidung irrtümlich in nur 21 Minuten vollzogen wurde, auch die potenziellen Fallstricke der Digitalisierung im Rechtswesen. Es bleibt insofern die Aufgabe des Rechtssystems, diese technologischen Neuerungen so zu integrieren, dass sie das Verfahren verbessern, ohne die rechtliche Integrität oder das persönliche Wohlergehen der Beteiligten zu gefährden.

Dieser Artikel bietet eine detaillierte Übersicht über das Konzept der online Scheidung, beleuchtet die juristischen Grundlagen und diskutiert den Ablauf sowie spezielle Fälle, wie jenen skurrilen Vorfall einer irrtümlichen online Scheidung in England.

I. Allgemeine Hintergründe zur Scheidung

Die Entscheidung, eine Ehe zu beenden, ist oft das Resultat einer langen Phase persönlicher und beziehungsspezifischer Konflikte. Eine Scheidung markiert das rechtliche Ende einer Ehe und hat tiefgreifende soziale, rechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen für die beteiligten Personen.

Bedeutung und Entwicklung der Scheidung:

Historisch betrachtet war die Scheidung in vielen Kulturen ein gesellschaftliches Tabu und nur unter strengen Bedingungen möglich. In Deutschland hat sich das Scheidungsrecht über die Jahrzehnte signifikant gewandelt, wobei das moderne Verständnis von Ehe und Partnerschaft zunehmend auf individuelles Glück und persönliche Entfaltung abzielt. In Deutschland ist die Scheidungsrate im internationalen Vergleich gleichwohl moderat, dennoch zeigen Statistiken, dass jede dritte Ehe in Deutschland geschieden wird.  Die Gründe für Scheidungen sind vielfältig und oft komplex. Häufig genannte Ursachen sind unüberbrückbare Differenzen, Kommunikationsprobleme, Untreue oder finanzielle Streitigkeiten. Jede Scheidung ist jedoch einzigartig und die spezifischen Umstände variieren von Fall zu Fall.

Auswirkungen einer Scheidung:

Die Auswirkungen einer Scheidung erstrecken sich weit über das rechtliche Verfahren hinaus. Betroffene erleben oft eine Achterbahn der Gefühle, einschließlich Trauer, Wut, Erleichterung und Unsicherheit über die Zukunft. Auch die sozialen Beziehungen können sich verändern, wobei Freundschaften und Familien unter dem Druck der neuen Umstände leiden können.

Wirtschaftlich kann eine Scheidung ebenfalls bedeutende Veränderungen mit sich bringen. Die Aufteilung des gemeinsamen Vermögens, die Regelung des Unterhalts sowie die Aufteilung von Schulden sind kritische Aspekte, die sorgfältig geregelt werden müssen, um finanzielle Nachteile für beide Parteien zu minimieren. Angesichts der Komplexität und Tragweite der Entscheidung ist professionelle Unterstützung durch einen qualifizierten Anwalt unerlässlich. Beratungsangebote können nicht nur rechtlich, sondern auch emotional unterstützen und dabei helfen, die bestmögliche Lösung für alle Beteiligten zu finden.

 

II. Juristische Grundlagen zur Scheidung

Die Scheidung einer Ehe in Deutschland ist ein rechtlich streng reguliertes Verfahren, das tief in den Strukturen des Familienrechts verankert ist. Die rechtlichen Grundlagen sind vor allem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie in dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) festgelegt. Dieser Abschnitt erläutert die juristischen Details, die eine Scheidung in Deutschland umrahmen.

Gesetzliche Regelungen:

Die wesentliche Norm für die Scheidung von Ehen in Deutschland ist § 1564 BGB, der festlegt, dass eine Ehe nur durch gerichtliches Urteil aufgehoben werden kann und das nur, wenn die Ehe gescheitert ist. Das Scheitern der Ehe wird dabei als der Zustand definiert, in dem die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und keine Aussicht darauf besteht, dass die Ehegatten sie wiederherstellen.

Im Übrigen ist es essentiell, den Unterschied zwischen einer Eheaufhebung und einer Ehescheidung zu verstehen. Während eine Ehescheidung das Ende einer rechtlich anerkannten ehelichen Gemeinschaft darstellt, hebt die Eheaufhebung die Ehe aufgrund eines Fehlers bei ihrer Schließung rückwirkend auf.

