Das Selbstbestimmungsgesetz wurde auf den Weg gebracht, um den Prozess der Änderung des Geschlechtseintrags und Vornamens zu erleichtern, welcher bisher für Transmenschen kostspielig und kompliziert ist. Jenseits der herkömmlichen männlichen und weiblichen Kategorien existieren verschiedene Geschlechtsidentitäten, wie cis, trans und non-binär. In Deutschland steht es laut Grundgesetz (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) jedem Menschen zu, das eigene Geschlecht selbst zu bestimmen.
Das Selbstbestimmungsgesetz erlaubt es Menschen, die sich nicht mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren, ihren Geschlechtseintrag einfacher zu ändern. Es gibt nun vier mögliche Einträge im Personenstandsregister: männlich, weiblich, divers und keine Angabe. Das neue Gesetz tritt an die Stelle des umstrittenen Transsexuellengesetzes. Es ermöglicht transsexuellen, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen, Änderungen ohne Sachverständigengutachten und Gerichtsentscheidungen vorzunehmen. Ein einfacher Antrag beim Standesamt genügt, unterstützt durch eine “Erklärung mit Eigenversicherung”. Das Gesetz schützt zudem vor ungewollter Offenlegung früherer Geschlechtseinträge oder Namen, wobei Zuwiderhandlungen mit Bußgeldern geahndet werden können.
Für Kinder und Jugendliche gelten jedoch spezielle Regelungen. Kinder bis 14 Jahre brauchen die Zustimmung ihrer Sorgeberechtigten für eine Änderung. Minderjährige ab 14 können den Antrag zwar selbst stellen, aber die Zustimmung der Sorgeberechtigten ist immer noch erforderlich. Bei Uneinigkeit zwischen den Eltern kann das Familiengericht eingeschaltet werden, wobei das Kindeswohl stets im Vordergrund steht.
Das Gesetz setzt keine Begrenzung dafür fest, wie oft jemand sein Geschlecht ändern darf. Nach einer Änderung gibt es jedoch eine dreimonatige Wartezeit, gefolgt von einer einjährigen Sperrfrist für weitere Änderungen.
Das Selbstbestimmungsgesetz hat jedoch auch seine Grenzen und Bereiche, die es nicht regelt. Es enthält keine Bestimmungen zu medizinischen Verfahren zur Geschlechtsangleichung – hier gelten weiterhin die medizinischen Richtlinien. Das Gesetz befasst sich auch nicht mit dem Zugang zu geschützten Räumen wie Saunen, Umkleidekabinen oder Frauenhäusern. Es gab Bedenken, dass solche Orte für Transmenschen zugänglich gemacht werden müssten, doch das private Hausrecht wird vom Gesetz nicht berührt. Das bedeutet, dass bestehende rechtliche Regelungen bestehen bleiben.
Der Strafvollzug und die Regelung zur Unterbringung von Strafgefangenen bleiben Ländersache. Hier geht es um die Rechte und Sicherheit aller Insassen. Aktuelle Regelungen in den meisten Bundesländern besagen, dass Frauen und Männer getrennt untergebracht werden müssen, wobei einige Bundesländer Anpassungen für transgeschlechtliche Gefangene vorgenommen haben.
Das Gesetz enthält auch keine allgemeine Regelung bezüglich des „Misgenderns“ oder „Deadnamings“. Die Autonomie im Sport bleibt ebenfalls unberührt; Sportvereine und -organisationen entscheiden weiterhin selbst über die Zulassung von Personen zu Wettbewerben.
In Bezug auf Reaktionen auf das Selbstbestimmungsgesetz: Mara Geri vom Lesben- und Schwulenverband Deutschland äußerte sich positiv über die Initiative, wies jedoch auf bestehendes Misstrauen in einigen Teilen des Entwurfs hin. Der Bundesverband Trans sieht ebenfalls Bedarf für weitere Anpassungen. Sven Lehmann, der Queerbeauftragte der Bundesregierung, betrachtete das Gesetz als historischen Schritt und betonte das Recht auf Persönlichkeitsanerkennung.
Das vorherige Regelwerk, das Transsexuellengesetz von 1981, erforderte sowohl medizinische als auch rechtliche Schritte von den Betroffenen, die eine Änderung wünschten. Dieses Gesetz wurde in einigen Teilen vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft, insbesondere wegen der als entwürdigend empfundenen „psychiatrischen Zwangsbegutachtung“.
Bis 2007 mussten betroffene Personen sogar eine Scheidung durchlaufen, bevor eine Geschlechtsanerkennung möglich war. Erschwerend kam hinzu, dass bis 2011 Zwangssterilisationen erforderlich waren. Dies stellte Betroffene vor schwierige Entscheidungen und führte zu ethischen und menschenrechtlichen Bedenken. Ab 2011 erkannte das Bundesverfassungsgericht solche Bestimmungen als Menschenrechtsverletzungen an. Doch trotz dieser Erkenntnis dauerte es noch einige Jahre, bis tiefgreifende Reformen eingeleitet wurden.