Die Bürgschaft, normiert in den §§ 765 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), ist ein grundlegendes Rechtsinstitut zur Absicherung von Kreditgebern gegenüber Ausfällen von Schuldnern. Die Bürgschaft stellt ein einseitig verpflichtendes Sicherungsgeschäft dar, bei dem sich der Bürge verpflichtet, für die Verbindlichkeiten eines Dritten gegenüber dem Gläubiger einzustehen. Die Bürgschaft ist daher ein wesentliches Instrument der Risikominimierung in der Kreditwirtschaft und anderen Bereichen, in denen Verbindlichkeiten abgesichert werden müssen.
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Die Bürgschaft zählt zu den personenbezogenen Sicherheiten im deutschen Schuldrecht und ist primär in den §§ 765 bis 778 BGB geregelt. Ihr Wesen besteht darin, dass sich eine Person (der Bürge) gegenüber dem Gläubiger einer anderen Person (dem Hauptschuldner) verpflichtet, für die Verbindlichkeiten des Hauptschuldners einzustehen, sollte dieser seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen. Die Bürgschaft dient somit der Kreditsicherung und ermöglicht es dem Gläubiger, neben dem Hauptschuldner eine weitere, rechtlich selbstständige Verpflichtung zur Sicherung seiner Forderung zu erhalten.
Nach § 765 Absatz 1 BGB ist eine Bürgschaft ein Vertrag, durch den sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger verpflichtet, für die Erfüllung der Verbindlichkeiten des Hauptschuldners einzustehen. Diese Definition unterstreicht zwei wesentliche Merkmale der Bürgschaft: die Akzessorietät und die Einseitigkeit der Verpflichtung.
Ein zentrales Merkmal der Bürgschaft ist ihre Akzessorietät, d.h., sie ist abhängig von der Existenz einer Hauptverbindlichkeit. Die Höhe und der Bestand der Bürgenverpflichtung richten sich unmittelbar nach der des Hauptschuldners (§ 767 Absatz 1 Satz 1 BGB). Fällt die Hauptverbindlichkeit weg oder wird sie reduziert, wirkt sich dies direkt auf die Bürgschaft aus. Diese Anbindung schützt den Bürgen davor, für eine nicht (mehr) bestehende oder reduzierte Schuld einzustehen.
Die Bürgschaft begründet eine einseitige Verpflichtung des Bürgen gegenüber dem Gläubiger. Der Bürge erbringt eine Leistung in Form der Sicherheitsgabe, ohne dass eine direkte Gegenleistung des Gläubigers erfolgt. Die Einseitigkeit der Verpflichtung unterstreicht den Sicherungscharakter der Bürgschaft für den Gläubiger.
Um den Bürgen vor übereilten Verpflichtungen zu schützen, schreibt § 766 Satz 1 BGB grundsätzlich die Schriftform für die Bürgschaftserklärung vor. Dies trägt der Erheblichkeit der Bürgenverpflichtung Rechnung und soll gewährleisten, dass sich der Bürge der Tragweite seiner Entscheidung bewusst ist (sogenannte Warnfunktion). Ausnahmen von diesem Erfordernis bestehen im Handelsrecht für Kaufleute, wenn die Bürgschaft für sie ein Handelsgeschäft darstellt (§ 350 HGB).
Die Bürgschaft hat im Rechtsverkehr, insbesondere im Banken- und Kreditwesen sowie im Mietrecht, eine hohe Bedeutung. Sie ermöglicht es Gläubigern, sich gegen das Ausfallrisiko von Forderungen abzusichern. Für den Bürgen bedeutet die Übernahme einer Bürgschaft ein erhebliches Risiko, das eine sorgfältige Prüfung der eigenen finanziellen Leistungsfähigkeit und der Vertrauenswürdigkeit des Hauptschuldners erfordert. Die gesetzlichen Regelungen zur Bürgschaft tragen dem Schutzbedürfnis des Bürgen Rechnung und setzen der Inanspruchnahme von Bürgen klare Grenzen.
