Terminsvertretung im Zivilprozess – eine Übersicht

Im deutschen Zivilprozessrecht gibt es viele Situationen, in denen es notwendig oder vorteilhaft sein kann, dass ein Rechtsanwalt, der das Verfahren prozessführend bearbeitet, einen anderen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung eines Gerichtstermins beauftragt. Die sogenannte Terminsvertretung zwischen Anwälten ist ein häufiges Phänomen und spielt im Prozessalltag eine zentrale Rolle. In diesem Beitrag wird die Terminsvertretung von Anwälten durch andere Anwälte in einem gerichtlichen Verfahren dargestellt. Dabei geht es um die rechtlichen Grundlagen, die Bedeutung sowie die praktischen Vorteile dieses Instituts.

1. Begriff und Abgrenzung der Terminsvertretung

Terminsvertretung bedeutet, dass ein Rechtsanwalt im Namen eines anderen Rechtsanwalts an einem bestimmten Gerichtstermin teilnimmt, um diesen zu vertreten. Diese Vertretung ist besonders in Prozessen relevant, bei denen der ursprünglich zuständige Anwalt aus bestimmten Gründen – etwa durch Krankheit, anderweitige berufliche Verpflichtungen oder Unverfügbarkeit – nicht in der Lage ist, persönlich zu erscheinen. In solchen Fällen kann ein anderer Anwalt den Prozess vorübergehend übernehmen und die Interessen der Partei weiterhin wahrnehmen.

Die Terminsvertretung zwischen Anwälten darf nicht mit der allgemeinen Parteivertretung verwechselt werden, bei der ein Anwalt die Interessen einer Partei direkt im Verfahren wahrnimmt. In der Terminsvertretung hingegen tritt der Anwalt ausschließlich als Vertreter seines Kollegen auf, der die tatsächliche Vertretung der Partei im gesamten Verfahren übernommen hat. Sie ist somit eine spezielle Form der Anwaltshilfe innerhalb eines laufenden Verfahrens.

2. Gesetzliche Grundlagen und Zulässigkeit der Terminsvertretung

Die Zivilprozessordnung (ZPO) regelt in Deutschland die Rahmenbedingungen der Terminsvertretung. Nach § 81 ZPO kann grundsätzlich jeder Anwalt die Vertretung eines anderen Anwalts übernehmen, sofern dieser im konkreten Fall nicht selbst erscheinen kann.

§ 81 Umfang der Prozessvollmacht

Die Prozessvollmacht ermächtigt zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen, einschließlich derjenigen, die durch eine Widerklage, eine Wiederaufnahme des Verfahrens, eine Rüge nach § 321a und die Zwangsvollstreckung veranlasst werden; zur Bestellung eines Vertreters sowie eines Bevollmächtigten für die höheren Instanzen; zur Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich, Verzichtleistung auf den Streitgegenstand oder Anerkennung des von dem Gegner geltend gemachten Anspruchs; zur Empfangnahme der von dem Gegner oder aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten.

Dabei müssen bestimmte formale Anforderungen erfüllt werden, um die Vertretung rechtswirksam durchzuführen. Zunächst bedarf es einer schriftlichen Vollmacht des vertretenden Anwalts, die diesen dazu berechtigt, im Namen des anderen Anwalts vor Gericht aufzutreten.

Im Allgemeinen kann die Terminsvertretung in allen Prozessen erfolgen, die nicht ausdrücklich eine persönliche Anwesenheit des prozessführenden Anwalts verlangen. Das bedeutet, dass in vielen zivilrechtlichen Verfahren, in denen lediglich die Stellungnahme zu bereits eingereichten Schriftsätzen oder Anträgen erforderlich ist, eine Vertretung durch einen anderen Anwalt problemlos möglich ist. Auch in Fällen von Fristversäumnissen oder dringenden Terminen, bei denen keine Vertagung möglich ist, sorgt die Terminsvertretung für eine effektive Lösung.

