2. Schwierigkeiten bei der strafrechtlichen Einordnung
Ein rechtliches Problem entsteht dadurch, dass bei der Manipulation mit starken Magneten kein Strom „mittels eines Leiters“ entzogen wird, wie es im Absatz 1 des § 248c StGB gefordert wird. Die Rechtswissenschaft lehnt deshalb in der Regel eine Strafbarkeit nach diesem Paragraphen ab.
Manche Gerichte haben bei Stromzählermanipulationen eine Strafbarkeit nach § 268 StGB als Fälschung technischer Aufzeichnungen angenommen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jedoch in einem Beschluss aus dem Jahr 2015 klargestellt, dass Stromzähler bloße Anzeigevorrichtungen darstellen und gerade nicht als Aufzeichnungsgeräte im Sinne dieser Norm gelten (BGH, Beschl. v. 16.04.2015, Az.: 1 StR 490/14, Rn. 33). Eine Anwendung von § 268 StGB bei Stromzählermanipulation scheidet somit nach höchstrichterlicher Rechtsprechung aus, auch wenn untere Instanzen teilweise anderer Meinung sind.
Allerdings ist durchaus eine Strafbarkeit wegen Betruges nach § 263 StGB denkbar, insbesondere wenn der betrügerische Kunde den falschen Zählerstand selbst abliest und mitteilt. Der Tatbestand des Betruges ist dann erfüllt, wenn jemand „in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt“.
Oftmals werden die Stromzähler bei der Manipulation beschädigt. Sollte der Stromzähler durch die Manipulation beschädigt werden, liegt zudem Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB vor.
3. Rechtliche Konsequenzen und Strafen der Stromzähler-Manipulation
Die rechtlichen Konsequenzen für den Fall, dass Sie einen Stromzähler manipulieren, können schwerwiegend sein und hängen von der Schwere des Vergehens ab. Ihnen sollte jedoch bewusst sein, dass das Manipulieren eines Stromzählers in der Regel vom jeweiligen Stromunternehmen zur Anzeige gebracht wird und strafrechtlich strenger verfolgt wird als eine einfache Beleidigung oder das Schwarzfahren in der Bahn. Hier sind die möglichen Strafen im Detail:
- Geldstrafen: Bei geringfügigen Verstößen kann die Strafe in Form einer Geldbuße verhängt werden. Die Höhe der Geldstrafe richtet sich nach dem Ausmaß des verursachten Schadens und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters.
- Freiheitsstrafe: In schwerwiegenden Fällen drohen Freiheitsstrafen. Diese können je nach Schwere der Tat und dem entstandenen Schaden bis zu fünf Jahre betragen. Besonders schwerwiegende Fälle umfassen systematische Manipulationen über einen längeren Zeitraum oder Fälle, bei denen der Schaden besonders hoch ist.
- Zivilrechtliche Konsequenzen: Neben den strafrechtlichen Konsequenzen können auch zivilrechtliche Forderungen auf den Täter zukommen. Der Energieversorger kann Schadensersatz für den entgangenen Stromverbrauch sowie die Kosten für die Reparatur oder den Austausch des manipulierten Stromzählers verlangen.
- Eintrag ins Führungszeugnis: Eine Verurteilung wegen Stromdiebstahls kann zu einem Eintrag ins Führungszeugnis führen, was langfristige Auswirkungen auf die beruflichen und sozialen Möglichkeiten des Täters haben kann.
4. Fälle aus der Praxis
Verschiedene Gerichtsfälle zeigen, dass Stromanbieter rigoros gegen Manipulationsversuche vorgehen.
Urteil 1: Schätzung des tatsächlichen Stromverbrauchs bei Manipulation des Stromzählers
- AG Brandenburg, Urteil vom 29.01.2016 – 34 C 73/14 In diesem Fall ging es um die Manipulation eines Stromzählers durch den Beklagten. Das Amtsgericht Brandenburg entschied, dass das Versorgungsunternehmen berechtigt ist, den tatsächlichen Stromverbrauch zu schätzen, wenn der Stromzähler manipuliert wurde. Der Beklagte hatte die Plomben am Stromzähler entfernt und die Spannungsphasen manipuliert, was zu einer unzureichenden Messung des tatsächlichen Verbrauchs führte. Das Gericht bestätigte, dass das Versorgungsunternehmen den fehlenden Stromverbrauch schätzen und nachfordern darf.
Urteil 2: Zahlungsanspruch für Strom bei Manipulationen am Messgerät
- OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.09.1997 – 22 U 46/97 Hierbei wurde festgestellt, dass der Stromkunde durch Manipulationen am Messgerät eine korrekte Aufzeichnung des Stromverbrauchs verhinderte. Das OLG Düsseldorf entschied auch in dieem Fall bereits 1997, dass das Versorgungsunternehmen den Stromverbrauch anhand der Gradtagszahlmethode schätzen darf. Der Beklagte wurde zur Nachzahlung und zur Zahlung einer Vertragsstrafe verurteilt.
