Der echte Vertrag zugunsten Dritter gemäß § 328 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ermöglicht eine direkte Leistung an einen Dritten und räumt ihm ein eigenständiges Forderungsrecht ein.
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Der echte Vertrag zugunsten Dritter, wie in § 328 BGB kodifiziert ermöglicht, dass durch einen Vertrag zwischen zwei Parteien (dem Versprechenden und dem Versprechensempfänger) ein Dritter unmittelbar ein Forderungsrecht gegen den Versprechenden erwirbt. Dieser Rechtsmechanismus erlaubt es, Vertragsvorteile gezielt an Personen zu übertragen, die nicht selbst Vertragspartei sind. Der direkte Anspruch des Dritten auf die Leistungserbringung unterscheidet hierbei den echten Vertrag zugunsten Dritter von anderen Vertragsarten, in denen Leistungen an Dritte erbracht werden, ohne dass diesen ein direktes Forderungsrecht zusteht. Die Einbindung eines Dritten in die Vertragsbeziehung eröffnet vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten in der rechtlichen Praxis und hat sowohl für das Privatrecht als auch für das Wirtschaftsrecht erhebliche Bedeutung.
Rechtsbeziehungen und Beteiligte: Die Struktur eines solchen Vertrages umfasst drei Hauptakteure:
Der Versprechende (Schuldner), der sich verpflichtet, eine Leistung zugunsten des Dritten zu erbringen.
Der Versprechensempfänger (Gläubiger), der mit dem Versprechenden den Vertrag schließt und dem die Leistung an den Dritten zugutekommt.
Der Dritte (Begünstigter), der durch den Vertrag ein eigenes Recht auf die Leistung erwirbt.
Diese Dreiecksbeziehung bildet das Fundament des echten Vertrags zugunsten Dritter und differenziert die rechtlichen Beziehungen und Pflichten zwischen den Beteiligten.
Anwendungsbereiche und praktische Beispiele: Die rechtliche Bedeutung des echten Vertrags zugunsten Dritter liegt in der Flexibilität und der Möglichkeit, gezielt Vermögensvorteile zu übertragen, ohne dass der Dritte eine Gegenleistung erbringen muss. Die praktische Anwendung des echten Vertrags zugunsten Dritter ist daher breit gefächert. Ein klassisches Beispiel ist das auf den Namen eines Dritten angelegte Sparkonto, bei dem der Kontoinhaber (Versprechender) und die Bank (Versprechensempfänger) vereinbaren, dass ein Dritter (zum Beispiel ein Familienmitglied) ein Recht auf das Guthaben oder Teile davon erwirbt. Weitere Beispiele umfassen Lebensversicherungsverträge, bei denen die Versicherungsleistung im Todesfall unmittelbar an eine begünstigte Person ausbezahlt wird, oder Grundstückskaufverträge mit einer Maklerklausel, die dem Makler einen Anspruch auf die Provision einräumt.
Die Unterscheidung zwischen echten und unechten Verträgen zugunsten Dritter basiert auf dem Aspekt des direkten Erwerbs eines Forderungsrechts durch den Dritten.
Ein echter Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 Abs. 1 BGB zeichnet sich dadurch aus, dass der Dritte aus dem Vertrag ein unmittelbares Forderungsrecht gegen den Versprechenden erwirbt. Dies bedeutet, dass der Dritte selbstständig die Leistung vom Versprechenden fordern kann, ohne dass eine weitere Zustimmung des Versprechensempfängers erforderlich ist. Das Forderungsrecht entsteht direkt durch die vertragliche Vereinbarung zwischen dem Versprechenden und dem Versprechensempfänger. Der Dritte wird somit zum unmittelbar Berechtigten und kann eigenständig seine Rechte geltend machen.
Im Gegensatz dazu besteht beim unechten Vertrag zugunsten Dritter keine direkte Forderungsberechtigung des Dritten gegenüber dem Versprechenden. Hier erbringt der Versprechende zwar eine Leistung an den Dritten, aber der Dritte hat kein eigenes Recht, diese Leistung zu fordern. Die Leistung an den Dritten erfolgt auf der Grundlage der internen Verpflichtung des Versprechenden gegenüber dem Versprechensempfänger. Der Dritte ist in diesem Fall lediglich der faktische Empfänger der Leistung, ohne eine eigene rechtliche Position gegenüber dem Versprechenden zu haben. Der unechte Vertrag zugunsten Dritter etabliert somit eine Leistungsbeziehung, die zwar den Dritten begünstigt, ihm aber keine eigenen vertraglichen Ansprüche einräumt.
Die Abgrenzung zwischen einem echten und einem unechten Vertrag zugunsten Dritter erfolgt durch eine sorgfältige Auslegung der Vertragsinhalte nach den §§ 133, 157 BGB. Entscheidend ist dabei die Intention der Vertragsparteien, insbesondere ob sie dem Dritten ein eigenes Forderungsrecht einräumen wollten. Die Auslegung orientiert sich an den Umständen des Einzelfalls und dem erkennbaren Willen der Parteien. Gemäß § 328 Abs. 2 BGB sind insbesondere die Umstände und der Zweck des Vertrages heranzuziehen, um festzustellen, ob ein echter Vertrag zugunsten Dritter gewollt ist.
