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Höhere Gewalt – Begriff, Definition und Auswirkungen auf Vertragserfüllung

“Höhere Gewalt” ist ein juristischer Begriff, der in vielen Rechtsordnungen und Vertragswerken von Bedeutung ist. Die zunehmenden unvorhersehbaren Ereignisse wie die Corona-Pandemie, Naturkatastrophen und politische Konflikte haben die Relevanz dieses Begriffs in der internationalen Geschäftsabwicklung unterstrichen. Unternehmen und Verbraucher müssen sich mit den rechtlichen Konsequenzen solcher Ereignisse auseinandersetzen, insbesondere im Hinblick auf Lieferverzögerungen, Zahlungsausfälle und Vertragsstörungen.

I. Was ist höhere Gewalt?

1. Höhere Gewalt Definition: 

Der Begriff “höhere Gewalt” (auch “Force Majeure” genannt) ist im deutschen Recht nicht ausdrücklich gesetzlich definiert, sondern wird durch die Rechtsprechung geprägt. Der Bundesgerichtshof (BGH) beschreibt höhere Gewalt als ein „von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes und auch durch die äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis“ (BGH, Urteil vom 16.05.2017, Az.: X ZR 142/15). Diese Definition unterstreicht drei wesentliche Merkmale:

  1. Externe Herkunft: Das Ereignis muss von außen auf die Parteien einwirken und darf nicht aus deren betrieblicher Sphäre stammen.
  2. Unvorhersehbarkeit: Das Ereignis muss nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbar sein.
  3. Unvermeidbarkeit: Das Ereignis darf auch durch äußerste, vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbar oder verhütbar sein.

Beispiele für Ereignisse, die typischerweise als höhere Gewalt anerkannt werden, umfassen:

  • Naturkatastrophen: Erdbeben, Überschwemmungen, Hurrikane, Vulkanausbrüche und Tsunamis.
  • Politische und soziale Unruhen: Kriege, Bürgerkriege, Revolutionen, Terroranschläge, Aufstände und staatliche Eingriffe wie Embargos.
  • Pandemien und Epidemien: Ausbrüche von Krankheiten wie SARS, COVID-19 und ähnliche schwerwiegende Gesundheitskrisen.

 

2. Höhere Gewalt in der internationalen Perspektive

International gibt es keinen einheitlichen Begriff der “höheren Gewalt”, und die Definition sowie die rechtlichen Folgen können je nach Rechtsordnung erheblich variieren. Zwei prominente Begriffe in diesem Zusammenhang sind:

  • Französisches Recht: Die französische Rechtstradition unterscheidet zwischen „force majeure“ und „cas fortuit“. „Force majeure“ umfasst sowohl Naturereignisse als auch menschengemachte Katastrophen, während „cas fortuit“ sich meist auf unvorhersehbare Naturereignisse beschränkt.
  • Englisches Recht: Im englischen Recht wird „act of God“ als ein Unterfall der höheren Gewalt betrachtet, der sich auf Naturereignisse beschränkt, während „force majeure“ umfassender und vergleichbar mit dem deutschen Begriff ist.

 

3. Elemente der höheren Gewalt

Um als höhere Gewalt anerkannt zu werden, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein:

  1. Außergewöhnlichkeit: Das Ereignis muss außergewöhnlich und selten sein. Es darf nicht regelmäßig oder vorhersehbar auftreten.
  2. Unvorhersehbarkeit: Das Ereignis muss nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbar sein. Dies schließt Ereignisse aus, die zwar selten, aber in der betroffenen Region oder Branche bekannt sind.
  3. Unvermeidbarkeit: Das Ereignis muss auch durch die äußerste Sorgfalt nicht verhütet oder abgewendet werden können. Dies bedeutet, dass selbst die bestmöglichen Vorsichtsmaßnahmen das Ereignis nicht hätten verhindern können.
  4. Externe Ursache: Das Ereignis muss von außen kommen und darf nicht aus der Sphäre einer der Vertragsparteien stammen. Ereignisse, die durch betriebliche Vorgänge oder interne Fehler verursacht werden, gelten nicht als höhere Gewalt.

