Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz in Deutschland

Bundesweit stehen deutlich weniger Kita-Plätze zur Verfügung, als benötigt werden. Auch in diesem Jahr gehen viele Eltern, die auf einen Betreuungsplatz für ihren Nachwuchs hoffen, wieder leer aus. Dabei hat ein Kind ab dem Tag seines ersten Geburtstags einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Doch wie können Eltern den Rechtsanspruch ihres Kindes geltend machen?

Wenn das Ende der Elternzeit oder der Beginn der neuen Familienstartzeit naht und kein Kindergartenplatz in Aussicht ist, werden Eltern – nachvollziehbarer Weise – nervös. Oftmals bestehen jedoch Unsicherheiten, wie und wem gegenüber der Kita-Platz Anspruch für eines der anderen Kinder geltend zu machen ist.

Hier erfährst du, was du tun kannst, um rechtzeitig einen Kita-Platz für dein Kind zu erhalten, weshalb du den juristischen Weg nicht scheuen solltest und welche Ansprüche dir zustehen, wenn deinem Kind nicht rechtzeitig ein Kita-Platz zur Verfügung gestellt wird.

Kinder in der Kita

1. Gesetzlicher Rechtsanspruch auf Kita-Plätze

Jedem Kind in Deutschland steht ab dem Tag seines ersten Geburtstags bis zum Schuleintritt ein gesetzlicher Kita-Rechtsanspruch zu.

Für Kinder ab dem ersten Geburtstag bis zum dritten Geburtstag folgt dieser Anspruch aus § 24 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Acht (SGB VIII). Hiernach hat ein Kind im Alter zwischen einem Jahr und drei Jahren einen Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Das heißt, dem Kind muss ein Betreuungsplatz entweder in einer Krippe bzw. Kita oder aber bei einer Tagespflegeperson angeboten werden.

Für Kinder ab drei Jahren bis zum Schuleintritt folgt der Kita-Platz Anspruch aus § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII. Durch das Angebot eines Betreuungsplatzes in der Kindertagespflege wird der Rechtsanspruch der über 3-Jährigen nicht mehr erfüllt. Eltern mit Kindern über drei Jahren müssen sich also nicht auf die Betreuung durch eine Tagespflegeperson verweisen lassen, sondern können auf einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung bestehen.

Der Gesetzgeber verfolgte mit der Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz in § 24 SGB VIII das Ziel, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern und die frühkindliche Förderung zu stärken. Durch den Ausbau der Betreuungsangebote sollten Eltern die Möglichkeit erhalten, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, während ihre Kinder qualitativ hochwertige Bildungs- und Betreuungsangebote nutzen können. Zudem sollte die Chancengleichheit für alle Kinder erhöht werden, indem ihnen frühzeitig Bildungsangebote zur Verfügung stehen.

2. Praktische Schritte zur Kita-Platzsuche

Die meisten Städte und Gemeinden bieten Online-Portale an, bei denen Eltern den Betreuungsbedarf für ihre Kinder anmelden können. Suche online nach dem Namen deiner Stadt oder Gemeinde und dem Begriff „Betreuungsbedarf anmelden“. So findest Du das Online-Portal für deinen Wohnort, wie z.B. „Little Bird“ oder webKITA“. Melde den Betreuungsbedarf für dein Kind möglichst frühzeitig an, wenn möglich unmittelbar nach der Geburt, mindestens aber sechs Monate vor dem gewünschten Aufnahmetermin in einer Betreuungseinrichtung.

Wichtig: Gib unbedingt nicht nur deine Wunscheinrichtungen an sondern so viele wie möglich. So machst du deutlich, dass du den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz aus § 24 SGB VIII geltend machen möchtest. Melde dein Kind auch bei freien und konfessionellen Träger an.

3. Rechtliche Schritte bei Ablehnung eines Kita-Platzes

„Leider können wir Ihr Kind bei der Kitaplatz-Vergabe in diesem Jahr nicht berücksichtigen“ – so ähnlich lauten meist die Absageschreiben. Wenn du ein solches erhältst, schreibe dem Absender, meist ist das die Stadt oder Gemeinde, dass du hiermit nicht einverstanden bist. Du kannst das Wort „Widerspruch“ verwenden, musst es jedoch nicht. Es muss jedoch unmissverständlich zum Ausdruck kommen, dass du die Absage nicht akzeptierst.

Widerspruch und Klage

Ein Widerspruch alleine wird Deinem Kind keinen Kita-Platz verschaffen. Daher solltest Du umgehend einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem örtlich zuständigen Verwaltungsgericht beantragen. Ob dieser sog. Eilantrag der richtige Weg ist oder Klage erhoben werden muss, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab, wie dem Bundesland, in welchem du wohnst und deiner beruflichen Situation. Lasse dich in Deinem Einzelfall daher unbedingt anwaltlich beraten.

