Kontoführungsgebühren zurückfordern: BGH stärkt Verbraucherrechte

Stellen Sie sich vor, Sie zahlen über Jahre hinweg stillschweigend Gebühren, das Sie nie aktiv genehmigt haben – und plötzlich urteilt der BGH: Diese Zahlungen waren rechtswidrig.
Genau das erleben derzeit viele Kunden deutscher Banken, allen voran bei den Sparkassen. Kontoführungsgebühren wurden flächendeckend eingeführt oder erhöht – oft ohne ausdrückliche Zustimmung, sondern gestützt auf sogenannte Zustimmungsfiktionsklauseln. Der BGH hat mit Urteil vom 19. November 2024 1 ein deutliches Zeichen gesetzt: Schweigen ist keine Zustimmung – jedenfalls nicht bei Vertragsänderungen, die tief in das Portemonnaie der Verbraucher eingreifen. Wer seine Kontoführungsgebühren zurückfordern will, hat dafür nun bessere Karten denn je.

Dieser Beitrag zeigt nicht nur, wie Sie Ihre Kontogebühren zurückfordern können, sondern beleuchtet auch die gesellschaftliche Sprengkraft des Urteils, erklärt die Hintergründe und hilft Ihnen, Ihre rechtlichen Ansprüche selbstbewusst durchzusetzen.

Kontoführungsgebühren zurückfordern
Zehn Jahre gezahlt, nie zugestimmt – nun darf zurückgefordert werden.

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I. Kontoführungsgebühren zurückfordern: Das Wichtigste in Kürze

  • Die Erhebung von Kontoführungsgebühren ohne aktive Einwilligung ist unzulässig: Grundlage hierfür bildet das BGH Urteil vom 19. November 2024 1.
  • Anspruchsgrundlage: Rückforderungsansprüche beruhen auf § 812 I S. 1 Alt. 1 BGB – also auf dem Grundsatz der ungerechtfertigten Bereicherung.
  • Kontoführungsgebühren Steuer: Für die Kontoführungsgebühren bei der Steuererklärung lassen sich jährlich pauschal 16 Euro als Werbungskosten geltend machen – mehr, wenn ein beruflicher Zusammenhang besteht vgl. §9 EStG.
  • Achtung: Die Verjährungsfrist ist derzeit unklar – möglich sind drei oder zehn Jahre vgl. §§ 195, 199 BGB; eine Begründung des BGH-Urteils vom 19. November liegt noch nicht vor.

II. Verfahrenshintergrund

Wie still darf ein Schweigen sein, bis es rechtlich nicht mehr zählt? Diese Frage bildete den Kern einer Praxis, auf die sich viele Banken und insbesondere Sparkassen über Jahre hinweg verlassen hatten. Per AGB – oft gut versteckt im Kleingedruckten – erklärten sie Gebührenerhöhungen für gültig, solange Kunden nicht aktiv widersprachen.

Eine sogenannte Zustimmungsfiktionsklausel machte das möglich.

Die Zustimmungsfiktion war über Jahre hinweg ein gängiges Mittel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Banken, um Gebührenanpassungen durchzusetzen. Durch diese Klausel wurden Änderungen – etwa die Einführung oder Erhöhung von Kontoführungsgebühren – automatisch wirksam, wenn Kunden nicht innerhalb einer bestimmten Frist widersprachen. Schweigen galt als Zustimmung

Die Folge: Wer die Preisanpassung einfach übersah oder für juristisch harmlos hielt, zahlte klaglos weiter. Und genau das wurde vielen teuer – gerade bei Kontoführungsgebühren, die über Jahre hinweg ohne ausdrückliche Zustimmung erhoben wurden. Kontoführungsgebühren zurückfordern? Bis vor Kurzem galt das als langwieriger Kraftakt – mit ungewissem Ausgang.

Dann kam das Urteil: Der BGH erklärte diese Praxis im Jahr 2021 für unzulässig Urteil vom 27. April 2021 2. Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit dem Grundsatz von Treu und Glauben vgl. § 242 BGB: Eine einseitige Änderung von Vertragsbedingungen – insbesondere zulasten der Kundschaft – darf nicht durch Schweigen fingiert werden.

BGH Urteil, vom 19. November 2024

Mit einem weiteren Urteil vom 19. November 2024 (Az. XI ZR 139/23) zementierte der XI. Zivilsenat seine Linie: Auch wer über Jahre hinweg unzulässige Kontoführungsgebühren widerspruchslos gezahlt hat, darf diese zurückfordern.