     

    II. Rechtsfolgen der höheren Gewalt

    1. Unmöglichkeit der Leistung (§ 275 BGB)

    Im deutschen Zivilrecht führt das Vorliegen höherer Gewalt in bestimmten Fällen zur Leistungsbefreiung gemäß § 275 Absatz 1 BGB. Diese Norm sieht vor, dass der Schuldner von seiner Leistungspflicht befreit ist, wenn die Erbringung der geschuldeten Leistung für ihn oder jedermann absolut unmöglich ist.

    Beispiele für absolute Unmöglichkeit:

    • Naturkatastrophen: Ein Lieferant kann die bestellte Ware aufgrund einer Überschwemmung, die sein Lager zerstört hat, nicht mehr liefern.
    • Gesetzliche Verbote: Ein Exportverbot aufgrund eines Embargos verhindert die Lieferung von Waren ins Ausland.

    In solchen Fällen entfällt auch in der Regel die Pflicht des Gläubigers zur Gegenleistung gemäß § 326 Absatz 1 BGB, das heißt, der Gläubiger muss den vereinbarten Kaufpreis nicht zahlen.

     

    2. Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)

    Neben der Unmöglichkeit der Leistung spielt die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) eine wesentliche Rolle im Zusammenhang mit höherer Gewalt. Diese Norm greift ein, wenn sich nach Vertragsschluss Umstände schwerwiegend verändert haben, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, und das Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar wäre.

    Voraussetzungen der Störung der Geschäftsgrundlage:

    • Schwerwiegende Veränderung der Umstände: Die Verhältnisse, die bei Vertragsschluss bestanden, haben sich nachträglich schwerwiegend verändert.
    • Vertragsgrundlage: Die veränderten Umstände müssen zur Grundlage des Vertrages geworden sein.
    • Unzumutbarkeit: Das Festhalten am unveränderten Vertrag muss für eine Partei unzumutbar sein.

    Beispiel:

    • Ein Vertrag über die Lieferung von Veranstaltungen wird geschlossen. Aufgrund einer Pandemie verhängt der Staat ein Veranstaltungsverbot. Hier könnte die Pandemie als schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage gelten.

    In solchen Fällen kann die benachteiligte Partei eine Anpassung des Vertrages verlangen. Ist eine Anpassung nicht möglich oder zumutbar, kann sie vom Vertrag zurücktreten.

     

    3. Höhere Gewalt in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)

    In vielen Verträgen, insbesondere in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), finden sich Klauseln zur höheren Gewalt. Diese Klauseln definieren, welche Ereignisse als höhere Gewalt gelten und welche Rechtsfolgen eintreten.

    Typische Regelungen in Force-Majeure-Klauseln:

    • Auflistung von Ereignissen: Naturkatastrophen, Kriege, Pandemien, staatliche Maßnahmen usw.
    • Mitteilungspflichten: Die betroffene Partei muss den Vertragspartner innerhalb einer bestimmten Frist über das Eintreten und die Auswirkungen des Ereignisses informieren.
    • Leistungsaussetzung: Die vertraglichen Pflichten werden für die Dauer der höheren Gewalt ausgesetzt.
    • Vertragsauflösung: Bei langandauernden Ereignissen kann eine Vertragsauflösung vorgesehen sein.
    • Haftungsausschluss: Schadensersatzansprüche werden ausgeschlossen, wenn höhere Gewalt die Nichterfüllung verursacht hat.

    Beispiel einer Force-Majeure-Klausel: „Ereignisse höherer Gewalt, wie Naturkatastrophen, Kriege, Pandemien oder staatliche Maßnahmen, entbinden die Parteien für die Dauer und im Umfang der Auswirkungen von ihren vertraglichen Verpflichtungen. Die betroffene Partei informiert die andere Partei unverzüglich über das Eintreten und die voraussichtliche Dauer des Ereignisses. Sollte die höhere Gewalt länger als drei Monate andauern, sind beide Parteien berechtigt, den Vertrag ohne Schadensersatzansprüche zu kündigen.“

     

    4. Höhere Gewalt und Mitteilungspflichten

    Eine wesentliche Rechtsfolge bei höherer Gewalt ist die Mitteilungspflicht. Die betroffene Partei muss den Vertragspartner innerhalb einer angemessenen Frist über das Eintreten des Ereignisses und dessen Auswirkungen informieren. Diese Mitteilung sollte präzise Angaben enthalten, damit der andere Vertragspartner die Möglichkeit hat, selbst Maßnahmen zu ergreifen.

