Neben dem Betrug ist der Diebstahl das in der Praxis und im Examen
bedeutendste Vermögensdelikt.
Geschützes Rechtsgut des §
242 ist nach h.M.
[1] neben dem Eigentum auch der
Gewahrsam. Dies hat die Konsequenz, daß auch der (bloße)
Gewahrsamsinhaber unabhängig von der Rechtmäßigkeit des
Sachgewahrsams (z.B. der Dieb) bestohlen werden kann.
(Auch) Der Tatbestand des Diebstahls wurde durch das 6. StrRG 1998
dahingehend geändert, daß nunmehr auch die
Drittzueignungsabsicht von der Strafandrohung umfaßt
ist.
[2] Nach § 242 macht sich somit
derjenige strafbar, der sich eine fremde bewegliche Sache im Wege des
Gewahrsamsbruchs
(è
durch Wegnahme aus dem Allein- oder dem (übergeordneten oder
gleichrangigen) Mitgewahrsam eines anderen) verschafft, um sie sich
oder
einem Dritten rechtswidrig zuzueignen. Als Tathandlung genügt somit die
Wegnahme der fremden Sache in der
bloßen Absicht (i.S.e. Intention)
der (Dritt-) Zueignung. Die (Dritt-)Zueignung selbst muß dabei nicht
vollzogen sein.
Klausurhinweis: In den Fällen des Diebstahls, in
denen die (Dritt-)Zueignung nicht vollzogen wurde (vollendeter aber noch nicht
beendeter Diebstahl), ist zu beachten, daß die Subsidiarität des
§ 246 (vgl. unten S. 84 f.) nicht zum Tragen kommt, da § 246 - im
Gegensatz zu § 242 - tatbestandlich eine
tatsächlich erfolgte
Zueignung voraussetzt, an der es in derartigen Fällen aber gerade fehlt!
§ 246 tritt also nicht subsidiär zurück, sondern ist objektiv
schon nicht gegeben!
In
§ 242 I ist der
Grundtatbestand des Diebstahls
normiert. Der
Versuch ist nach § 242 II (§§ 22, 23 I, 12
II) strafbar.
Hinzu kommt die
Strafzumessungsvorschrift des § 243 I,
die Regelbeispiele für einen besonders schweren Fall des Diebstahls nennt.
Darüber hinaus sind im Zusammenhang mit dem Diebstahl folgende Vorschriften
von Bedeutung:
- § 244
(Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl; Wohnungseinbruchdiebstahl) und §
244a (Schwerer Bandendiebstahl) stellen Qualifikationen zu § 242
dar.
Dagegen zählt der
räuberische Diebstahl (
§ 252) nicht zu den Qualifikationen des
§ 242, sondern umschreibt einen
selbständigen,
raubähnlichen Tatbestand.
- § 247
(Haus- und Familiendiebstahl) und § 248a (Diebstahl
geringwertiger Sachen) enthalten Privilegierungen prozessualer Art (die
auch für § 246 gelten).
- Selbständige
Abwandlungen sind in § 248b (Unbefugter Gebrauch eines Fahrzeuges) und
§ 248c (Entziehung elektrischer Energie)
enthalten.
Für die Prüfung des § 242 empfiehlt sich folgendes
Aufbauschema:
1. Objektiver Tatbestand
a. Tatobjekt: Fremde bewegliche
Sache
Sachen i.S.d. § 242 sind nur körperliche
Gegenstände (vgl. § 90 BGB), und zwar unabhängig von deren
Aggregatzustand, sofern sie von der Außenwelt abgrenzbar sind.
Bei Zueignung unkörperlicher Objekte greifen
Spezialnormen wie §§ 248c, 265a, § 106 UrhG.
Beweglich sind alle Sachen, die tatsächlich
fortbewegt werden können, auch wenn sie zum Zwecke der Wegnahme erst
beweglich gemacht werden müssen.
Fremd sind die Sachen, die nicht herrenlos sind und
nicht im Alleineigentum des Täters stehen.
Nicht im Alleineigentum stehen die Sachen bei Mit- oder
Gesamthandseigentum oder bei Vorbehalts- und Sicherungseigentum. Bei
Ansichnehmen eigener Sachen kommt ein untauglicher Versuch, ggf. auch
§ 289, in Betracht. Bei herrenlosen Tieren ist an § 292 zu denken. Bei
Leichenteilen oder Implantaten greift grds. § 168, da diese i.d.R. nicht
eigentumsfähig sind (s.u.).
b. Tathandlung: Wegnahme
Wegnahme bedeutet Bruch fremden und Begründung
neuen, nicht notwendigerweise tätereigenen Gewahrsams. Gewahrsam ist
die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragene tatsächliche
(auch gelockerte) Sachherrschaft eines Menschen über eine Sache. Fremder
Gewahrsam wird gebrochen, wenn er ohne oder gegen den
Willen des Gewahrsamsinhabers aufgehoben wird.
Bei Mitgewahrsam ist Wegnahme nur gegenüber
einem gleichrangigen oder übergeordneten Gewahrsamsinhaber möglich.
Anderenfalls ist § 246 zu prüfen. Liegt ein Einverständnis
vor, so ist das Merkmal der Wegnahme nicht erfüllt
(è
tatbestandsausschließendes Einverständnis). Dann ist ein Versuch zu
prüfen.
Gewahrsam wird begründet, wenn der Täter
die tatsächliche Sachherrschaft derart erlangt hat, daß ihrer
Ausübung keine weiteren Hindernisse mehr entgegenstehen.
Dazu wird nach der herrschenden Apprehensionstheorie
ein zum Gewahrsamswechsel führendes Ergreifen der fremden Sache
verlangt. Wird der Gewahrsam erschlichen, entfällt § 242. Zu
prüfen sind dann aber die §§ 263, 263a, 265a.
2. Subjektiver Tatbestand
a. Vorsatz bezüglich aller objektiven
Tatbestandsmerkmale, dolus eventualis genügt
b. Absicht der rechtswidrigen
(Dritt-)Zueignung
(Dritt-)Zueignungsabsicht liegt vor, wenn der
Täter die Sache wegnimmt, um sie unter Anmaßung einer
eigentümerähnlichen Stellung seinerseits oder von Seiten eines Dritten
zumindest vorübergehend der eigenen Vermögenssphäre oder
der des Dritten einzuverleiben (Aneignungskomponente) und,
um sie der Verfügungsgewalt des Berechtigten dauerhaft zu entziehen
(Enteignungskomponente).
Dabei ist bzgl. der auch nur vorübergehenden
Aneignung dolus directus 1. Grades erforderlich, während für
die Enteignung (wegen ihrer Dauerhaftigkeit) bereits dolus eventualis
genügt.
Rechtswidrig ist die (beabsichtigte) Zueignung, wenn
sie dem bürgerlichrechtlichen Sollzustand widerspricht, oder: wenn ein
fälliger und einredefreier Anspruch auf Übereignung der weggenommenen
Sache besteht.
è
Will der Täter die Sache sich zueignen, dann scheidet eine
Rechtswidrigkeit aus, wenn ihm selbst ein solcher
Übereignungsanspruch zusteht.
è Im Falle
der Drittzueignungsabsicht ist es dagegen irrelevant, ob der
Übereignungsanspruch dem Täter (der zur Übertragung des Eigentums
nach dessen Erwerb berechtigt ist) oder dem Dritten, der die Sache ja erlangen
soll, zusteht.
Bezieht sich ein solcher Anspruch auf eine
Stückschuld, so entfällt die Strafbarkeit nach § 242. Bei
Gattungsschulden liegt das Auswahl- und Konkretisierungsrecht aber beim
Schuldner (vgl. § 243 BGB), so daß die eigenmächtige
„Auswahl“ durch den Gläubiger (Täter) der Rechtsordnung
widerspricht, mithin also rechtswidrig ist (str. bei Geldschulden).
|
I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a. Fremde bewegliche Sache
aa. Tatobjekt kann nur eine fremde bewegliche Sache
sein.
Sachen i.S.d. § 242 I sind nur körperliche
Gegenstände (vgl. § 90 BGB), und zwar unabhängig von deren
Aggregatzustand, sofern sie von der Außenwelt abgrenzbar sind.
Forderungen und
sonstige Rechte sind selbst mangels
Körperlichkeit nicht diebstahlstauglich. Jedoch stellen die Urkunden, die
diese Rechte verkörpern, ein geeignetes Tatobjekt dar.
Beispiele: Sparbücher, Aktien, Wechsel, Schecks, etc..
Vgl. dazu auch die Beispiele auf S. 24 f., 26 f..
Entsprechendes gilt für
Computerdateien und -
programme.
Geeignete Diebstahlsobjekte können aber die sie beinhaltenden
Datenträger (Diskette, Festplatte, CD-ROM, ZIP-Drive etc.)
sein.
[3]
Daß der
lebende Mensch keine Sache sein kann, folgt schon aus
Art. 1 und 2 GG. Entsprechendes gilt auch für einzelne Organe sowie
für die mit dem Körper fest verbundenen medizinisch-therapeutischen
Hilfsmittel.
[4]
Beispiele: Zahnfüllungen, Zahnbrücken,
künstliche Gelenke oder Knochen, Herzschrittmacher etc..
Werden natürliche (z.B. Organe, Blut) oder künstliche (siehe
obige Beispiele) Bestandteile des Körpers von demselben getrennt, so
erlangen sie (wieder) Sachqualität. Sie stehen dann im Eigentum desjenigen
Menschen, zu dessen Körper sie zuvor gehörten. Auch
Leichen und
von ihnen abgetrennte Teile haben nach h.M.
[5]
Sachqualität.
Da der Aggregatzustand einer Sache keine Auswirkungen auf ihre
Diebstahlstauglichkeit hat, können auch
Flüssigkeiten oder
Gase gestohlen werden. Dagegen wird die
elektrische Energie, der
die Sachqualität abgesprochen wird, nur von § 248c erfaßt.
Ebenso unerheblich wie der Aggregatzustand ist für die
Tatbestandsverwirklichung des § 242 der Wert der Sache. Es können
daher auch gänzlich
wertlose bzw. geringwertige Sachen taugliche
Diebstahlsobjekte sein.
Klausurhinweis: Auch wenn bei der Wegnahme einer
fremden, beweglichen und wertlosen bzw. geringwertigen (bis ca. 50.- DM) Sache
in Zueignungsabsicht der Tatbestand des § 242 erfüllt ist, muß
auf jeden Fall das Antragserfordernis des
§ 248a beachtet werden.
Auch bezüglich der Einbeziehung von
Tieren besteht im Ergebnis
Einigkeit. Uneinigkeit herrschaft aber dahingehend,
wie diese
Einbeziehung zu erfolgen hat. Ausgangspunkt dieser Kontroverse ist der seit dem
1.9.1990 geltende
§ 90a BGB, nach dem „Tiere keine
Sachen“ sind (S. 1) und auf Tiere die für Sachen geltenden
Vorschriften „entsprechend anzuwenden“ sind (S. 3). Es werden zwei
(gangbare) Wege für die Einbeziehung des Tieres vertreten:
- Eine
Auffassung[6] geht
von einer Identität des zivil- und strafrechtlichen Sachbegriffs
aus. Demnach sind auch Tiere keine Sachen im strafrechtlichen Sinn
(§ 90a S. 1 BGB). Aus § 90a S. 3 BGB folgt dann aber auch die für
das Strafrecht geltende Anordnung, daß die für Sachen geltenden
Vorschriften entsprechend anzuwenden sind.
Diese Auffassung führt (zu Recht)
weiter aus, daß diese gesetzliche Verweisung auch in bezug auf das
Analogieverbot (Art. 103 II GG, § 1 StGB) nicht problematisch ist, da es
sich diesbezüglich nicht um eine lückenfüllende Analogie handle,
sondern um eine gesetzliche
Verweisung.
[7]
- Die
h.M.[8] geht dagegen
von der rechtlichen Unabhängigkeit des strafrechtlichen Sachbegriffs
aus, dessen Zweckbestimmung nur dem Strafrecht selbst zu entnehmen sei. Er habe
zwar mit § 90 BGB die Körperlichkeit des Gegenstandes zur
Voraussetzung (), weiche aber z.B. von § 90a, 119 II, 459 BGB und §
265 ZPO ab. Der Sachbegriff sei dem Zweck des StGB und seinem natürlichen
Wortsinn gemäß auszulegen, so daß z.B. i.S. des § 242 auch
ein Tier eine Sache sei, ... . Die Herausnahme des Tiers aus dem
zivilrechtlichen Sachbegriff () habe also auf das Strafrecht keinen
Einfluß („im Sinne des Gesetzes“ bedeute in § 90 BGB i.S.
des BGB). Daran ändere auch § 90a BGB
nichts.[9]
è
Direkte Anwendung der Straftatbestände (neben § 242 ist dies auch
für die §§ 246, 249, 259, 289, 315b, 315c, 303
relevant).
[10]
bb. Darüber hinaus muß die Sache
beweglich
sein.
Beweglich sind alle Sachen, die tatsächlich fortbewegt werden
können.
[11]
Folglich ist z.B. ein Grundstück mangels Mobilität kein
taugliches Diebstahlsobjekt.
Klausurhinweis: Zu beachten ist aber, daß ein
z.B. durch Betrug erlangtes Grundstück ein taugliches Hehlereiobjekt (vgl.
§ 259) ist.
Im Gegensatz zum Zivilrecht (vgl. §§ 94, 95 BGB) gelten im Rahmen
des § 242 aber auch solche Sachen als beweglich, die zum Zwecke der
Wegnahme erst beweglich gemacht werden
müssen.
[12]
Beispiel: Schäfer T läßt seine Schafe
unbefugt auf fremden Grundstücken weiden, wo sie Gras und Klee
abreißen und
fressen.
[13] T ist hier
nach § 242 strafbar.
Weitere Beispiele für beweglich gemachte Sachen
sind
: Gestochener Torf, Latten von Lattenzäunen, Feldfrüchte
(Rüben, Getreide, Beeren u.ä.), die mit dem Boden fest verbunden sind,
Bestandteile von Gebäuden wie Fenster, Türen, Heizkörper etc..
Klausurhinweis: Zu beachten ist, daß durch das
Ablösen dieser Sachen von ihrer Gesamtheit regelmäßig auch
tateinheitlich der Tatbestand der Sachbeschädigung (§ 303)
erfüllt ist.
cc. Zuletzt muß die bewegliche Sache für den
Täter
fremd sein.
Ausschlaggebend ist hier allein die
zivilrechtliche Rechtslage.
Für den Täter
fremd sind die (eigentumsfähigen)
Sachen, die weder in seinem
Alleineigentum stehen noch
herrenlos
sind.
Bei der Beurteilung der Fremdheit muß zunächst die
Eigentumsfähigkeit der fraglichen Sache bejaht und sodann das
Alleineigentum und die
Herrenlosigkeit verneint
werden.
Erste Voraussetzung für die Fremdheit einer Sache ist somit ihre
Eigentumsfähigkeit. Die Eigentumsfähigkeit ist z.B. bei Leichen
(soweit man mit der h.M. die Sacheigenschaft bejaht, s.o.) zu verneinen, wenn
sie zur Bestattung bestimmt sind und damit der Pietätsbindung unterliegen.
Daher kommt in diesen Fällen nur die Verwirklichung des § 168 in
Betracht, nicht aber die der §§ 242, 246 oder die des § 303.