3. Praktische Gründe für die Terminsvertretung

Die Terminsvertretung durch einen anderen Anwalt ist ein gängiges Verfahren, um den reibungslosen Ablauf eines Verfahrens sicherzustellen. Besonders in der Praxis der großen Verbraucherrechtskanzleien, in denen Anwälte oftmals eine Vielzahl von Mandaten gleichzeitig betreuen müssen, spielt die Terminsvertretung eine große Rolle. Wenn ein Anwalt aufgrund von Terminkollisionen, Urlaubszeiten oder plötzlicher Krankheit verhindert ist, kann ein Kollege der Kanzlei kurzfristig einspringen und den Termin wahrnehmen, ohne dass der Prozess verzögert wird. Häufig müssen Rechtsanwälte – meist aus wirtschaftlichen Gründen – so viele Verfahren betreuen, dass sie rein zeitlich gar nicht in der Lage wären, alle Gerichtstrmine selbst wahrzunehmen. Auch und gerade hier bietet sich das Konzept der Terminsvertretung als Lösung dieses praktischen Problems an.

Auch kleinere Kanzleien, in denen der Anwalt alleine oder in einer kleinen Gruppe arbeitet, sind auf die Unterstützung durch Kollegen angewiesen, um sicherzustellen, dass alle gerichtlichen Termine fristgerecht wahrgenommen werden. Gerade in zeitkritischen Prozessen, in denen keine Aufschübe möglich sind – etwa in einstweiligen Verfügungsverfahren oder in Fällen mit besonders kurzen Fristen – gewährleistet die Terminsvertretung, dass das Verfahren weiterhin in Gang bleibt und keine Rechte der Partei verwirkt werden.

Darüber hinaus sind nicht nur große Kanzleien auf Terminsvertretung angewiesen, auch in vielen kleineren Rechtsangelegenheiten, die von kleinen bis mittleren Kanzleien bearbeitet werden, werden Terminsvertreter eingesetzt. Ein Anwalt muss sich nicht unnötig selbst bei jedem einzelnen Gerichtstermin vertreten, wenn es Kollegen gibt, die diese Aufgabe übernehmen können. Das spart Zeit und Ressourcen und ermöglicht es, dass der Anwalt in anderen Fällen weiterhin für seine Mandanten aktiv sein kann.

4. Die Vollmacht des vertretenen Anwalts

Für die Terminsvertretung ist eine Vollmacht erforderlich, die der vertretene Anwalt dem Terminsvertreter ausstellt. Diese Vollmacht ist im Vergleich zu einer normalen Prozessvollmacht eingeschränkt, da sie ausschließlich für den konkreten Gerichtstermin gilt und keine weitergehenden Befugnisse umfasst. Der Terminsvertreter tritt also nur für diesen bestimmten Termin auf, nicht jedoch in der gesamten Prozessführung.

Die Vollmacht muss klar und eindeutig formuliert sein. Sie sollte unter anderem den konkreten Termin, das betroffene Verfahren sowie die Identität des vertretenen Anwalts enthalten. Dies stellt sicher, dass der vertretende Anwalt in allen Punkten rechtmäßig handeln kann und keine Unklarheiten hinsichtlich seiner Befugnisse bestehen.

5. Rechte und Pflichten des Terminsvertreters

Der Terminsvertreter ist verpflichtet, die Interessen des vertretenen Anwalts in der gleichen Weise wie der ursprüngliche Anwalt zu wahren. Das bedeutet, dass er im Rahmen seiner Vertretung keine eigenständigen Entscheidungen treffen darf, die die Prozessführung grundlegend verändern könnten. So ist es ihm beispielsweise nicht gestattet, ohne Rücksprache mit dem vertretenen Anwalt einen Vergleich abzuschließen oder den Antrag einer Partei abzuändern.

Gleichzeitig ist der Terminsvertreter jedoch auch berechtigt, alle üblichen Handlungen vorzunehmen, die für den jeweiligen Termin erforderlich sind. Dazu gehören etwa die Vorstellung der Schriftsätze, die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung, die Abgabe von Stellungnahmen sowie das Stellen der schriftsätzlich angekündigten Anträge in der mündlichen Verhandlung. Wichtig ist, dass der Terminsvertreter auch in der Lage sein muss, den vertretenen Anwalt zu informieren, falls es zu unvorhergesehenen Änderungen oder Entwicklungen im Verfahren kommt.

