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Konkludent / konkludentes Handeln – Definition, Anwendungsbereiche, Beispiele, gesetzliche Grundlagen

Das Wort “konkludent” leitet sich vom lateinischen „concludere“ ab und bedeutet so viel wie „einschließen“, „abschließen“ oder „folgern“. Im juristischen Kontext beschreibt es ein Verhalten, das ohne ausdrückliche Erklärung als Willenserklärung verstanden werden kann und rechtlich wirksam ist. Konkludentes Handeln ermöglicht es, rechtliche Erklärungen und Verträge durch schlüssiges Verhalten abzuschließen, wodurch es eine flexible und praktische Ergänzung zu ausdrücklichen Willenserklärungen darstellt. Dieser Beitrag beleuchtet die Bedeutung von konkludentem Handeln, seine Anwendungsbereiche und Beispiele sowie die gesetzlichen Grundlagen, die seine Anwendung regeln.

I. Was bedeutet konkludent?

Der Begriff “konkludent” stammt vom lateinischen Wort „concludere“, was so viel wie „einschließen“, „abschließen“ oder „folgern“ bedeutet. Im juristischen Kontext bezeichnet “konkludent” ein Verhalten, das aufgrund seiner Umstände und ohne ausdrückliche Erklärung als Willenserklärung verstanden werden kann und rechtlich wirksam ist. Die Bedeutung des Begriffs lässt sich mit “schlüssig” übersetzen, wobei konkludentes Handeln im Wesentlichen eine Handlung beschreibt, die auf einen bestimmten Willen schließen lässt und eine ausdrückliche Willenserklärung rechtlich ersetzt.

 

II. Anwendungsbereiche und Beispiele für konkludentes Handeln

1. Konkludentes Handeln im Vertragsrecht

Das Vertragsrecht ist eines der Hauptanwendungsgebiete für konkludentes Handeln. Hier zeigt sich besonders deutlich, wie schlüssige Handlungen die rechtliche Wirkung einer ausdrücklichen Willenserklärung entfalten können. Das bedeutet, dass Verträge nicht nur durch explizite Worte oder schriftliche Erklärungen zustande kommen, sondern auch konkludentes Handeln Verhalten, das eindeutig auf einen bestimmten Willen schließen lässt. Hier einige typische Beispiele:

Kaufvertrag im Supermarkt: Ein häufiges und leicht nachvollziehbares Beispiel für konkludentes Handeln im Vertragsrecht ist der Kaufvertrag (§ 433 BGB) im Supermarkt. Wenn ein Kunde Waren auf das Kassenband legt, signalisiert er durch diese Handlung konkludent seine Absicht, diese Waren kaufen zu wollen. Der Kassierer nimmt dieses Angebot an, indem er die Ware scannt und den Endbetrag nennt.

Dieser Vorgang umfasst mehrere Schritte konkludenten Handelns:

  • Ablegen der Ware auf das Kassenband: Der Kunde gibt konkludent ein Angebot ab.
  • Scannen der Ware und Nennen des Preises: Der Kassierer nimmt das Angebot konkludent an.

Versteigerungen: Ein weiteres Beispiel ist das Heben der Hand bei einer Versteigerung (vgl. § 156 BGB). Bei einer Versteigerung wird das Heben der Hand als Abgabe eines Gebots verstanden (vgl. Fall der Trierer Weinversteigerung). Hierbei handelt es sich um ein klares Beispiel für konkludentes Handeln, da der Bieter durch die Geste eindeutig seinen Willen zum Ausdruck bringt, ein Gebot abzugeben.

In diesem Zusammenhang gelten folgende Grundsätze:

    • Heben der Hand: Der Bieter gibt konkludent ein Gebot ab.
    • Anerkennung durch den Auktionator: Der Auktionator akzeptiert das Gebot durch fortgesetzte Gebotsabfrage oder Zuschlag.

Stillhalteabkommen: Ein Stillhalteabkommen ist eine weitere Situation, in der konkludentes Handeln eine Rolle spielen kann. Wenn zwei Parteien in Verhandlungen stehen und eine Partei durch ihr Verhalten den Eindruck erweckt, sie werde nicht gegen die andere vorgehen, kann dies als konkludente Zustimmung zu einem Stillhalteabkommen gewertet werden.

Dies könnte wie folgt ablaufen:

  • Verhandlungen ohne Widerspruch: Eine Partei verhält sich während der Verhandlungen so, dass der Eindruck entsteht, sie werde keine rechtlichen Schritte einleiten.
  • Verzicht auf rechtliche Schritte: Das ausbleibende Vorgehen gegen die andere Partei kann als konkludente Zustimmung zu einem informellen Stillhalteabkommen interpretiert werden.

