Energierecht – Grundlagen und aktuelle Rechtsprechung

In Deutschland orientiert sich das Energierecht maßgeblich an europarechtlichen Vorgaben und dient deren Implementierung. Es regelt das System der Energiewirtschaft, wobei insbesondere leitungsgebundene Energieträger wie Elektrizität und Gas im Fokus stehen. Diese Regelungen decken die komplette Wertschöpfungskette ab – von der Energiegewinnung und Erzeugung bis zur Belieferung der Letztverbraucher. Die Ziele sind vielfältig: Sie reichen von der Gewährleistung von Versorgungssicherheit, Wettbewerb und Verbraucherschutz über Umweltschutz bis hin zur Steigerung der Energieeffizienz und der Unterstützung erneuerbarer Energien. Im folgenden gehen wir kurz auf einige der wichtigsten Gesetze des Energierechts ein:

Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)

Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) stellt die Hauptregelungsgrundlage für die Erzeugung, den Transport und die Verteilung von Strom und Gas dar. Es zielt darauf ab, eine sichere, kosteneffiziente, verbraucherfreundliche und umweltfreundliche Versorgung sicherzustellen, die zunehmend auf erneuerbaren Energien basiert. Regulierungsbehörden, wie die Bundesnetzagentur und Landesregulierungsbehörden, überwachen diesen Sektor, wobei die Anreizregulierungsverordnung (AReGV) für die Netznutzungsgebühren relevant ist.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

Wohingegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) insbesondere für nicht leitungsgebundene Energieträger wie Kohle und Öl eine wichtige Rolle spielt. Umwelt- und Sicherheitsanforderungen für Energieanlagen werden durch das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) und das Atomgesetz (AtG) geregelt, wobei letzteres auch die schrittweise Beendigung der Kernenergienutzung bis 2022 festlegt. Das Bundesberggesetz (BBergG) regelt die Förderung von Primärenergieträgern, einschließlich der Anforderungen an Gasspeicheranlagen.

Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG)

Des Weiteren fördern das Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG)” und das Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) den Ausbau und die Modernisierung der Stromnetze. Gesetze wie das Gesetz über Energiedienstleistungen (EDL-G) und die Energieeinsparverordnung (EnEV) unterstützen Energieeffizienz und Energieeinsparung. Das Treibhausgasemissionshandelsgesetz (TEHG) und die Emissionshandels-Versteigerungsverordnung (EHVV) kontrollieren und begrenzen den Treibhausgasausstoß.

Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) steht im Mittelpunkt der Bemühungen, erneuerbare Energien zu fördern. Darüber hinaus gibt es Bestrebungen, die Energieeffizienz durch das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) zu erhöhen. Aktuelle Diskussionen betreffen die Wirtschaftlichkeit konventioneller Kraftwerke in Zeiten geringer Auslastung.

Schließlich spielt auch das steuerrechtliche Umfeld eine Rolle im Energierecht, darunter Regelungen zur Mineralölsteuer, Stromsteuer und Kernbrennstoffsteuer.

Aktuelle Rechtsprechung – BGH entscheidet gegen Urteil des OLG Düsseldorf

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat kürzlich die Festlegung der Bundesnetzagentur bezüglich des sogenannten sektoralen Produktivitätsfaktors für die dritte Regulierungsperiode bestätigt und damit eine weitgreifende Entscheidung innerhalb des Energierechts getroffen, vgl. BGH Beschluss v. 27.06.2023 – EnVR 27/22. Trotz der zahlreichen Beschwerden, die in Musterverfahren vorgelegt wurden, hat das Gericht diese zurückgewiesen. Das bedeutet, dass die Hoffnung der Netzbetreiber, in den wirtschaftlich entscheidenden Verwaltungsverfahren künftig mehr Beachtung zu finden, sinkt.

Die Bundesnetzagentur setzt durch ihre Festlegungen zum Produktivitätsfaktor und zum Eigenkapitalzins die erwarteten Renditen der Netzwirtschaft fest. Diese Festlegungen beeinflussen das Interesse von Investoren, die für den Ausbau der Netze benötigt werden. Bei dem Produktivitätsfaktor handelt es sich um ein Maß, das die Netzwirtschaft mit der übrigen Wirtschaft vergleicht. Ein niedriger Produktivitätsfaktor bedeutet höhere Einnahmen für die Stromnetzbetreiber, wobei es um Beträge in Milliardenhöhe geht. Für den Zeitraum von 2019 bis 2023 hatte die Bundesnetzagentur diesen Faktor auf 0,9 festgelegt, was alle Netzbetreiber betrifft.

Einige der Netzbetreiber hatten gegen diese Festlegung Beschwerde eingelegt. Diese Beschwerden wurden vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf behandelt. Obwohl das OLG den Klägern zunächst Recht gab, wurde die Revision an den BGH zugelassen. Der BGH hat in der Folge die Urteile in den Musterfällen aufgehoben.

Ein strittiger Punkt in der Verhandlung war die Einbeziehung des Jahres 2006 in die Ermittlung des Produktivitätsfaktors. Netzbetreiber kritisierten diesen Schritt, da das Jahr 2006 besondere Umstände aufwies. Ihrer Meinung nach würde seine Einbeziehung das Ergebnis verfälschen.

Der BGH hat bereits in der Vergangenheit ähnliche Entscheidungen getroffen, in denen er gegen die Urteile des OLG Düsseldorf entschied und zugunsten der Bundesnetzagentur urteilte. Die Netzbetreiber sehen das kritisch, da ihrer Ansicht nach ein größeres Ermessen der Bundesnetzagentur ihren Rechtsschutz einschränkt. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2021, welches Teile des deutschen Energierechts als EU-rechtswidrig ansah und eine höhere Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur forderte, lässt die Netzbetreiber noch skeptischer gegenüber ihrer Position im Rechtssystem blicken.

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