6. Herausforderungen und rechtliche Risiken

Obwohl die Terminsvertretung in der Praxis eine effektive und hilfreiche Lösung darstellt, gibt es auch einige Herausforderungen, die nicht unbeachtet bleiben sollten.

Ein häufiges Problem ergibt sich beispielsweise bei der Kommunikation zwischen dem vertretenen Anwalt und dem Terminsvertreter. Der ursprüngliche Anwalt muss sicherstellen, dass alle notwendigen Informationen und Instruktionen rechtzeitig übermittelt werden, damit der Terminsvertreter nicht in die Lage kommt, Entscheidungen zu treffen, die nicht im Sinne der Partei sind.

Darüber hinaus können Missverständnisse zwischen den Anwälten auftreten, die möglicherweise den Verlauf des Verfahrens beeinflussen. Wenn der Terminsvertreter etwa nicht ausreichend in die Strategie des Verfahrens eingeweiht ist oder die Angelegenheit nicht vollends versteht, kann es zu Fehlern kommen, die die Erfolgsaussichten des Verfahrens gefährden.

Ein weiteres rechtliches Risiko liegt in der Anwaltshaftung. Wird der Vertretungsanwalt bei der Wahrnehmung des Gerichtstermins fahrlässig oder unrechtmäßig tätig, könnte dies sowohl für den Terminsvertreter als auch für den ursprünglich vertretenden Anwalt rechtliche Konsequenzen haben.

7. Terminsvertretung in Massenschadensfällen

Seit dem Jahr 2015 erlebt die Terminsvertretung eine Blütezeit als im Rahmen des sogenannten Abgasskandals öffentlich wurde, dass insbesondere deutsche Automobilhersteller wie Volkswagen ihre Motoren überwiegend illegal manipuliert haben, um die Grenzwerte von Autoabgasen zu umgehen. In der Folge spezialisierten sich Rechtsanwaltskanzleien auf diesen und später auch auf weitere sogenannte Massenschadensfälle und erhoben in zehntausendfacher Anzahl Klagen gegen die Automobilhersteller. Der Großteil der Gerichtstermine wurde von Terminsvertretern im Auftrag der Klägerkanzleien wahrgenommen. Diese finden bis heute an nahezu allen deutschen Land- und Amtsgerichten statt. Mit der Litigation Forum Rechtsanwalts GmbH aus Berlin wurde sogar eine Rechtsanwaltskanzlei gegründet, die sich ausschließlich auf Terminsvertretung konzentriert und mit einem großen Netzwerk aus insbesondere freiberuflichen Rechtsanwälten im Auftrag von Kanzleien bundesweit Gerichtstermine wahrnimmt.

    8. Fazit

    Die Terminsvertretung durch einen anderen Anwalt ist eine praxisgerechte und notwendige Lösung, um in bestimmten Fällen die Fortführung eines Verfahrens zu gewährleisten, auch wenn der ursprüngliche Anwalt verhindert ist. Sie sorgt für Effizienz und Flexibilität im Prozessalltag, stellt jedoch auch besondere Anforderungen an die Kommunikation und den rechtlichen Rahmen. Für eine erfolgreiche Terminsvertretung sind eine klare Vollmacht, enge Zusammenarbeit und ein hohes Maß an Professionalität erforderlich, um Fehler zu vermeiden und die Interessen der Partei wirksam zu vertreten. In der Praxis ist die Terminsvertretung ein unverzichtbares Instrument, das die zügige Durchführung von Prozessen sicherstellt und Anwälten ermöglicht, ihre Ressourcen optimal zu nutzen.

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    Rechtsanwalt Sebastian Hautli

    Sebastian Hautli ist gelernter Journalist, hat in Freiburg Rechtswissenschaften studiert, ist seit 2018 als Rechtsanwalt zugelassen und auf Arbeitsrecht spezialisiert. Im Jahr 2020 gründete er mit Geschäftspartnern die Litigation Forum Rechtsanwalts GmbH in Berlin, eine auf Terminsvertretung spezialisierte Kanzlei, die in sämtlichen Rechtsgebieten bereits viele zehntausend Gerichtstermine für andere Anwaltskanzleien wahrgenommen hat. Daneben arbeitet er als Hochschuldozent im Bereich Arbeitsrecht.