Voraussetzungen für die Scheidung:

Gemäß § 1565 Absatz 1 BGB kann eine Ehe geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Hierzu gibt es die Regelvermutung des § 1566 BGB, die von einem Scheitern der Ehe ausgeht, wenn die Ehegatten ein Jahr getrennt leben (§ 1566 Absatz 2 BGB) und beide die Scheidung beantragen, oder der Antragsgegner ihr zustimmt. Leben die Ehegatten bereits seit drei Jahren getrennt, so wird die Ehe unwiderlegbar als gescheitert angesehen, unabhängig von der Zustimmung des anderen Ehegatten. In bestimmten Ausnahmefällen kann eine Ehe auch vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden. § 1565 Absatz 2 BGB sieht vor, dass die Fortsetzung der Ehe eine unzumutbare Härte für den Antragsteller darstellen würde, insbesondere aufgrund schwerwiegender Gründe, die in der Person des anderen Ehegatten liegen. Solche Gründe können schwerwiegende Fälle von physischer oder psychischer Gewalt sein oder andere gravierende Verletzungen der ehelichen Fürsorgepflichten.

Verfahrensrechtliche Aspekte

Das Verfahren zur Scheidung einer Ehe ist im FamFG geregelt. Gemäß § 113 FamFG sind Familiensachen, zu denen auch die Ehescheidungen zählen, grundsätzlich vor den Familiengerichten zu verhandeln. Das Verfahren beginnt formell mit dem Antrag eines Ehegatten auf Scheidung, der durch einen Rechtsanwalt beim zuständigen Familiengericht eingereicht werden muss (Anwaltszwang nach § 114 FamFG). Auch bei einer online Scheidung ist eine mündliche Verhandlung vor Gericht erforderlich. Ist ein Anwalt an diesem Tag verhindert, kann eine Terminsvertretung sicherstellen, dass das Verfahren dennoch ohne Verzögerung fortgesetzt wird.

Rolle des Familiengerichts:

Das Familiengericht prüft die Voraussetzungen für die Scheidung, einschließlich des Trennungsjahres und der gescheiterten Ehe. Zudem wird im Rahmen des Verfahrens geklärt, wie mit gemeinsamen Kindern, finanziellen Ansprüchen und dem gemeinsamen Vermögen umgegangen wird. Das Gericht setzt einen Termin für die mündliche Verhandlung fest, bei der beide Ehepartner anwesend sein müssen, es sei denn, das Gericht lässt aus besonderen Gründen eine Ausnahme zu.

Scheidungsfolgen:

Die Folgen einer Scheidung sind in verschiedenen rechtlichen Bestimmungen geregelt, die die Rechte und Pflichten der beteiligten Parteien definieren. Hier sind die wichtigsten Aspekte aufgeführt:

  • Versorgungsausgleich (§ 1587 BGB): Dieser regelt den Ausgleich der während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften und Versorgungsrechte. Ziel ist es, eine gerechte Verteilung der im Laufe der Ehe erworbenen Rentenansprüche beider Ehegatten zu gewährleisten.
  • Unterhaltsansprüche (§§ 1569 ff. BGB): Nach der Scheidung kann einer der Ehepartner unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt haben. Dies umfasst Unterhalt wegen Betreuung gemeinsamer Kinder (§ 1570 BGB), wegen Alters (§ 1571 BGB) oder wegen Krankheit (§ 1572 BGB). Der Kindesunterhalt wird gemäß §§ 1601 ff. BGB geregelt und sichert die finanzielle Unterstützung für die gemeinsamen Kinder.
  • Sorgerecht und Umgangsrecht (§§ 1684 ff. BGB): Diese Regelungen betreffen das Recht der Eltern, auch nach der Scheidung am Leben der gemeinsamen Kinder beteiligt zu sein. Das Sorgerecht kann gemeinsam oder allein ausgeübt werden, während das Umgangsrecht sicherstellt, dass beide Elternteile Kontakt zu den Kindern halten können.
  • Ehename (§ 1355 BGB): Nach der Scheidung hat jeder der ehemaligen Ehepartner das Recht, den während der Ehe geführten Namen abzulegen und zum Geburtsnamen zurückzukehren, oder den Ehenamen weiterzuführen.
  • Vermögensaufteilung und Zugewinnausgleich (§§ 1372 ff. BGB): Bei der Scheidung wird auch das während der Ehe erworbene Vermögen thematisiert, also ob in etwa der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft vorlag oder ein Ehevertrag geschlossen wurde. Falls die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, wird eine Vermögensaufteilung durch den Zugewinnausgleich vorgenommen. Hierbei wird der während der Ehe erworbene Zugewinn beider Ehegatten ermittelt und entsprechend ausgeglichen.
  • Wohnungszuweisung und Hausratsverteilung (§ 1361b BGB, § 1568b BGB): In bestimmten Fällen kann einem der Ehepartner die eheliche Wohnung zur alleinigen Nutzung überlassen werden, besonders wenn dies zum Wohl gemeinsamer Kinder erforderlich ist. Ebenso kann der Hausrat zwischen den Ehegatten aufgeteilt werden, um eine gerechte Verteilung der während der Ehe gemeinsam genutzten Gegenstände zu gewährleisten.

