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Was ist Urkundenfälschung? – Definition einer Urkunde, Tathandlungen, Prüfungsschema

§ 267 Urkundenfälschung:

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.
(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

Der Straftatbestand der Urkundenfälschung gemäß § 267 des Strafgesetzbuches (StGB) umfasst verschiedene Tathandlungen, die das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Echtheit von Urkunden untergraben. Im Folgenden wird eine detaillierte Betrachtung der Urkundenfälschung gegeben, die sich auf die einschlägigen Rechtsnormen und deren Auslegung stützt.

I. Definition einer Urkunde und Tathandlungen

Definition einer Urkunde: Eine Urkunde ist eine verkörperte Gedankenerklärung, die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist und ihren Aussteller erkennen lässt.

Aus dieser Definition lassen sich vier primäre Funktionen einer Urkunde erkennen, die sie als Beweismittel im Rechtsverkehr besonders wertvoll machen:

  1. Perpetuierungsfunktion: Diese Funktion bezieht sich auf die Fähigkeit der Urkunde, die enthaltene Erklärung dauerhaft zu fixieren. Dies bedeutet, dass die Informationen in der Urkunde über längere Zeit unverändert erhalten bleiben und jederzeit nachprüfbar sind.
  2. Beweisfunktion: Die Urkunde dient als Beweismittel im Rechtsverkehr. Sie kann in gerichtlichen oder außergerichtlichen Verfahren als Beleg für die darin enthaltenen Erklärungen oder Informationen herangezogen werden.
  3. Garantiefunktion: Diese Funktion stellt sicher, dass die Urkunde zuverlässig demjenigen zugerechnet werden kann, der als Aussteller erkennbar ist. Dies schafft Vertrauen in die Authentizität und Verlässlichkeit der Urkunde.
  4. Identitätsfunktion: Diese Funktion ermöglicht die eindeutige Zuordnung der Erklärung zu ihrem Aussteller. Durch Signaturen, Siegel oder andere Identifikationsmerkmale wird erkennbar, wer die Urkunde erstellt hat.

Urkunden können in verschiedenen Formen vorliegen, darunter schriftliche Dokumente, elektronische Aufzeichnungen oder andere Arten von Dokumenten, die Informationen enthalten und durch die Identifikation des Ausstellers eine Beweisfunktion erfüllen.

Rechtsgrundlagen der Urkundenfälschung: Der Begriff “Urkundenfälschung” gemäß § 267 StGB umfasst drei Tathandlungen: die Herstellung einer unechten Urkunde, die Verfälschung einer echten Urkunde und den Gebrauch einer unechten oder verfälschten Urkunde.

Herstellung einer unechten Urkunde: Eine Urkunde ist unecht, wenn der scheinbare Aussteller der Urkunde nicht mit dem tatsächlichen Aussteller identisch ist. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn jemand ein Dokument unter einem falschen Namen erstellt.

Verfälschung einer echten Urkunde: Dies liegt vor, wenn der Inhalt einer bestehenden echten Urkunde nachträglich verändert wird, sodass der geänderte Inhalt dem ursprünglichen Aussteller zugerechnet wird. Ein Beispiel wäre die nachträgliche Änderung eines Vertragsdokuments.

Gebrauch einer unechten oder verfälschten Urkunde: Dies beinhaltet das Verwenden oder Vorlegen einer unechten oder verfälschten Urkunde im Rechtsverkehr, um eine andere Person zu täuschen. Das bloße Mitführen einer gefälschten Urkunde ist strafbar, wenn die Absicht besteht, diese zu einem späteren Zeitpunkt zu verwenden.

Strafbarkeitsgrund der Urkundenfälschung:  Der Gesetzgeber zielt mit § 267 StGB darauf ab, das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Echtheit und Integrität von Urkunden zu schützen. Dies bedeutet, dass Urkunden als verlässliche Beweismittel anerkannt und genutzt werden können müssen, ohne dass Zweifel an ihrer Authentizität bestehen. Die Strafvorschriften zur Urkundenfälschung tragen dazu bei, die Sicherheit und Verlässlichkeit im Rechtsverkehr zu gewährleisten.

Durch die Ahndung der Fälschung und des Gebrauchs gefälschter Urkunden wird sichergestellt, dass die Teilnehmer am Rechtsverkehr darauf vertrauen können, dass die vorgelegten Dokumente tatsächlich von den angegebenen Ausstellern stammen und deren ursprüngliche Willenserklärungen unverändert wiedergeben.