Sowohl der Eilantrag als auch die Klage verfolgen das Ziel, dass das Gericht das Jugendamt dazu verpflichtet, Deinem Kind ab sofort bzw. ab dem gewünschten Aufnahmedatum einen Betreuungsplatz nachzuweisen. Obwohl die Kita-Plätze von den Städten und Gemeinden vergeben werden, richtet sich der Kita-Platz Anspruch an das Jugendamt. Denn dieses trifft als Träger der Jugendhilfe gemäß § 79 SGB VIII die Gesamtverantwortung zur Bereitstellung entsprechender Betreuungsplätze.

Die Gerichte entscheiden in diesen Fällen meist innerhalb weniger Wochen, weil der Rechtsanspruch klar definiert ist und von den Jugendämtern in der Regel nicht in Abrede gestellt wird. Regelmäßig beschränkt sich die Verteidigung der Jugendämter darauf, dass keine freien Plätze zur Verfügung stehen. Wie bereits festgestellt, steht der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung jedoch nicht unter einem Kapazitätsvorbehalt.

Hat das Gericht den Anspruch Deines Kindes bestätigt, muss das Jugendamt Dein Kind vor allen anderen Kindern mit einem Kita-Platz versorgen. Liegt zwei bis vier Wochen nach der Entscheidung durch das Gericht noch kein Platzangebot vor, besteht die Möglichkeit, aus der gerichtlichen Entscheidung zu vollstrecken. Das Verwaltungsgericht kann auf Antrag Zwangsgelder gegen das Jugendamt festsetzen. Diese Zwangsgelder von bis zu 10.000 € können wiederholt festgesetzt werden, bis Deinem Kind ein Betreuungsplatz angeboten wurde.

Besonders für Alleinerziehende ist es wichtig zu wissen, wie Entscheidungsbefugnisse gegenüber Behörden aussehen. Falls du allein für dein Kind verantwortlich bist, erfährst du hier, wie du alleiniges Sorgerecht beantragen kannst.

4. Kita-Gebühren

In einigen Bundesländern ist die Kinderbetreuung gebührenfrei.

In Rheinland-Pfalz zum Beispiel ist der Besuch einer Kindertageseinrichtung für Kinder ab zwei Jahren beitragsfrei, die Familien zahlen nur die Mittagsverpflegung. In anderen Bundesländern gibt es im Kita-Bereich ab drei Jahren eine Landesförderung, sodass die Familien auch hier nur die Verpflegung zahlen. Wieder andere Bundesländer, wie Hamburg und Berlin arbeiten mit einem Gutschein-System. Hier beantragt man bei der Stadt im Rahmen des Anspruchs auf einen Kitaplatz zunächst einen sog. Kita-Gutschein. Diesen kann man sodann in der Kita einlösen, die Stadt zahlt sodann die Beiträge an die jeweilige Einrichtung. Kostenpflichtig ist eine Betreuung, die über die gesetzlich geschuldeten Betreuungsstunden hinausgeht, sowie Zusatzleistungen, wie besondere Musik- oder Sportangebote und Ausflüge.

5. Alternativen zur Betreuung in einer städtischen Kita

Sollte Dein Kind keinen Betreuungsplatz in einer städtischen Kindertageseinrichtung erhalten, gibt es weitere Optionen.

Zum einen kannst Du Dein Kind bei privaten Kitas, sog. Kindertageseinrichtungen in freier Trägerschaft, anmelden. Darüber hinaus besteht für Kinder bis zu drei Jahren die Möglichkeit, diese in der Kindertagespflege, also durch eine Tagesmutter oder einen Tagesvater, betreuen zu lassen. Hinzu kommen sog. Elterninitiativen. Da die Städte und Gemeinden den privaten Einrichtungen und auch den Tagespflegepersonen in der Regel nicht vorschreiben können, welche Kinder sie aufzunehmen haben, ist eine persönliche Vorstellung bzw. eine pro-aktive Bewerbung zu empfehlen.

Kann das Jugendamt Deinem Kind trotz dessen Kita-Platz Anspruch keinen Platz zur Verfügung stellen und beschaffst Du Deinem Kind selbst einen Betreuungsplatz in einer privaten Einrichtung, kannst Du die Mehrkosten von dem Jugendamt erstattet verlangen, wenn Dein Kind nach den landesrechtlichen Vorschriften einen Rechtsanspruch auf einen beitragsfreien Betreuungsplatz hat. Es gilt: Die Familien sind auch im Falle der so. Selbstbeschaffung eines Betreuungsplatzes so zu stellen, also wäre der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in einer städtischen Einrichtung erfüllt worden.

