Das Kaufrechts spiegelt eine vielfältige Welt von Verbraucher- und Unternehmertransaktionen wider, vom Vertragsschluss in der überschaubaren Bäckerei bis hin zum Schadensersatz gegenüber großen Online-Händlern. Im Folgenden werden wir auf verschiedenste Kaufprozesse und damit verbundene Rechte und Pflichten näher eingehen.
Inhaltsverzeichnis:
Wenige Verbraucher machen sich Gedanken über den Vertragsschluss, wenn sie alltägliche Einkäufe tätigen, wie beim Besuch beim Bäcker oder im Einzelhandel. Hierbei erfolgt oft der Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten, etwa wenn die Ware über den Tresen gereicht und der Kaufpreis bezahlt wird.
Im Bereich des Zivilrechts bezeichnet man eine derartige Willenserklärung als konkludent, da sie ausschließlich durch eindeutiges, nicht explizit artikuliertes Verhalten dargelegt wird. Anstelle einer direkten Äußerung wird sie durch das Handeln der erklärenden Person manifestiert und interpretiert. Die Bezeichnung “konkludent” leitet sich vom lateinischen Wort „concludere“ ab, was „schlussfolgern“ oder „einen Schluss ziehen“ bedeutet.
Ein interessantes Beispiel für ein solchen Vertragsschluss liegt vor, wenn eine Person ein öffentliches Verkehrsmittel betritt und von einem Ort zum anderen befördert wird. Das Beförderungsunternehmen bietet in diesen Situationen den Transport ad incertas personas (d.h. für alle) an, indem es das öffentliche Verkehrsmittel an der jeweiligen Haltestelle stoppt (gemäß Urteil des OLG Karlsruhe vom 25.05.2009; Az.: 1 U 261/08). Weiterhin ist es wichtig zu berücksichtigen, dass ein Vertrag nach dominierender Auffassung auch dann geschlossen wird, wenn das Individuum unter dem Vorbehalt in ein öffentliches Verkehrsmittel einsteigt, dass es keinen Beförderungsvertrag abschließen möchte. Der BGH ist der Meinung, dass ein solcher Vorbehalt ohne Wirkung ist, weil aufgrund des Verhaltens der Person zwangsläufig auf einen bestimmten rechtsgeschäftlichen Willen geschlossen werden muss, und deren Verhaltensweise keine andere Interpretation zulässt (siehe BGH NJW-RR 1986, 1496.). Zudem wäre ein solcher Vorbehalt ein widersprüchliches Verhalten, welches gemäß § 242 BGB unzulässig ist.
Es gibt Situationen, in denen das Kaufrecht von besonderer Bedeutung ist, beispielsweise wenn erworbene Produkte, wie Elektronikgeräte, defekt sind. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt die Rechte und Pflichten von Käufern und Verkäufern in solchen Fällen.
Liegt ein Sachmangel zum Zeitpunkt der Übergabe des Kaufgegenstands an den Käufer vor, stehen diesem folgende Rechte zu:
Der Käufer hat bei einem Sachmangel das Recht auf Nacherfüllung, wobei er zwischen Reparatur und Ersatz wählen kann. Der Verkäufer muss den Wunsch des Käufers respektieren und kann nicht einseitig entscheiden, beispielsweise eine Reparatur durchführen, wenn der Käufer einen Ersatz verlangt hat. Nach bis zu drei erfolglosen Nachbesserungsversuchen kann der Käufer weitere Gewährleistungsrechte geltend machen.
Aufgepasst: Ab dem 1. Februar 2022 ist für Verbraucher keine Setzung einer angemessenen Frist für die Nacherfüllung gegenüber Unternehmern mehr notwendig, um im Anschluss Sekundärrechte wie Rücktritt, Minderung und Schadensersatz beanspruchen zu können. Es ist lediglich erforderlich, dass eine angemessene Frist abläuft, gemäß § 475d Abs. 1 Nr. 1 BGB.