 

II. Prüfungsschema der Urkundenfälschung

1. Tatbestandsmäßigkeit

a) Objektiver Tatbestand

aa) Tatobjekt: Urkunde Eine Urkunde ist eine verkörperte, allgemein oder für Eingeweihte verständliche menschliche Gedankenerklärung, die geeignet und bestimmt ist, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen und ihren Aussteller erkennen lässt. Dies umfasst sowohl schriftliche Dokumente wie Verträge und Testamente als auch zusammengesetzte Urkunden, wie z.B. Kfz-Kennzeichen oder Preisetiketten an Waren. Zusammengesetzte Urkunden bestehen aus mehreren Elementen, die gemeinsam eine Beweisfunktion erfüllen. Diese Art von Urkunden ist nicht auf ein einzelnes Dokument beschränkt, sondern umfasst mehrere miteinander verbundene Komponenten, die zusammen eine Einheit bilden und zur Beweisführung im Rechtsverkehr dienen.

bb) Tathandlungen Der objektive Tatbestand der Urkundenfälschung unterscheidet drei Handlungsalternativen:

    • Herstellen einer unechten Urkunde: Eine Urkunde ist unecht, wenn sie nicht von demjenigen stammt, der als ihr Aussteller erscheint. Dies liegt vor, wenn die Identität des Ausstellers vorgetäuscht wird, etwa durch Verwendung eines falschen Namens oder das Nachahmen einer Unterschrift. Die Täuschung bezieht sich hierbei auf die Identität des Urhebers der Urkunde.
    • Verfälschen einer echten Urkunde: Eine echte Urkunde wird verfälscht, wenn ihr gedanklicher Inhalt nachträglich verändert wird, sodass der Eindruck entsteht, der Aussteller habe die Erklärung in der veränderten Form abgegeben. Dies kann durch Hinzufügen, Entfernen oder Ändern von Informationen geschehen, die die Bedeutung der Urkunde beeinflussen. Beispielsweise wäre das nachträgliche Verändern von Zahlen in einem Vertrag eine solche Verfälschung.
    • Gebrauchen einer unechten oder verfälschten Urkunde: Eine Urkunde wird gebraucht, wenn sie einem anderen so zugänglich gemacht wird, dass dieser die Möglichkeit hat, sie wahrzunehmen. Dies bedeutet, dass die unechte oder verfälschte Urkunde in den Rechtsverkehr eingebracht wird, um damit einen bestimmten Zweck zu erreichen, in der Regel, um jemanden zu täuschen und einen Vorteil zu erlangen oder einen Nachteil für andere herbeizuführen. Das bloße Vorzeigen oder Einreichen der gefälschten Urkunde genügt bereits, um den Tatbestand des Gebrauchens zu erfüllen.

b) Subjektiver Tatbestand

  1. Vorsatz Der Täter muss hinsichtlich der objektiven Tatbestandsmerkmale vorsätzlich handeln, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) ausreicht.
  2. Täuschungsabsicht Zusätzlich zum Vorsatz muss der Täter die Absicht haben, im Rechtsverkehr zu täuschen. Täuschungsabsicht liegt vor, wenn der Täter mit seinem Verhalten einen anderen über die Echtheit oder den unverfälschten Zustand einer Urkunde irreführen will. Diese Absicht muss zielgerichtet sein und sich darauf beziehen, im Rechtsverkehr durch die Täuschung einen Vorteil zu erlangen oder einen Nachteil für einen anderen herbeizuführen.Beispiele für Täuschungsabsicht:
    • Ein Täter erstellt ein gefälschtes Arbeitszeugnis, um bei einer Bewerbung bessere Chancen zu haben. Hier will der Täter den potenziellen Arbeitgeber über seine Qualifikationen täuschen.
    • Ein Täter verändert die Kilometeranzeige eines Gebrauchtwagens, um diesen zu einem höheren Preis zu verkaufen. Hier will der Täter den Käufer über den tatsächlichen Zustand des Fahrzeugs täuschen.

2. Rechtswidrigkeit und Schuld

Die allgemeinen Grundsätze der Rechtswidrigkeit und Schuld gelten auch für die Urkundenfälschung. Eine rechtfertigende Einwilligung ist aufgrund des Schutzgutes der Allgemeinheit ausgeschlossen.

3. Strafzumessung (Besonders schwerer Fall der Urkundenfälschung (§ 267 Absatz 3 StGB)

Der Gesetzgeber sieht für besonders schwere Fälle der Urkundenfälschung höhere Strafen vor. Diese Regelbeispiele umfassen:

  • Gewerbsmäßige Begehung: Der Täter handelt gewerbsmäßig, wenn er die Urkundenfälschung wiederholt begeht, um sich eine Einnahmequelle von gewisser Dauer und Erheblichkeit zu verschaffen.
  • Bandenmäßige Begehung: Eine Bande besteht aus mindestens drei Personen, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschungen oder Betrug zusammengeschlossen haben.
  • Vermögensverluste großen Ausmaßes: Ein Vermögensverlust großen Ausmaßes liegt vor, wenn der Schaden mindestens 50.000 € beträgt.
  • Große Anzahl unechter oder verfälschter Urkunden: Eine erhebliche Gefährdung des Rechtsverkehrs durch eine große Anzahl (mindestens 20) unechter oder verfälschter Urkunden.
  • Missbrauch der Amtsträgerstellung: Wenn ein Amtsträger seine Befugnisse oder Stellung zur Begehung der Urkundenfälschung missbraucht.

