Wiederkehrendes Widerrufsrecht bei E-Commerce: EuGH mit klaren Anforderungen

Die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio, das Abonnement einer Zeitung oder die Anmeldung bei einem Streamingdienst können alle mit einem schlechten Gewissen verbunden sein, insbesondere wenn diese Dienstleistungen kostenpflichtig sind und selten genutzt werden. Dieses Dilemma wurde rechtlich interessant, als eine Verbraucherschutzorganisation in Österreich gegen eine Online-Lernplattform aus Berlin vorging – ein Fall, der schließlich beim EuGH (Rechtssache C‑565/22, Urteil vom 5.10.2023) landete.

Hintergrund

Im Kern ging es um die Frage, ob Verbrauchern bei Dienstleistungsverträgen, die zunächst kostenlos sind und sich nach einer bestimmten Frist automatisch in kostenpflichtige Mitgliedschaften umwandeln, nur ein Widerrufsrecht bei Vertragsabschluss zusteht oder ob dieses Recht mit jeder automatischen Verlängerung erneuert wird.

Anforderungen des wiederkehrenden Widerrufsrechts

Der EuGH bestätigte das Prinzip eines wiederkehrenden Widerrufsrechts, jedoch mit der Bedingung, dass es nur dann gilt, wenn Dienstleister nicht klar und ausdrücklich über die nachfolgende Kostenpflicht aufklären. Wenn Unternehmen jedoch ausreichend über die Kosten informieren, besteht nur ein einziges Widerrufsrecht ab Vertragsabschluss.

Bedeutung für E-Commerce

Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf den E-Commerce, da es Unternehmen, die kostenlose Testphasen anbieten, dazu veranlasst, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) erneut sorgfältig zu überprüfen. Der EuGH ließ es dem österreichischen Gericht über, zu entscheiden, ob im speziellen Fall ausreichend informiert wurde.

  • Für Verbraucher bedeutet dies einen erweiterten Schutz vor ungewollten Verlängerungen kostenpflichtiger Dienstleistungen. Nun sind sie in einer stärkeren Position, wenn sie der Meinung sind, nicht klar und ausdrücklich über die Umstellung von einem kostenlosen auf ein kostenpflichtiges Angebot informiert worden zu sein. Dies könnte dazu führen, dass Verbraucher nun möglicherweise ungerechtfertigte Kosten ablehnen und ihre Rechte verteidigen.
  • Unternehmen, insbesondere solche im E-Commerce, müssen sich, wie bereits erwähnt, auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen. Die ausdrückliche Pflicht, Kunden klar und verständlich über anstehende Kosten zu informieren, könnte dazu führen, dass Geschäftsmodelle, die auf eine „Abofalle“ setzen, überdacht werden müssen. Die Betriebe sind nun angehalten, ihre AGB sowie ihre Kommunikations- und Marketingstrategien zu überprüfen und anzupassen, um nicht nur rechtlichen Konsequenzen zu entgehen, sondern auch das Vertrauen der Kunden nicht zu verspielen.

Wenn Sie rechtlichen Beistand in ähnlichen Angelegenheiten benötigen, ist die Kanzlei am Südstern für Sie über die im Autorenporträt angegebenen Kontaktmöglichkeiten erreichbar.

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