    Rechtliche Grundlagen und Auslegung:

    • § 133 BGB: Die Auslegung einer Willenserklärung erfolgt nach dem wirklichen Willen des Erklärenden und nicht nach dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks. Dies bedeutet, dass konkludente Handlungen, die auf einen bestimmten Willen schließen lassen, als Willenserklärung gewertet werden können.
    • § 157 BGB: Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte es erfordern. Auch hier zeigt sich, dass das Verhalten der Vertragsparteien im Kontext der allgemeinen Verkehrssitte interpretiert wird, was konkludentes Handeln einschließt.

     

    2. Konkludentes Handeln im Arbeitsrecht

    Im Arbeitsrecht hat konkludentes Handeln ebenfalls eine bedeutende Rolle. Dieses Rechtsprinzip ermöglicht es, Arbeitsverhältnisse und deren Bedingungen durch schlüssiges Verhalten der Vertragsparteien zu ändern oder zu verlängern, ohne dass eine ausdrückliche Erklärung erforderlich ist. Hier einige typische Beispiele:

    Stillschweigende Vertragsänderung: Eine stillschweigende Vertragsänderung tritt ein, wenn ein Arbeitgeber wiederholt und ohne Widerspruch des Arbeitnehmers von den ursprünglich vertraglich vereinbarten Inhalten abweicht. Dies kann insbesondere in folgenden Situationen vorkommen:

    • Änderung der Arbeitszeit: Wenn ein Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum hinweg die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers verändert und dieser dies akzeptiert, kann dies als konkludente Vertragsänderung angesehen werden. Zum Beispiel, wenn ein Arbeitnehmer regelmäßig früher anfängt oder länger bleibt als ursprünglich vereinbart, ohne dass ein Widerspruch oder eine Anpassung des Vertrags erfolgt.
    • Änderung des Aufgabenbereichs: Wird ein Arbeitnehmer wiederholt und ohne Widerspruch in einem anderen Aufgabenbereich eingesetzt als vertraglich festgelegt, kann auch dies als stillschweigende Änderung des Arbeitsvertrags interpretiert werden.

    Diese Form der Vertragsänderung setzt voraus, dass beide Parteien das geänderte Verhalten über einen längeren Zeitraum hinweg widerspruchslos akzeptieren, sodass daraus ein neuer Konsens über die Arbeitsbedingungen abgeleitet werden kann.

    Stillschweigende Vertragsverlängerung: Ein befristeter Arbeitsvertrag kann durch konkludentes Verhalten beider Parteien über die ursprünglich vereinbarte Befristung hinaus fortgesetzt werden, wenn:

    • Fortgesetzte Arbeitsleistung: Der Arbeitnehmer arbeitet nach Ablauf des befristeten Vertrags weiter, ohne dass eine ausdrückliche Vereinbarung zur Verlängerung getroffen wurde.
    • Weiterzahlung des Lohns: Der Arbeitgeber zahlt den Lohn weiterhin und lässt den Arbeitnehmer ohne Widerspruch weiterarbeiten.

    Ein praktisches Beispiel hierfür wäre ein befristeter Vertrag, der am 31. Dezember ausläuft. Wenn der Arbeitnehmer am 1. Januar weiterhin zur Arbeit erscheint und der Arbeitgeber dies akzeptiert und den Lohn zahlt, kann dies als konkludente Verlängerung des Arbeitsvertrags angesehen werden.

    Rechtliche Grundlagen: Die rechtlichen Grundlagen für konkludentes Handeln im Arbeitsrecht sind weniger explizit als im Vertragsrecht, aber es lassen sich allgemeine Grundsätze aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ableiten:

    • § 611a BGB: Dieser Paragraph beschreibt den Arbeitsvertrag als einen gegenseitigen Vertrag, bei dem sich der Arbeitnehmer zur Leistung der versprochenen Dienste und der Arbeitgeber zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Änderungen und Verlängerungen des Arbeitsverhältnisses können konkludent erfolgen, wenn dies aus dem Verhalten beider Parteien klar ersichtlich ist.
    • § 615 BGB: Hier wird festgelegt, dass der Arbeitgeber zur Zahlung der Vergütung verpflichtet bleibt, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft anbietet, der Arbeitgeber jedoch keine Arbeit zuweist (sog. Annahmeverzug des Arbeitgebers).

     

    3. Konkludentes Handeln im Mietrecht

    Das BGB regelt, dass Mietverhältnisse auch ohne ausdrückliche Vereinbarungen durch das Verhalten der Parteien fortgesetzt werden können. Hierbei ist § 545 BGB von zentraler Bedeutung.

    Fortsetzung des Mietverhältnisses: Ein klassischer Fall des konkludenten Handelns im Mietrecht ist die Fortsetzung eines Mietverhältnisses nach Ablauf der Mietzeit. Wenn ein Mieter nach dem offiziellen Ende des Mietvertrags weiterhin die Mietsache nutzt und die Miete zahlt, und der Vermieter dies akzeptiert, so wird das Mietverhältnis stillschweigend verlängert.

