Princ Dobroshi: Der “Hai” vor der deutschen Justiz

Ein Mann, der wie ein Geist durch die Welt des organisierten Verbrechens schwebte: Princ Dobroshi, besser bekannt als „Peshkaqeni“ – „Der Hai“. Von den Hafenkais Hamburgs bis in die Berge des Balkans baute er ein Imperium auf, das tonnenweise Kokain nach Europa brachte. Seine Geschichte liest sich wie ein Thriller: ein spektakulärer Gefängnisausbruch, korrupte Komplizen und geheime Treffen in Dubai. Doch auch die besten Tarnungen halten nicht ewig. Im November 2023 klickten die Handschellen in Tirana. Mit der Festnahme des „größten Hais“ der europäischen Drogenwelt beginnt ein Kapitel, das tief in die Strukturen eines milliardenschweren Netzwerks blicken lässt – und die Frage aufwirft, wie lange diese dunklen Ströme noch fließen können.

 

 

I. Princ Dobroshi – der Fall “Peshkaqeni” 

1. Ein globales Netzwerk aus dem Schatten

Seine kriminelle Karriere, die bereits in den 1990er Jahren mit dem Schmuggel von Heroin und Kokain begann, erstreckte sich über mehrere Länder und machte ihn zu einer zentralen Figur des internationalen Drogenhandels. Von seinem Heimatland Kosovo über Deutschland, Norwegen und die Tschechische Republik baute Dobroshi ein weitreichendes Netzwerk auf, das für seine Effizienz und Undurchdringlichkeit bekannt war.

 

2. Der Justiz immer einen Schritt voraus

Besonders bezeichnend für Princ Dobroshi ist nicht nur das immense Ausmaß seiner Machenschaften, sondern auch seine Fähigkeit, der Justiz immer wieder zu entkommen.

 

3. Spektakuläre Flucht aus Norwegen

Nachdem er 1993 in Norwegen wegen Heroinschmuggels verhaftet und zu 14 Jahren Haft verurteilt worden war, gelang ihm 1997 ein spektakulärer Ausbruch aus dem Hochsicherheitsgefängnis Ullersmo. Berichten zufolge bestach Princ Dobroshi einen Wärter, um die Flucht zu ermöglichen.

 

4. Neue Identität, alte Geschäfte

Um seine Spur endgültig zu verwischen, ließ er sich in Kroatien einer Schönheitsoperation unterziehen. Ein Mann, der sich seiner Rolle als „größter Hai“ im Drogenhandel bewusst war, und der es verstand, sein Gesicht und seine Identität den Erfordernissen seiner kriminellen Karriere anzupassen.

 

5. Festnahme in Prag

Doch die Flucht war nur der Anfang. Zwei Jahre später, 1999, wurde Dobroshi in Prag erneut gefasst. Die Umstände seiner Festnahme waren ebenso dramatisch wie bezeichnend: Im Gepäck hatte er eine Maschinenpistole, ein Gewehr und eine Geldzählmaschine – Werkzeuge seines schattenhaften Handels.

 

6. Ein Comeback aus dem Kosovo

Nach seiner vorzeitigen Entlassung im Jahr 2005 – offiziell wegen „guter Führung“ – zog sich Dobroshi scheinbar in den Kosovo zurück. Doch Ermittler fanden Hinweise darauf, dass der „größte Hai“ seine kriminellen Aktivitäten im Kokainhandel nie wirklich aufgab. Seine Reisen nach Dubai, einem internationalen Zentrum des Drogenhandels, zeigten, dass er weiter an den Schalthebeln eines globalen Netzwerks saß. Dubai, mit seinem luxuriösen Ambiente und diskreten Geschäftspraktiken, bot den perfekten Nährboden für einen Mann wie Princ Dobroshi, um seine kriminellen Pläne weiter zu verfolgen.

