Wenn das Leben auf rechtliche Hindernisse trifft, kommt neben der persönlichen Belastung häufig auch eine finanzielle Herausforderung hinzu. Rechtsanwaltskosten, die im Zuge von Auseinandersetzungen entstehen, können schnell in erhebliche Summen münden. In diesen Momenten fragen sich viele: Kann der Staat hier durch steuerliche Entlastung helfen? Besonders in Fällen, die nicht nur finanzielle, sondern auch existenzielle Fragen aufwerfen, gewinnt diese Überlegung an Bedeutung. Doch so naheliegend dieser Gedanke auch sein mag, die steuerliche Absetzbarkeit von Rechtsanwalts- und Prozesskosten ist ein Feld voller Fallstricke und Feinheiten.
Dieser Beitrag beleuchtet, wann Rechtsanwaltskosten steuerlich absetzbar sind und welche Hürden die Steuerrechtsprechung für Steuerpflichtige aufgebaut hat. Dabei werfen wir nicht nur einen Blick auf die klassischen Fälle wie arbeitsrechtliche Streitigkeiten oder Mietkonflikte, sondern setzen uns auch mit den eher selteneren Konstellationen auseinander, in denen Gerichtskosten als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden. Was gilt es zu beachten, wenn ohne den Rechtsstreit die eigene Existenz gefährdet wäre? Welche Rolle spielen aktuelle Gerichtsurteile, und inwieweit hat die Gesetzesreform von 2013 den rechtlichen Rahmen neu definiert?
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Die Frage, ob Rechtsanwaltskosten steuerlich absetzbar sind, ist von erheblicher Bedeutung, jedoch differenziert zu betrachten. Gerade bei Rechtsstreitigkeiten, die nicht nur hohe finanzielle Belastungen bedeuten, sondern auch existenzielle Fragen betreffen, stellt sich auch die Frage, ob Rechtsanwaltskosten steuerlich absetzbar sind und wie diese entlastend wirken können. Grundsätzlich können Rechtsanwaltskosten unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich geltend gemacht werden, wobei sich oft die Frage stellt, in welchen konkreten Fällen Rechtsanwaltskosten steuerlich absetzbar sind. Ein zentraler Punkt ist hierbei die Verknüpfung mit einer Einkunftsquelle, etwa bei arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen, Mietstreitigkeiten oder rentenrechtlichen Fragen.
Seit der Reform des Einkommensteuergesetzes im Jahr 2013 haben sich die Voraussetzungen jedoch deutlich verschärft. Die Absetzbarkeit von Rechtsanwaltskosten als außergewöhnliche Belastung ist seither stark eingeschränkt. Laut § 33 EStG sind Aufwendungen für einen Rechtsstreit grundsätzlich nicht mehr absetzbar, es sei denn, es droht eine existenzielle Notlage. Darunter fallen Fälle, in denen ohne die rechtliche Auseinandersetzung das wirtschaftliche Überleben des Steuerpflichtigen gefährdet wäre oder lebensnotwendige Bedürfnisse nicht mehr gedeckt werden könnten. Die Prüfung dieser Voraussetzungen bedarf in jedem Einzelfall einer genauen Analyse der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.
Der Gesetzgeber hat bei der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten strenge Vorgaben gemacht. Nach § 33 Absatz 2 Satz 4 EStG sind Prozesskosten grundsätzlich vom Abzug als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen, es sei denn, der Steuerpflichtige läuft Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren. Dies gilt beispielsweise, wenn es um den Erhalt des Wohnraums geht oder eine Erbschaft existenzbedrohlich ist.
Insofern gibt es trotz der gesetzlichen Einschränkungen nach wie vor bestimmte Konstellationen, in denen Rechtsanwaltskosten steuerlich absetzbar sind. Zu diesen zählen insbesondere:
Diese Beispiele verdeutlichen, dass die steuerliche Absetzbarkeit von Rechtsanwaltskosten eine differenzierte Prüfung erfordert. Entscheidend ist stets der Zusammenhang mit der Einkunftssicherung, wobei existenzielle Bedrohungen als Ausnahme einen erweiterten Spielraum ermöglichen.
Rechtsgebiet | Absetzbarkeit möglich? | Besondere Voraussetzung |
---|---|---|
Arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen | Ja, als Werbungskosten | Zusammenhang mit Einkünften aus Arbeit |
Mietrechtliche Streitigkeiten | Ja, bei existenziellen Fragen (z.B. Obdachlosigkeit) | Existenzielle Fragen, z.B. unrechtmäßige Kündigung |
Erbschaftsstreitigkeiten | Selten, bei existenzieller Bedrohung | Existenzgefährdung durch Überschuldung |
Unfälle auf dem Arbeitsweg | Ja, als Werbungskosten | Direkter Zusammenhang mit der Berufsausübung |
Scheidungskosten | Nein, nach Reform 2013 | Nur in sehr seltenen Fällen bei Existenzgefährdung |
Ob Gerichtskosten steuerlich absetzbar sind, lässt sich demnach nicht pauschal beantworten. Es kommt vielmehr auf den Kontext an, in dem diese Kosten anfallen. Ein Überblick zeigt, unter welchen Voraussetzungen Gerichtskosten von der Steuer abgesetzt werden können.
Wenn Gerichtskosten im Zusammenhang mit einem Arbeits- oder Mietrechtsstreit stehen, der unmittelbare Auswirkungen auf die Einkünfte des Steuerpflichtigen hat, können sie steuerlich geltend gemacht werden. Dies gilt insbesondere, wenn der Rechtsstreit der Sicherung des Einkommens oder einer wichtigen Einnahmequelle dient.