Ausnahmsweise, wenn eine Leiche nicht zur Bestattung, sondern zu Anatomiezwecken
bestimmt ist oder eine Mumie darstellt, ist das Verhältnis der Strafnormen
umgekehrt.
Die eigentumsfähige Sache darf ferner nicht im
Alleineigentum
des Täters stehen. Nicht in seinem Alleineigentum stehen die Sachen bei
Mit- oder Gesamthandseigentum (§§ 718, 741 ff., 1008 ff., 2032 BGB)
oder bei Vorbehalts- und Sicherungseigentum (§ 455 BGB, §§ 929 S.
1, 930, 158 I BGB).
Beispiel 1: Die unter einem Eigentumsvorbehalt
gelieferten Sachen sind für den Vorbehaltskäufer bis zur
vollständigen Bezahlung fremd.
Beispiel 2: T nimmt eine Skluptur seiner sich auf
einer Reise befindlichen Tante O an sich, um sie zu behalten. Zu diesem
Zeitpunkt ist die O bereits gestorben, was T aber nicht weiß. Später
erfährt T, daß (nur) er die fragliche Skulptur geerbt hat. Da im
Todesfall nach § 1922 I BGB das Eigentum auf den oder die Erben
übergeht
[14], war
die Skulptur im Zeitpunkt des Ansichnehmens für T nicht
fremd. Sie
stand auch nicht mehr im Gewahrsam der
O
[15]
(è T hatte
vielmehr alleinigen Gewahrsam an dieser Sache, s.u.), so daß T nur wegen
eines (untauglichen) Diebstahlsversuchs bestraft werden
kann.
[16]
Abwandlung: Wäre T allerdings nicht Alleinerbe
der Skulptur, so wäre sie für ihn
fremd gewesen
(è nach
§§ 1922 I, 2032 I BGB wird der Nachlaß gemeinschaftliches
Vermögen der Erben). Ein vollendeter Diebstahl müßte aber
dennoch – mangels eines Gewahrsamsbruchs – ausscheiden (vgl. dazu
ausführlich unten). Die verstorbene O hatte keinen Gewahrsam mehr an der
Skulptur (s.o.). Auch die Miterben des T wußten zum Zeitpunkt der
Tathandlung noch nichts von dem Erbfall, so daß ihnen der für einen
Gewahrsam erforderliche tatsächliche Sachherrschaftswille fehlte (die
Besitzfiktion des § 857 ist für den Gewahrsamsbegriff irrelevant, vgl.
auch unten S. 8). T hatte also auch in diesem Fall alleinigen Gewahrsam an der
Skulptur, so daß nur ein untauglicher Diebstahlsversuch anzunehmen ist.
Darüber hinaus verwirklichte T § 246 I (zum Verhältnis dieser
Tatbestände vgl. unten S. 84 ff.).
Hinweis: Abweichend vom Zivilrecht sind bei der
Beurteilung der Eigentumsverhältnisse Rückwirkungsfiktionen (vgl.
§§ 142 I, 184, 1953 BGB) irrelevant. Dies entspricht dem allgemeinen
Grundsatz, wonach es für die Beurteilung der Strafbarkeit nur auf den
Zeitpunkt der Tatbegehung ankommt. Andernfalls könnte eine bei Vornahme
mangels Tatbestandsmäßigkeit straflose Handlung nachträglich
strafbar werden.
[17]
Zu beachten ist aber auch, daß z.B. die
Übereignung von Geld nach
§ 134 BGB nichtig sein kann, so
daß der Täter, der sich dieses mit Raubmitteln (unmittelbar nach der
Übergabe) zurückholt, mangels Fremdheit nur wegen Nötigung
strafbar ist.
[18]
Zuletzt darf eine eigentumsfähige Sache auch nicht
herrenlos
sein.
Herrenlos sind die Sachen, die in niemandes Eigentum stehen (vgl.
§§ 958 ff. BGB).
Beispiel: Dies können zunächst in Freiheit
befindliche oder wieder dorthin gelangte Tiere sein (§§ 960, 961 BGB).
Diese können nicht Diebstahlsobjekt, wohl aber Tatobjekt der Jagdwilderei
(§ 292) sein, da an ihnen ein ausschließliches Aneignungsrecht des
Jagdrechtsinhabers (vgl. § 1 I BJagdG, § 958 II BGB)
besteht.
[19]
Darüber hinaus sind Sachen herrenlos, an denen der Eigentümer in
der Absicht des Eigentumsverzichts den Besitz aufgegeben hat (sog. Dereliktion,
vgl. § 959 BGB). Dabei muß der Verzichtswille nicht ausdrücklich
erklärt werden, er kann sich (z.B. durch Wegwerfen einer Sache) erkennbar
betätigen. Ob aus einer Besitzaufgabe auch ohne weiteres auf einen
Eigentumsverzicht geschlossen werden kann (was wohl häufig möglich
ist), ist eine Frage des
Einzelfalls.
[20]
Beispiele: (1) A hat kein Interesse mehr an seiner
Zeitung und läßt sie daher absichtlich auf der Parkbank zurück.
Für T, der die Zeitung an sich nimmt, ist sie deshalb herrenlos.
(2) Entsprechendes gilt i.d.R. auch für am
Straßenrand abgestellten Sperrmüll.
Ein zur Herrenlosigkeit führender Verzichtswille ist aber dann nicht
gegeben, wenn der Eigentümer das Eigentum nur zugunsten einer anderen
Person (oder Organisation) aufgeben will. In solchen Fällen will er gerade
dieser Person (oder Organisation) das Eigentum übertragen.
Beispiel: Anläßlich der Werbung einer
(Wohltätigkeits-)Organisation auf dem Gehweg zur Abholung bereitgestelltes
Sammelgut. Bei einem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit einer
Werbeaktion ist nicht von einem Einverständnis des Eigentümers
auszugehen, daß beliebige Dritte das Sammelgut an sich nehmen. Hier
verzichtet der (Alt-)Eigentümer nur zugunsten des bestimmten Werbers auf
sein Eigentum. Ein in diesem Sinne bereitgestelltes Sammelgut ist mithin nicht
herrenlos, sondern als fremde bewegliche Sache ein taugliches
Diebstahlsobjekt.
[21]
Klausurhinweis: Zur Bejahung der Fremdheit
genügt für die Fallbearbeitung i.d.R. die Verneinung des
Alleineigentums des Täters bezüglich der Sache sowie die Feststellung,
daß sie nicht herrenlos ist. Die oftmals schwierige Eigentumsprüfung
kann dann dahingestellt bleiben. Nur wenn die Fremdheit fraglich ist, bedarf es
einer genauen Untersuchung.
b. Wegnahme
Tathandlung ist die
Wegnahme der fremden beweglichen Sache.
Wegnahme bedeutet Bruch fremden und Begründung neuen, nicht
notwendigerweise tätereigenen Gewahrsams.
aa. Fremder Gewahrsam
Der Begriff des Gewahrsams enthält - wie bei allen strafrechtlichen
Tatbestandsmerkmalen - eine objektive und eine subjektive Komponente:
Ganz herrschend wird
Gewahrsam als die von einem natürlichen
Herrschaftswillen getragene tatsächliche Sachherrschaft eines Menschen
über eine Sache definiert.
[22]
a.) Die Beurteilung des Gewahrsams richtet sich also
ausschließlich nach der „faktischen, willensgetragenen
Sachherrschaft“
[23]. Auf die
(zivilrechtlichen)
Eigentumsverhältnisse kommt es in diesem
Zusammenhang
nicht an. Diese sind nur bei der Frage der
Fremdheit
der Sache maßgebend (s.o.). Auch der zivilrechtliche
Besitz
(§§ 854 ff. BGB) ist mit dem strafrechtlichen Gewahrsamsbegriff
nicht identisch.
So kann der Besitzdiener (§ 855 BGB), der
zivilrechtlich nicht Besitzer ist (z.B. eine Hausangestellte), strafrechtlich
(Mit-)Gewahrsam haben. Umgekehrt sind Verpächter, Vermieter und Verleiher
zwar mittelbare Besitzer (§ 868 BGB), sie haben jedoch
regelmäßig keinen Gewahrsam an den verpachteten, vermieteten oder
verliehenen Sachen. Nach der Besitzfiktion des § 857 BGB erlangt auch der
Erbe Besitz an der Erbsache. Diese Fiktion schließt eine
Gewahrsamsbegründung (also die von einem Herrschaftswillen getragene
tatsächliche Sachherrschaft) aber nicht notwendigerweise ein (vgl. dazu
auch schon das Beispiel auf S. 6
f.).
[24]
Der Gewahrsam eines Menschen an einer Sache ist also vor allem dann zu
bejahen, wenn er die Sache in seinen Händen hält oder sonst bei sich
trägt (Gewahrsam in der sog. „Tabusphäre“).
b.) Für die Frage, ob die erforderliche tatsächliche
Sachherrschaft im Einzelfall besteht oder nicht, kommt es entscheidend auf die
Umstände des einzelnen Falles und die Verkehrsanschauung
an.
[25]
Der eben schon genannte Fall des Gewahrsams in der Tabusphäre wird
durch andere anerkannte
Gewahrssamssphären, in denen einer Person
üblicherweise die Sachherrschaft über die darin befindlichen
Gegenstände zugeordnet wird, erweitert.
- Anerkannt ist z.B. vor
allem der Gewahrsam innerhalb der Wohnung bzw. des Hauses, der
sich auch auf die im Keller, der Garage oder dem Dachboden befindlichen
Gegenstände erstreckt.
- Auch an in
Geschäftsräumen befindlichen Sachen ist der Gewahrsam des
Geschäftsinhabers zu bejahen.
- Bezüglich
verschlossener Behältnisse und deren Inhalt, über die ein
Verwahrer – ein anderer als der Schlüsselinhaber – die
tatsächliche Sachherrschaft ausübt, ist nach
h.M.[26] wie folgt zu
differenzieren:
- Bei mit einem
Gebäude fest verbundenen, schwer zu bewegenden (Gewicht,
Größe) - „ortsfesten“ - Behältnissen
(Schließfächer, Tresore, Automaten, etc.) soll der
Schlüsselinhaber Allein-( bzw. zumindest Mit-)Gewahrsam am Inhalt haben.
- Bei
selbständigen und frei beweglichen Behältnissen
(aufgegebener Reisekoffer, bei Freunden verwahrte Schmuckkassette etc.),
über die ein Verwahrer im ganzen durch Veräußern oder
Wegschaffen verfügen kann, wird hingegen der Gewahrsamsinhaber des
Behältnisses zugleich auch die alleinige tatsächliche Sachherrschaft
und somit Alleingewahrsam über den Inhalt ausüben.
c.) Die Verkehrsauffassung entscheidet zudem, wie weit sich der
dem Menschen zugebilligte generelle Herrschaftsraum erstreckt, somit ob die
Sachherrschaft - bei Vorliegen eines entsprechenden Herrschaftswillens - auch
noch bei einer gewissen räumlichen
Lockerung zu bejahen ist.
Der Gewahrsam wird herrschend trotz räumlicher Trennung von der Sache
auch dann bejaht, wenn sich die Distanz im Rahmen des sozial üblichen
hält und die Sachherrschaft zumindest nach einer gewissen Zeit
ausgeübt werden kann.
Kriterium ist daher, ob der Verwirklichung des Willens zur unmittelbaren
Einwirkung auf eine Sache Hindernisse
entgegenstehen.
[27] Der Gewahrsam endet
jedenfalls bei einer endgültigen Trennung oder wenn ein anderer
Alleingewahrsam an der Sache begründet hat.
Beispiele: (1) Befindet sich ein
Wohnungsinhaber auf Reisen oder ist er länger in einem Krankenhaus
zur stationären Behandlung, behält er trotz seiner Abwesenheit die
Sachherrschaft an den in der Wohnung (und den o.g. Räumen) befindlichen
Sachen.
(2) Der sich auf einem Stadtbummel befindliche
Autofahrer behält die Sachherrschaft über seinen auf dem
Parkplatz abgestellten Wagen.
(3) Ebenso bleibt der
Verkäufer, der
Waren (z.B. Uhren oder Schmuck) zur Begutachtung durch den Kunden auf den
Ladentisch legt, Gewahrsamsinhaber derselben. Nach allgemeiner
Verkehrsauffassung stellt dies lediglich eine
Gewahrsamslockerung dar,
die der Täter erst noch durch eine eigene Handlung aufheben muß.
Hatte der Täter diesen Ablauf von vornherein geplant, liegt ein sog.
„Trickdiebstahl“
[28]
vor. Entsprechendes gilt auch, wenn der Täter z.B. einen Ring anprobiert
und dann fluchtartig das Geschäft verläßt. Auch hier hatte der
Verkäufer noch bis zum Zeitpunkt der Flucht gelockerten Gewahrsam an dem
Schmuckstück.
(4) Nach der Verkehrsauffassung begründet auch
derjenige Gewahrsam, in dessen räumlich begrenzten Herrschaftsbereich
Gegenstände eingebracht werden (z.B. Post o.ä. in den Briefkasten, vor
der Haus- oder Ladentür abgestellte Warenpakete etc.).
(5) Auch an Sachen, die der Gewahrsamsinhaber an
einem bestimmten Ort
vergessen hat, besteht weiterhin Gewahrsam,
wenn dieser weiß, wo sie sind und wenn er sie ohne größere
Hindernisse wieder an sich nehmen kann.
Wird die Sache hingegen
verloren, muß
differenziert werden: Wird die Sache innerhalb der eigenen Gewahrsamssphäre
(z.B. in der Wohnung) verloren (bzw. „verlegt“), genügt ein
genereller Gewahrsamswille, damit die Sachherrschaft weiterhin angenommen
werden kann. Wird die Sache jedoch (außerhalb der eigenen
Gewahrsamssphäre) an einem unbekannten Ort verloren, so endet die
Sachherrschaft des
bisherigen Inhabers, weil dieser keine
tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit mehr hat. Die Sache wird u.U.
gewahrsamslos (nicht herrenlos!). Wird die Sache jedoch in einer fremden
Gewahrsamssphäre (z.B. Gaststätte, Bus oder Geschäftsraum)
verloren (oder auch vergessen!), wird regelmäßig ein neuer Gewahrsam
des Inhabers
dieser Gewahrsamssphäre begründet, weil auch hier
von einem generellen Gewahrsamswillen ausgegangen wird. Entsprechendes gilt auch
für in Münztelefonen verbliebene, aber „unverbrauchte“
Geldstücke.
[29] Wird
eine Sache dagegen in einem Treppenhaus eines Mietshauses oder eines von
mehreren Parteien bzw. Firmen genutzten Geschäftsgebäudes verloren,
wird kein neuer Gewahrsam begründet, da kein konkreter Inhaber feststellbar
ist. In diesen Fällen wird die Sache
gewahrsamslos.
[30]
Klausurhinweis: Insbesondere die Fälle des
Vergessens von Sachen in einer fremden Gewahrsamssphäre und des
Ansichnehmens durch einen Dritten sind klausurrelevant, da hier häufig der
§ 242 vorschnell abgelehnt und § 246 bejaht wird. § 246 ist dann
aber subsidiär (sofern er überhaupt tatbestandlich erfüllt ist,
die Zueignung also tatsächlich vollzogen wurde), da wegen des generellen
Gewahrsamswillens, der in der jeweiligen Gewahrsamssphäre besteht, schon
§ 242 zur Anwendung kommt und die Tat mit schwererer Strafe bedroht ist.