Damit erteilte der BGH einer Analogie zum Energierecht eine klare Absage. Die dort praktizierte „Dreijahreslösung“  im BGH Urteil vom 14.03.2012 3 sei nicht ohne weiteres auf Bankverträge nicht übertragbar. Warum? Weil die Vertragsänderung bei Banken nicht durch gesetzlich normierte Preisanpassungsklauseln geschieht, sondern auf bloßer AGB-Basis – und damit juristisch deutlich angreifbarer ist.

Im Mittelpunkt des Falls: Ein Kunde der Sparkasse, der erst 2021 gegen Gebühren aus dem Jahr 2018 Widerspruch einlegte – und vor dem höchsten deutschen Zivilgericht gewann. Die Sparkasse musste 192 Euro Kontoführungsgebühren erstatten und wurde darüber hinaus verpflichtet, künftige Schäden aus vergleichbaren Gebührenerhebungen zu ersetzen.

Die Rechtsgrundlage ist eindeutig: § 812 I S. 1 Alt. 1 BGB – wer ohne rechtlichen Grund etwas empfängt, muss es zurückgeben.

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III. Wann sind Kontoführungsgebühren unwirksam?

Damit man Kontoführungsgebühren zurückfordern kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, die sich aus der aktuellen Rechtsprechung und den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen ergeben. Nur wenn diese Bedingungen vorliegen, besteht eine realistische Chance, die gezahlten Entgelte erfolgreich einzufordern.

1. Die Preisänderung beruhte auf einer Zustimmungsfiktionsklausel, also auf dem Schweigen des Kunden.

2. Keine aktive Zustimmung durch die Kundin oder den Kunden – etwa per Online-Banking oder schriftlich.

3. Die Forderung ist noch nicht verjährt vgl. §§ 195, 199 BGB.

Achtung: Nach Ansicht der Verbraucherzentralen beginnt die dreijährige Verjährungsfrist nicht automatisch mit der Zahlung, sondern erst mit der Kenntnis vom Rückforderungsrecht – spätestens jedoch mit Ende des Kalenderjahres vgl. § 199 I Nr. 2 BGB.

Diese Bankgebühren sind unzulässig

Wer sich also auf die Suche nach unzulässigen Klauseln macht, kann mitunter mehrere hundert Euro erstattet bekommen. Die folgende Übersicht zeigt, welche Bankgebühren sowie Kontoführungsgebühren man zurückfordern kann – mit präzisen Erläuterungen und den zugrunde liegenden Urteilen:

Das gesetzliche Basiskonto (Jedermann-Konto) darf nicht übermäßig teuer sein. Der BGH erklärte 2020 die Entgeltklausel einer Bank für unwirksam, weil das Institut den Mehraufwand für Basiskonten vollständig auf die Inhaber umlegte 7.

Kreditinstitute dürfen für die Führung eines Darlehenskontos (Kreditabrechnungskonto) kein Entgelt verlangen​. Laut BGH ist die Führung dieses internen Kontos allein im Interesse der Bank, sodass eine extra Gebühr unzulässig ist  10.

Unzulässig sind Entgelte für die Bearbeitung einer Kontopfändung und deren laufende Überprüfung​. Die Bank ist gesetzlich verpflichtet, Pfändungen umzusetzen; entsprechende Gebühren hat der BGH daher gekippt 11.

Für das Einrichten oder Umwandeln eines Girokontos in ein P-Konto darf keine zusätzliche Gebühr erhoben werden​. Auch die laufende Kontoführungsgebühr eines Pfändungsschutzkontos darf nicht höher sein als die eines vergleichbaren Standard-Girokontos bei derselben Bank, vgl. BGH-Urteile vom 13.11.2012 und 16.07.2013.

Duldet die Bank eine Überziehung über den vereinbarten Dispokredit-Rahmen hinaus, darf sie dafür kein gesondertes Bearbeitungsentgelt verlangen​. Diese sog. geduldete Überziehung erfolgt allein im Interesse der Bank, daher sind zusätzliche Gebühren unzulässig – das haben Oberlandesgerichte bereits 2009 und 2012 bestätigt 12.

Einige Banken verlangten eine pauschale Mindestgebühr, sobald ein Dispokredit in Anspruch genommen wurde. Der BGH hat solche Klauseln 2016 für unwirksam erklärt, da sie besonders kleine Überziehungen unverhältnismäßig verteuern 13.