Sollte bereits eine weitere Schwangerschaft geplant sein, findest du Ausführungen zu deinen Rechten während der frühren Elternschaft in unserem Elternratgeber.

6. Fazit

Jedes Kind in Deutschland hat ab seinem ersten Geburtstag bis zum Schuleintritt einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung. Die Ausgestaltung dieses Anspruchs unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. Wichtig ist, dass Du den Betreuungsbedarf so früh wie möglich – wie oben beschrieben – anzeigst und somit deutlich machst, dass Du hiermit den Rechtsanspruch Deines Kindes anmeldest. Solltest Du ein Absageschreiben erhalten oder sollte es absehbar sein, dass Dein Kind trotz der rechtzeitigen Meldung des Betreuungsbedarf nicht rechtzeitig zum gewünschten Aufnahmedatum einen Platz angeboten bekommen, solltest Du den Anspruch Deines Kindes juristisch geltend machen.

Wichtig ist, juristischen Rat einzuholen, bevor Deine Elternzeit endet und ein finanzieller Schaden für Deine Familie droht! Dann besteht die Möglichkeit, auch den Verdienstausfall im Wege des Schadensersatzes geltend zu machen.

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7. Häufig gestellte Fragen

Eine konkrete Entfernungsgrenze ist gesetzlich nicht geregelt. Maßgeblich ist daher die Zumutbarkeit im Einzelfall, die sich insbesondere nach der Rechtsprechung richtet.

In der Regel wird eine einfache Wegstrecke von bis zu 30 Minuten (je nach Region) als noch zumutbar angesehen. In städtischen Gebieten kann auch ein Weg von bis zu 5 km oder ca. 30 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Auto als zumutbar gelten. Hierbei kommt es darauf an, welches Verkehrsmittel der Familie für das Bringen und Holen des Kindes regelmäßig zur Verfügung steht. Ist die Familie auf die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen, sind auch die Verkehrsverbindungen hinsichtlich erforderlicher Umstiege und der Taktungen zu berücksichtigen.

Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit darf auch der Arbeitsweg der Eltern nicht außer Betracht bleiben. Liegt die Betreuungseinrichtung in entgegengesetzter Fahrtrichtung zum Arbeitsplatz oder ist ein größerer Umweg erforderlich und verlängert sich der Arbeitsweg hierdurch erheblich (um mehr als 30 Minuten), so dürfte sich die Entfernung als nicht mehr zumutbar erweisen.

In der Regel gilt, dass im ländlichen Raum eine weitere Entfernung zumutbar sein kann als im städtischen Raum, da das Angebot dort typischerweise begrenzter ist.

Eine Betreuungseinrichtung darf nicht unangemessen weit entfernt sein. Was noch zumutbar ist, hängt vom Einzelfall ab, wobei eine einfache Fahrtzeit von 30 Minuten häufig als Obergrenze angesehen wird.

Die bundesgesetzliche Regelung in § 24 SGB VIII setzt keine Mindeststundenzahl für die Kinderbetreuung fest. Teilweise sehen landesspezifische Regelungen feste Mindeststundenzahlen vor. Ist eine landesspezifische Regelung nicht vorhanden, gilt der Anspruch auf eine halbtägige Betreuung werktags.

Während etwa das Hessische Kitagesetz keine Stundenzahl für die tägliche Betreuung festschreibt, bleibt diese Entscheidung der ständigen Rechtsprechung der hessischen Verwaltungsgerichtsbarkeit überlassen. Nach dieser umfasst der Anspruch auf eine Betreuung mindestens fünf Stunden täglich Montag bis Freitag.

Für Kinder in Rheinland-Pfalz dagegen besteht ab dem ersten Geburtstag bis zum Schuleintritt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 des Landeskitagesetzes ein Anspruch auf eine Betreuung in einer Kindertageseinrichtung von mindestens sieben Stunden.

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Nadine Hieß

Fachanwaltskanzlei für Verwaltungsrecht

Rechtsanwältin Nadine Hieß

Studium und Rechtsreferendariat:

  • Rechtswissenschaften in Marburg und Mainz
  • Schwerpunkt: Öffentliches Recht
  • Rechtsreferendariat am Landgericht Wiesbaden

Beruflicher Werdegang:

  • 2018–2019: Stellvertretende Leitung eines kommunalen Rechtsamts
  • Seit 2019: Eigene Kanzlei in Wiesbaden

Tätigkeitsschwerpunkte:

  • Kita-Recht
  • Öffentliches Baurecht
  • Tierschutzrecht