Abschluss des Verfahrens:

Das Scheidungsverfahren wird durch den sogenannten Scheidungsbeschluss abgeschlossen, der erst rechtskräftig wird, wenn keine Rechtsmittel eingelegt werden. Mit der Rechtskraft des Beschlusses sind die Eheleute rechtlich nicht mehr miteinander verheiratet und der Ehestand ist aufgelöst.

 

III. Die online Scheidung: Begriffserklärung und Umsetzung

Die online Scheidung, auch als digitale Scheidung bekannt, ist eine moderne Herangehensweise an das traditionelle Scheidungsverfahren, bei dem die Nutzung digitaler Technologien und Kommunikationsmittel im Vordergrund steht. Obwohl der Kern des Scheidungsverfahrens weiterhin eine gerichtliche Angelegenheit bleibt, bietet die online Scheidung eine effiziente Alternative zur herkömmlichen Vorgehensweise. In diesem Abschnitt werden Begrifflichkeit und Umsetzung der online Scheidung im deutschen Rechtssystem erläutert.

1. Begriffserklärung der online Scheidung

Die online Scheidung sollte nicht missverstanden werden als eine Scheidung, die ausschließlich online ohne jeglichen menschlichen Kontakt oder Gerichtsverhandlung vollzogen wird. Vielmehr bezieht sich der Begriff auf die Art und Weise, wie die Kommunikation zwischen den Ehepartnern, ihren Anwälten und teilweise dem Gericht geführt wird. Zentrale Elemente wie die Einreichung des Scheidungsantrags und die Zustellung an den Ehepartner erfolgen dabei über digitale Kanäle.

  • Digitale Kommunikation: Der Austausch von Informationen und Dokumenten zwischen den Ehepartnern und ihren Anwälten erfolgt hauptsächlich über E-Mail, sichere Online-Plattformen oder spezialisierte Anwaltssoftware.
  • Online-Antragstellung: Während der Scheidungsantrag selbst formal durch einen Rechtsanwalt beim zuständigen Familiengericht eingereicht werden muss, können die Vorbereitungen und Absprachen dazu größtenteils digital erfolgen. Hierbei spielt das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) eine entscheidende Rolle.

 

2. Umsetzung der online Scheidung im deutschen Rechtssystem

Die Möglichkeiten einer vollumfänglichen online Scheidung sind durch gesetzliche Bestimmungen begrenzt. Das Verfahren ist so strukturiert, dass bestimmte Schritte zwingend in Präsenz oder in direkter Kommunikation mit dem Gericht ablaufen müssen:

  • Mündliche Verhandlung: Der Scheidungstermin, bei dem beide Ehegatten anwesend sein müssen, wird weiterhin vor Ort am Gericht abgehalten.
  • Anwaltliche Vertretung: Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt ist verpflichtend, und die Einreichung des Scheidungsantrags muss persönlich durch den Anwalt erfolgen. Die vorbereitenden Schritte können jedoch online durchgeführt werden, was den Prozess flexibler und oft schneller macht.