Wird eine Lastschrift mangels Deckung zurückgegeben, darf die Bank zwar seit 2018 ein Entgelt dafür berechnen, aber nur in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten​. Überzogene Pauschalen sind rechtswidrig; Gerichte entschieden, dass die Gebühren nicht höher sein dürfen als der Realaufwand 14.

Nicht jede per SMS versandte TAN darf extra kosten. Der BGH untersagte 2017, für jede SMS-TAN pauschal eine Gebühr zu erheben​– nur wenn die TAN tatsächlich für einen Auftrag genutzt wird, ist ein Entgelt zulässig​.

Eine allgemeine Klausel, wonach jede Kontobuchung mit einem Entgelt belegt wird, ist unwirksam​. Der BGH hat 2015 entschieden, dass Banken kein zusätzliches Entgelt für die Ausführung von Zahlungsvorgängen verlangen dürfen 15.

Auch bei Geschäftskonten sind einheitliche Preise pro Buchung nicht erlaubt. Der BGH kippte 2015 eine solche Klausel bei einer Sparkasse, die daraufhin die zu Unrecht kassierten Gebühren zurückzahlen musste 16.

Banken dürfen kein Entgelt berechnen, wenn Kund:innen einen Dauerauftrag aussetzen oder löschen​. Dies hat der BGH bestätigt 17.

Eine Gebühr für das Einrichten oder Ändern eines Freistellungsauftrags ist unzulässig​. Hintergrund: Bankkunden sind vom Fiskus verpflichtet, einen Freistellungsauftrag für Kapitalerträge abzugeben – folglich darf die Bank dafür kein Entgelt verlangen 18.

Gebühren für nachträglich erstellte Kontoauszüge dürfen nur in Höhe der tatsächlichen Kosten des Instituts erhoben werden​. Eine einheitliche Pauschale (z. B. 15 € pro Auszug) ist unzulässig, wenn sie unterschiedliche Aufwände ignoriert – der BGH rügte 2013 genau das 19.

Verschickt die Bank unaufgefordert (ohne Anforderung durch den Kunden) Kontoauszüge, darf sie dafür kein Entgelt berechnen​. Sie ist gesetzlich verpflichtet, mindestens einmal pro Monat über Kontobewegungen zu informieren; ein Entgelt für ungefragte Zusendungen ist daher unzulässig 20.

Kommt eine Überweisung trotz korrekter Angaben nicht beim Empfänger an und muss die Bank nachforschen, darf sie dafür keine Kosten dem Kunden in Rechnung stellen​. Liegt der Fehler hingegen beim Kunden (etwa falsche IBAN), darf die Bank für die Unterstützung bei der Rückholung nach entsprechender Vereinbarung ein Entgelt verlangen, vgl. § 675y III BGB​.

Banken dürfen für die Bearbeitung von Kundenbeschwerden (Reklamationen) keine Gebühren verlangen​. Das Institut ist vertraglich verpflichtet, einer Beschwerde nachzugehen; entsprechende Klauseln wurden gerichtlich kassiert 21.

Banken dürfen für die Auflösung (Kündigung) eines Girokontos kein Entgelt berechnen​. Das Konto zu kündigen muss für Kunden kostenlos möglich sein.

Wird ein Konto geschlossen, darf das verbleibende Guthaben kostenfrei auf ein anderes Konto übertragen werden. Für diese Überweisung des Restguthabens darf keine Gebühr verlangt werden 22.

Wird nach dem Tod eines Kunden dessen Konto auf den Namen der Erben umgeschrieben, darf die Bank dafür kein Entgelt berechnen​. Die notwendigen Änderungen der Kontounterlagen gehören zu den Pflichten der Bank; Gerichte haben bestätigt, dass Erben für eine solche Umschreibung nichts zahlen müssen 23.

Wenn eine EC- oder Kreditkarte vor Ablauf der bereits bezahlten Vertragslaufzeit gekündigt wird, muss die Bank die vorausgezahlte Kartengebühr anteilig erstatten​. Es ist unzulässig, die Gebühr für ungenutzte Monate einzubehalten 24.

Für das Sperren einer verlorenen, gestohlenen oder missbräuchlich verwendeten Bankkarte darf kein Entgelt berechnet werden. Das hat z. B. das OLG Düsseldorf klargestellt 25.

Nach Verlust oder Diebstahl einer Bankkarte darf die Bank zwar eine Gebühr für die Ersatzkarte verlangen, aber nur in Höhe der tatsächlich entstehenden Kosten. Rechtsgrundlage ist § 675l BGB, fehlt eine transparente Klausel dazu, muss der Kunde demnach gar nichts zahlen 26.