Hier kommt deutlich zum Ausdruck, daß nicht nur das Eigentum, sondern eben
auch der Gewahrsam (des Nichteigentümers) geschützt ist.
d.) Allgemein anerkannt ist ferner, daß es für die
Bejahung des Herrschaftswillens und damit des Gewahrsams
nicht
erforderlich ist, daß dieser Wille
konkret und
aktuell
vorhanden ist. Es reicht vielmehr aus, wenn der Wille zur Herrschaft über
eine Sache nach der Verkehrsauffassung
generell (s.o.) und
potentiell vorhanden ist. Gewahrsam kann daher auch noch bei einer
gewissen
Bewußtseinslockerung zu bejahen sein.
Beispiele:
è
Daher können auch
Schlafende und
Bewußtlose trotz ihrer aktuellen Unfähigkeit, die
Sachherrschaft tatsächlich auszuüben, Gewahrsam an Sachen haben und
bestohlen werden (sog.
potentieller Gewahrsamswille).
è
Dies gilt auch dann, wenn der (infolge schwerer Verletzungen)
Bewußtlose vor seinem Tod nicht mehr erwacht. Ein anderes Ergebnis
würde nicht im Einklang mit den (maßgeblichen) Anschauungen des
täglichen Lebens stehen. Zudem würden sich bei anderer Auffassung
Schwierigkeiten bezüglich der Strafbarkeit (nach §§ 242 oder 246)
ergeben, da zum Tatzeitpunkt ja noch nicht feststeht, ob das Opfer noch einmal
erwacht oder z.B. nach längerem Koma ohne Erwachen verstirbt. Die Frage, ob
die Tat als Diebstahl oder Unterschlagung zu werten ist, muß aber nach den
Umständen zum Tatzeitpunkt und nicht in Abhängigkeit der späteren
Entwicklung entschieden
werden.
[31]
è
Der Herrschaftswille und der Gewahrsam enden aber mit der endgültigen
Aufgabe oder mit dem Tod.
e.) Besonders problematisch ist es, wenn
mehrere Personen als
Gewahrsamsinhaber in Betracht kommen, und der Täter zu ihnen
zählt. In diesen Fällen ist sorgfältig zwischen
gleichrangigem
Mitgewahrsam,
übergeordnetem (Mit-)Gewahrsam und bloß
untergeordnetem (Mit-)Gewahrsam zu unterscheiden. Die beiden zuletzt
genannten Fälle werden auch als
mehrstufiger Mitgewahrsam
bezeichnet. Auch ist in Mehrpersonenverhältnissen
Alleingewahrsam
möglich.
aa.) Gleichrangiger Mitgewahrsam zeichnet sich dadurch aus,
daß der Gewahrsam zu gleichen Teilen („gleichberechtigt“)
ausgeübt wird. Dies ist typischerweise zwischen Eheleuten bezüglich
der gemeinsam genutzten Sachen in der gemeinsamen Wohnung der
Fall.
[32]
Beispiel: Der mit seiner Ehefrau O in der gemeinsamen
Wohnung lebende T nimmt im Hinblick auf die bevorstehende Trennung in
Abwesenheit der O das beiden gehörende und gemeinsam genutzte
Fernsehgerät und bringt es „in Sicherheit“. Der Tatbestand des
§ 242 setzt zunächst voraus, daß das Fernsehgerät für
T fremd war. Da T nicht Alleineigentümer dieses Gerätes ist, war es
für ihn fremd. T müßte weiterhin das Merkmal der
„Wegnahme“ erfüllt haben. Wegnahme bedeutet Bruch fremden und
Begründung neuen, nicht notwendigerweise tätereigenen Gewahrsams.
Gewahrsam ist die von einem entsprechenden Herrschaftswillen getragene
tatsächliche Sachherrschaft eines Menschen über eine Sache. Vorliegend
wurde die tatsächliche Sachherrschaft zu je gleichen Teilen von T und O
ausgeübt. Es bestand ein sog. gleichrangiger Mitgewahrsam. Für eine
Wegnahme reicht stets der Bruch von übergeordnetem Gewahrsam (s.u.) und
gleichrangigem Mitgewahrsam aus. T hat somit fremden Gewahrsam gebrochen.
Daß O zur Zeit des Fortschaffens nicht anwesend war, ist unschädlich,
da sie nach der Verkehrsauffassung gelockerten Gewahrsam ausübte und dies
dem Gewahrsamsbegriff genügt. T hat somit den objektiven Tatbestand des
§ 242 erfüllt.
bb.) Mehrstufiger Gewahrsam liegt vor, wenn der Gewahrsam nicht
gleichrangig ausgeübt wird, sondern auf verschiedenen Stufen (über-
und untergeordneter Gewahrsam). Gewahrsamsbruch und damit Diebstahl ist hier nur
dann gegeben, wenn
übergeordneter Gewahrsam gebrochen wird.
Mehrstufiger Gewahrsam ist typischerweise in Über- und
Unterordnungsverhältnissen wie Dienst-, Arbeits- und
Auftragsverhältnissen gegeben.
Beispiele: (1) Bei
Verkäufern und
Ladenangestellten nimmt die Rechtsprechung
regelmäßig
Alleingewahrsam des Ladeninhabers (bzw. in größeren
Kaufhäusern der Filialleiter oder sogar der Abteilungsleiter) an den Waren
und dem in der Kasse befindlichen Geld
an.
[33] In einem solchen
Fall werden die Angestellten auch als
Gewahrsamsgehilfen oder
Gewahrsamshüter bezeichnet. Nehmen Ladenangestellte also
eigenmächtig Waren mit nach Hause, so begehen sie regelmäßig
einen Diebstahl.
Verneint man einen
Alleingewahrsam des
Ladeninhabers, so kommt für die Ladenangestellten i.d.R. nur ein
untergeordneter (Mit-) Gewahrsam in Betracht, so daß auch in
solchen Konstellationen ein Gewahrsamsbruch (der des
übergeordneten
Gewahrsams des Ladeninhabers) vorliegt. Entsprechendes gilt für
Hausangestellte und sonstige Arbeitnehmer.
(2) Im Einzelfall kann aber auch umgekehrt
Alleingewahrsam des Angestellten zu bejahen sein. Insbesondere
Kassierer und
Kassenverwalter, die eigenverantwortlich für
die Kasse zuständig sind (z.B. im Supermarkt, Kellner bzgl. der
Geldbörse etc.) haben Alleingewahrsam an dem in der Kasse befindlichen
Geld. Nach dem BGH setzt die alleinige Verantwortung dabei voraus, daß
niemand gegen den Willen des Kassierers Geldbeträge aus der Kasse entnehmen
darf. Das werde auch in derartigen Fallgestaltungen in der Regel streng
innegehalten. Der Geschäftsinhaber oder Vorgesetzte habe zwar ein
Weisungsrecht, dürfe aber nach den Gepflogenheiten selbst keine
Beträge aus der Kasse entnehmen, sondern bedürfe dazu der Mitwirkung
des Kassierers. Dieses Weisungsrecht begründe deshalb noch keinen
Mitgewahrsam, insbesondere wenn der Kassierer allein den Kassenschlüssel
habe.
[34]
Entnimmt Kassierer in einer derartigen Konstellation Geld
für sich, so scheidet ein Diebstahl mangels eines Gewahrsamsbruchs aus. Zu
prüfen wären dann §§ 266 und 246.
(3) Auch zwischen
LKW-Fahrern und deren
Geschäftsherren kommen alle Formen des Gewahrsams in Betracht.
Maßgeblich ist hier, ob der Geschäftsherr seinen Angestellten
während der Fahrt überwachen und kontrollieren kann. Bei Fahrten im
Nahverkehr wird dies eher anzunehmen sein als bei Fahrten im Fernverkehr.
Üben mehrere Angestellte untereinander gleichrangigen
Mitgewahrsam, ihrem Geschäftsherrn gegenüber aber übergeordneten
oder Alleingewahrsam aus, so ist im Verhältnis untereinander Diebstahl, im
Verhältnis zum Geschäftsherrn Unterschlagung bzw. Untreue
möglich.
cc.) Alleingewahrsam kommt insbesondere in
Ausbildungsverhältnissen und in Dienstverhältnissen in Betracht, in
denen die Sachherrschaft des Untergeordneten so bedeutungslos ist, daß
noch nicht einmal von einem untergeordneten Mitgewahrsam gesprochen werden kann
(
Gewahrsamsgehilfen oder
Gewahrsamshüter, s.o.).
Klausurhinweis: Die vorstehenden Beispiele haben die
Grundprinzipien verdeutlicht, bei deren Berücksichtigung auch
(regelmäßig) unbekannte Klausurkonstellationen mühelos
gelöst werden können. Wichtig ist, die Überlegung anzustellen,
daß (übergeordneten) Gewahrsam ausübt, wer einerseits die
Kontroll- und Einwirkungsmöglichkeit, andererseits aber auch genügend
Eigenverantwortlichkeit hat. Die Anerkennung eines Rangverhältnisses
einzelner Mitgewahrsamsinhaber untereinander ist aber für das Ergebnis ohne
Belang, wenn ein Dritter, der jedenfalls keinen Gewahrsam hat, die Sache in
(Dritt-) Zueignungsabsicht an sich nimmt. In der Fallbearbeitung ist die
Problematik des Mitgewahrsams also nur dann zu erörtern, wenn es wirklich
darauf ankommt. Da in einem solchen Fall hier dann regelmäßig ein
Schwerpunkt der Arbeit liegen wird, muß die Lösung der
Mitgewahrsamsproblematik argumentativ erarbeitet werden.
bb. Bruch fremden Gewahrsams
Wie sich aus der obigen Definition der Wegnahme ergibt, muß der
Täter fremden Gewahrsam gebrochen haben.
a.) Fremder Gewahrsam wird nach
h.M.
[35] gebrochen, wenn die
Gewahrsamsverschiebung
gegen oder (zumindest)
ohne[36] den Willen des
Gewahrsamsinhabers erfolgt.
Ein Einverständnis des Gewahrsamsinhabers mit der
„Wegnahme“ schließt also schon auf der Ebene des objektiven
Tatbestandes das Vorliegen eines Diebstahls aus. Dieses
tatbestandsausschließende
Einverständnis[37] muß dabei
weder ausdrücklich noch konkludent erteilt werden. Ausreichend ist vielmehr
der - dem Täter nicht bekannte - im Inneren des Berechtigten verborgene
tatsächlich vorhandene Wille.
Klausurhinweis: Entscheidend ist demnach das
tatsächliche Vorliegen des Einverständnisses bei Beginn der
Tatausführung. Im Gegensatz zur rechtfertigenden Einwilligung, bei der nach
der herrschenden Lehre von den subjektiven Rechtfertigungselementen der
Täter mit einem entsprechenden Rechtfertigungswillen gehandelt haben
muß, ist es beim tatbestandsausschließenden Einverständnis
unerheblich, ob der Täter in Kenntnis des Einverständnisses handelt.
Weiß er nichts von einem in Wirklichkeit vorliegenden Einverständnis,
kommt ein strafbarer (untauglicher) Versuch in Betracht. Glaubt er aber, es
liege ein Einverständnis vor, so irrt er sich über das
Tatbestandsmerkmal der Wegnahme (des Gewahrsams
bruchs). Dann unterliegt
er einem Tatbestandsirrtum, der nach § 16 I S. 1 zum Vorsatzausschluß
führt.
[38]
Auf eine Geschäftsfähigkeit kommt es bezüglich des
erforderlichen Willens nicht an. Maßgeblich ist allein der
„natürliche Wille“ bezüglich der Gewahrsamsaufgabe, der
auch bei Geisteskranken, Betrunkenen oder Kindern vorliegen
kann.
[39]
è
Es muß eine
freiwillige Weggabe vorliegen, die in dem
Bewußtsein und mit dem Willen erfolgt, den bisherigen Gewahrsam an der
Sache aufzugeben.
[40]
Tatbestandsausschließend wirkt grundsätzlich auch ein durch
Täuschung, Drohung oder mittels
vis compulsiva
(willens
beugende, nicht -
ausschließende Gewalt) erlangtes
Einverständnis, da sich die willentliche Übertragung des Gewahrsams
(è
Vermögensverfügung) und Gewahrsamsbruch gegenseitig
ausschließen.
[41]
Klausurhinweis: Scheidet eine Wegnahme aus, weil das
Opfer den Gewahrsam willentlich an den Täter übertragen hat, ist im
Anschluß an die Verneinung des § 242 eine Strafbarkeit des
Täters wegen Sachbetrugs (§ 263) zu prüfen. Vgl. zu dieser sehr
examensrelevanten Abgrenzung die Ausführungen auf S. 153 ff..
Kein tatbestandsausschließendes Einverständnis ist aber
in einem bloßen
Beobachten oder
Geschehenlassen der Tat zu
sehen.
Diebstahl ist kein heimliches
Delikt![42]
Beispiel: Der in einem Kaufhauses arbeitende
Ladendetektiv L beobachtet den Diebstahl des T. Hier liegt kein
Einverständnis bzgl. der Wegnahme vor. Ein vollendeter Diebstahl kommt auch
bei anhaltender Beobachtung in
Frage.
[43]
b.) Möglich ist auch, daß der Gewahrsamsinhaber das
tatbestandsausschließende Einverständnisses an bestimmte
Bedingungen knüpft. In solchen Fällen liegt das Merkmal der
Wegnahme nur dann vor, wenn der Täter diese Bedingungen
nicht
erfüllt.
So ist z.B. der Inhaber eines
Warenautomaten nur dann mit der
Übergabe und Übereignung der Ware an den Entnehmer einverstanden, wenn
dieser den Automaten ordnungsgemäß
betätigt.
[44] Derjenige, der den Automaten
(in Zueignungsabsicht) mit Falschgeld oder (geringwertigeren) ausländischen
Münzen bedient oder ihn durch eine regelwidrige Einwirkung auf die Mechanik
des Automaten manipuliert (mit Drähten etc.), begeht durch die
Entgegennahme der auf diese Weise freigegebenen Ware einen
Diebstahl.[45]
Beispiel[46]:
T präpariert einen Geldschein mit Tesafilmstreifen. Diesen führt er
sodann in einen Geldwechselautomaten ein. Nachdem der Geldschein die
Lichtschranke überschritten und dadurch das Umwechseln in Münzen und
deren Auswurf ausgelöst hatte, zieht T ihn mit Hilfe des Tesafilms wieder
heraus. Das so ausgeworfene Geld nimmt er in Zueignungsabsicht an sich.
Auch der Betreiber eines Geldwechselautomaten, in dessen
Eigentum und Gewahrsam die in dem Geldautomten befindlichen Geldstücke
stehen, ist nur dann mit deren Übergabe und Übereignung an den
Entnehmer einverstanden, wenn dieser den Automaten ordnungsgemäß
betätigt. Dazu gehört auch, daß der einzuwechselnde Geldschein
nach Einführung in den Automaten auf Dauer in diesem verbleibt und der
Benutzer ihn nicht wiedererlangt, nachdem er den Auszahlungsmechanismus in Gang
gesetzt hat und der Gegenwert in Münzen an ihn ausgezahlt worden ist.