Die rechtliche Struktur eines echten Vertrags zugunsten Dritter umfasst drei wesentliche Beziehungen:
Das Deckungsverhältnis (Versprechender und Versprechensempfänger): Das Deckungsverhältnis beschreibt die vertragliche Beziehung zwischen dem Versprechenden (Schuldner) und dem Versprechensempfänger (ursprünglicher Gläubiger). Hierin wird vereinbart, dass die Leistung nicht direkt an den Versprechensempfänger, sondern an einen Dritten zu erbringen ist. Das Deckungsverhältnis legt die Grundlage für das Forderungsrecht des Dritten und bestimmt die Bedingungen, unter denen die Leistung zu erbringen ist. Dieses Verhältnis kann durch jeden beliebigen Vertragstyp konstituiert werden und ist maßgeblich für die Entstehung des Forderungsrechts des Dritten. Wesentlich ist, dass das Deckungsverhältnis die vertraglichen Verpflichtungen zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien regelt und somit den rechtlichen Rahmen für die Einbeziehung des Dritten schafft.
Das Valutaverhältnis (Versprechensempfänger und Dritter): Das Valutaverhältnis, auch Zuwendungsverhältnis genannt, definiert die Beziehung zwischen dem Versprechensempfänger und dem Dritten. Es erklärt die Beweggründe des Versprechensempfängers, warum der Dritte als Begünstigter aus dem Vertrag hervorgehen soll. In der Regel resultiert aus diesem Verhältnis die Verpflichtung des Versprechensempfängers, den Dritten zu begünstigen. Das Valutaverhältnis beleuchtet somit den Hintergrund der vertraglichen Gestaltung und die Intention, die hinter der Begünstigung des Dritten steht.
Das Vollzugsverhältnis (Versprechender und Dritter): Das Vollzugsverhältnis betrifft die direkte Beziehung zwischen dem Versprechenden und dem Dritten. Durch den Vertrag erwirbt der Dritte ein unmittelbares Forderungsrecht gegen den Versprechenden. Dieses Verhältnis konkretisiert sich in dem Moment, in dem der Dritte die ihm versprochene Leistung fordert. Es ist charakterisiert durch die direkte Verpflichtung des Versprechenden zur Leistungserbringung an den Dritten, unabhängig vom Versprechensempfänger. Das Vollzugsverhältnis ist somit der rechtliche Mechanismus, der die Ausführung der vertraglichen Vereinbarung zum Nutzen des Dritten ermöglicht.
Während das Deckungsverhältnis die Verpflichtung des Versprechenden definiert, klärt das Valutaverhältnis die Intention hinter der Begünstigung des Dritten. Formvorschriften des Valutaverhältnisses wirken sich nicht auf das Deckungsverhältnis aus, was die Autonomie dieser Rechtsbeziehungen unterstreicht.
Im Falle von Leistungsstörungen differenziert die Behandlung je nachdem, bei wem die Störung auftritt:
Störungen beim Versprechensempfänger: Bei Leistungsstörungen, die auf Handlungen oder Unterlassungen des Versprechensempfängers zurückzuführen sind, verbleiben die Rechtsfolgen im Wesentlichen innerhalb des Deckungsverhältnisses (insbesondere nach den §§ 280 ff. BGB). Der Versprechende kann in einem solchen Fall die gegenüber dem Versprechensempfänger bestehenden vertraglichen Ansprüche geltend machen.
Störungen beim Versprechenden: Tritt eine Leistungsstörung auf Seiten des Versprechenden auf, etwa durch Nichterfüllung oder Schlechtleistung der versprochenen Leistung, stehen dem Versprechensempfänger grundsätzlich die allgemeinen Ansprüche gemäß den §§ 280 ff. BGB zu. Interessant ist hierbei, dass der Dritte, als unmittelbarer Berechtigter der Leistung, ebenfalls in der Lage ist, bestimmte Ansprüche direkt gegen den Versprechenden geltend zu machen, insbesondere Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB, sofern ihm durch die Leistungsstörung ein Schaden entstanden ist.
Störungen beim Dritten: Verursacht der Dritte selbst eine Leistungsstörung, so wirkt sich dies primär auf das Vollzugsverhältnis aus. In solchen Fällen kann der Versprechende die ihm gegenüber dem Dritten zustehenden Rechte geltend machen. Darüber hinaus kann der Versprechende unter Umständen Regressansprüche gegen den Versprechensempfänger haben, insbesondere wenn dieser den Dritten zur Annahme der Leistung verpflichtet war.
Sonderregelungen und Rückgriffsrechte: Die §§ 334 und 335 BGB enthalten spezielle Regelungen, die den Umgang mit Leistungsstörungen in Konstellationen eines echten Vertrags zugunsten Dritter weiter konkretisieren. So kann der Versprechende dem Dritten gemäß § 334 BGB Einwendungen entgegenhalten, die sich aus dem Deckungsverhältnis ergeben, etwa wenn die Verpflichtung zur Leistung unter einer aufschiebenden Bedingung stand. Ebenso regelt § 335 BGB die Rechte des Versprechensempfängers, insbesondere den Anspruch auf Leistung an den Dritten, der durch die Leistungsstörung nicht berührt wird.
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