So erkennt man unschwer, dass es sich lohnt Vertragsklauseln und Kontoabrechnungen zu prüfen und unrechtmäßige Bankgebühren zurückzufordern. Jede hier aufgeführte Gebühr bietet einen Ansatzpunkt, um bereits gezahlte Kontoführungsgebühren zurückzufordern –unter Maßgabe der entsprechenden Urteile.

Beispielhafte Berechnung

Grundfall:

Das Girokonto war bis Ende 2021 gebührenfrei. Die Bank berechnete dann ab Januar 2022 berechnete monatlich 10 Euro. Im Februar 2023 wurden die Gebühren auf 15 Euro pro Monat angehoben.

Eine aktive Zustimmung zu diesen Erhöhungen wurde nie erteilt.

Januar 2022 bis Januar 2023:
13 Monate × 10 € = 130 €

Februar 2023 bis November 2024: 34 Monate × 15 € = 510 €

Gesamtrückforderung: 640 €

Abwandlung:

Die Bank berechnet zusätzlich zu den Kontoführungsgebühren pauschale SMS-TAN-Gebühren in Höhe von 0,10 Euro pro TAN. Abgerechnet wird dabei unabhängig von der tatsächlichen Nutzung: Monatlich werden pauschal drei TANs angesetzt – also 3,60 Euro.

Auch im Juli 2023 stellt die Bank eine Gebühr von 15 Euro für einen Nachforschungsauftrag in Rechnung, nachdem eine Überweisung aufgrund eines internen Bearbeitungsfehlers nicht korrekt ausgeführt wurde. Im Januar 2024 erhebt sie zudem 20 Euro für die Sperrung der Bankkarte, nachdem der Kunde den Diebstahl gemeldet hatte.

SMS-TAN-Gebühren:
Februar 2022 bis November 2024 = 34 Monate × 3,60 € = 122,40 €

Nachforschungsauftrag (Juli 2023): 15 €

Kartensperre (Januar 2024): 20 €

Ausgangsfall – Kontoführungsgebühren: 640 €

 

Unzulässige Zusatzgebühren: 122,40 € + 15 € + 20 € = 157,40 €

Gesamtrückforderung: 797,40 €

IV. Kontoführungsgebühren zurückfordern trotz Verjährung?

Wie weit lassen sich Kontoführungsgebühren rückwirkend zurückfordern? Eine einfache Antwort gibt es bislang nicht – und genau das verunsichert viele Betroffene. Die Gerichte urteilen unterschiedlich, und eine einheitliche Linie lässt auf sich warten.

Verbraucherfreundlich positioniert sich das Landgericht Trier, das in einem Urteil vom 25. November 2022 27 eine zehnjährige Verjährungsfrist annimmt – vorausgesetzt, der Gebührenerhebung wurde nicht ausdrücklich zugestimmt.

Eine Auffassung, die Betroffenen deutlich mehr Handlungsspielraum eröffnet. Wesentlich restriktiver argumentiert hingegen das Kammergericht Berlin im Rahmen einer Musterfeststellungsklage: Es sieht die reguläre dreijährige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB als einschlägig an – ab dem Ende des Jahres, in dem die Gebühr erhoben wurde.

Kontoführungsgebühren zurückfordern
Verjährung unklar - wer Kontoführungsgebühren zurückfordern will sollte unbedingt die Fristen beachten!

Auch der Bundesgerichtshof hat die Frage inzwischen aufgegriffen und sich im Urteil vom 19. November 2024 28 mit dem Thema befasst. Doch solange die Urteilsbegründung noch aussteht, bleibt offen, ob der BGH Klarheit schafft – oder sich zwischen den beiden Linien positioniert.

Für Verbraucher bedeutet das: Rückforderungen sollten vorsorglich für einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren geltend gemacht werden. Allerdings ist davon auszugehen, dass viele Banken nur Erstattungen für die letzten drei Jahre akzeptieren. Wer mehr zurückhaben möchte, sollte sich auf Auseinandersetzungen einstellen – und notfalls den nächsten Schritt in Richtung gerichtlicher Durchsetzung gehen.

V. So kann man Kontoführungsgebühren zurückfordern

Viele Banken – allen voran die Sparkassen – haben über Jahre hinweg Kontoführungsgebühren stillschweigend eingeführt oder erhöht, ohne eine ausdrückliche Zustimmung ihrer Kundschaft einzuholen. Wer diesen Veränderungen nie aktiv zugestimmt hat, kann sich auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berufen und gezahlte Gebühren zurückverlangen.