Mangels Einverständnis ist der Betreiber des Automaten vorliegend daher
Eigentümer der Geldstücke und Inhaber des durch das Auswerfen
allenfalls gelockerten Gewahrsams an ihnen geblieben. Durch das Ansichnehmen der
Geldstücke hat T den Gewahrsam des Betreibers gebrochen und an den diesem
nach wie vor gehörenden Münzen eigenen Gewahrsam begründet. Da
auch der subjektive Tatbestand erfüllt ist, hat T einen Diebstahl nach
§ 242 begangen.
Fraglich ist, ob hier auch ein besonders schwerer Fall des
Diebstahls vorliegt. In Betracht kommt § 243 I S. 2 Nr. 2. Die Ummantelung
eines Geldwechselautomaten dient zwar neben der Aufnahme des Wechselmechanismus
auch dem Schutz des Geldes. Dies gilt aber nur vor einer Wegnahme ohne
Betätigung des Automaten. Vorliegend hat T diese durch das Behältnis
bestehende Sicherung aber nicht überwunden. Er hat vielmehr den
Wechselvorgang in Lauf gesetzt und die Münzen an sich genommen, nachdem das
Gerät sie durch die dafür vorgesehene Öffunung ausgeworfen hatte.
Die Voraussetzungen der Strafzumessungsregel des § 243 I S. 2 Nr. 2 sind
daher nicht erfüllt. Es bliebe allenfalls, einen unbenannten besonders
schweren Fall anzunehmen (was das OLG Düsseldorf in der dortigen
Konstellation auch tat, vgl. auch Fn 49). Zur Strafbarkeit nach § 263a vgl.
S. 190 ff..
Eine
Strafbarkeit bezüglich des präparierten
Geldscheins kommt nicht in Betracht, da T den Gewahrsam zu keiner Zeit an
den Betreiber des Automaten übertragen hatte (wie es zu einer
ordnungsgemäßen Betätigung des Gerätes erforderlich gewesen
wäre). Er hat demnach keinen neuen Gewahrsam an dem Geldschein
begründet, als er ihn herauszog, sondern stets die tatsächliche
Sachherrschaft über den Schein behalten.
Wird der Automat dagegen ordnungsgemäß (d.h. gemäß
der vom Gewahrsamsinhaber aufgestellten Bedingung) bedient, so greift das
tatbestandsausschließende Einverständnis ein. Ein Diebstahl scheidet
dann aus.
So ist auch beim
SB-Tanken selbst bei (nicht
offenkundiger) fehlender Zahlungsbereitschaft grundsätzlich hinsichtlich
des Einfüllens des Kraftstoffes in den Tank von einem
Übertragungswillen auszugehen, womit ein Diebstahl
ausscheidet.
[47] Streitig
ist aber, worauf im übrigen eine Strafbarkeit zu stützen ist.
1. War der Täter von
vornherein
zahlungs
unwillig
und wurde er beim Tanken vom Tankstelleninhaber
beobachtet (bzw. ging er von einer Beobachtung aus), dann liegt in diesen
Fällen eine (versuchte) konkludente Täuschung des ihn beobachtenden
Tankwartes bzgl. der Zahlungsbereitschaft vor. Diese Vorspiegelung führt
dann auch zu einem entsprechenden Irrtum mit der Folge, daß dem Täter
das Einfüllen des Benzins gestattet wird. Das irrtumsbedingte Zulassen des
Tankens stellt die Vermögensverfügung dar, die zu einem
Vermögensschaden und damit zu einer Strafbarkeit nach § 263 (bzw.
§§ 263, 22)
führt.
[48] Der
ebenfalls verwirklichte § 246 I tritt wegen seiner
Subsidiaritätsklausel (zumindest) hinter einem (
vollendeten)
Betrug zurück (vgl. dazu auch unten S. 84 f.).
2. Ist Tankstellenpersonal beim Tankvorgang anwesend
und entschließt sich der (zunächst zahlungswillige) Täter erst
nach der Kraftstoffentnahme dazu, nicht zu bezahlen, so kommt es, da
Diebstahl mangels Wegnahme (T hat bereits straflos Gewahrsam am Kraftstoff durch
tatbestandsausschließendes Einverständnis des Tankwartes erlangt)
ausscheidet, für die verbleibende Strafbarkeit nach § 246 I darauf an,
ob und wann der Täter (Allein-)Eigentum an dem im Tank befindlichen
Kraftstoff erwirbt. Nach einer
M.M.[49] soll das
mit dem Einfüllen geschehen. Dieser Auffassung folgend, wäre der
Tankende straflos.
Überwiegend[50]
wird jedoch angenommen, daß der getankte Kraftstoff bis zur Bezahlung an
der Kasse für den Tankenden fremd bleibt, entweder weil erst an der Kasse -
ähnlich wie in einem SB-Laden - Kaufvertragsschluß und
Übereignung stattfinden oder weil doch zumindest bis zum Bezahlen ein
Eigentumsvorbehalt seitens des Tankstelleninhabers besteht. Der h.M. folgend,
ist der Täter nach § 246 I strafbar, wenn er sich
„einfach“ unbemerkt entfernt. Kommt es dagegen zu einer
Irreführung des Tankstellenpersonals, die dazu dient, sich der Realisierung
des Zahlungsanspruches zu entziehen, so ist § 263 einschlägig. §
246 I tritt in diesem Fall subsidiär zurück.
3. Eine weitere Konstellation ist die, daß der
zahlungsunwillige Täter
heimlich (in ihm bewußter Abwesenheit
des Tankstellenpersonals) tankt. In Ermangelung einer (versuchten)
Täuschung sowie einer daraus resultierenden einverständlichen
Gewahrsamsübertragung kommt eine Strafbarkeit aus § 263 (bzw.
§§ 263, 22)
nicht in Betracht. Geht man davon aus, daß
der Tankstellenbetreiber nicht generell einverstanden ist, daß
jeder, der tankt, auch Gewahrsam erlangen soll, so handelt es sich um
einen Diebstahl (§ 242 I bzw. §§ 242 I, II, 22, 23 I, 12 II).
Wird dagegen von einem generellen Einverständnis ausgegangen (s.o.), so
kommt ausschließlich § 246 I in Betracht.
c.) Auch die Fallgestaltungen, in denen der Gewahrsamsinhaber den
Täter in eine sog.
Diebesfalle lockt, hängen mit der
Problematik des tatbestandsausschließenden Einverständnisses
zusammen.
[51] Der
Lockspitzel (
agent
provocateur) ist eine Person, die die Haupttat eines anderen veranlaßt
bzw. fördert, um diesen bei der Begehung überführen zu
können. Dabei will er es aber (grds.) nur zum
Versuch der Haupttat
kommen lassen und nicht zu deren Vollendung.
Bei ihm fehlt also (grds.)
der Vorsatz bezüglich der Vollendung. Daraus ergibt sich auch seine
Straflosigkeit. Eine Teilnahme am Diebstahl scheidet aber auch dann aus, wenn
der Anstifter bzw. Gehilfe zwar die Vollendung des Diebstahls, aber nicht dessen
Beendigung in seinen Vorsatz aufgenommen
hat
[52], wenn er also durch rechtzeitiges
Eingreifen die Beendigung oder den Eintritt einer Rechtsgutsverletzung
verhindern will
[53].
Beispiel: Aufgrund des wiederholten Verschwindens von
Geldbeträgen kommt O zu der Vermutung, daß er durch seine
Hausangestellte T bestohlen wird. Um sie zu überführen präpariert
er einen Geldschein mit Silbernitrat. Dies führt dazu, daß jeder, der
den so behandelten Geldschein berührt, durch chemische Rückstände
an den Händen identifiziert werden kann. Dann legt er ihn an eine
unauffällige Stelle, so daß es so aussieht, als habe man ihn dort
verloren. Wie erwartet, entdeckt T den Geldschein und steckt ihn ein.
Um der Überführung des Täters willen war O
mit dem Gewahrsamswechsel (Ergreifen und Einstecken des Geldscheines)
einverstanden. Der objektive Tatbestand des § 242 I ist also nicht
erfüllt. Da T das Einverständnis aber nicht kannte, glaubte sie den
Geldschein wegzunehmen und machte sich daher wegen eines (untauglichen) Versuchs
strafbar, §§ 242, 22.
Streitig ist, ob neben dem versuchten Diebstahl auch eine
Strafbarkeit wegen vollendeter Unterschlagung (§ 246 I) in Betracht kommt.
Eine Auffassung
[54]
verneint dies generell. Das tatbestandsausschließende Einverständnis
mit dem Ergreifen und Einstecken des Köders schließe es zugleich aus,
in ihr eine tatbestandsmäßige (und rechtswidrige) Zueignung zu sehen.
Eine andere
Auffassung
[55] nimmt eine
vollendete Unterschlagung an bzw. zieht sie in Betracht, wenn sich die
Einwilligung nur auf den Gewahrsamswechsel, nicht jedoch auf die Zueignung
bezog.
O hat sich dagegen nicht strafbar gemacht. Die in Betracht
kommende Anstiftung zum versuchten Diebstahl, §§ 242 I, II, 22, 23 I,
12 II, 26, (oder zur vollendeten Unterschlagung, §§ 246 I, 26) ist
zwar objektiv erfüllt. Sie scheitert aber (auch, siehe Klausurhinweis) am
fehlenden „doppelten“ Anstiftervorsatz. O wollte zwar auch die
Vollendung, nicht jedoch eine tatsächliche materielle Werteinbuße,
mithin nicht die materielle Beendigung der Tat. O ist daher
straflos.
[56]
Klausurhinweis: Zu beachten ist aber, daß ein
tatbestandsausschließendes Einverständnis dann nicht vorliegt, wenn
der Berechtigte gar nicht weiß, daß eine Diebesfalle (mit seinem
Eigentum) gestellt
wird.
[57]
cc. Begründung neuen Gewahrsams
Zur Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals der Wegnahme gehört auch,
daß neuer Gewahrsam begründet
wird.
[58] Allgemein wird die Begründung
neuen Gewahrsams mit folgender Formel beschrieben:
Neuer Gewahrsam wird begründet, wenn der Täter die
tatsächliche Sachherrschaft derart erlangt hat, daß er sie ohne
wesentliche Hindernisse ausüben und der bisherige Gewahrsamsinhaber auf die
Sache nicht mehr einwirken kann, ohne zuvor die Verfügungsgewalt des
Täters (Dritten) zu
beseitigen.
[59]
Zur Präzisierung dieser Formel werden verschiedene Theorien vertreten.
Während die
Kontrektationstheorie ein bloßes Berühren der
fremden Sache genügen läßt, verlangt die
Ablationstheorie
das Fortschaffen und die
Illationstheorie das Bergen des
Diebstahlsobjekts. Wegen ihrer Starrheit und Undifferenziertheit werden sie
jedoch weitgehend als überholt angesehen. Die heute
h.M.[60] folgt der
Apprehensionstheorie[61] und verlangt
(mindestens) ein zum Gewahrsamswechsel führendes
Ergreifen der
fremden Sache. Insbesondere nach der
Rechtsprechung[62] sind aber
zusätzlich die Anschauungen des täglichen Lebens und die Umstände
des Einzelfalles bei der Frage, wann die tatsächliche Sachherrschaft in
oben genannter Weise übergegangen ist, zu berücksichtigen.
Hinsichtlich des genauen Zeitpunktes der Gewahrsamsbegründung sind vor
allem die Fälle problematisch, bei denen sich der Täter während
des Ergreifens der fremden Sache noch im Herrschaftsbereich des bisherigen
Gewahrsamsinhabers aufhält. Vorrangig geht es hier um die sog.
„Kaufhausfälle“, wobei aber zu beachten ist, daß
die folgenden Ausführungen ebenso z.B. für Diebstähle innerhalb
des Betriebsgeländes, innerhalb der Wohnungen von Gastgebern sowie in
ähnlichen Konstellationen gelten.
Aus der oben genannten kombinierten einzelfallbezogenen Betrachtungsweise
haben sich einige nachstehend erläuterte Fallgruppen herausgebildet, deren
Kenntnis für eine adäquate Klausurbearbeitung aufgrund der hohen
Examensrelevanz unerläßlich ist:
a.) Bei
schwer fortzuschaffenden Gegenständen
genügt das bloße Ergreifen oder Verstecken innerhalb des fremden
Herrschaftsbereichs zum Gewahrsamswechsel nicht. Zur Vollendung der Wegnahme ist
es vielmehr erforderlich, daß der Täter den Gegenstand derart aus dem
Herrschaftsbereich des bisherigen Gewahrsamsinhabers hinausbringt, daß er
ohne konkrete Gefahr einer Behinderung mit der Sache nach Belieben verfahren
kann.
[63]
Beispiele: Herausfahren des Kfz aus dem
Betriebsgelände. Hinüberwerfen der erbeuteten Teppiche über den
Absperrzaun des Verkaufsgeländes. Herausbringen des (sperrigen) Tresors aus
dem Haus.
b.) Bei
handlichen, leicht transportablen
Gegenständen wird nach der Verkehrsauffassung i.d.R. auch innerhalb des
fremden Herrschaftsbereichs neuer Gewahrsam bereits dann begründet (und der
Diebstahl vollendet), wenn der Täter die Sache ergreift, festhält, in
die Hand- oder Aktentasche, einen Beutel oder ein sonstiges, leicht zu
transportierendes Behältnis oder die eigene Kleidung einsteckt (sog.
Gewahrsamswechsel im „Tabubereich“ oder Schaffung
einer
„Gewahrsamsenklave“).
[64]
Zur Begründung wird diesbezüglich ausgeführt, daß die
Körpersphäre eines Menschen mit einem „Tabu“ umgeben sei
(Persönlichkeitsrecht), so daß der alte Gewahrsamsinhaber, wolle er
die Sache zurückerlangen, in einen fremden Tabubereich eindringen und
hierbei nach der Lebenserfahrung mit besonderen Widerständen rechnen
müßte.
[65] In solchen Fällen
könnte er also nicht mehr auf die Sache einwirken, ohne zuvor die
Verfügungsgewalt des Täters zu beseitigen (siehe obige Definition).
Daher tritt hier der Gewahrsamswechsel (und somit auch die Vollendung der
Wegnahme) grds. mit der Begründung einer Gewahrsamsenklave ein.
Für die sog.
Kaufhausfälle ergibt sich
daher folgende Konsequenz: Wer Zigarettenpäckchen, kleinere
Spirituosenflaschen, Süßigkeiten, CD´s, Kosmetika, Parfum
u.ä. auf die oben beschriebene Weise an sich bringt, begründet i.d.R.
neuen Gewahrsam an der Sache und vollendet die Wegnahme und damit den Diebstahl.
Dies gilt unabhängig davon, ob er dabei
beobachtet, oder ob er noch
vor der Kasse bzw.
vor oder
nach dem Ausgang ertappt wird.
Wegen der Vollendung ist danach auch ein strafbefreiender Rücktritt noch
vor der Kasse ausgeschlossen (vgl. § 24).
Fraglich ist aber, ob der Täter an der Kasse noch
zusätzlich einen
Sicherungsbetrug begehen kann. Dies wird teilweise
mit der Begründung bejaht, daß der Täter durch sein Verhalten an
der Kasse zugleich konkludent erklärt, andere Waren als die zur Abrechnung
vorgezeigten nicht entnommen zu
haben.