Unter bestimmten Umständen kann sogar nur ein einziger Nachbesserungsversuch zumutbar sein, etwa wenn der Käufer das Produkt dringend benötigt oder eine Reparatur beim Hersteller erfolgen müsste. Auch wenn sich der Verkäufer als unzuverlässig erweist, können hiervon Ausnahmen gemacht werden.
Grundsätzlich soll durch das sogenannte “Recht zur zweiten Andienung” der Verkäufer in die Lage versetzt, das Vertrauen des Käufers auch nach einer mangelhaften Lieferung zu bewahren. Insbesondere wenn er nicht die Ursache für den Mangel ist, bietet dieses Recht ihm eine weitere Möglichkeit, den Vertrag ordnungsgemäß zu erfüllen. Außerdem ermöglicht es dem Verkäufer, das fehlerhafte Produkt zu überprüfen und mögliche Belege für den Mangel zu sichern, was dazu beitragen kann, zukünftige Fehler bei weiteren Produkten zu verhindern.
Falls die Nacherfüllung fehlschlägt, stehen dem Käufer weiterhin Rechte zur Verfügung: gemäß § 437 Nr. 2 BGB kann er vom Kaufvertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern. Die Minderung gestaltet sich als einseitige Erklärung, in der der Käufer den Mangel beschreibt und mitteilt, in welcher Höhe er den Kaufpreis mindert.
Zusätzlich stehen dem Käufer Schadensersatzansprüche nach § 437 Nr. 3 BGB zu. Der Schaden kann materieller oder immaterieller Natur sein, wobei materielle Schäden die eigentliche Kaufsache betreffen und immaterielle Schäden beispielsweise Schmerzensgeld umfassen können. Zudem kann der Käufer Aufwendungsersatz nach § 284 BGB verlangen, falls er im Vertrauen auf die Mangelfreiheit der Sache Aufwendungen gemacht hat, die er bei Kenntnis des Mangels unterlassen hätte.
Die gesetzlich verankerten Rechte der Verbraucher sind nach § 476 Abs. 1 BGB nicht verhandelbar und können daher weder durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) noch auf individualvertraglicher Ebene eingeschränkt werden. Dies stellt sicher, dass sie nicht im Zuge freier Vertragsverhandlungen zur Disposition gestellt werden können.
Beim Vertrieb von Gebrauchtwaren ist es allerdings möglich, unter strengen Bedingungen und ab dem 01.01.2022, die Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche des Käufers auf ein Jahr zu reduzieren. Dies gilt gleichermaßen für im Geschäft und per Fernabsatzvertrag verkaufte Waren.
Trotz Kenntnis oder grober fahrlässiger Unkenntnis eines Mangels bei Vertragsschluss seitens des Verbrauchers, sind dessen Gewährleistungsrechte seit dem 01.01.2022 nicht mehr nach § 442 Abs. 1 BGB ausschließbar, da § 442 BGB gemäß § 475 Abs. 3 Satz 2 BGB für Verbrauchsgüterkäufe keine Anwendung mehr findet.
Für den Fall, dass ein Unternehmer Gewährleistungsrechte aufgrund bestimmter Mängelmerkmale ausschließen möchte, ist er ab dem 01.01.2022 verpflichtet, den Verbraucher gemäß § 476 Abs. 1 BGB explizit darüber zu informieren und eine besondere Vereinbarung bezüglich der abweichenden Beschaffenheit zu treffen.
Der Verbraucherschutz wird auch durch das Widerrufsrecht gestärkt, welches Käufern ein 14-tägiges Rückgaberecht bei Online- und Fernabsatzverträgen einräumt. So kann der Verbraucher die Ware prüfen und bei Nichtgefallen zurücksenden, wobei der Händler den Kaufpreis zurückerstatten muss.
In Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmern (B2B) kann der Käuferschutz eingeschränkt sein, da die Parteien hier in der Regel als gleichberechtigt angesehen werden. Unterschiedliche Regelungen und vertragliche Vereinbarungen, die von den gesetzlichen Vorschriften abweichen, sind hier möglich und häufig anzutreffen.