    Form und Inhalt der Mitteilung:

    • Art des Ereignisses: Detaillierte Beschreibung des Ereignisses, das als höhere Gewalt betrachtet wird.
    • Umfang der Auswirkungen: Ausführliche Darlegung der konkreten Beeinträchtigungen und der betroffenen vertraglichen Pflichten.
    • Voraussichtliche Dauer: Prognose über die Dauer des störenden Ereignisses.

    Unterlässt die betroffene Partei diese Mitteilung oder ist sie unzureichend, kann sie ihre Rechte aus der höheren Gewalt verlieren und sich schadensersatzpflichtig machen, es sei denn, der Vertragspartner kannte den Hinderungsgrund bereits.

     

    III. Höhere Gewalt im internationalen Kontext

    Im internationalen Kontext hat der Begriff “höhere Gewalt” eine besondere Bedeutung, da er in verschiedenen Rechtsordnungen und internationalen Verträgen unterschiedlich definiert und gehandhabt wird. Diese Vielfalt erfordert ein tiefgehendes Verständnis der jeweiligen nationalen und internationalen Regelungen, um rechtliche Unsicherheiten und Streitigkeiten zu vermeiden. Der Abschnitt beleuchtet die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Definition und den rechtlichen Konsequenzen höherer Gewalt in verschiedenen Ländern und internationalen Abkommen.

     

    1. Definitionen in verschiedenen Rechtsordnungen

    Französisches Recht: Im französischen Recht wird der Begriff “force majeure” verwendet, der sowohl Naturereignisse als auch menschlich verursachte Katastrophen umfassen kann. Der französische Code Civil definiert “force majeure” als ein Ereignis, das:

    • Unvorhersehbar,
    • Unabwendbar (auch durch äußerste Sorgfalt nicht zu verhindern), und
    • Unmöglich zu erfüllen ist.

    Dieser umfassende Ansatz berücksichtigt sowohl Naturkatastrophen als auch politische Unruhen und andere außergewöhnliche Ereignisse.

    Englisches Recht: Im englischen Recht gibt es zwei relevante Begriffe: “act of God” und “force majeure”.

    • Act of God: Bezieht sich hauptsächlich auf Naturereignisse wie Erdbeben, Überschwemmungen und Hurrikane. Es ist ein Unterfall der höheren Gewalt und betont die Unvorhersehbarkeit und Unabwendbarkeit solcher Ereignisse.
    • Force Majeure: Ein umfassenderer Begriff, der auch menschlich verursachte Ereignisse wie Kriege, Aufstände und staatliche Maßnahmen einschließt. Verträge im englischen Recht enthalten häufig detaillierte Force-Majeure-Klauseln, die spezifische Ereignisse und deren rechtliche Konsequenzen festlegen.

    UN-Kaufrecht (CISG): Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) enthält in Art. 79 eine Regelung zur höheren Gewalt. Danach ist eine Partei von der Haftung befreit, wenn sie nachweist, dass die Nichterfüllung ihrer Pflichten auf einem außerhalb ihres Einflussbereichs liegenden Hinderungsgrund beruht, den sie bei Vertragsschluss nicht vorhersehen und dessen Folgen sie nicht vermeiden konnte.

    Voraussetzungen nach Art. 79 CISG:

      • Außerhalb des Einflussbereichs: Das Ereignis liegt außerhalb der Kontrolle der betroffenen Partei.
      • Unvorhersehbarkeit: Das Ereignis war bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar.
      • Unvermeidbarkeit: Die Folgen des Ereignisses konnten nicht vermieden werden.

     

    2. Internationale Abkommen und Musterklauseln

    ICC Force Majeure and Hardship Clauses: Die International Chamber of Commerce (ICC) hat standardisierte Force-Majeure- und Hardship-Klauseln entwickelt, die in internationalen Verträgen verwendet werden können. Die aktualisierte Version von 2020 bietet eine klare Definition von “force majeure” und listet spezifische Ereignisse auf, die darunter fallen.