[66] Die
schädigende Vermögensverfügung bestehe dann in der
täuschungsbedingten unterlassenen Geltendmachung des Herausgabeanspruches.
Folgt man dieser Auffassung, dann tritt der Sicherungsbetrug jedoch als
mitbestrafte Nachtat im Wege der Gesetzeskonkurrenz (Konsumtion) hinter dem
Diebstahl zurück. Die auch hier vertretene
Gegenauffassung
[67]
hält aber auch in dieser Konstellation an der
Exklusivität von
Diebstahl und Betrug an derselben Sache fest. Bis zur Beendigung des
Diebstahls ist auf das einheitliche Geschehen abzustellen.
Beachte: Für den Diebstahl ist charakteristisch,
daß der Schaden durch eine eigenmächtige Handlung des Täters
entsteht. Beim Betrug entsteht der Schaden demgegenüber dadurch, daß
das Opfer aufgrund der Täuschung
willentlich eine Verfügung
vornimmt. Diese willentliche Verfügung schließt schon
begriffsimmanent einen Gewahrsamsbruch (
ohne oder
gegen den
Willen) aus. Der Diebstahl wird daher auch als ein Fremd-, der Betrug als ein
Selbstschädigungsdelikt bezeichnet. Diese Differenzierung macht ein
gleichzeitiges Vorliegen beider Tatbestände bei einem einheitlichen
Geschehen logisch unmöglich.
Wird aber noch
keine Gewahrsamsenklave geschaffen, so
ist noch kein Gewahrsamswechsel gegeben, solange der bisherige Gewahrsamsinhaber
mühelos und ohne Verletzung des Tabubereichs des Täters auf die Sache
zugreifen kann. Wer demnach z.B. in einem Kaufhaus oder Selbstbedienungsladen
eine Ware in seinem Einkaufswagen verbirgt, indem er sie z.B. mit einem
Kleidungsstück o.ä. bedeckt, erlangt eigenen Gewahrsam erst dann, wenn
er den Kassenbereich verlassen hat oder das Kassenpersonal den Vorgang als
abgeschlossen betrachtet. In einem solchen Fall begeht der Täter nach
h.M.
[68]
regelmäßig - vollendeten oder versuchten - Diebstahl, nicht Betrug,
wenn er die Kasse ohne Bezahlung der versteckten Ware
passiert.
[69]
Zu beachten ist jedoch, daß auch in diesen Fällen kein
allgemeingültiger Rechtssatz aufgestellt wird. Vielmehr muß nach der
Rechtsprechung auch hier jeweils nach den Umständen des Einzelfalls
beurteilt werden, ob der Täter fremden Gewahrsam gebrochen und eigenen
begründet hat - und ob somit die tatsächliche Sachherrschaft auf ihn
übergegangen und deshalb der Diebstahl vollendet ist.
Examensrelevant ist auch die Frage, wie es sich auf die
Gewahrsamsbegründung auswirkt, wenn die Ware mit einem
elektronischen
Sicherungsetikett versehen ist, das (sofern es vom Täter nicht
deaktiviert oder entfernt wurde) beim Erreichen des Ausgangs einen Alarm
auslöst. Hier könnte man meinen, daß der Gewahrsam des
Geschäftsinhabers aufgrund dieser zusätzlichen Sicherung noch
andauert. Ganz herrschend wird dieses jedoch zu Recht verneint, da die Sicherung
die Vollendung der Gewahrsamsbegründung nicht verhindern kann und lediglich
der Aufdeckung bereits begangener Diebstähle und der Wiedererlangung des
Diebesgutes dient.
[70] Vgl. hierzu unter dem
Aspekt des § 243 auch S. 41.
c.) Versteckt der Täter eine Sache (in
Zueignungsabsicht) innerhalb einer fremden Gewahrsamssphäre, so
begründet er allein damit noch keinen neuen Gewahrsam an der Sache. Von
einem Gewahrsamswechsel kann nur dann ausgegangen werden, wenn der Täter
freien und ungehinderten Zugang zu diesem Versteck hat. Nur dann ist von einer
so gewichtigen Verdrängung des bisherigen Gewahrsamsinhabers von seiner
Herrschaftsposition auszugehen, daß der Täter eine mit dem
Tabubereich vergleichbare Situation geschaffen hat.
Mit dieser Konstellation vergleichbar ist der Fall, in dem
ein
Kaufhauskunde in die Verpackung einer Ware zusätzliche Artikel
hineinsteckt (etwa Zubehör in die Verpackung eines elektrischen
Gerätes), um für diese nicht extra zahlen zu müssen (wobei
gleiches selbstverständlich auch für den komplett ausgetauschten
Inhalt gilt). Von einer Gewahrsamsbegründung an den fraglichen Artikeln
kann hier noch nicht ausgegangen werden. Zum Gewahrsamswechsel kommt es vielmehr
erst an der Kasse.
Uneinigkeit herrscht in solchen Fällen aber
bezüglich des einschlägigen Tatbestandes
(è §
242 oder § 263). Fraglich ist also, ob der Täter die Artikel
weggenommen
(è §
242) oder ob er sie im Wege einer täuschungsbedingten Verfügung
(è §
263) erlangt hat. Richtigerweise wird wohl von Diebstahl auszugehen sein. An der
Kasse kommt es nicht zu einem willentlichen Gewahrsamswechsel bzgl. der
versteckten Ware: Die Auffassung, daß der Kassierer
(täuschungsbedingt) über die Ware als Ganzes verfügt, somit so,
wie das Paket in sein Blickfeld gerät, ist abzulehnen. Ein
Verfügungsbewußtsein setzt begriffsimmanent die Kenntnis
bezüglich des Verfügungsgegenstandes voraus. Weiß der Kassierer
nichts von der Existenz der Ware, so kann er kein
Verfügungsbewußtsein haben. Das Einverständnis des Kassierers
zur Gewahrsamsübertragung bezieht sich nur auf den
ordnungsgemäßen Inhalt der Verpackung. Es ist daher nach Verlassen
des Kassenbereichs von einem Gewahrsamsbruch und somit der Vollendung des §
242 I hinsichtlich der zusätzlichen Artikel
auszugehen.
[71]
d). Nimmt jemand in einem
Selbstbedienungsladen eine Ware
an sich (ohne eine Gewahrsamsenklave gebildet zu haben) und geht dann
zurück zu der
vor einem Selbstbedienungsgeschäft befindlichen
Verkaufsfläche mit dem von ihm im Ladeninneren entnommenen, nicht bezahlten
Gegenstand, dann kann, wenn nach der baulichen Gestaltung des
Ladengeschäftes der im Geschäftsinneren befindliche Kassenbereich ohne
weiteres umgangen werden kann, nach dem
BayObLG
[72] noch nicht ohne weitere
Feststellungen davon ausgegangen werden, daß der Gewahrsam des
Geschäftsinhabers an der im Ladeninneren entnommenen Ware gebrochen sei.
Grund dafür, in den Verkaufsräumen entnommene Ware unter Umgehung des
Kassenbereichs ohne Bezahlung nach draußen zu einer weiteren
Geschäftsfläche mitzunehmen, könne sein, daß der Kunde sich
erst im Geschäft zum Kauf draußen aufgestellter Ware
entschließt oder er sich erst noch informieren will, welche Artikel sich
in den außerhalb des Gebäudes aufgestellten Warenschütten
befinden, und ob der Kauf eines dort ausgestellten Artikels zusätzlich oder
anstelle des in den Verkaufsräumen entnommenen Gegenstandes in Frage kommt.
Nach der Auffassung des Senats muß in solchen Fällen auch der Zweck
einer solchen Warenpräsentation berücksichtigt werden. Könne der
Kunde nach der baulichen Gestaltung des Ladenlokals den Kassenbereich ohne
weiteres umgehen, liege es nicht fern, daß der Ladeninhaber es dem Kunden
gerade ermöglichen wolle, vor Bezahlung der innerhalb des Ladens
entnommenen Ware noch außerhalb aufgestellte Ware an sich zu nehmen und
erst anschließend im Laden die Ware zu
bezahlen.
[73]
Nach der Auffassung des BayObLG kommt es bei der Entscheidung, ob ggf.
vollendeter oder nur versuchter Diebstahl gegeben ist, darauf an, ob der Kunde
die Ware bereits eingesteckt hat, ob er sie noch gut sichtbar in der Hand
trägt oder ob er sie in einem Einkaufswagen /-korb mit sich führt. Des
weiteren ist zu fragen, ob es ihm leicht möglich wäre, mit der Ware zu
entkommen.
2. Subjektiver Tatbestand
a. Vorsatz
Subjektiv ist zunächst
Vorsatz (§ 15) erforderlich, wobei
dolus eventualis genügt. Der Vorsatz muß sich auf alle
objektiven Tatbestandsmerkmale beziehen.
Bei
Tatbestandsirrtümern (z.B. wenn der Täter von dem
Vorliegen eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses ausgeht
oder glaubt, die Sache sei herrenlos oder stehe in seinem Alleineigentum), fehlt
dem Täter der erforderliche Vorsatz mit der Folge des
Tatbestandsausschlusses nach § 16 I S. 1. Weiß der Täter
umgekehrt nicht, daß die von ihm weggenommene Sache ausschließlich
ihm gehört, oder daß der Gewahrsamsinhaber mit dem Gewahrsamswechsel
einverstanden war, dann liegt ein (strafbarer)
untauglicher Versuch
(§§ 242 I, II, 22, 23 I, 12 II) vor.
b. Zueignungsabsicht
Darüber hinaus muß der Täter in der
Absicht handeln,
die
Sache sich oder einem Dritten[74]
rechtswidrig zuzueignen.
Zu beachten ist, daß die bloße
Intention der rechtswidrigen (Dritt-)Zueignung ausreicht, die
(Dritt-)Zueignung muß - im Gegensatz zu § 246 - nicht
tatsächlich erfolgt sein. Die
Absicht muß bereits im
Zeitpunkt der Tathandlung vorliegen. Wird sie erst später - nach
erfolgter Wegnahme - gefaßt, so scheidet eine Strafbarkeit nach § 242
aus (è zu
prüfen wäre aber insbesondere § 246). Da bezüglich dieser
(Dritt-)Zueignungsabsicht keine Entsprechung im objektiven Tatbestand existiert,
handelt es sich bei dem Diebstahl um ein Delikt mit
„
überschießender Innentendenz“.
Klausurhinweis: Systematisch gesehen hat die
(Dritt-)Zueignungsabsicht bei § 242 die gleiche Bedeutung wie die
(Dritt-)Zueignung bei den §§ 246 und 249. Dadurch, daß die
(Dritt-)Zueignung bei § 242 (und § 249) aber nur
beabsichtigt,
bei § 246 dagegen
vollzogen sein muß, ist sie bei § 242
(und § 249) im
subjektiven Tatbestand, bei § 246 dagegen im
objektiven Tatbestand zu prüfen.
aa. Die
Absicht,
die Sache sich oder einem Dritten
zuzueignen untergliedert sich in zwei Komponenten:
(Dritt-)Zueignungsabsicht liegt vor, wenn der Täter die Sache
selbst (Sachsubstanz) oder den in ihr verkörperten funktionsspezifischen
Wert (Sachwert) seinem Vermögen oder dem Vermögen eines Dritten
wenigstens vorübergehend einverleiben (
Aneignungskomponente)
und den Berechtigten auf Dauer aus seiner wirtschaftlichen
Position verdrängen will
(
Enteignungskomponente).
[75]
Bezüglich der (auch nur
vorübergehenden)
Aneignung
muß der Täter mit
Absicht
(è
dolus directus 1. Grades) handeln. Für die
Enteignungskomponente genügt dagegen (wegen ihrer Dauerhaftigkeit)
bereits
Eventualvorsatz
(è
dolus eventualis).
Auf die (zumindest vorübergehende) Aneignung muß es dem
Täter also gerade ankommen, während hinsichtlich Enteignung
erforderlich aber auch ausreichend ist, daß der Täter bei der
Wegnahme damit rechnet, daß der Berechtigte die Sache nicht
zurückerhalten wird und er dies billigend in Kauf nimmt.
Sowohl die Aneignungs- als auch die Enteignungskomponente kann
problematisch werden:
a.) Die
Enteignungskomponente ist hinsichtlich der
Abgrenzung zwischen Zueignung und
Gebrauchsanmaßung (die nur
ausnahmsweise strafbar ist, vgl. §§ 248b, 290) von entscheidender
Bedeutung. Abgrenzungskriterium ist die Dauerhaftigkeit des Herauslösens
aus der Eigentümerstellung.
Während die
Enteignung auf
Dauer angelegt sein
muß, hat die
Gebrauchsanmaßung nur eine
vorübergehende Nutzung der fremden Sache zum Ziel.
Wesentlich für die Annahme einer Gebrauchsanmaßung ist der
Rückführungswille des
Täters.
[76] Es kann sich mitunter als
äußerst schwierig erweisen, und es ist stets eine Frage des
Einzelfalles, den Rückführungswillen zu bestimmen.
1. Bei der
Benutzung eines fremden
Kraftfahrzeugs können nach dem BGH hinsichtlich der Frage, ob ein
Rückführungswille des Täters vorhanden war, alle Umstände
herangezogen werden, die dem Tatrichter den Rückschluß darauf
erlauben, ob der Täter die frühere Lage, d.h. in der Regel, ob er den
früheren Gewahrsam des Berechtigten wiederherstellen
wollte.
[77]
Maßgeblich sei, ob das Fahrzeug in einer Lage hinterlassen wurde, die
es dem Berechtigten ohne großen Aufwand und ohne Hilfe des reinen Zufalls
ermögliche, seine Verfügungsgewalt an dem Fahrzeug
wiederzuerlangen.[78]
Als Beweiszeichen
gegen einen Rückführungswillen wertete die
Rechtsprechung z.B. den Umstand, daß der Täter das Fahrzeug an einer
Stelle stehen ließ, an der es dem beliebigen Zugriff Dritter preisgegeben
ist.
[79] Weitere
Beweiszeichen sind z.B.
è der Ort,
an dem der Täter das Fahrzeug stehen ließ, hinsichtlich der
Entfernung vom Tatort und der Größe der Stadt (z.B. eine andere
Straße in einer kleinen Gemeinde, einer Mittel- oder Großstadt),
è ob das
Fahrzeug leicht zu identifizieren ist (Farbe, Fabrikat, besondere Kennzeichen
usw.) und è
ob der Täter das Fahrzeug gegen den Zugriff unbefugter Dritter gesichert
hatte.
Allgemein läßt sich sagen, daß je
größer die Chance ist, daß das Fahrzeug wiedergefunden wird,
desto eher anzunehmen ist, daß der Täter mit
Rückführungswillen handelte. Dagegen ist Diebstahl statt
Gebrauchsanmaßung i.S.d. § 248b (gilt auch für Fahrräder!)
anzunehmen, wenn die Wegnahme erwiesenermaßen von dem Willen (
dolus
eventualis!) getragen war, das Fahrzeug nach dem Gebrauch wahllos
preiszugeben und es dem Zufall zu überlassen, ob, wann und in welchem
Zustand der Eigentümer es zurückbekommen
würde.