Wie genau sich Kontoführungsgebühren zurückfordern lassen, welche Unterlagen benötigt werden und welche Ansprüche bestehen, zeigt unsere Schritt-für-Schritt-Anleitung im Folgenden.

1. Schritt:

AGB prüfen – Klauseln finden

Zunächst sollte geprüft werden, ob die eigene Bank sich auf sogenannte Zustimmungsfiktionsklauseln stützte.

Solche Klauseln finden sich typischerweise in den AGB der Banken. Dort heißt es oft, dass Änderungen der AGB und Preise als genehmigt gelten, wenn der Kunde nicht binnen zwei Monaten widerspricht.

Diese Klauseln wurden bereits im BGH-Urteil vom 27. April 2021 29 für unwirksam erklärt.

Für Kunden bedeutet das: Wurde nie aktiv zugestimmt, bestehen gute Chancen, Kontoführungsgebühren zurückfordern zu können.

2. Schritt:

Vertragsänderungen nachverfolgen

Im nächsten Schritt sollte geklärt werden, wann und wie die Bank Entgelte neu eingeführt oder erhöht hat. Hinweise darauf finden sich:

  • in Kontoauszügen,
  • im digitalen Postfach des Online-Bankings,
  • in Briefen oder E-Mails der Bank.

Wer keine vollständigen Unterlagen hat, kann nach § 10 ZKG eine sogenannte Entgeltaufstellung bei seiner Bank anfordern. Banken müssen diese seit 2018 jährlich zur Verfügung stellen – kostenlos und auf Nachfrage auch rückwirkend. Kommt die Bank dieser Pflicht nicht nach, kann eine Beschwerde bei der Finanzaufsicht (BaFin) in Erwägung gezogen werden.

3. Schritt:

Rückforderung berechnen

Um die eigene Forderung gegenüber der Bank zu untermauern, empfiehlt es sich, die zu viel gezahlten Beträge aufzuschlüsseln. Rückgefordert werden können:

  • monatliche Kontoführungsgebühren,
  • pauschale Gebühren für Buchungen oder SMS-TAN,
  • Entgelte für Kontoauszüge oder Einzahlungen.

Neben dem Hauptbetrag lassen sich zusätzlich Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 BGB geltend machen – fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz pro Jahr.

4. Schritt:

Rückforderung einleiten

Die Forderung sollte schriftlich gestellt werden – per Brief oder E-Mail, am besten unter Beifügung der Entgeltaufstellung. Orientieren bietet hierfür unser Musterbrief, welcher im nächsten Abschnitt zu finden ist.

Das Schreiben sollte folgende Punkte enthalten:

  • genaue Angabe der zurückgeforderten Beträge,
  • Verweis auf das BGH-Urteil,
  • klare Fristsetzung für eine Rückmeldung.

Tipp: Auch bei der Steuererklärung lassen sich Kontoführungsgebühren steuerlich geltend machen – pauschal mit 16 Euro, höhere Beträge müssen belegt werden vgl. § 9 EStG.

Kommt die Bank der Forderung nicht nach oder verweigert die Rückzahlung pauschal, kann der nächste Schritt ein Schlichtungsverfahren oder – bei größeren Summen – die Klage sein. Auch bei der Sparkasse  sind die Wege offen Kontoführungsgebühren zurückfordern – mit Erfolgsaussicht, wie mehrere Urteile zeigen.

VI. Kontoführungsgebühren zurückfordern mit diesem Musterbrief

Unser Beitrag bietet einen kostenfreien Beispieltext, mit dem sich Kontoführungsgebühren zurückfordern lassen – konkret zugeschnitten auf unrechtmäßig erhobene Entgelte.

Die Formulierungen orientieren sich an der aktuellen BGH-Rechtsprechung und stützen sich auf die rechtlichen Einschätzungen anerkannter Verbraucherverbände.

Rechtliche Klarheit ist entscheidend – und manchmal auch Beratung

Nicht jede Gebühr ist per se unzulässig – und nicht jeder Widerspruch hat Aussicht auf Erfolg. Daher gilt:

🔍Im Zweifel rechtlich beraten lassen

Wer unsicher ist, ob tatsächlich ein Rückforderungsanspruch besteht oder vorhat, gerichtliche Schritte einzuleiten, sollte nicht auf eigene Faust handeln. Verbraucherzentralen bieten erste Einschätzungen, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte können darüber hinaus die individuelle Situation verbindlich bewerten.