Bei rein privaten Rechtsstreitigkeiten, wie etwa einer Erbschaftsstreitigkeit, sind die Gerichtskosten in der Regel nicht absetzbar. Der Gesetzgeber sieht private Auseinandersetzungen als rein persönliche Angelegenheiten an, die keine steuerliche Berücksichtigung finden. Eine Ausnahme bildet jedoch die Situation, wenn der Ausgang des Prozesses die finanzielle Existenz des Steuerpflichtigen bedroht. Dies könnte beispielsweise bei einer Erbstreitigkeit der Fall sein, wenn eine Überschuldung durch die Annahme der Erbschaft droht. In solchen Fällen können die Kosten als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden, wenn die Bedrohung der Existenz nachweislich vorliegt.
Seit der Reform des Einkommensteuergesetzes im Jahr 2013 sind auch Scheidungskosten nicht mehr steuerlich absetzbar. Früher konnten diese im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigt werden, doch dies ist seit der Änderung nicht mehr möglich. Diese Einschränkung gilt unabhängig davon, ob die Scheidung einvernehmlich oder streitig ist. Auch die Folgekosten der Scheidung, wie der Zugewinnausgleich oder Unterhaltsfragen, sind steuerlich nicht mehr abzugsfähig. Eine Ausnahme könnte hier nur gegeben sein, wenn die Scheidung und die damit verbundenen Kosten das finanzielle Überleben des Steuerpflichtigen gefährden würden – jedoch handelt es sich hierbei um sehr seltene Fälle.
Gerichtskosten unterliegen also strengen Regelungen, die eine steuerliche Berücksichtigung nur in besonderen, meist existenziellen Fällen ermöglichen. Wer die steuerliche Absetzbarkeit von Gerichtskosten anstrebt, muss den Einzelfall genau prüfen und nachweisen, dass die Kosten in einem direkten Zusammenhang mit der Einkünfteerzielung oder einer existenziellen Bedrohung stehen.
Ebendem beschäftigt viele Steuerpflichtige die Frage, ob Prozesskosten steuerlich absetzbar sind. Grundsätzlich gilt seit der Reform von 2013, dass Prozesskosten nur noch in Ausnahmefällen als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, und zwar dann, wenn ohne den Rechtsstreit die Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen gefährdet wäre. In einem aktuellen Urteil des Finanzgerichts (FG) Niedersachsen vom 15. Mai 2024 (Az.: 9 K 28/23) wurde ein solcher Ausnahmefall anerkannt.
Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Forstwirt einen Forstbetrieb unentgeltlich gegen Altenteilleistungen übertragen bekommen und führte diesen als Selbstständiger weiter. Kurze Zeit später erhob der Voreigentümer Klage, um die Rückübertragung des Betriebs zu erreichen, da er wegen Demenz geschäftsunfähig gewesen sei. Hätte der Forstwirt den Rechtsstreit verloren, hätte er seine wesentliche Einkommensquelle und damit seine wirtschaftliche Existenz verloren. Das Finanzamt lehnte jedoch den Abzug der entstandenen Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen ab.
Das FG Niedersachsen sah dies anders und gestattete den Abzug der Prozesskosten. Es berief sich dabei auf die Vorschrift des § 33 Absatz 2 Satz 4 EStG, wonach Zivilprozesskosten grundsätzlich nicht abzugsfähig sind – außer, wenn die Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen gefährdet ist und dieser ohne den Prozess seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr im üblichen Rahmen befriedigen könnte. Die Richter stellten fest, dass die Einkünfte des Forstwirts im Wesentlichen aus dem Betrieb des Forstguts stammten und ihm ohne diesen nur noch Einnahmen unterhalb des steuerlichen Grundfreibetrags verblieben wären. Dies hätte seine materielle Lebensgrundlage erheblich beeinträchtigt und die Sicherung seiner Existenz gefährdet.
Besonders bemerkenswert ist die Auslegung des Begriffs der „Existenzgrundlage“ durch das Gericht. Diese beziehe sich laut den Richtern nicht nur auf das absolute Minimum, das durch Sozialleistungen abgesichert wäre, sondern auch auf die Fähigkeit, sich aus eigenen Mitteln ein würdiges und selbstbestimmtes Leben zu finanzieren. Der Hinweis des Finanzamts, der Forstwirt hätte wieder als Angestellter arbeiten können, wies das Gericht zurück. Der Verlust der Existenzgrundlage erfordere keinen dauerhaften Entzug aller Einnahmequellen, sondern betreffe vielmehr den wesentlichen Teil des bisherigen Einkommens.
In diesem Sinne setzte das FG Niedersachsen den Maßstab für die Abzugsfähigkeit hoch an, erklärte jedoch, dass im vorliegenden Fall die Gefahr des Existenzverlustes deutlich gegeben war. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Die Revision wurde zugelassen, und der Fall ist nun beim Bundesfinanzhof (Az. VI R 22/24) anhängig. Es bleibt abzuwarten, ob die oberste Finanzgerichtsbarkeit diese Entscheidung bestätigen wird oder zu einer restriktiveren Auslegung zurückkehrt.
In jedem Fall zeigt dieses Urteil, dass der Abzug von Prozesskosten auch nach der Reform von 2013 möglich ist – allerdings nur unter der Voraussetzung einer existenziellen Bedrohung, die über das rein materielle Existenzminimum hinausgeht.