[80]
Klausurhinweis: Wird § 242 bejaht, so ist §
248b wegen der in ihm normierten Subsidiarität zwar nicht mehr zu
prüfen, ein kurzer Hinweis sollte aber trotzdem nicht fehlen. Ist dagegen
§ 248b einschlägig, so ist zu beachten, daß im Unrecht des
§ 248b auch der zwangsläufig mitverbrauchte Kraftstoff enthalten ist
und keine separate Würdigung in § 242 findet, vgl. auch unten S. 84
f..
Zu beachten ist auch der genaue
Zeitpunkt zu dem der
Täter den
Willen zur Preisgabe des Fahrzeugs gefaßt hat:
è Für
eine Bestrafung aus
§ 242 ist es erforderlich, daß dieser
bereits
zum Zeitpunkt der Wegnahmehandlung vorlag (s.o.).
è
Faßte der Täter einen entsprechenden Willen erst später,
während des noch andauernden Gebrauchs, so ist die Anwendbarkeit des
§ 242 (wegen der fehlenden zeitlichen Koinzidenz mit der Wegnahmehandlung)
ausgeschlossen. Es kommt dann aber eine Unterschlagung (
§ 246) in
Betracht (s.o.).
è Handelt
der Täter demgegenüber zunächst mit einem
Rückführungswillen, so bleibt es auch dann bei einer
Strafbarkeit „nur“ nach
§ 248b, wenn er diesen
nach
Abschluß des unbefugten Gebrauchs aufgibt und den Entschluß zur
Preisgabe des Kfz faßt (z.B. weil das Fahrzeug liegengeblieben
ist).
2. Aber auch im Falle eines vorhandenen
Rückführungswillens kann von einem Enteignungsvorsatz ausgegangen
werden, wenn die Sache nach der Vorstellung des Täters mit einer
nicht
völlig unerheblichen Wertminderung an den Berechtigten
zurückgelangen soll oder der Täter sich zum Zeitpunkt der Wegnahme im
Klaren darüber ist, daß eine solche Wertminderung zumindest
möglich ist. An einem relevanten Wertverlust
fehlt es aber, wenn
jemand CD´s, Video- oder Musikkassetten, CD-ROM oder
Computerdisketten
[81]
u.ä. wegnimmt, um diese nach dem Kopieren unversehrt zurückzugeben.
Entsprechendes gilt grundsätzlich auch für Schriftstücke. Nimmt
der Täter dagegen ein
neues Buch weg, um es zu lesen, so ist bei der
Rückgabe von einem relevanten Wertverlust auszugehen. Desgleichen stellt
der für eine Urlaubsreise nur „geliehene“ Pkw ein Schulbeispiel
dar.
[82]
3. Zu nennen sind auch die Fälle, in denen sich
der Eigentümer
vernünftigerweise Ersatz beschaffen wird. Auch
ohne Wertminderung wird also z.B. dann keine Gebrauchsanmaßung, sondern
eine Enteignung anzunehmen sein, wenn jemand kurz vor Saisonbeginn eine
Skiausrüstung in der Absicht, diese im Frühling wieder
zurückzubringen wegnimmt. Hier liegt eine dauerhafte Enteignung vor, wenn
davon auszugehen ist, daß sich der Eigentümer Ersatz beschaffen wird.
4. Eine Zueignungsabsicht soll nach der
Rechtsprechung auch dann
nicht in Betracht kommen, wenn der
Täter eine Sache wegnimmt, um sie als Druckmittel zur Durchsetzung einer
Forderung zu benutzen („
eigenmächrige Inpfandnahme“).
Dies soll auch dann gelten, wenn der Täter bei der Wegnahme keinen
Rückführungswillen äußere, da es allein darauf ankomme, von
welchen Vorstellungen sich der Täter bei der Wegnahme leiten
ließ.
[83]
b.) Durch die
Aneignungskomponente wird die
(Dritt-)Zueignung von der reinen
Sachentziehung, der
Sachbeschädigung und von der bloßen
Eigenmacht abgegrenzt. Anders als bei der Enteignung ist die Dauer
der Aneignung der fremden Sache unerheblich. So genügt die Absicht, sich
(oder einem Dritten) die Sache nur vorübergehend anzueignen. An einer
Aneignung und damit an einer (Dritt-)Zueignung fehlt es aber, wenn jemand fremde
Sachen wegnimmt, um sie
ohne vorherigen (Eigen-) Gebrauch sogleich zu
zerstören oder wegzuwerfen. Je nach den Umständen kann aber eine
Sachbeschädigung (§ 303), ein Verwahrungsbruch (§ 133) oder eine
Urkundenunterdrückung (§ 274 I Nr. 1) vorliegen.
Bei der reinen
Sachentziehung wird die Sache ihrem Eigentümer
ohne Einverleibung in das Vermögen des Täters zeitweilig oder dauernd
entzogen.
Beispiel: Wer als Fotograph einem Konkurrenten dessen
einzige Kamera wegnimmt, um sie diesem nach dem Ereignis unversehrt wieder
zurückzugeben, begeht keinen Diebstahl, weil es schon an der Anmaßung
einer eigentümerähnlichen Stellung fehlt. Darüber hinaus fehlt
der Aneignungswille.
Anders ist es aber, wenn die fremde Sache erst
nach einem vorherigen
Eigen- oder Drittgebrauch für die Zwecke des Täters oder des
Dritten ihrem Schicksal überlassen wird, oder wenn die Sachvernichtung im
eigennützigen
Verbrauch der Sache durch den Täter oder den
Dritten besteht, wie z.B. beim Verzehren von Speisen und Getränken oder
beim Verheizen von Holz oder Kohle. Hier ist von einem Diebstahl auszugehen.
bb. Die vorstehenden Ausführungen zeigen, daß
insgesamt zunächst dann eine Zueignungsabsicht zu verneinen ist, wenn der
Täter die Sache dem Berechtigten ohne eine wesentliche Wertminderung
alsbald zurückgeben will. Diese Betrachtung stellt allein auf das
Sachmaterial, die Substanz der Sache ab (sog.
Substanztheorie). In
einigen Fallgestaltungen bedarf dieser Ansatz jedoch einer Ergänzung. Diese
findet sich in der
Sachwerttheorie, die besagt, daß auch
derjenige Täter mit Zueignungsabsicht handelt, der sich zwar nicht die
Sache selbst, aber den
in ihr verkörperten Sachwert einverleiben
will. Herrschend ist heute daher die sog.
Vereinigungstheorie, die
diese beiden Ansätze verbindet. Nach der
Vereinigungstheorie
kann
Gegenstand der Zueignung somit
- die Sache
selbst sein (Substanztheorie):
è Der
Täter will dem Berechtigten die Sache in ihrer Substanz dauerhaft entziehen
und sie zumindest vorübergehend der eigenen Vermögenssphäre (oder
der des Dritten) einverleiben
- oder ein in der
Sache verkörperter, ihr innewohnender Sachwert
(Sachwerttheorie):
è Der
Täter will sich (oder einem Dritten) nicht die Substanz (die Sache selbst),
sondern vielmehr den der Sache innewohnenden wirtschaftlichen Wert
zueignen.
Klausurhinweis: In der Klausurprüfung muß
zunächst immer die grundlegende Substanztheorie geprüft werden. Nur
wenn diese Prüfung negativ ausfällt, darf auf die (als Ergänzung
zu betrachtende und insoweit subsidiäre!) Sachwerttheorie eingegangen
werden.
a.) Will sich der Täter eine Sache zueignen, um sie zu
besitzen, zu gebrauchen, zu verzehren, zu verkaufen usw., kommt es nur auf die
Sache selbst, nicht auf den verkörperten Wert an. Es erübrigt sich
somit ein Eingehen auf die Sachwerttheorie.
[84]
Schwierig ist der Fall, in dem es dem Täter nur auf den in der Sache
unmittelbar verkörperten Wert ankommt.
Beispiel: Die Hausangestellte T nimmt aus einer
Schublade das ihrem Geschäftsherrn O gehörende
Sparbuch und
hebt davon einen größeren Teilbetrag ab, um das Geld der mit ihr
befreundeten Ex-Frau (E) des O, die sie darum gebeten hatte, zu übergeben.
Anschließend legt sie das Sparbuch - wie von Anfang an geplant - wieder an
seinen Platz zurück.
1. T hat den objektiven Tatbestand des § 242
erfüllt. Sie hat den (gelockerten) Gewahrsam des O an dem Sparbuch
gebrochen und eigenen begründet. Sie handelte auch vorsätzlich.
2. Weiterhin müßte sie in der Absicht
gehandelt haben, sich oder einem Dritten das Sparbuch rechtswidrig zuzueignen.
Die Zueignungsabsicht besteht aus dem Enteignungsvorsatz und der
Aneignungsabsicht. Fraglich ist, ob T Enteignungsvorsatz hatte. Dazu
müßte sie mindestens mit
dolus eventualis hinsichtlich einer
dauerhaften Enteignung des O gehandelt haben. T (und E) hatte aber von Anfang an
geplant, das Sparbuch wieder an seinen Platz zurückzulegen. Von einer
billigend in Kauf genommenen dauerhaften Enteignung, zumindest im Hinblick auf
das Sparbuch selbst, kann daher nicht gesprochen werden. Von diesem Standpunkt
aus lag lediglich eine Gebrauchsanmaßung (
furtum usus) vor, die bis
auf die vorliegend nicht einschlägigen §§ 248b und 290 straflos
ist.
3. Gegenstand der Zueignung kann nach allgemeiner
Auffassung aber auch der in einer Sache unmittelbar verkörperte Sachwert
sein. Durch das Abheben des Teilbetrages hat die T der Sache (dem Sparbuch)
dauerhaft einen Wert entzogen und somit mehr oder weniger eine „leere
Sachhülse“ zurückgegeben. Darauf bezog sich der Vorsatz der T
auch bereits im Zeitpunkt der Wegnahme. Diesen Sachwert eignete sie der E auch
absichtlich zu. Damit hat sie auch den subjektiven Tatbestand des § 242
erfüllt, so daß sie aus § 242 I strafbar ist.
Das dem Diebstahl des Sparbuches folgende
Abheben des
Geldes selbst erfüllt dagegen
nicht den Tatbestand des §
242. In Betracht kommt aber
§ 263, wenn man davon ausgeht, daß
sich der Bankangestellte trotz der Legitimationswirkung des Sparbuches (vgl.
§ 808 BGB) Gedanken über die Legitimation macht und dadurch
überhaupt erst getäuscht werden kann. Für die Strafbarkeit der T
hat dies jedoch keine praktische Relevanz, da § 263 als mitbestrafte
Nachtat im Wege der Gesetzeskonkurrenz (Konsumtion) ohnehin zurücktreten
würde.
E hat sich hier wegen Anstiftung zum Diebstahl, §§
242 I, 26, strafbar gemacht.
Klausurhinweis: Das vorstehende Beispiel hat gezeigt,
daß in Fällen, in denen die Substanztheorie versagt, zunächst
auf diese einzugehen und dann die Kombination von Substanz- und Sachwerttheorie
(Vereinigungstheorie) zu erörtern ist. Zu beachten ist aber, daß der
Wert unmittelbar in der Sache selbst verkörpert sein muß, und
daß der Täter diese zumindest teilweise entwerten muß
(
lucrum ex re = ein Gewinn/ein Wert aus der Sache
selbst).
[85] Bei
Sparbüchern ist dies der Fall, da sie qualifizierte Legitimationspapiere
i.S.d. § 808 BGB darstellen, bei denen an den Inhaber mit befreiender
Wirkung geleistet werden kann. Gleiches gilt auch für andere
Legitimationspapiere wie Theaterkarten, Fahrkarten, Gutscheine, Getränke-
oder Garderobenmarken.
b.) Die Sachwerttheorie erfaßt aber nicht jeden
wirtschaftlichen Vorteil, der mit Hilfe der Sache erlangt werden kann, also
nicht den Gewinn aus der bloßen Verwendung der Sache (
lucrum ex negotio
cum re).
So begeht
keinen Diebstahl, wer ein entlaufendes,
beim Finder befindliches Haustier diesem wegnimmt, um beim Eigentümer den
öffentlich ausgelobten
Finderlohn (vgl. §§ 657, 971 BGB)
entgegenzunehmen. Hier fehlt es an der Zueignungsabsicht, da niemals eine
Eigentümerstellung angemaßt wurde.
Zu prüfen wäre aber
ein Betrug
(§ 263) zum Nachteil des Finders. Analog § 851 BGB wurde der
Eigentümer durch die Auszahlung des Finderlohns an die falsche Person
(nämlich die, die er irrig für den Finder hielt) auch dem wirklichen
Finder gegenüber frei. Da der Eigentümer durch die Auszahlung des
Finderlohns auch von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem wirklichen Finder
frei wurde, erlitt er selbst keinen Schaden. Der Schaden liegt bei dem
wirklichen Finder, der den Finderlohn nunmehr nicht mehr geltend machen kann.
Für eine Strafbarkeit aus § 263 wird aber nicht vorausgesetzt,
daß Getäuschter und Geschädigter personenidentisch sind
(è
Personenidentität ist nur bzgl. des
Getäuschten und des
Verfügenden erforderlich). Subjektiv ist bei § 263 Vorsatz und
die Absicht der rechtswidigen und stoffgleichen eigen- oder fremdnützigen
Bereicherung erforderlich. Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 128 ff..
In diesem Zusammenhang sind auch die sog.
„Dienstkleidungsfälle“ zu nennen. Zur Lösung dieser
Fälle ist es entscheidend zu wissen, daß
Ausrüstungsgegenstände stets im Eigentum des Dienstherrn verbleiben
und nur für die Dauer des jeweiligen Dienstverhältnisses den Soldaten,
Polizisten usw. zur Verfügung gestellt werden. Wenn nun z.B. ein
Bundeswehrsoldat einem Kameraden einen (mit seinem verlorenen vergleichbaren)
Ausrüstungsgegenstand zur Vermeidung von Regreßansprüchen aus
dessen Gewahrsam herauslöst, um diesen anschließend an die
Ausgabestelle, der „Kleiderkammer“, zurückzugeben,
entfällt bereits die Zueignungsabsicht. Der Wegnehmende wollte sich niemals
- auch nicht vorübergehend - eine eigentümerähnliche Stellung
anmaßen.
[86] Zu
prüfen wäre allenfalls eine Strafbarkeit nach §
263.
c.) Auch scheitert die Sachwerttheorie beim
Kopieren und
Verwerten von Daten auf Computerdisketten oder auf CD-ROM, wenn die dort
gespeicherten Daten anschließend unverändert zurückgegeben
werden sollen. Es fehlt die der Wegnahme entsprechende Zueignungsabsicht
(Enteignungskomponente), s.o..
d.) Von den Sparbuchfällen sind die sog.
Codekartenfälle zu unterscheiden:
Beispiel[87]:
Die Hausangestellte T findet in der Schublade ihres Dienstherrn O eine codierte
ec-Karte. Die dazugehörige Geheimnummer hatte sie zufällig
während eines vor kurzer Zeit stattfindenden Gespräches des O mit
dessen Frau mitbekommen. Sie nimmt die Karte, hebt am nächsten
Bankautomaten 400 DM für sich ab und legt die Karte anschließend -
wie geplant - wieder zurück.