Urteil 3: „Stromklau“ für die Cannabis-Plantage
- OLG Köln, Beschluss vom 08.06.2020 – 1 W 6/20 In diesem Fall betrieb der Bruder der Beklagten im Keller des Hauses eine Marihuana-Plantage und umging dabei den Stromzähler. Das OLG Köln entschied, dass der Stromversorger den nicht erfassten Stromverbrauch schätzen darf. Die Schätzung erfolgte basierend auf den im Keller gefundenen Geräten und deren typischer Nutzung von Cannabispflanzen. Der Nachforderungsbetrag und die Vertragsstrafe wurden auf Basis der geschätzten Strommenge festgesetzt. Die Beklagte wurde zur Zahlung des geschätzten Stromverbrauchs und einer Vertragsstrafe verurteilt.
III. Technische Aspekte der Manipulation
1. Methoden der Manipulation eines Stromzählers
Es gibt mehrere Methoden, um einen Stromzähler zu manipulieren:
- Neodym Magneten: Diese extrem starken Magneten können den Mechanismus eines analogen Zählers vorerst verlangsamen oder sogar stoppen. Durch die Anbringung an bestimmten Stellen des Zählers wird das Magnetfeld genutzt, um die Drehbewegung der Zählerscheibe zu beeinträchtigen.
- Verpolen: Hierbei werden die Anschlüsse des Stromzählers umgepolt, sodass der Zähler rückwärts läuft und weniger Verbrauch anzeigt als tatsächlich genutzt wurde.
- Bohren von Löchern: Ein kleines Loch im Gehäuse des Stromzählers kann genutzt werden, um die mechanische Scheibe im Inneren zu blockieren und somit die Messung des Stromverbrauchs zu verhindern.
2. Mit einem Neodym Magneten den Stromzähler manipulieren: Wie stark sind sie?
Neodym Magneten gehören zu den stärksten Dauermagneten, die heute verfügbar sind. Sie bestehen aus einer Legierung von Neodym, Eisen und Bor (NdFeB) und zeichnen sich durch ihr starkes Magnetfeld aus. Diese Magneten werden in vielen industriellen und kommerziellen Anwendungen genutzt, von Elektromotoren bis zu Lautsprechern.
Ihre Stärke ist ausreichend, um die mechanischen Teile eines analogen Stromzählers zu beeinflussen, indem sie das Magnetfeld nutzen, um die Drehbewegung der Zählerscheibe zu verlangsamen oder zu stoppen. Bei digitalen Stromzählern ist diese Methode jedoch nicht effektiv, da digitale Zähler keine beweglichen Teile haben, die durch ein Magnetfeld beeinflusst werden könnten. Digitale Zähler arbeiten mit elektronischen Bauteilen und sind in der Regel besser gegen Manipulationen geschützt.
IV. Digitalen Stromzähler manipulieren
Digitale Stromzähler sind mit verschiedenen Sicherheitsmechanismen ausgestattet, die Manipulationen erkennen und melden können. Dies umfasst beispielsweise die Überwachung von ungewöhnlichen Verbrauchsmustern und den Einsatz von Verschlüsselungstechnologien bei Smart Metern.
In der Konsequenz sind digitale Stromzähler im Vergleich zu analogen Zählern wesentlich schwieriger zu manipulieren, aus diversen Gründen:
- Keine mechanischen Teile: Digitale Zähler arbeiten ohne mechanische Teile, die durch Neodym Magneten oder physische Eingriffe beeinflusst werden könnten. Sie nutzen elektronische Schaltungen, die robust und unempfindlich gegenüber solchen Manipulationsversuchen sind.
- Eingebaute Sicherheitsfunktionen: Die meisten digitalen Zähler verfügen über eingebaute Sicherheitsfunktionen, die Manipulationen erkennen und melden können. Dies umfasst sowohl physische Sicherheitselemente als auch softwarebasierte Überwachungsmechanismen.
- Echtzeit-Überwachung: Digitale Zähler, insbesondere Smart Meter, ermöglichen eine Echtzeit-Überwachung des Stromverbrauchs. Abweichungen oder ungewöhnliche Verbrauchsmuster können sofort erkannt und analysiert werden.
- Automatische Meldungen: Bei Verdacht auf Manipulation senden digitale Zähler automatisch Benachrichtigungen an den Energieversorger, der dann entsprechende Maßnahmen einleiten kann.
- Hohe Präzision und Genauigkeit: Die elektronischen Komponenten digitaler Zähler erfassen den Stromverbrauch sehr präzise und genau, was Manipulationen schwieriger und leichter nachweisbar macht.
Im Gegensatz zu analogen Zählern arbeiten digitale Stromzähler de facto ohne mechanische Teile, die durch Magneten beeinflusst werden könnten. Sie nutzen elektronische Schaltungen, die wesentlich schwerer zu manipulieren sind.