VW-Werksschließung und Warnstreiks – Rechtslage

Der größte europäische Automobilhersteller steckt in einer Krise. Vor der letzten Tarifrunde, die am 16. Dezember 2024 begann und ungefähr 70 Stunden dauerte, wurde über die VW-Werksschließung, Massenentlassungen und Lohnkürzungen diskutiert. In den Wochen vor den Tarifverhandlungen protestierten Beschäftigte mit Warnstreiks gegen die Kürzungspläne des VW-Vorstands. Werkschließungen und Massenentlassungen wurden im Ergebnis der letzten Tarifrunde abgewendet.

Dieser Beitrag beleuchtet die Möglichkeiten für die betroffenen Arbeitnehmer und die aktuelle Rechtslage.

Volkswagen Werk in Wolfsburg:

Gegründet im Jahr 1938, ist mit einer Grundfläche von 6.500.000 Quadratmetern nicht nur das Herz der Marke Volkswagen, sondern auch die größte zusammenhängende Automobilfabrik der Welt. Im Jahr 2023 wurden hier 490.000 Fahrzeuge produziert, darunter Modelle wie der Volkswagen Golf, Golf Variant, Touran und Tiguan. Aktuell beschäftigt das Werk rund 70.000 Mitarbeiter unter der Leitung von Uwe Schwartz.

VW-Werksschließung

I. Die aktuelle Situation bei Volkswagen

 

Im Ergebnis der letzten Tarifrunde vom 16. Dezember 2024 einigten sich der VW-Vorstand und die IG Metall darauf, dass alle Werke vorerst erhalten bleiben. Allerdings wird die Produktion, wie sie aktuell gestaltet ist, in zwei Werken künftig eingestellt. Für den Standort Dresden wird für die Zeit ab 2026 ein alternatives Gesamtkonzept erarbeitet. Am Standort Osnabrück endet die Produktion im Spätsommer 2027. Eine Zukunftsperspektive soll für die Zeit danach entwickelt werden. Situation nach der letzten Tarifrunde:

Maßnahme Details
Keine betriebsbedingten Kündigungen Bis 2030 sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen.
Sozialverträglicher Stellenabbau Über 35.000 Stellen sollen bis 2030 sozialverträglich abgebaut werden.
Verzicht auf Lohnerhöhungen Die Mitarbeiter verzichten bis 2030 auf direkte Lohnerhöhungen.
Kürzung von Boni Boni für die Mitarbeiter werden reduziert.

Bis 2030 gilt eine Beschäftigungssicherung. Die Mitarbeiter können zwar keine Entgelterhöhungen erwarten, doch werden ihre Löhne nicht gekürzt. Das sind keine Gründe für rechtliche Schritte gegen VW.

II. Möglichkeiten für betroffene Arbeitnehmer

Aktuell sind bei Volkswagen keine Mitarbeiter von betriebsbedingten Kündigungen betroffen. Würde es betriebsbedingte Kündigungen geben, könnten die betroffenen Mitarbeiter prüfen, ob die Kündigung wirksam ist. Hierbei kann ein erfahrener Anwalt helfen. Unter folgenden Voraussetzungen ist eine betriebsbedingte Kündigung wirksam:

  • ein Überhang an Arbeitskräften oder eine schlechte wirtschaftliche Lage des Unternehmens machen die betriebsbedingte Kündigung notwendig
  • eine Weiterbeschäftigung oder eine Fortbildung sind nicht möglich
  • das Arbeitgeberinteresse an der Kündigung überwiegt
  • mit Rücksicht auf schutzbedürftige Mitarbeiter wurde eine Sozialauswahl getroffen

In großen Unternehmen, so wie bei Volkswagen, gibt es einen Betriebsrat. Bevor die Mitarbeiter ihre betriebsbedingten Kündigungen erhalten, muss der Betriebsrat gehört werden.

In einem Kündigungsschutzprozess wird verhandelt, ob eine Kündigung unwirksam ist. Auch wenn die Kündigung wirksam ist, hat der betroffene Arbeitnehmer die Möglichkeit, zu klagen. Dazu muss er die Frist von drei Wochen ab Zustellung der Kündigung einhalten. Bei einer betriebsbedingten Kündigung wird in der Regel eine Abfindung gezahlt. Allerdings können betroffene Mitarbeiter auf eine höhere Abfindung klagen.