    Inhalte der ICC-Klauseln:

      • Definition und Auflistung von Ereignissen: Detaillierte Auflistung von Naturkatastrophen, politischen Unruhen, Pandemien und anderen relevanten Ereignissen.
      • Mitteilungspflichten: Anforderungen an die Benachrichtigung der anderen Vertragspartei.
      • Rechtsfolgen: Regelungen zur vorübergehenden oder dauerhaften Leistungsverweigerung, Vertragsauflösung oder -anpassung.

     

      3. Höhere Gewalt Beispiele und Auswirkungen

      Beispiel 1: Lieferkettenstörungen durch Pandemien Ein international tätiger Automobilzulieferer kann aufgrund einer Pandemie die erforderlichen Teile nicht rechtzeitig liefern. In diesem Fall könnte die höhere Gewalt gemäß Art. 79 CISG geltend gemacht werden, sofern die Bedingungen erfüllt sind. Dies würde den Lieferanten von der Haftung für Verzögerungen befreien.

      Beispiel 2: Naturkatastrophen im Bauwesen Ein Bauunternehmen, das ein Großprojekt in einem Erdbebengebiet durchführt, kann die Arbeiten aufgrund eines Erdbebens nicht fortsetzen. Nach den FIDIC-Musterverträgen könnte das Unternehmen eine Bauzeitverlängerung beantragen und im Extremfall den Vertrag kündigen, wenn das Ereignis die Fertigstellung dauerhaft unmöglich macht.

       

      IV. Praxisrelevanz von Force-Majeure-Klauseln und Empfehlungen

      Force-Majeure-Klauseln sind in der Praxis von großer Bedeutung, insbesondere bei internationalen Verträgen und Geschäftsbeziehungen. Sie bieten einen rechtlichen Rahmen, um mit unvorhersehbaren Ereignissen umzugehen, die die Erfüllung vertraglicher Pflichten unmöglich machen. Die Relevanz dieser Klauseln hat in den letzten Jahren zugenommen, da globale Ereignisse wie die COVID-19-Pandemie, Naturkatastrophen und politische Unruhen vermehrt auftreten und die Geschäftstätigkeit erheblich beeinträchtigen können.

      Typische Anwendungsfälle:

      1. Lieferkettenstörungen: Unternehmen, die auf komplexe internationale Lieferketten angewiesen sind, können durch Naturkatastrophen oder politische Unruhen in den Produktions- oder Transitländern stark beeinträchtigt werden. Force-Majeure-Klauseln können helfen, die Risiken solcher Störungen zu managen und rechtliche Konflikte zu vermeiden.
      2. Bauprojekte: Bauunternehmen sind oft mit unvorhersehbaren Herausforderungen konfrontiert, wie extremen Wetterbedingungen oder behördlichen Auflagen. Force-Majeure-Klauseln ermöglichen es den Parteien, Bauzeiten zu verlängern und Vertragsstrafen zu vermeiden.
      3. Reise- und Veranstaltungsbranche: Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig Force-Majeure-Klauseln für die Reise- und Veranstaltungsbranche sind. Sie ermöglichen es, Buchungen und Veranstaltungen ohne rechtliche Nachteile zu stornieren oder zu verschieben, wenn behördliche Maßnahmen oder gesundheitliche Risiken auftreten.
      4. Export und Import: Im internationalen Handel können Embargos, Handelsbeschränkungen oder logistische Probleme durch Force-Majeure-Klauseln abgedeckt werden, um finanzielle Verluste und rechtliche Auseinandersetzungen zu minimieren.