 

7. Technologie als Schlüssel

Besonders die Nutzung moderner Technologie wie verschlüsselter Kommunikationssysteme – etwa EncroChat und Sky-ECC – offenbarte das strategische Geschick des Drogenbosses. Diese Plattformen dienten ihm nicht nur zur Koordination von Schmuggellieferungen, sondern auch zur Absicherung seiner Netzwerke. Erst als die französischen Behörden 2020 EncroChat knackten, begann das Kartenhaus des „Hai“ zu wanken.

 

8. Das Ende des größten Hais

Zum endgültigen Zusammenbruch kam es dann am 22. November 2023, als die Behörden Princ Dobroshi in Tirana stellten. In einem dunklen SUV unterwegs, leistete Dobroshi keinen Widerstand, als die Beamten den Weg blockierten – ein überraschend unspektakuläres Ende für einen Mann, der jahrzehntelang den Kokainhandel in Europa dominierte.

II. Juristische Konsequenzen für Princ Dobroshi

Heute wirft die deutsche Justiz dem 60-jährigen Princ Dobroshi vor, elf großangelegte Fälle von Kokainschmuggel organisiert zu haben. Dabei wurden insgesamt zehn Tonnen Kokain durch den Hamburger Hafen geschleust. Solche Straftaten fallen unter § 29 ff. BtMG (Betäubungsmittelgesetz). §§ 29 und 29a BtMG  ahnden den Handel mit Betäubungsmitteln als schweres Verbrechen.

Aufgrund der gewerbsmäßigen und organisierten Vorgehensweise Dobroshis könnten auch 29 III S 2 Nr. 1 BtMG und § 30a I BtMG, im Rahmen des Prozesses zur Anwendung kommen, die bei bandenmäßigem Handeln die Strafandrohung verschärfen. Er liegt vor, wenn mindestens drei Personen sich mit dem Ziel zusammengeschlossen haben, dauerhaft und arbeitsteilig Betäubungsmittel zu handeln. Diese Straftat wird als besonders gefährlich eingestuft, da solche Strukturen nicht nur den Drogenhandel professionalisieren, sondern auch Machtverhältnisse und Netzwerke schaffen, die schwer zu zerschlagen sind. Bei bandenmäßigem Handeln droht eine Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren, sofern der Grenzwert der “nicht geringen Menge” gem. § 29 I 2 BtMG überschritten wurde. Um eine sog. “nicht geringe Menge” gem. § 29a I 2 BtMG handelt es sich bei mit Kokain bereits ab 5 Gramm.

Der Fall “Peshkaqeni” zeigt, wie eng die juristische Aufarbeitung mit gesellschaftlichen Fragen vernetzt ist und wie wichtig es ist, dem organisierten Verbrechen entschlossen entgegenzutreten.

 

III. Der Hamburger Hafen: Ein Tor für Tonnen von Kokain

Im scheinbaren Chaos der riesigen Containeranlagen des Hamburger Hafens entfaltete Princ Dobroshi seine kriminellen Strategien. Der größte Hafen Deutschlands, ein pulsierender Umschlagplatz für legale Waren aus aller Welt, wurde zur Schlüsselbühne für den Schmuggel illegaler Ladungen wie Kokain. Jahr für Jahr werden dort Millionen Container umgeschlagen, doch hinter einigen dieser unscheinbaren Stahlwände verbargen sich Tonnen des weißen Pulvers, das Dobroshis Imperium mit Milliarden speiste.

Mit außergewöhnlicher Raffinesse und einem weitreichenden Netzwerk soll Dobroshi die Schwachstellen des Systems bewusst ausgenutzt haben. Mithilfe korrupter Hafenmitarbeiter sollen Container manipuliert, Transportaufträge gefälscht und Frachtstücke unauffällig aus dem Hafen geschleust worden sein.

Besonders brisant: Einer seiner mutmaßlichen Mittelsmänner, ein Teamleiter bei Eurogate, hatte Zugang zur sensiblen Hafen-IT, was es Dobroshi und seiner Bande erleichterte, den Schmuggel minutiös zu planen.