    Gesetzliche Grundlage, § 545 BGB:

    “Setzt der Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache fort, so gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn nicht der Vermieter oder der Mieter seinen entgegenstehenden Willen binnen zwei Wochen dem anderen Teil erklärt.”

    Gemäß § 545 BGB tritt die stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses ein, wenn der Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache fortsetzt und der Vermieter dem nicht unverzüglich widerspricht. Hierdurch wird das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt. Diese Regelung stellt sicher, dass beide Parteien klar über den Fortbestand des Mietverhältnisses informiert sind, selbst wenn keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde.

    Typische Beispiele:

    • Wohnungsmietvertrag: Ein Mieter, dessen Vertrag offiziell am 31. Dezember endet, bleibt in der Wohnung wohnen und zahlt weiterhin die Miete im Januar und darüber hinaus. Der Vermieter nimmt die Mietzahlungen an und widerspricht nicht der weiteren Nutzung der Wohnung. Durch dieses Verhalten wird das Mietverhältnis konkludent verlängert.
    • Gewerbemietvertrag: Ein Unternehmer nutzt nach Ablauf des Mietvertrags weiterhin die gemieteten Geschäftsräume und zahlt die Miete. Der Vermieter akzeptiert die Zahlung und erhebt keine Einwände gegen die fortgesetzte Nutzung. Auch hier kommt es zu einer stillschweigenden Verlängerung des Mietverhältnisses gemäß § 545 BGB.

       

      4. Konkludentes Handeln im Strafrecht

      Im Strafrecht kann konkludentes Handeln ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Einverständnis zur Strafverfolgung. Obwohl das Strafrecht stärker auf formelle Willenserklärungen angewiesen ist, gibt es dennoch Situationen, in denen konkludentes Verhalten rechtliche Bedeutung erlangt.

      Einverständnis zur Strafverfolgung:

      Im Strafrecht ist das Einverständnis zur Strafverfolgung oft eine notwendige Voraussetzung für die Verfolgung bestimmter Straftaten, insbesondere im Bereich der Antragsdelikte. Ein Geschädigter kann durch konkludentes Verhalten sein Einverständnis zur Strafverfolgung geben. Ein typisches Beispiel hierfür ist das Erstatten einer Anzeige bei der Polizei und die anschließende Mithilfe bei der Sachverhaltsaufklärung.

      Gesetzliche Grundlage:

      • Antragsdelikte: Bei Antragsdelikten, wie zum Beispiel Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) oder Beleidigung (§ 185 StGB), ist eine Strafverfolgung grundsätzlich nur möglich, wenn der Geschädigte einen Strafantrag stellt. In diesen Fällen kann das Verhalten des Geschädigten konkludent als Strafantrag gewertet werden, wenn er aktiv zur Aufklärung des Sachverhalts beiträgt.

       

      III. Grenzen und Voraussetzungen des konkludenten Handelns

      Trotz der weitreichenden Anwendungsbereiche ist das konkludente Handeln nicht immer und in jeder Situation rechtlich wirksam. Es gibt bestimmte Aspekte, die beachtet werden müssen:

      1. Eindeutigkeit und Unmissverständlichkeit: Die aus der konkludenten Handlung zu entnehmende Erklärung muss eindeutig und unmissverständlich sein. Ist dies nicht der Fall, ist die Willenserklärung unwirksam.
      2. Objektive Verständlichkeit: Ein konkludentes Handeln setzt voraus, dass sich die Handlung eines Beteiligten objektiv als Erklärung verstehen lässt. Eine bloße Meinungsäußerung ist keine konkludente Handlung.
      3. Gesetzliche Bestimmungen: Das konkludente Handeln kann nur dann als rechtlich verbindlich gewertet werden, wenn es im Einzelfall durch gesetzliche Bestimmungen bzw. die jeweils anwendbaren Vertragsbedingungen gedeckt ist.

       

      IV. Kaufvertrag konkludent geschlossen. Und nun? Beweislast und Nachweis

      Die Beweislast für konkludentes Handeln liegt in der juristischen Praxis grundsätzlich bei der Partei, die die rechtliche Wirkung der konkludenten Handlung geltend machen möchte. Sie muss nachweisen, dass die Umstände für die Annahme eines konkludenten Willens ausreichen und eine eindeutige Handlung vorliegt. In der Praxis kann es jedoch häufig zu Beweisschwierigkeiten kommen, da konkludentes Handeln oft weniger eindeutig ist als ausdrückliche Erklärungen und aufgrund von Interpretationsspielräumen unterschiedlich verstanden werden kann.

      Bitte unbedingt folgenden Haftungsausschluss bzgl. des Rechtslexikons beachten.