Die Möglichkeit des Bürgen, Einreden gegen die Inanspruchnahme durch den Gläubiger geltend zu machen, ermöglicht es dem Bürgen, die Zahlung unter bestimmten Bedingungen zu verweigern oder hinauszuzögern. Sie sind in den §§ 768 bis 770 BGB und weiteren relevanten Vorschriften geregelt.
Die Einrede der Vorausklage gibt dem Bürgen das Recht, die Zahlung an den Gläubiger so lange zu verweigern, bis der Gläubiger versucht hat, seine Forderung durch Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners zu realisieren und diese erfolglos geblieben ist. Dies gilt allerdings nicht, wenn es sich um eine selbstschuldnerische Bürgschaft handelt, bei der gemäß § 773 Absatz 1 Nr. 1 BGB auf die Einrede der Vorausklage verzichtet wird. Ebenso ist die Einrede der Vorausklage bei Handelsgeschäften nach § 349 HGB ausgeschlossen, wenn der Bürge Kaufmann ist und die Bürgschaft für ihn ein Handelsgeschäft darstellt.
Gemäß § 770 Abs. 1 BGB kann der Bürge die Erfüllung seiner Verpflichtung verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten. Diese Einrede ermöglicht es dem Bürgen, sich auf dieselben Anfechtungsgründe zu berufen, die auch dem Hauptschuldner zur Verfügung stehen.
Nach § 770 Abs. 2 BGB kann der Bürge ebenfalls die Erfüllung verweigern, sofern die Möglichkeit besteht, dass der Gläubiger sich durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung gegen den Hauptschuldner befriedigen kann.
Der Bürge kann ferner alle Einreden geltend machen, die auch dem Hauptschuldner gegenüber dem Gläubiger zustehen würden, § 768 Absatz 1 Satz 1 BGB. Dies umfasst beispielsweise:
Die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Bürgschaften sind bedeutende Aspekte im deutschen Bürgschaftsrecht, die dem Schutz des Bürgen vor unangemessenen oder übereilten Verpflichtungen dienen. Diese Regelungen finden sich vorrangig in den § 138 Absatz 1 BGB und § 125 Satz 1 BGB sowie in spezifischeren Vorschriften, die sich auf die Anfechtbarkeit von Rechtsgeschäften beziehen (§§ 119 ff. BGB).
Eine Bürgschaft kann nach § 138 Absatz 1 BGB nichtig sein, wenn sie unter Umständen abgeschlossen wurde, die gegen die guten Sitten verstoßen. Ein solcher Verstoß kann insbesondere dann angenommen werden, wenn eine auffällige Diskrepanz zwischen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bürgen und dem Umfang seiner Bürgschaftsverpflichtung besteht. Das ist oft der Fall, wenn die Bürgschaft eine krass finanzielle Überforderung des Bürgen zur Folge hat und der Gläubiger diese Situation ausnutzt. Die Rechtsprechung hat hier insbesondere bei Bürgschaften von nahen Angehörigen, die in einer emotionalen Abhängigkeit zum Hauptschuldner stehen und keine ausreichende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aufweisen, strenge Maßstäbe angelegt.
Eine krass finanzielle Überforderung im Kontext einer Bürgschaft liegt insbesondere dann vor, wenn der Bürge bei objektiver Betrachtung nicht in der Lage ist, seine Bürgschaftsverpflichtung zu erfüllen, ohne dass seine eigene wirtschaftliche Existenz gefährdet wird. Das bedeutet, dass die Verpflichtungen aus der Bürgschaft so weit über die finanziellen Mittel des Bürgen hinausgehen, dass selbst bei günstigster Prognose seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zu erwarten ist, dass er in der Lage sein wird, seinen Verpflichtungen nachzukommen.