Tipp: Mitarbeiter, die in einem Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht klagen, benötigen keinen Anwalt. Sie können auch selbstständig eine Klage einreichen. Es ist jedoch sinnvoll, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht einzuschalten. Er kennt die rechtliche Lage und kann eine maximale Abfindung aushandeln. Der beklagte Arbeitgeber lässt sich zumeist von einem Anwalt vertreten.

Was tun bei einer Gehaltskürzung?

Bevor ein Arbeitgeber wie Volkswagen aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage Gehaltskürzungen vornimmt, muss er den Betriebsrat anhören. Er muss die Mitarbeiter frühzeitig über die geplante Lohnkürzung informieren. Das Existenzminimum der Arbeitnehmer darf nicht gefährdet sein. Eine Alternative zu einer Lohnkürzung ist Kurzarbeit.

Der Mitarbeiter muss bei einer Gehaltskürzung eine Änderungskündigung erhalten. Er erhält einen Arbeitsvertrag zu veränderten Bedingungen. Mitarbeiter können der Gehaltskürzung widersprechen, doch wird keine Einigung erzielt, kommt das rechtlich einer Kündigung gleich.

III. Was Mitarbeiter über Warnstreiks wissen sollten

Da bei der letzten Tarifrunde zwischen dem VW-Vorstand und der IG Metall eine Einigung erzielt wurde, sind Warnstreiks nicht mehr an der Tagesordnung. Es ist dennoch für Mitarbeiter wichtig, über ihre Rechte und Pflichten bei Warnstreiks Bescheid zu wissen. Arbeitnehmer können nicht einfach ohne Grund ihre Arbeit niederlegen, da das als Arbeitsverweigerung gilt. Als Strafen drohen Abmahnungen oder Kündigungen.

Damit ein Streik zulässig ist, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Der Streik muss durch eine Gewerkschaft ausgerufen werden.
  • Das Ziel des Streiks müssen bessere Arbeitsbedingungen sein. Ein Streik ist auch möglich, um gegen Massenentlassungen oder Lohnkürzungen zu protestieren.
  • Forderungen bei einem Streik müssen rechtlich umsetzbar sein.
  • Vor einem Streik gilt Friedenspflicht, deren Zeitraum die Tarifparteien festlegen.
  • Bevor gestreikt wird, müssen Verhandlungen geführt werden. Da das Ultima-Ratio-Prinzip gilt, ist der Streik das letzte Mittel.
  • Der Streik muss der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Ein Streik gilt als unverhältnismäßig, wenn für das Unternehmen ein hoher wirtschaftlicher Schaden entsteht.

Arbeitnehmer müssen, wenn ein Streik rechtmäßig ist, keine Abmahnung oder Kündigung befürchten. Ein Warnstreik ist dabei eine Form von Arbeitskampf, mit dem Arbeitnehmer ihre Forderungen gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen wollen. Allerdings erhalten sie für die Zeit des Streiks auch keinen Lohn. Während eines Streiks werden keine Beiträge an die Arbeitslosenversicherung und die gesetzliche Rentenversicherung abgeführt. Anspruch auf Streikgeld haben nur Arbeitnehmer, die Mitglied in der Gewerkschaft sind.

Folgen von Werksschließungen

IV. Folgen von Werksschließungen

Die schwerwiegendste Folge von Werksschließungen sind Massenentlassungen. Mitarbeiter, die davon betroffen sind, können beim Arbeitsgericht auf eine höhere Abfindung klagen. Aus wirtschaftlichen Gründen kann jedoch nicht immer eine Abfindung gezahlt werden. Den Mitarbeitern bleibt bei einer Werksschließung oft nur noch der Gang zum Arbeitsamt.

Nicht nur die Mitarbeiter im geschlossenen Werk sind betroffen. Auch bei den Zulieferern hat eine Werksschließung oft weitreichende Folgen. Ist ihre Existenz bedroht, müssen sie ebenfalls Mitarbeitern betriebsbedingt kündigen.

Von der Werksschließung ist auch die Umgebung des Werks mit ihren dort ansässigen Unternehmern wie Händlern oder Gastronomie betroffen, da den entlassenen Personen das Geld fehlt.

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Autorenprofil

Hannes Schubert

Studium:

  • Rechtswissenschaften in Marburg und Bonn
  • Schwerpunktbereich: Wirtschaft und Wettbewerb
  • Abschluss des 1. Juristischen Staatsexamens