 

III. Qualifikation gemäß § 267 Abs. 4 StGB

§ 267 Absatz 4 StGB regelt qualifizierte Fälle der Urkundenfälschung, die schwerwiegender sind als die Grundtatbestände und deshalb mit einer höheren Strafandrohung belegt werden. Hierbei werden zwei Qualifikationstatbestände unterschieden:

  1. Bandenmäßiges Handeln
  2. Gewerbsmäßiges Handeln

Bandenmäßiges Handeln liegt vor, wenn sich mindestens drei Personen zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschungen zusammengeschlossen haben. Die Bandenmitgliedschaft muss nicht zwingend bei jeder einzelnen Tat nachgewiesen werden, sondern der gemeinsame Wille zur Begehung mehrerer Straftaten ist entscheidend. Die erhöhte Gefährlichkeit ergibt sich aus der Arbeitsteilung und der professionellen Organisation innerhalb der Bande.

Gewerbsmäßiges Handeln liegt vor, wenn der Täter die Absicht hat, sich durch wiederholte Begehung von Urkundenfälschungen eine nicht nur vorübergehende, sondern dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen. Dies bedeutet, dass der Täter planmäßig und auf Dauer angelegt handelt, um regelmäßige Einkünfte zu erzielen.

Strafandrohung: Im Gegensatz zu den Grundtatbeständen der Urkundenfälschung, die gemäß § 267 Absatz 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bedroht sind, sieht § 267 Absatz 4 StGB eine wesentlich höhere Strafandrohung vor. Liegt eine der beiden Qualifikationen vor, beträgt die Freiheitsstrafe ein bis zehn Jahre.

 

IV. Verwandte Tatbestände der Urkundenfälschung

Neben § 267 StGB, der die klassische Urkundenfälschung betrifft, gibt es weitere Tatbestände, die spezifische Aspekte der Urkundendelikte regeln. Diese sind insbesondere:

Fälschung technischer Aufzeichnungen (§ 268 StGB): Dieser Tatbestand schützt die Echtheit und Unverfälschtheit technischer Aufzeichnungen, die keine Urkunden im klassischen Sinne sind, aber im Rechtsverkehr ähnlich verwendet werden können. Technische Aufzeichnungen sind beispielsweise Daten auf Speichermedien, die durch technische Geräte aufgezeichnet und gespeichert werden, wie etwa Überwachungsbilder oder elektronische Kontrollberichte.

Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB): § 269 StGB stellt den Schutz der Authentizität digitaler Daten sicher, die als Urkunde verwendet werden könnten. Hierunter fallen manipulative Eingriffe in digitale Datenbestände, die den Zweck haben, im Rechtsverkehr als Beweismittel zu dienen. Beweiserhebliche Daten sind dabei solche, die geeignet und bestimmt sind, eine rechtlich erhebliche Tatsache zu beweisen.

Täuschung im Rechtsverkehr bei Datenverarbeitung (§ 270 StGB): Dieser Tatbestand erweitert den Täuschungsbegriff auf die Beeinflussung von Datenverarbeitungsvorgängen. Erfasst wird die manipulative Beeinflussung automatisierter Datenverarbeitungsprozesse, um eine rechtlich erhebliche Täuschung herbeizuführen. Hierbei geht es insbesondere um das Einschleusen falscher oder verfälschter Daten in digitale Systeme.

Urkundenunterdrückung (§ 274 StGB): § 274 StGB schützt den Bestand von Urkunden, indem die Zerstörung, Beschädigung oder Unterdrückung solcher Dokumente unter Strafe gestellt wird. Hierunter fällt jede Handlung, die dazu führt, dass eine Urkunde dem Rechtsverkehr nicht mehr in der vorgesehenen Weise zur Verfügung steht. Der Tatbestand erfasst auch das Entfernen von Akten oder das Zurückhalten wichtiger Dokumente.

Fälschung von Gesundheitszeugnissen (§ 277 StGB): Dieser Tatbestand stellt die Fälschung von Gesundheitszeugnissen unter Strafe, die insbesondere im medizinischen und gesundheitsrechtlichen Bereich als Beweismittel dienen. Gesundheitszeugnisse sind beispielsweise ärztliche Atteste oder Impfbescheinigungen, die einen bestimmten Gesundheitszustand bescheinigen und im Rechtsverkehr von erheblicher Bedeutung sein können.

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