Banken und die grobe Fahrlässigkeit ihrer Kunden

 


Diebstahl des Geldbeutels samt ec-Karte

Eine Supermarktkundin bemerkte nicht, dass ihr nach dem Bezahlen im Supermarkt der Geldbeutel mit ihrer ec-Karte gestohlen wurde. Drei Tage später kontaktierte sie ihre Bank, nachdem von ihrem Konto in kurzer Zeit hohe Summen, insgesamt 18.545 Euro, abgehoben wurden. Die Bank verweigerte die Rückerstattung, da sie der Meinung war, dass die Kundin ihre PIN-Nummer zusammen mit der Karte aufbewahrt haben müsse.

Jedoch stritt die Kundin ab, dass sie ihre PIN in ihrem Geldbeutel notiert hatte. Sie behauptete, dass der Täter sie beim Eingeben ihrer PIN im Supermarkt beobachtet haben müsse. Daraufhin reichte sie eine Klage gegen die Bank auf Erstattung des gestohlenen Betrags ein. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart gab der Kundin recht, da nicht bewiesen werden konnte, dass sie grob fahrlässig im Umgang mit ihrer ec-Karte gehandelt habe.

Das OLG führte an, dass selbst wenn ein Karteninhaber versucht, die Eingabe seiner PIN abzudecken, dies nicht verhindert, dass jemand die Handbewegung beobachten oder sogar die PIN mit einem Smartphone filmen könnte. Das Gericht betonte, dass die Kundin nur zehn Minuten vor der ersten unberechtigten Abhebung an einem Geldautomaten mit ihrer ec-Karte bezahlt habe, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die PIN im Supermarkt ausgespäht wurde.

In seinem Urteil entschied das Oberlandesgericht Stuttgart vom 08.02.2023 – 9 U 200/22 zugunsten der Kundin. Es stellte klar, dass nicht zwangsläufig eine Person die Karte und die PIN zusammen aufbewahrt, nur weil eine unberechtigte Person beide verwendet. Das Gericht kritisierte die Annahme der Bank, dass Mitarbeiter des Supermarkts die Aufnahme durch den Dieb bemerkt hätten und wies darauf hin, dass Trickdiebe meist unauffällig handeln.


Aufbewahrung von PIN und ec-Karte in der Wohnung

Ein interessanter Fall kam vor den Bundesgerichtshof (BGH), in dem eine Klägerin während einer Auslandsreise ihre ec-Karten in einem Raum ihrer Wohnung liegen ließ, als die Geheimnummer in einem anderen Raum aufbewahrt wurde. Trotz der räumlichen Trennung wurden beide während ihrer Abwesenheit gestohlen, und erhebliche Beträge wurden von ihrem Konto abgehoben.

Das Kammergericht Berlin (ein Oberlandesgericht) urteilte zunächst, dass die Klägerin grob fahrlässig gehandelt habe, da die PIN und die ec-Karte trotz der räumlichen Trennung in der gleichen Wohnung aufbewahrt wurden. Aber der BGH sah das anders, vgl. Urt. v. 17. 10. 2000 – XI ZR 42/00: Er entschied, dass die Klägerin ihre vertraglichen Sorgfaltspflichten nicht grob fahrlässig verletzt hatte. Eine gemeinsame Aufbewahrung von ec-Karte und PIN liegt nur dann vor, wenn ein Unbefugter beide Gegenstände in einem einzigen Zugriff erlangen kann, ohne nach einem der beiden suchen zu müssen.


Was bedeutet das für den Kontoinhaber?

Nach dem Urteil des BGH müssen Kontoinhaber ihre ec-Karte und die PIN nicht zwangsläufig in unterschiedlichen Wohnungen aufbewahren, um einen Erstattungsanspruch gegen ihre Bank gem. §§ 667, 675 Abs. 1 BGB oder gem. §700 Abs. 1, §607 BGB geltend machen zu können. Eine getrennte Lagerung in verschiedenen Räumen der Wohnung, die einen potenziellen Dieb zur weiteren Suche zwingt, ist ausreichend. Dies bietet den Kontoinhabern mehr Flexibilität und Sicherheit bei der Aufbewahrung ihrer Finanzinformationen.

Grundsätzlich empfiehlt es sich allerdings Geheimzahlen ähnlich wie Passwörter zu behandeln und diese beispielsweise in einem ebenfalls gesicherten Passwortmanager zu sichern.

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