 

3. Vorteile einer online Scheidung

  • Zeiteffizienz: Die digitale Abwicklung beschleunigt den Austausch von Dokumenten und Informationen und verkürzt damit die Vorbereitungszeit für das Scheidungsverfahren.
  • Kosteneffizienz: Durch die Reduzierung physischer Treffen und die damit verbundenen Reisekosten können insgesamt Kosten gespart werden.
  • Flexibilität: Für Ehepartner, die beruflich stark eingebunden sind oder im Ausland leben, bietet die online Scheidung eine praktische Alternative.

 

IV. Ablauf einer online Scheidung

Der Ablauf einer online Scheidung bietet eine Vereinfachung des traditionellen Scheidungsverfahrens durch die Integration digitaler Kommunikationsmittel und Prozesse. Obwohl diverse rechtliche Schritte weiterhin persönliche Interaktionen erfordern, ermöglicht die online Scheidung eine effiziente Vorbereitung und Durchführung vieler Aspekte des Verfahrens. Hier wird der detaillierte Prozess einer online Scheidung erläutert:

Schritt 1: Erstkontakt und Mandatierung des Anwalts

  • Kontaktaufnahme: Die Kontaktaufnahme mit einem Anwalt erfolgt üblicherweise über digitale Kanäle (Website, E-Mail) oder sogar spezialisierte Online-Plattformen, die für rechtliche Dienstleistungen im Bereich Familienrecht werben.
  • Mandatierung: Nach der ersten Kontaktaufnahme und einer grundlegenden Beratung erteilen die Mandanten dem Anwalt eine Vollmacht über ein digitales Interface oder per E-Mail zugesandte Formulare. Die digitale Übermittlung aller relevanten Informationen und Dokumente erleichtert und beschleunigt diesen Prozess erheblich.

Schritt 2: Einreichung des Scheidungsantrags

  • Vorbereitung des Antrags: Der Anwalt bereitet auf Basis der erhaltenen Informationen den Scheidungsantrag vor. Dies umfasst das Ausfüllen von Formularen und das Sammeln weiterer notwendiger Unterlagen, die die Ehepartner digital bereitstellen können.
  • Einreichung: Der Scheidungsantrag wird vom Anwalt beim zuständigen Familiengericht eingereicht. Dies erfolgt häufig über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA), was eine sichere und schnelle Übermittlung gewährleistet.

Schritt 3: Kommunikation während des Verfahrens

  • Digitale Kommunikation: Sämtliche Kommunikation zwischen Anwalt und Mandanten sowie zwischen Anwalt und Gericht kann digital erfolgen. Dies schließt die Koordination von Terminen, den Austausch von Dokumenten und die Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung ein.
  • Beratung und Besprechungen: Beratungsgespräche und Besprechungen finden oft per Videoanruf statt, was besonders für räumlich getrennt lebende oder beruflich eingespannte Ehepartner vorteilhaft ist.

Schritt 4: Mündliche Verhandlung

  • Gerichtstermin: Trotz der Online-Vorbereitung und -Kommunikation findet der Gerichtstermin zur Scheidung in der Regel in Präsenz statt. Unter bestimmten Umständen, wie etwa während der COVID-19-Pandemie, sind jedoch auch Videoverhandlungen möglich gewesen.
  • Abschluss des Verfahrens: Nach der mündlichen Verhandlung ergeht der Scheidungsbeschluss, der das rechtliche Ende der Ehe markiert.

Schritt 5: Nachbereitung und rechtliche Folgen

  • Klärung der Scheidungsfolgen: Fragen zu Unterhalt, Sorgerecht oder der Vermögensaufteilung, die nicht bereits vor der Scheidung geklärt wurden, müssen nach dem Gerichtsbeschluss finalisiert werden. Auch diese Schritte können teilweise digital abgewickelt werden, insbesondere wenn Anschlussvereinbarungen oder -klagen notwendig sind.