💶 Keine Zahlungen verweigern, die rechtmäßig sind

Ein wichtiger Punkt: Nur Gebühren zurückfordern, deren Rechtsgrund zweifelhaft oder nicht vorhanden ist. Wer unbestrittene Beträge zurückhält, riskiert Mahnverfahren oder gar gerichtliche Auseinandersetzungen – mit entsprechendem Kostenrisiko.

📬 Auf amtliche Post reagieren

Egal ob Mahnbescheid oder Klageschrift – auf gerichtliche Schreiben muss zwingend reagiert werden. Untätigkeit kann zu einem rechtskräftigen Urteil führen – selbst dann, wenn die Forderung eigentlich unbegründet ist. Spätestens bei Post vom Gericht: professionelle Hilfe in Anspruch nehmen!

Hinweis:
Dieses Schreiben ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Ob ein Gericht der rechtlichen Beurteilung im Einzelfall folgt und einen Anspruch einräumt um die Kontoführungsgebühren zurückzufordern, hängt von konkreten Umständen ab.

[Ort, Datum]

Absender                                                                                                                                                                                 

[Vorname Nachname]

[Straße Hausnummer]

[PLZ Ort]

[IBAN des Girokontos]

[Datum]

Empfänger

[Name der Bank]

[Adresse der Bank]

 

 

Betreff: Rückerstattung rechtswidrig erhobener Kontoführungsgebühren

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit der Eröffnung meines Girokontos, am [Datum] haben Sie mir aufgrund der Änderung ihrer AGB bzw. des Preis- und Leistungsverzeichnis regelmäßig Kontoführungsgebühren sowie weitere Entgelte für [siehe obige Liste] berechnet. Einer derartigen Änderung, im Sinne einer gesonderten Erklärung zum Zwecke der Vertragsänderung zur Erhebung von neuen Entgelten oder Entgelterhöhungen habe ich nicht aktiv zugestimmt.

Der BGH hat im Urteil vom 27. April 2021 (Az. BGH XI ZR 26/20) Allgemeine Geschäftsbedingungen für unzulässig eingestuft, die zuvor als Grundlage für zahlreiche Änderungen von Verträgen dienten, bei welcher das Schweigen als konkludente Zustimmung des Vertragspartners gewertet wurde. Die Einführung, Erhebung sowie Erhöhung von Gebühren die auf der Verwendung vergleichbarer unzulässiger Klauseln beruht ist unwirksam.

Dementsprechend fordere ich Sie hiermit auf, mir eine vollständige Entgeltaufstellung nach § 10 ZKG über die Höhe der rechtswidrig berechneten Entgelte seit Eröffnung des Kontos am [Datum] zu erteilen. Überdies fordere ich sie ebenfalls auf, mir die rechtswidrig berechneten Entgelte nebst Nutzungsersatz pro Jahr gem. § 288 I BGB  in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit der jeweiligen Berechnung binnen 14 Kalendertagen auf folgendes Konto [IBAN] zu überweisen.

Sollte innerhalb dieser Frist keine Rückmeldung oder Erstattung erfolgen, behalte ich mir rechtliche Schritte ausdrücklich vor.

 

Mit freundlichen Grüßen

[Vorname / Nachname]

 

[Unterschrift (bei Postversand)]

[Ort, Datum]

Absender                                                                                                                                                                                                 

[Vorname Nachname]

[Straße Hausnummer]

[PLZ Ort]

[IBAN des Girokontos]

[Datum]

Empfänger

[Name der Bank]

[Adresse der Bank]

 

 

Betreff: Rückerstattung Rechtswidrig erhobener Depotgebühren

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit der Eröffnung meines Depots [Depotnummer], am [Datum] haben Sie mir aufgrund der Änderung ihrer AGB bzw. des Preis- und Leistungsverzeichnis regelmäßig erhöhte Entgelte für [siehe obige Liste] berechnet. Einer derartigen Änderung, im Sinne einer gesonderten Erklärung zum Zwecke der Vertragsänderung zur Erhebung von neuen Entgelten oder Entgelterhöhungen habe ich nicht aktiv zugestimmt.

Der BGH hat im Urteil vom 27. April 2021 (Az. BGH XI ZR 26/20) Allgemeine Geschäftsbedingungen für unzulässig eingestuft, die zuvor als Grundlage für zahlreiche Änderungen von Verträgen dienten, bei welcher das Schweigen als konkludente Zustimmung des Vertragspartners gewertet wurde. Die Einführung, Erhebung sowie Erhöhung von Gebühren die auf der Verwendung vergleichbarer unzulässiger Klauseln beruht ist unwirksam.