Kriterien für die Feststellung einer krassen finanziellen Überforderung:
Die Rechtsprechung hat für die Beurteilung, ob eine krass finanzielle Überforderung vorliegt, mehrere Kriterien entwickelt:
Die Nichtigkeit einer Bürgschaftserklärung kann sich auch aus der Nichtbeachtung der vorgeschriebenen Form ergeben, wie in § 125 Satz 1 BGB geregelt. Da § 766 S. 1 BGB für die Bürgschaftserklärung grundsätzlich die Schriftform vorschreibt, führt die Missachtung dieser Formvorschrift zur Nichtigkeit der Bürgschaft. Dies gilt nicht für Kaufleute im Rahmen eines Handelsgeschäfts nach § 350 HGB, wo die Schriftform entbehrlich sein kann.
Die Nichtigkeit einer Bürgschaft führt dazu, dass die Bürgschaft von Anfang an (ex-tunc) unwirksam ist. Eine angefochtene Bürgschaft wird rückwirkend unwirksam, wodurch der Rechtszustand hergestellt wird, als hätte der Bürge die Bürgschaft nie erklärt. In beiden Fällen entfällt somit die Verpflichtung des Bürgen gegenüber dem Gläubiger. Der Schutz des Bürgen vor unangemessenen Belastungen wird durch diese Regelungen gestärkt, indem sie ihm Mittel an die Hand geben, sich gegen rechtlich bedenkliche Bürgschaftsverpflichtungen zur Wehr zu setzen.
Die Anfechtbarkeit einer Bürgschaft kann auf verschiedenen in den §§ 119 ff. BGB genannten Gründen beruhen, insbesondere aufgrund von Irrtümern oder Täuschungen. Sofern der Bürge bei Abgabe seiner Bürgschaftserklärung einem Irrtum unterlag oder zur Abgabe der Erklärung durch Täuschung oder Drohung veranlasst wurde, kann er die Anfechtung erklären, wodurch die Bürgschaft rückwirkend (ex-tunc) unwirksam wird.
Ein häufiger Anfechtungsgrund in der Praxis ist der Erklärungsirrtum (§ 119 Absatz 1 BGB), bei dem der Bürge sich über die Bedeutung seiner Erklärung geirrt hat. Ebenso relevant sind die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 Absatz 1 BGB), bei der der Bürge durch Vorspiegelung falscher Tatsachen oder Unterdrückung wahrheitsgemäßer Informationen zur Bürgschaftsübernahme bewegt wurde.
Eine Bürgschaft kann auf verschiedene Weisen beendet werden, wobei die gesetzlichen Regelungen und die im Bürgschaftsvertrag vereinbarten Bedingungen maßgeblich sind. Nachfolgend sind die Hauptgründe für die Beendigung einer Bürgschaft dargelegt:
Der Regress des Bürgen ist ein zentrales Element des Bürgschaftsrechts, das dem Bürgen ermöglicht, nach Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Gläubiger, Rückgriff auf den Hauptschuldner zu nehmen. Diese Möglichkeit ist in § 774 BGB geregelt und trägt dazu bei, die finanziellen Risiken für den Bürgen zu mindern.
Nach § 774 Absatz 1 BGB geht mit der Erfüllung der Bürgschaftsverpflichtung durch den Bürgen die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner kraft Gesetzes auf den Bürgen über. Diese Vorschrift stellt sicher, dass der Bürge nicht dauerhaft die wirtschaftlichen Lasten der Hauptschuld trägt, sondern sich an den Hauptschuldner wenden kann, um Ersatz für die geleisteten Zahlungen zu erhalten.
Der Regressanspruch umfasst die Hauptforderung, die der Bürge beglichen hat, sowie die dem Bürgen entstandenen Kosten und Zinsen. Dies schließt auch die Kosten ein, die dem Bürgen im Rahmen der Inanspruchnahme durch den Gläubiger entstanden sind.
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