Die Dimensionen seines Handels sind beispiellos: Mindestens neunmal sollen Dobroshi und seine Komplizen allein im Jahr 2020 große Lieferungen von bis zu 1,2 Tonnen Kokain auf einmal transportiert haben.

 

IV. Gesellschaftliche Auswirkungen des Kokainhandels

Die kriminellen Machenschaften von Princ Dobroshi, dem „größten Hai“ des europäischen Drogenhandels, sind mehr als nur ein juristisches Problem – sie offenbaren die erschütternden gesellschaftlichen Konsequenzen eines milliardenschweren Kokainmarktes.

Mit Marktwerten von rund 3.000 Euro pro Kilogramm in Mittelamerika welche sich bis zu 80.000 Euro in Europa steigern, machen die Gewinnspannen von Kokain den Handel zu einem der profitabelsten – und gefährlichsten – Geschäftsfelder weltweit. Solche Summen fördern die kriminelle Energie und stärken die Machtstrukturen des organisierten Verbrechens.

Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat mehrfach betont, welche enormen Schäden der Handel und Konsum von Kokain verursachen. Es geht nicht nur um die finanziellen Verluste durch Geldwäsche und Steuerhinterziehung, sondern auch um die tiefgreifenden gesellschaftlichen Auswirkungen. Der zunehmende Konsum von Crack – einer auf Kokain basierenden Droge – hat in Deutschland zu einer alarmierenden Zunahme von Drogentoten geführt. Laut dem Bundeskriminalamt hat sich deren Zahl in den letzten zehn Jahren nahezu verdoppelt.

 

V. Fazit: “Peshkaqeni” – ein Test für Strafverfolgung und Gesellschaft

Der „Hai“, wie Princ Dobroshi genannt wird, mag gefangen sein – doch mit ihm verschwindet nicht automatisch das Netzwerk, das jahrelang den europäischen Markt mit Kokain überschwemmt hat. Juristisch gesehen steht ihm dennoch zweifellos eine harte Abrechnung bevor: Nach §§ 29 ff. BtMG drohen ihm empfindliche Strafen für den bandenmäßigen und großangelegten Drogenhandel. Doch die zentrale Frage bleibt: Sind damit auch die Strukturen, die ihn umgeben, dauerhaft zerschlagen?

In dieser Frage zeigen die Entschlüsselung von Kommunikationsplattformen wie EncroChat, das Aufspüren verschlungener Geldströme und die Fahndung nach Komplizen in Drittstaaten, wie international die Herausforderungen der Strafverfolgungsbehörden geworden sind. Gleichzeitig führt der Fall die sozialen Kosten gnadenlos vor Augen: Gewalt, zerbrochene Familien, Drogentote – die menschlichen Folgen eines Milliardengeschäfts, das keine moralischen Grenzen kennt.

Letztlich verdeutlicht die Jagd auf Dobroshi eindringlich, wie dringend internationale Kooperation und moderne Ermittlungsmethoden in diesem Bereich notwendig sind. Doch sie zeigt auch, dass der Kampf gegen den Kokainhandel nicht allein mit Strafverfahren gewonnen werden kann. Die Bekämpfung eines solch skrupellosen Marktes erfordert nicht nur juristische Konsequenz, sondern allem voran auch ein Umdenken auf gesellschaftlicher und politischer Ebene.

Übrigens: Ein ähnliches Muster zeigt sich auch im „Shiny Flakes“-Fall: Trotz der Verurteilung des Haupttäters lebten die kriminellen Strukturen weiter.

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Jurawelt Redaktion

Greta Schmid
  • Studentin der Rechtswissenschaften an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht
  • Schwerpunktbereich: Recht der Digitalisierung
  • Auslandsaufenthalt am Chicago-Kent College of Law (USA)

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  • Redakteurin & Studentische Mitarbeiterin