Vorteile der online Scheidung im Ablauf:

  • Effizienz: Die online Scheidung minimiert Wartezeiten und reduziert physische Termine, was besonders vorteilhaft für beschäftigte oder entfernt wohnende Personen ist.
  • Kostenreduktion: Die Kosten einer Scheidung werden maßgeblich durch den Verfahrenswert bestimmt, der sich nach dem Einkommen der Ehepartner richtet. Eine online Scheidung kann in manchen Fällen schneller und kosteneffizienter sein, vor allem wenn sie einvernehmlich ist und keine langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen erfordert. Durch die Verringerung physischer Treffen und Papierdokumente können Kosten eingespart werden. Jedoch ist es dennoch wichtig zu erkennen, dass die online Scheidung im Gesamtumfang nicht günstiger als eine traditionelle Scheidung ist. Marketingstrategien, die schnelle und billige Scheidungen versprechen, sind oft irreführend. Die Gebühren sind gesetzlich festgelegt und können nicht unterschritten werden.
  • Flexibilität: Die Möglichkeit, viele Aspekte der Scheidung online zu regeln, bietet eine nie dagewesene Flexibilität im Scheidungsverfahren.

Insgesamt ermöglicht der Ablauf einer online Scheidung eine deutliche Vereinfachung und Beschleunigung des Scheidungsprozesses, wobei die rechtlichen Anforderungen vollumfänglich gewahrt bleiben.

 

V. Der Fall in England: Eine Scheidung in 21 Minuten

Ein bemerkenswerter Vorfall aus England demonstriert eindrucksvoll sowohl die Möglichkeiten als auch die Risiken der Digitalisierung im Bereich des Familienrechts. Dieser spezielle Fall betraf eine Scheidung, die irrtümlich und in einer außergewöhnlich kurzen Zeit von nur 21 Minuten abgeschlossen wurde.

Hintergrund des Falles:

Der Vorfall ereignete sich, als ein Mitarbeiter einer Anwaltskanzlei versehentlich den falschen Namen aus einem Dropdown-Menü eines digitalen Scheidungsantragsformulars auswählte. Der Antrag, der ursprünglich für eine andere Mandantin gedacht war, wurde somit für eine Frau eingereicht, die keine Scheidung beabsichtigte. Die digitale Plattform und die dahinterliegenden Prozesse waren so effizient gestaltet, dass innerhalb von 21 Minuten nach Einreichung des Antrags die Scheidung rechtskräftig vollzogen wurde.

Juristische Implikationen:

Dieser Fall wirft mehrere juristische Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf die Sicherheit und Zuverlässigkeit digitaler Rechtssysteme:

  • Verfahrenssicherheit: Der Fall zeigt, dass trotz der Vorteile digitaler Prozesse die Gefahr von Fehlern besteht, die gravierende Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen haben können. Hierbei stellt sich die Frage, wie solche Fehler vermieden oder korrigiert werden können.
  • Rechtsmittel: In diesem speziellen Fall lehnte der High Court eine Aufhebung der Scheidung ab, um “das starke öffentliche Interesse an der Sicherheit und Endgültigkeit der Scheidung” zu wahren. Diese Entscheidung betont die Bedeutung der Rechtskraft von Gerichtsbeschlüssen, auch wenn sie auf einem Fehler beruhen.

Ethische Betrachtungen:

Neben den juristischen Aspekten werfen solche Vorfälle auch ethische Fragen auf:

  • Verantwortung und Haftung: Wer trägt die Verantwortung für Fehler in automatisierten oder teilautomatisierten juristischen Prozessen? Die Frage der Haftung von Anwaltskanzleien, Softwareanbietern und beteiligten Personen muss klar adressiert werden.
  • Schutz der Bürgerrechte: Wie können die Rechte von Individuen geschützt werden, wenn automatisierte Systeme zu fehlerhaften rechtlichen Entscheidungen führen? Dies erfordert möglicherweise neue Richtlinien oder Gesetze, die den Umgang mit digitalen juristischen Dienstleistungen regeln.

Fazit und Lehren:

Der Fall aus England ist ein aufschlussreiches Beispiel für die Risiken und Herausforderungen, die mit der Einführung von Technologie in das Rechtssystem verbunden sind. Er unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Überprüfung und Kontrolle digitaler Prozesse im Rechtsbereich, um sicherzustellen, dass die Technologie die Rechtsprechung unterstützt und nicht untergräbt.

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Jurawelt Redaktion

Christopher Molter

Studium:

  • Student der Rechtswissenschaften an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht
  • Schwerpunktbereich: Bank- und Kapitalmarktrecht
  • Auslandsaufenthalt an der University of Alberta (Kanada)

Jurawelt:

  • Redakteur & Studentischer Mitarbeiter