      Empfehlungen für die Vertragsgestaltung:

      1. Frühzeitige Einbeziehung: Force-Majeure-Klauseln sollten bereits in der Verhandlungsphase von Verträgen berücksichtigt und sorgfältig formuliert werden. Dies stellt sicher, dass beide Parteien ihre Rechte und Pflichten im Falle höherer Gewalt klar verstehen und akzeptieren.
      2. Detaillierte Definition: Die Klausel sollte eine präzise und umfassende Definition von höherer Gewalt enthalten, um Missverständnisse zu vermeiden. Es ist wichtig, sowohl Naturereignisse als auch menschlich verursachte Ereignisse aufzunehmen.Beispiel: „Höhere Gewalt umfasst, ist aber nicht beschränkt auf: Erdbeben, Überschwemmungen, Hurrikane, Vulkanausbrüche, Kriege, Bürgerkriege, Revolutionen, Terroranschläge, Aufstände, Streiks, Pandemien und staatliche Maßnahmen.“
      3. Klare Mitteilungspflichten: Legen Sie fest, dass die betroffene Partei die andere Partei unverzüglich schriftlich über das Eintreten des Ereignisses und dessen Auswirkungen informieren muss. Dies schafft Transparenz und ermöglicht beiden Parteien, angemessen zu reagieren.Beispiel: „Die betroffene Partei muss die andere Partei innerhalb von fünf Tagen nach Eintritt des Ereignisses schriftlich informieren und dabei Art, Umfang und voraussichtliche Dauer des Ereignisses angeben.“
      4. Regelung der Rechtsfolgen: Definieren Sie klar die rechtlichen Konsequenzen des Eintretens höherer Gewalt, wie die Aussetzung der Leistungspflichten, Fristverlängerungen und Haftungsausschlüsse. Dies schafft Sicherheit und reduziert das Streitpotenzial.Beispiel: „Während der Dauer der höheren Gewalt sind die betroffenen Vertragspflichten ausgesetzt, und die Leistungsfristen verlängern sich entsprechend. Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung oder verspäteter Erfüllung sind für die Dauer der höheren Gewalt ausgeschlossen.“
      5. Vertragsauflösung und Anpassung: Berücksichtigen Sie die Möglichkeit, den Vertrag anzupassen oder aufzulösen, wenn das Ereignis länger andauert oder die Erfüllung dauerhaft unmöglich macht. Dies bietet Flexibilität und schützt beide Parteien vor unverhältnismäßigen Nachteilen.Beispiel: „Sollte das Ereignis länger als drei Monate andauern oder die Vertragserfüllung dauerhaft unmöglich machen, kann jede Partei den Vertrag durch schriftliche Mitteilung kündigen. Bereits erbrachte Leistungen sind anteilig abzurechnen.“
      6. Berücksichtigung nationaler und internationaler Regelungen: Stellen Sie sicher, dass die Klausel mit den relevanten nationalen und internationalen Rechtsvorschriften übereinstimmt. Unterschiedliche Länder haben unterschiedliche Definitionen und rechtliche Rahmenbedingungen für höhere Gewalt.

      Beispiele und Musterklauseln:

      Beispiel 1: Lieferkettenstörung durch Naturkatastrophe Ein internationaler Hersteller von Elektronikgeräten ist auf Bauteile aus einem Land angewiesen, das von einem schweren Erdbeben betroffen ist. Die Force-Majeure-Klausel im Liefervertrag könnte folgendermaßen aussehen:

      „Höhere Gewalt umfasst Naturkatastrophen, einschließlich, aber nicht beschränkt auf Erdbeben, Überschwemmungen und Hurrikane, die die Produktion und den Transport der Waren erheblich beeinträchtigen. Im Falle höherer Gewalt verlängern sich die Lieferfristen entsprechend um die Dauer des Ereignisses. Die betroffene Partei informiert die andere Partei unverzüglich schriftlich über das Eintreten des Ereignisses und dessen voraussichtliche Dauer. Sollte die höhere Gewalt länger als drei Monate andauern, sind beide Parteien berechtigt, den Vertrag ohne Schadensersatzansprüche zu kündigen.“

      Beispiel 2: Veranstaltungsausfall wegen Pandemie Ein Veranstalter plant eine internationale Konferenz, die aufgrund einer Pandemie abgesagt werden muss. Die Force-Majeure-Klausel könnte folgendermaßen formuliert sein:

      „Höhere Gewalt umfasst Pandemien und Epidemien, die durch behördliche Maßnahmen oder gesundheitliche Risiken die Durchführung der Veranstaltung unmöglich machen. Der Veranstalter ist berechtigt, die Veranstaltung zu verschieben oder abzusagen, ohne dass den Teilnehmern Ansprüche auf Schadensersatz zustehen. Die betroffene Partei informiert die andere Partei unverzüglich schriftlich über das Eintreten des Ereignisses und die getroffenen Maßnahmen. Bei Absage erhalten die Teilnehmer ihre bereits gezahlten Teilnahmegebühren zurück.“

       

      V. Höhere Gewalt in verschiedenen Rechtsgebieten

      Arbeitsrecht: Im Arbeitsrecht kann höhere Gewalt dazu führen, dass der Arbeitnehmer von seiner Arbeitspflicht befreit wird, ohne dass dies zu einem Verlust seines Vergütungsanspruchs führt. Gemäß § 616 BGB behält der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Vergütung, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne eigenes Verschulden an der Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert ist.

      Beispiele:

        • Krankheit des Arbeitnehmers: Der Arbeitnehmer kann wegen einer plötzlich ausbrechenden Pandemie nicht zur Arbeit erscheinen.
        • Naturkatastrophen: Ein Arbeitnehmer kann aufgrund einer Überschwemmung sein Haus nicht verlassen und kommt deshalb nicht zur Arbeit.

      Reiserecht: Das Reiserecht beinhaltet spezielle Regelungen für Fälle höherer Gewalt, die insbesondere im Kontext von Pauschalreisen relevant sind. Gemäß § 651h Absatz 1 BGB kann der Reisende vor Reisebeginn vom Vertrag zurücktreten, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigen.

      Beispiel: Aufgrund eines Hurrikans wird der Zielort einer Pauschalreise unbewohnbar. Der Reisende kann den Reisevertrag stornieren und erhält den vollen Reisepreis zurück.

      Verkehrsrecht: Im Straßenverkehrsrecht ist höhere Gewalt gemäß § 7 Absatz 2 StVG ein Ausschlussgrund für die Gefährdungshaftung des Fahrzeughalters. Wenn ein Verkehrsunfall durch höhere Gewalt verursacht wird, entfällt die Haftung des Halters.

      Beispiel: Ein Fahrer verliert aufgrund eines plötzlichen und unerwarteten Erdbebens die Kontrolle über sein Fahrzeug und verursacht einen Unfall. Hier greift § 7 Absatz 2 StVG, und der Halter haftet nicht für die entstandenen Schäden.

      Versicherungsrecht: Im Versicherungsrecht sind Ereignisse höherer Gewalt oft in den Vertragsbedingungen berücksichtigt, insbesondere in Exportkreditversicherungen, die politische Risiken und Naturkatastrophen abdecken.

      Beispiel: Ein Unternehmen, das seine Waren in ein politisch instabiles Land exportiert, schließt eine Versicherung ab, die Schäden durch höhere Gewalt wie Krieg oder Embargos abdeckt. Tritt ein solches Ereignis ein, kann das Unternehmen eine Entschädigung von der Versicherung verlangen.

      Baurecht: Im Baurecht können Ereignisse höherer Gewalt gemäß § 6 Absatz 2 Nr. 1 lit. c) VOB/B zu einer Verlängerung der Ausführungszeit führen. Dies schützt den Auftragnehmer vor Vertragsstrafen und anderen rechtlichen Konsequenzen, die durch Verzögerungen entstehen, die er nicht zu vertreten hat.

      Beispiel: Ein Bauunternehmen kann aufgrund eines extremen und unerwarteten Schneesturms die Arbeiten an einer Baustelle nicht fortsetzen. Die Bauzeit wird entsprechend verlängert, ohne dass dem Unternehmen daraus Nachteile entstehen.

      Seerecht: Im Seerecht sind die Gefahren der See, wie schwere Stürme und andere Naturereignisse, häufig als höhere Gewalt anerkannt. Diese Ereignisse können die Haftung des Reeders oder Frachtführers ausschließen, wenn sie die Erfüllung der Transportverpflichtungen unmöglich machen.

      Beispiel: Ein Frachtschiff gerät in einen schweren Sturm und kann die Ladung nicht wie geplant liefern. Der Reeder haftet nicht für die verspätete Lieferung oder den Verlust der Ladung, sofern der Sturm als höhere Gewalt anerkannt wird.

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