Dementsprechend fordere ich Sie hiermit auf, mir eine vollständige Entgeltaufstellung nach § 10 ZKG über die Höhe der rechtswidrig berechneten Entgelte seit Eröffnung des Kontos am [Datum] zu erteilen. Überdies fordere ich sie ebenfalls auf, mir die rechtswidrig berechneten Entgelte nebst Nutzungsersatz pro Jahr gem. § 288 I BGB  in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit der jeweiligen Berechnung binnen 14 Kalendertagen auf folgendes Konto [IBAN] zu überweisen.

Sollte innerhalb dieser Frist keine Rückmeldung oder Erstattung erfolgen, behalte ich mir rechtliche Schritte ausdrücklich vor.

Mit freundlichen Grüßen

[Vorname / Nachname]

 

[Unterschrift (bei Postversand)]

VII. Schlichtungsstellen

Wer Kontoführungsgebühren zurückfordern will und auf Ablehnung der Bank stößt, muss nicht sofort vor Gericht ziehen. Für viele Fälle bieten Kundenbeschwerdestellen eine unkomplizierte und kostenfreie Möglichkeit zur außergerichtlichen Klärung – insbesondere, wenn es um unzulässige Gebührenerhebungen geht.

Welche Schlichtungsstelle für welche Bank zuständig ist, zeigt die folgende Übersicht.

Art der Bank teilnehmende Banken zuständige Kundenbeschwerdestelle Kontaktdaten Beschwerdeformular
private Banken Liste der teilnehmenden Banken Bankenombudsmann.de Bundesverband Deutscher Banken, Postfach 04 03 07, 10062 Berlin, E-Mail: ombudsmann@bdb.de Beschwerdeformular, gilt nicht für selbständige oder gewerbliche Kunden
öffentliche Banken Liste der teilnehmenden Banken voeb.de Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, Postfach 11 02 72, 10832 Berlin, E-Mail: ombudsmann@voeb-kbs.de Beschwerdeformular, gilt nicht für selbständige oder gewerbliche Kunden
genossenschaftliche Banken Liste der teilnehmenden Banken bvr.de Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, Schellingstraße 4, 10785 Berlin, E-Mail: kundenbeschwerdestelle@bvr.de Beschwerdeformular, gilt nicht für selbständige oder gewerbliche Kunden
Sparkassen- Finanzgruppen Liste der teilnehmenden Sparkassen dsgv.de Deutsche Sparkassen- und Giroverband, Charlottenstraße 47, 10117 Berlin, E-Mail: infos@s-schlichtungsstelle.de Beschwerdeformular, gilt nicht für selbständige oder gewerbliche Kunden
Sparkassen in Baden-Württemberg Liste der teilnehmenden Sparkassen sv-bw.de Kundenbeschwerdestelle Baden-Württemberg, Am Hauptbahnhof 2, 70173 Stuttgart, E-Mail: schlichtung@sv-bw.de Beschwerdeformular

Quelle: Finanztip.de 30, Finanztipp Recherche (Stand 5. Januar 2024)

VIII. Häufig gestellte Fragen

Im Durschnitt zahlen Kontoinhaber 117 Euro Kontoführungsgebühren jährlich. Höchstsummen lagen im Test bei bis zu 307,86 Euro. 31

Ja, Kontoführungsgebühren können in der Steuererklärung angesetzt werden, wenn das Konto beruflich genutzt wird. Für beruflich bedingte Konten akzeptiert das Finanzamt in der Regel eine Pauschale von 16 Euro (vgl. § 9 EStG). Dies gilt beispielsweise für Selbstständige, Vermieter oder Arbeitnehmer, die Überweisungen im Zusammenhang mit beruflichen Einnahmen oder Vermietung tätigen.

Das Finanzamt erkennt Kontoführungsgebühren pauschal in Höhe von 16 Euro pro Jahr als Werbungskosten an – ganz ohne Einzelnachweis. Diese Pauschale gilt unabhängig davon, wann im Jahr das Konto eröffnet wurde, und kann sogar dann geltend gemacht werden, wenn der Arbeitgeber die Kontoführungskosten ersetzt. Wichtig dabei: Der Kostenersatz ist steuerpflichtig und wird zum Gehalt hinzugerechnet.

Allerdings gilt die Pauschale nur für tatsächlich gebührenpflichtige Konten. Wer ein vollständig kostenloses Girokonto nutzt, kann die 16 Euro nicht steuerlich geltend machen.