I. Strafbarkeit hinsichtlich der
ec-Karte
1. Auch hier ist der objektive Tatbestand des
§ 242 I bezüglich der Karte selbst erfüllt. Fraglich ist
aber die Verwirklichung der subjektiven Tatseite. Zwar handelte T mit
Aneignungsabsicht, da sie von der Karte Gebrauch machen und sich diese somit
wenigstens vorübergehend eigentümerähnlich dem eigenen
Vermögen einverleiben wollte. Es fehlte jedoch am Enteignungselement, da
sie die Karte nicht dauerhaft aus der Gewahrsamssphäre des O und aus der
Eigentümerposition der Bank herauslösen wollte. Auf der Grundlage der
Substanztheorie scheidet ein Diebstahl bzgl. der ec-Karte also aus. Fraglich
ist, ob sich unter Zugrundelegung der Sachwerttheorie etwas anderes ergibt. Im
Gegensatz zum Sparbuch gelangt die ec-Karte nicht als „leere
Sachhülse“ zurück, da sie lediglich als
„Schlüssel“ zum ständigen Zugriff auf das Konto dient und
sich dadurch nicht verbraucht. Die Karte sollte also ohne Verminderung des in
ihr verkörperten Wertes zurückgelangen. Auch nach der Sachwerttheorie
lag daher kein Diebstahl, sondern nur eine straflose Gebrauchsanmaßung
vor.
2. T könnte sich aber aus
§ 274 I Nr. 1
und 2 strafbar gemacht haben. Eine ec-Karte enthält eine
verkörperte Gedankenerklärung
(è
Perpetuierungsfunktion), die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt
ist (è
Beweisfunktion) und die ihren Aussteller erkennen läßt
(è
Garantiefunktion), sie ist mithin als Urkunde i.S.d. § 274 I Nr. 1 zu
qualifizieren. Verfügungsberechtigt war nur der O. Darüber hinaus ist
auch § 274 I Nr. 2 einschlägig, da die ec-Karte auch beweiserhebliche
Daten i.S.v. § 202a II enthält.
Indem T dem verfügungsberechtigten O den Gebrauch der
ec-Karte (vorübergehend) entzogen hat, hat er diese Urkunde und die auf ihr
vorhandenen Daten - da auch ein nur kurzfristiger Entzug
genügt
[88] -
unterdrückt. T handelte vorsätzlich und in der Absicht, O einen
Vermögensschaden, mithin einen Nachteil i.S.d. § 274 zuzufügen.
Da der von T intendierte Nachteil aber erst aus einer weiteren
(mißbräuchlichen) Nutzung der ec-Karte resultieren sollte, und
nicht schon - wie es § 274 I Nr. 1 und 2 verlangen - aus der
Unterdrückung und der damit verbundenen Vereitelung der Beweisfunktion der
Karte selbst, scheidet eine Strafbarkeit nach § 274 I Nr. 1 oder 2
aus.
3. Dagegen kann eine Bestrafung aus
§ 303a I,
2. Alt. bejaht werden. T hat Daten unterdrückt, die ihr nicht
zustanden.
II. Strafbarkeit hinsichtlich des
Geldes
1. Ein Diebstahl (
§ 242) kommt nicht nur
bezüglich der Wegnahme der ec-Karte, sondern auch bezüglich der
Entnahme des Geldes in Betracht. Da das Geld aber unter der Bedingung einer
ordnungsgemäßen Bedienung des Bankautomaten übereignet wurde
(§§ 929 S. 1, 158 I BGB) und T den Automaten funktionsgerecht
bediente, war das Geld bei der Entnahme nicht mehr fremd (
a.A.
vertretbar).
2. Aus demselben Grund kommt auch eine Unterschlagung
(
§ 246) nicht in Frage.
3. Durch die Entnahme des Geldes kommt auch keine
Bestrafung wegen Betrugs (
§ 263) in Betracht, da ein Bankautomat
nicht getäuscht werden kann.
4. Der Tatbestand des
§ 265a ist
ebenfalls nicht erfüllt, da das Erschleichen von Leistungen eine
ordnungswidrige Benutzung des Automaten voraussetzt. T hat den Bankautomaten
aber funktionsgerecht bedient. Ihr fehlte lediglich die Befugnis, die Karte zu
benutzen und über das Konto zu verfügen.
5. T könnte sich aber wegen Computerbetrugs
(
§ 263a) strafbar gemacht
haben.
[89] Als
Tatvariante kommt § 263a I, 3. Alt., die unbefugte Datenverwendung, in
Betracht (die 2. Alt scheidet aus, da T richtige Daten gebrauchte). Unter
Daten sind alle codierten und codierbaren Informationen unabhängig
vom Verarbeitungsgrad zu
verstehen.
[90] Dieses
Tatbestandsmerkmal ist bei der codierten ec-Karte unzweifelhaft gegeben. T
müßte die Daten ferner
verwendet haben. Eine
enge
Auffassung[91]
verlangt eine
Eingabe von Daten in einen Datenverarbeitungsprozeß.
Die
weite
Auffassung[92]
versteht dagegen, wie auch der
Gesetzgeber
[93], den
Begriff des Verwendens unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauchs als
„benutzen“. Eine Datenverarbeitung liegt daher nicht nur vor, wenn
die Daten selbst Gegenstand einer Tätigkeit sind (also etwa in einen
Verarbeitungsvorgang eingegeben werden), sondern auch dann, wenn die fragliche
Tätigkeit in Kenntnis und nach Maßgabe der Daten erfolgt. Daraus
folgt, daß
jede Nutzung von Daten genügt. Dieser Streit ist
vorliegend jedoch irrelevant, da die Daten (die PIN) in einen
Verarbeitungsprozeß eingegeben wurden.
Diese Verwendung müßte auch
unbefugt
erfolgt sein. Nach einer
Auffassung
[94] muß
die unbefugte Verwendung von Daten gerade verarbeitungsspezifische Vorgänge
betreffen, es muß also eine Computermanipulation vorliegen
(
computerspezifische Auslegung). Eine andere
Auffassung
[95] versteht
den Ausdruck „unbefugt“ wörtlich. Ihr zufolge würde jede
Datenverwendung erfaßt, die dem ausdrücklichen oder
mutmaßlichen Willen des Berechtigten (hier des O) widerspricht
(
subjektivierende Auslegung). Eine weitere
Auffassung
[96]
interpretiert den Begriff in Anlehnung an § 263. Dieser Auffassung zufolge
muß die Handlung des Täters „täuschungsgleich“ sein
(
betrugsspezifische
Auslegung).
[97] Nach
der erstgenannten Auffassung wäre das Merkmal unbefugt wohl zu verneinen.
Diese Ansicht ist jedoch abzulehnen, da sie in ihren Voraussetzungen zu
unbestimmt ist (vgl. auch die Ausführungen zu § 263a). Nach beiden
anderen Auffassungen war die Verwendung dagegen unbefugt. Nach der
subjektivierenden Auslegung, weil die Verwendung dem mutmaßlichen Willen
des O widerspricht und nach der betrugsspezifischen, weil T´s Verhalten so
interpretiert werden kann, daß sie konkludent vorgab, zur Verwendung der
Daten befugt zu sein.
Zuletzt müßte T durch diese Tathandlung das
Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs beeinflußt haben. Herrschend
wird der Begriff der „Beeinflussung“ ohne weitere Ausführung
aber so verstanden, daß darunter
jede Einwirkung zu verstehen ist,
die das Ergebnis einer Datenverarbeitung
modifiziert.
[98] Nach
h.M.
[99] wird dabei nicht
vorausgesetzt, daß der Datenverarbeitungsvorgang bereits vor der
Einwirkung des Täters in Gang gesetzt war.
Klausurhinweis: Die Gegenauffassung, daß das
Beeinflussen eines Datenverarbeitungsvorgangs beim Bankautomaten nicht vorliege,
da hier nicht auf den
laufenden Vorgang eingewirkt, sondern ein solcher
erst in Gang gesetzt werde, wird überwiegend als überholt angesehen.
Dieser Auffassung wird zu Recht entgegengehalten, daß entweder der
betriebsbereite Automat bereits durch die Bank in Gang gesetzt wurde oder
daß das „In-Gang-Setzen“ die stärkste Form der
Beeinflussung
darstellt.
[100]
Auch wenn diese Streitigkeit nicht mehr so relevant
erscheint, kann bei deren Kenntnis und kurzer Darlegung im Examen ein guter
Eindruck erweckt werden, was zu einer Notendifferenzierung führen kann.
Danach hat T also auch dieses Tatbestandsmerkmal
erfüllt. Da dies auch unmittelbar zu einem Vermögensschaden seitens
des O führte und T die erforderliche Bereicherungsabsicht besaß, hat
sie sich durch die Verwendung der codierten ec-Karte nach § 263a I, 3. Alt.
strafbar gemacht. (Sofern entgegen dieser Lösung der Tatbestand des §
246 bejaht wurde, tritt dieses Delikt subsidiär hinter § 263a
zurück).
Im
Ergebnis hat sich O also nach § 263a I, 3.
Alt. in Tateinheit mit § 303a I, 2. Alt. strafbar gemacht.
c. Drittzueignungsabsicht
Seit dem Inkrafttreten des 6. StrRG 1998 ist die
Drittzueignungsabsicht ausdrücklich in den Tatbestand des § 242
I einbezogen worden. Nunmehr macht sich daher auch derjenige nach § 242
strafbar, der eine Sache wegnimmt, um sie
einem Dritten zuzueignen.
In den Fällen, in denen der Täter eine Sache wegnimmt, um sie
einem Dritten zu
schenken, sie zu
spenden oder einem
gutgläubigen Dritten
zum Kauf anzubieten, können die
Lösungsansätze der herrschenden Lehre und der Rechtsprechung, die dazu
dienten, eine Strafbarkeit des Täters auch bei vordergründiger
Fremdnützigkeit zu begründen, nunmehr zur näheren
Konkretisierung, ob ein „Sichzueignen“ oder eine
„Drittzueignung“ vorliegt, herangezogen werden.
Da die Aneignung nicht dauerhaft, sondern nur
vorübergehend angelegt sein muß, lag nach
herrschender Lehre
ein „Sichzueignen“ auch dann vor, wenn der Täter von vornherein
entschlossen war, die weggenommene Sache einem Dritten zu schenken, zu spenden
oder zu verkaufen. In diesen Fällen geriere er sich als Eigentümer, da
sowohl Schenken, Spenden als auch Verkaufen nur durch den Eigentümer bzw.
den Berechtigten wirksam erfolgen
könne.
[101] Die
Rechtsprechung, die in solchen Fällen zumeist auf die
Sachwerttheorie zurückgriff, kam zu demselben Ergebnis, soweit sie
verlangte, daß der Täter sich durch die Weitergabe an einen Dritten
einen
wirtschaftlichen, auch nur mittelbaren, Vorteil oder Nutzen im
weitesten Sinne
versprach.
[102] Dazu
zählten Belohnungen, Beteiligungen am späteren Verkaufserlös, die
Absicht, Schadenersatzansprüche zu vermeiden etc.,
nicht jedoch rein
ideelle Vorteile, selbstloses Handeln, Tierliebe oder sonstige immaterielle
Interessen / Vorteile wie z.B. die Aussicht auf einen schönen Abend zu
zweit o.ä..
Die letztgenannten
ideellen/immateriellen Interessen
können nach der Neufassung des § 242 I jedoch unter die
„Drittzueignung“ subsumiert werden, so daß auch hier eine
Strafbarkeit nach § 242 I n.F. begründet werden kann (dazu gleich).
Da die Aneignung nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend angelegt
sein muß, liegt also trotz Einführung der Drittzueignungsabsicht ein
Sichzueignen auch dann noch vor, wenn der Täter von vornherein
entschlossen ist, die weggenommene Sache für
eigene Rechnung zu
verschenken, zu
spenden oder zu
veräußern.
[103]
Der Fall, daß sich der Täter nur einen mittelbaren Vorteil oder
Nutzen im weitesten Sinne von der „Weitergabe“ an einen Dritten
verspricht, den die Rechtsprechung vor Inkrafttreten des 6. StrRG auch zu den
Fällen des Sichzueignens zählte (s.o.), sollte nunmehr - bei Vorliegen
der weiteren Voraussetzungen - unter die 2. Alternative der
Drittzueignungsabsicht subsumiert
werden.
[104]
Durch die Gesetzesänderung ist darüber hinaus nunmehr
klargestellt, daß auch der (ehemals grundsätzlich straflose)
fremdnützige Diebstahl, bei dem der Täter altruistisch handelt bzw.
nichtwirtschaftliche oder ideelle Ziele verfolgt, strafbar ist. Die Problematik
der Drittzueignung ist damit insoweit obsolet geworden.
Der Täter ist nun auch dann nach § 242 I strafbar, wenn er eine
fremde bewegliche Sache mit dem Willen wegnimmt, sie einem Dritten zu
verschaffen, sie also einem Dritten zuzueignen.
Zu beachten ist dabei jedoch,
daß der Täter bei der Drittzueignung zumindest die Absicht
haben muß, den Dritten in eine Position zu versetzen, die den
Mindestanforderungen der Selbstzueignung entspricht.
è
Dem Täter muß es daher auch bei der Drittzueignungsabsicht darauf
ankommen, daß der Dritte sich die Sache aneignet und er muß wollen,
daß es infolge der Drittzueignung zu einem dauernden Verlust der Sache
für den Eigentümer kommt.
Nimmt der Täter die Sache nur weg, damit sie der Dritte
ohne vorherigen Eigengebrauch zerstört, beschädigt oder wegwirft,
muß eine Drittzueignungsabsicht entfallen. Entsprechendes gilt, wenn der
Täter die Sache nur mit einem Drittzueignungs
vorsatz wegnimmt (s.u.)
oder er davon ausgeht, daß der Dritte die Sache nach vorübergehendem
Gebrauch an den Egentümer zurückgeben
wird.
[105]
Auch soll die einstige Problematik, daß der Täter die Sache von
vornherein in der Absicht der Drittzueignung wegnimmt und dabei auch
unter
maßgeblichem Einfluß des Dritten steht, ohne sich
zwischenzeitlich als Eigentümer zu gerieren, anhand eines Beispiels und
einer Gegenüberstellung noch einmal verdeutlicht werden:
Beispiel: A lebt von seiner Frau O getrennt und hat
bei ihr Hausverbot. Dennoch möchte er an ein der O gehörendes
Schmuckstück herankommen. Er bittet daher die bei O beschäftigte
Haushälterin G, die ihm noch einen Gefallen schuldet und der er einen
gemütlichen Abend zu zweit verspricht, das betreffende Stück
wegzunehmen und es ihm zu geben. So geschieht es, wobei es G darauf ankommt, dem
A das Schmuckstück zuzueignen, um ihre „Schuld“ zu begleichen.
Lösung vor der gesetzlichen Normierung
der Strafbarkeit der Drittzueignung:
G hatte keine nach § 242 I a.F. erforderliche
(Selbst-)Zueignungsabsicht. Problematisch war hier die Aneignungskomponente, da
G das Schmuckstück auch nicht vorübergehend behalten wollte, sich also
niemals eine eigentümerähnliche Stellung anmaßte, da sie es
weder für sich noch für einen Dritten unter Berücksichtigung auch
nur eines mittelbaren wirtschaftlichen Vorteils wegnehmen wollte. Ein bloß
immaterieller Vorteil genügte nicht (s.o.). Sie konnte daher nicht aus
§ 242 a.F. bestraft werden.