Bei steigenden Kontoführungsgebühren haben Bankkundinnen und -kunden grundsätzlich drei Optionen: zustimmen, ablehnen oder kündigen. Wer nicht einverstanden ist, kann die Zustimmung verweigern – muss dann aber mit einer Kündigung durch die Bank rechnen. Dabei gilt: Es lohnt sich, Alternativen zu prüfen.

Gerade Direktbanken oder günstige Kontomodelle anderer Anbieter bieten oft kostenlose oder deutlich preiswertere Girokonten an. Ein Kontowechsel kann sich also schnell finanziell bemerkbar machen. Wer sparen will, sollte regelmäßig vergleichen – und bei überhöhten Gebühren konsequent reagieren.

Ja, in vielen Fällen lassen sich Kontoführungsgebühren durchaus verhandeln. Auch wenn die Gebühren in Preisverzeichnissen oder Hochglanz-Broschüren oft als fest dargestellt werden, bedeutet das nicht, dass sie unveränderlich sind. Viele Banken zeigen sich bei individuellen Anfragen verhandlungsbereit – etwa bei langjähriger Kundenbindung, regelmäßigen Geldeingängen oder im Rahmen von Konto- oder Kreditverhandlungen. Ein Gespräch mit der Bank kann sich also lohnen.

Ja, grundsätzlich können sämtliche unzulässigen Kontoführungsgebühren zurückfordert werden, wenn sie ohne aktive Zustimmung erhoben wurden. Entscheidend ist dabei, dass die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) noch nicht abgelaufen ist. Gem. § 199 I BGB beginnt die Frist erst mit Kenntnis des Anspruchs – zum Beispiel, wenn man durch das aktuelle Urteil von 2024 (Az. XI ZR 139/23) erfährt, dass die Gebühren unzulässig waren.

Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen für die Sparkassen und ihre Kunden. Insbesondere müssen Sparkassen, die Kontoführungsgebühren auf Basis der unwirksamen Zustimmungsfiktion erhoben haben, mit Rückforderungsansprüchen rechnen. Diese Ansprüche können nicht nur finanzielle Rücklagen belasten, sondern auch die zukünftige Struktur von Kontogebühren der Sparkasse beeinflussen. Es ist zu erwarten, dass Banken und Sparkassen ihre AGB und Gebührenmodelle nun transparenter gestalten müssen.

Ja, das BGH-Urteil ist nicht auf die Sparkassen beschränkt. Es betrifft alle Banken, die ähnliche Klauseln wie die Sparkasse genutzt haben, um Kontoführungsgebühren oder vergleichbare Entgelte ohne aktive Zustimmung ihrer Kunden zu erheben.

IX. Quellen

  1. siehe: Az. XI ZR 139/23
  2. siehe: Az. XI ZR 26/20
  3. siehe: Az. VIII ZR 113/11
  4. siehe: Az. XI ZR 119/19
  5. siehe: Az. XI ZR 388/10
  6. siehe Az. XI ZR 219/98, und Az. XI ZR 8/99
  7. siehe: OLG Hamm, Az. 31 U 55/09; und OLG Frankfurt/Main, Az. 23 U 157/09
  8. siehe: Az. XI ZR 9/15
  9. siehe: OLG Schleswig, Urteil vom 26.03.2013, Az. 2 U 7/12
  10. siehe: Az. XI ZR 174/13
  11. siehe: Az. XI ZR 434/14
  12. siehe: Az. XI ZR 590/15
  13. siehe: Az. XI ZR 269/96
  14. siehe: Az. XI ZR 66/13
  15. siehe: Az. 2-25 O 260/10
  16. siehe: Az. 26 O 30/00
  17. siehe: Az. 1 U 541/14
  18. siehe: Urteil vom LG Frankfurt/Main, 27.01.2000 und LG Dortmund, 16.03.2001
  19. siehe: Az. 1 U 108/99
  20. siehe: Az. I-6 U 195/11
  21. siehe: Az. XI ZR 161/23
  22. siehe: Az. 1 S 69/22
  23. siehe: Az. XI ZR 139/23
  24. Az. XI ZR 26/20
  25. siehe:  Finanztip.de
  26. vgl. tagesschau.de
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Greta Schmid

Jurawelt Redaktion

Greta Schmid
  • Studentin der Rechtswissenschaften an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht
  • Schwerpunktbereich: Recht der Digitalisierung
  • Auslandsaufenthalt am Chicago-Kent College of Law (USA)

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  • Redakteurin & Studentische Mitarbeiterin