Bezüglich des A lag eine typische
Anstifterkonstellation vor, wegen der er aber mangels tauglicher Haupttat nicht
bestraft werden konnte. Konsequenz wäre gewesen, daß beide nicht
wegen Diebstahls strafbar gewesen wären. Um dieses Ergebnis zu vermeiden,
bediente sich die h.M. eines Kunstgriffes, in dem sie von einer
normativen Tatherrschaft ausging. A benutzte G als sein
absichtslos
[106]-doloses
Werkzeug und beging die Tat durch sie. Daher war A nach
h.M. wegen
Diebstahls in mittelbarer
Täterschaft
[107]
und G wegen Beihilfe dazu strafbar. Nach
a.A. war diese Vorgehensweise
mit der Tatherrschaftslehre unvereinbar. Vielmehr lag nach dieser Auffassung (da
Zueignung und Gewahrsamserlangung zeitlich zusammenfielen) unter Zuhilfenahme
der sog. „kleinen berichtigenden Auslegung“ eine Unterschlagung
vor.
[108] Hiernach
wäre A wegen Unterschlagung strafbar gewesen und G wegen Beihilfe
dazu.
[109]
Lösung anhand des neugefaßten § 242
I:
Nunmehr könnte sich G nach § 242 I n.F. strafbar
gemacht haben, indem sie das Schmuckstück der O in der Absicht an sich
nahm, es dem A zu übergeben.
G nahm der O das Schmuckstück, eine
für sie fremde bewegliche Sache, weg. Auch der Vorsatz diesbezüglich
ist gegeben. Fraglich ist, ob G auch die von § 242 I n.F. geforderte
Zueignungsabsicht besaß. Da nunmehr auch die Drittzueignungsabsicht von
§ 242 I n.F. erfaßt wird, ist auch diese Voraussetzung bei der G zu
bejahen, da es das Ziel der von ihr durchgeführten Wegnahme war, dem A das
Schmuckstück rechtswidrig zuzueignen. G ist daher aus § 242 I n.F.
strafbar. Der ebenfalls tatbestandlich vorliegende § 246 I tritt
(unstreitig) wegen der in ihm normierten Subsidiarität zurück (vgl.
dazu auch S. 84 f.).
A, der G zu dem vorsätzlich und
rechtswidrig begangenen Diebstahl bestimmte und in ihr den Tatentschluß
hervorgerufen hatte, ist wegen Anstiftung zum Diebstahl nach §§ 242 I,
26 strafbar. Der auch von A verwirklichte § 246 I (er eignete sich das
Schmuckstück rechtswidrig zu) tritt ebenfalls hinter §§ 242, 26
zurück.
Stimmt man der h.M. zu, nach der auch Anstifter und Gehilfen
der Vortat (hier: § 242) unabhängig davon, ob sie von vornherein einen
Anteil an der Beute haben wollten oder nicht, dadurch zum Hehler werden, indem
sie sich Sachen
verschaffen
[110], die
andere Teilnehmer durch die Vortat erlangt haben, so hat sich A auch nach §
259 durch Entgegennahme des Schmuckstücks strafbar
gemacht.
[111]
Zusammenfassung: G, die die Absicht hatte, dem A das
Schmuckstück zuzueignen, war nunmehr kein absichtslos-doloses Werkzeug des
A. Sie hatte selbst die volle Tatherrschaft und erfüllte den gesamten
Tatbestand des § 242 I in eigener Person. Daher ist sie wegen unmittelbarer
Begehung dieses Delikts zu bestrafen. Da nun auch eine vorsätzliche und
rechtswidrige, somit teilnahmefähige Haupttat vorlag, ist der A aus den
allgemeinen Teilnahmegesichtspunkten wegen Anstiftung strafbar. Die Neufassung
des § 242 I ermöglicht somit eine einfachere Erfassung der
Strafbarkeiten. Die Begründung ist nunmehr systematisch, den allgemeinen
Regeln folgend herbeiführbar, so daß keine „Kunstgriffe“
mehr erforderlich sind, um ungewollte Strafbarkeitslücken in diesem Bereich
zu vermeiden.
Ganz geschlossen wurde diese Strafbarkeitslücke trotzdem nicht. Denn
auch nach der Gesetzesänderung muß der Dieb zumindest die
Absicht (i.S.e. Daraufankommens) haben, die Sache einem Dritten
zuzueignen. Hat er aber nur den
Vorsatz, dem Dritten die Sache
zuzueignen, ohne daß es ihm „darauf ankommt“, wird wohl wieder
auf die Konstellation der mittelbaren Täterschaft kraft des
„absichtlos-dolosen Werkzeugs“ zurückzugreifen sein.
Beispiel: Im obigen Fall kommt es der G nicht
zielgerichtet darauf an, dem A das Schmuckstück zuzueignen. Vielmehr will
sie der O „eins auswischen“ und hat „nur“ den
Vorsatz der Drittzueignung.
Da die G auch nach § 242 I n.F. zumindest die Absicht
der Drittzueignung haben muß, ist der Tatbestand nicht erfüllt, so
daß es für die Strafbarkeit des A an der teilnahmefähigen
Haupttat mangelt. Insofern wird auf die obige zu § 242 I a.F. vertretenen
Konstellation zurückzugreifen sein. Auch hier benutzte A die G als sein
absichtslos-doloses Werkzeug und beging die Tat durch sie. Daher wird A nach den
oben gemachten Ausführungen wegen Diebstahls in mittelbarer
Täterschaft
[112]
und G wegen Beihilfe dazu strafbar sein. Nach der oben schon aufgezeigten
Gegenauffassung liegt (nun ohne Zuhilfenahme der sog. „kleinen
berichtigenden Auslegung“) eine Unterschlagung vor. A wäre nach
dieser Auffassung somit wegen Unterschlagung strafbar und G wegen Beihilfe dazu.
Die Drittzueignungsabsicht kann auch dann Bedeutung erlangen, wenn ein
Täter die eigennützige Zueignung des Diebesgutes beabsichtigt und mit
einem altruistisch eingestellten Mittäter zusammenwirkt. Vor Novellierung
des Diebstahlstatbestandes konnte dieser Beteiligte nur als Gehilfe bestraft
werden.
[113] Nach der Neufassung des §
242, also der Miteinbeziehung der Drittzueignungsabsicht, ist ein solcher
Beteiligter als Mittäter einzustufen.
d. Weitere Probleme im Bereich der Zueignungsabsicht
aa. Die Problematik der Fallkonstellation, in der der Täter
die Sache wegnimmt, um sie als angeblich eigene dem
eigentlichen
gutgläubigen Eigentümer zurückzuverkaufen oder ihm
gegenüber sonst zur Erfüllung einer Verbindlichkeit zu benutzen,
besteht auch noch nach Inkrafttreten des 6. StrRG, da der eigentliche
Eigentümer wohl nicht als „Dritter“ i.S.d. § 242 I
angesehen werden kann. Schwierigkeiten bestehen hier insbesondere bei der
Enteignungskomponente.
Die
Rechtsprechung und die
herrschende
Lehre[114] bejahen auch bei einer
geplanten Rückveräußerung an den Berechtigten das Vorliegen
sowohl der Aneignungs- als auch der Enteigungskomponente. Die
Gegenmeinung[115] argumentiert,
daß dem Berechtigten bei Rückerlangung der Sache weder die Nutzung
noch der Sachwert entzogen werde. In der Wegnahme liege daher nur eine - als
Gebrauchsanmaßung straflose - Vorbereitungshandlung zu einem späteren
Betrug zum Nachteil des Eigentümers bzw. - wenn der Eigentümer die
wahre Sachlage kenne und notgedrungen auf den „Rückkauf“
eingehe - eine Erpressung. Dem ist mit der h.M. wiederum entgegenzuhalten,
daß der Eigentümer nicht in seine ursprüngliche Position
zurückversetzt wird, sondern daß er sich diese vielmehr neu erkaufen
muß. Zudem ist die Gegenmeinung kriminalpolitisch bedenklich. Der ertappte
Täter könnte im Einzelfall behaupten, er habe die Sache von
vornherein zurückverkaufen wollen. Damit besteht stets die
Möglichkeit einer Schutzbehauptung, der auch nicht mit dem Argument der
freien Beweiswürdigung durch das Gericht (vgl. § 261 StPO)
vollständig begegnet werden kann. Der h.M. folgend, ist Diebstahl zu
bejahen. Der anschließend begangene Betrug tritt im Wege der Konsumtion
(mitbestrafte Nachtat) zurück, sofern nicht schon der Tatbestand des §
263 wegen der zwischen § 242 und § 263 bestehenden Exklusivität
bezüglich desselben Tatobjektes verneint wird. Ggf. ist auch § 289 zu
prüfen.
bb. Nimmt der Täter
Behältnisse weg, so
muß im subjektiven Tatbestand hinsichtlich der Zueignungsabsicht genau
zwischen dem Behältnis (z.B. Handtasche, Koffer etc.) und dem Inhalt (Geld,
Wertgegenstände, wichtige Unterlagen etc.) differenziert werden.
Beispiel: T entwendet O die Handtasche, um sich mit
dem (vermutlich) darin befindlichen Geld ein Fahrrad zu kaufen. Die für ihn
absolut uninteressante Handtasche will er schnellstmöglich wegwerfen. Zu
seinem Entsetzen ist die Tasche jedoch leer.
In solchen Fällen hat der Täter bzgl. des Behältnisses
häufig keine Eigennutzungsabsicht, so daß die für die
Zueignungsabsicht erforderliche Aneignungskomponente fehlt.
Im vorliegenden Fall hat sich T mangels einer auf die Tasche
bezogenen Zueignungsabsicht lediglich wegen eines versuchten Diebstahls strafbar
gemacht.
[116]
e. Rechtswidrigkeit der Zueignung
aa. Zuletzt muß die Zueignung objektiv
rechtswidrig
sein. Es handelt sich hier (wie bei der Zueignungsabsicht des § 249 und den
Bereicherungsabsichten der §§ 253, 263!) um ein
objektives
Tatbestandsmerkmal, das im Rahmen des subjektiven Tatbestandes zu
prüfen ist. Dieses Erfordernis beruht auf dem Gedanken, daß in den
Fällen der eigenmächtigen Realisierung eines
Übereignungsanspruches der „Sollzustand“ des bürgerlichen
Rechts hergestellt wird, das noch vorhandene Eigentum also nur insoweit verletzt
wird, als der förmliche Weg zur Herstellung dieses Sollzustandes nicht
eingehalten wird
[117]. Dieses
Tatbestandsmerkmal, auf das sich auch der Vorsatz des Täters (mindestens
dolus eventualis) beziehen
muß
[118], ist daher von dem allgemeinen
Verbrechensmerkmal der Rechtswidrigkeit zu unterscheiden.
Es
fehlt an der Rechtswidrigkeit der Zueignung, wenn ein
fälliger und einredefreier Anspruch auf Übereignung der weggenommenen
Sache besteht.
[119]
- Will der Täter
die Sache sich zueignen, dann scheidet eine Rechtswidrigkeit aus, wenn
ihm selbst ein solcher Übereignungsanspruch zusteht.
- Im Falle der
Drittzueignungsabsicht ist es dagegen irrelevant, ob der
Übereignungsanspruch dem Täter (der zur Übertragung des Eigentums
nach dessen Erwerb berechtigt ist) oder dem Dritten, der die Sache ja erlangen
soll, zusteht.[120]
Rechtswidrig ist die (beabsichtigte) Zueignung somit, wenn sie nicht
einem fälligen, einredefreien Übereignungsanspruch entspricht, oder:
wenn sie dem bürgerlichrechtlichen Sollzustand
widerspricht.
[121]
bb. Liegt ein solcher Anspruch bei einer
Stückschuld
vor, dann macht sich der Wegnehmende bezüglich seiner Tathandlung
allenfalls nach §§ 123, 303 strafbar, wenn er z.B. in eine Scheune
oder Garage einsteigt und dabei das Tor beschädigt, nicht jedoch nach
§ 242.
Glaubt der Täter
irrig, daß er (oder im Falle der
Drittzueignungsabsicht auch der Dritte) einen entsprechenden Anspruch hat,
entfällt gemäß § 16 I S. 1 der Tatbestandsvorsatz.
Weiß der Täter dagegen nicht, daß ihm ein fälliger
und einredefreier Anspruch auf Übereignung gerade der weggenommenen Sache
zusteht, so kommt nur ein untauglicher Versuch in Betracht.
cc. Problematisch ist das Tatbestandsmerkmal der Rechtswidrigkeit
der (Dritt-) Zueignung bei
Gattungsschulden. Da das Auswahl- und
Konkretisierungsrecht beim Schuldner liegt (vgl. § 243 BGB), widerspricht
die eigenmächtige Auswahl durch den Gläubiger der Rechtsordnung, ist
also rechtswidrig.
Da es im Rahmen des Diebstahls häufig um
Geldschulden geht, ist
fraglich, ob dort etwas anderes gilt.
- Nach Auffassung der
Rechtsprechung und eines Teils der
Literatur[122] ist
die eigenmächtige Zueignung von Geld objektiv rechtswidrig. Geldschulden
seien Gattungsschulden. Nach der Regelung des bürgerlichen Rechts habe der
Schuldner die ausschließliche Befugnis, seinerseits aus der Gattung die
zur Erfüllung seiner Schuld erforderlichen bestimmten Sachen (hier die
einzelnen Geldscheine) auszuwählen und zu
leisten.[123] Nach
dieser Ansicht handelt also auch subjektiv tatbestandsmäßig i.S.d.
§ 242, wer eigenmächtig Geld entnimmt und dadurch das Auswahlrecht des
Schuldners verletzt.
- Die Gegenansicht in
der
Literatur[124]
hält dem entgegen, daß bei Geldschulden das Auswahlrecht des
Gattungsschuldners keinen Sinn machen würde. Geld sei ein
Wertsummenträger, bei dem man nicht zwischen guten und schlechten
Stücken auswählen könne, wie das gerade der Hintergrund des
§ 243 I BGB („mittlerer Art und Güte“) sei. Daher entfalle
die Rechtswidrigkeit der Zueignung, wenn der Wegnehmende einen fälligen,
einredefreien Anspruch auf die Geldsumme habe (sog.
Wertsummentheorie).[125]
Nach dieser Ansicht handelt also subjektiv nicht
tatbestandsmäßig i.S.d. § 242, wer eigenmächtig Geld
entnimmt, das der Wertsumme des fälligen, einredefrei geschuldeten Geldes
entspricht.
Aber auch die
Rechtsprechung kommt hinsichtlich § 242 (bzw.
§ 249), häufig im Ergebnis zur Straflosigkeit, sei es, daß eine
rechtfertigende mutmaßliche Einwilligung des Schuldners angenommen
wird oder über die Annahme eines
vorsatzausschließenden
Tatbestandsirrtums.
è
Da die „Rechtswidrigkeit der Zueignung“ ein objektives
Tatbestandsmerkmal darstellt, führt die Vorstellung des Täters, ein
Aneignungsrecht oder einen fälligen, einredefreien Anspruch auf gerade die
weggenommene Sache zu haben, zu einem vorsatzausschließenden
Tatbestandsirrtum nach § 16 I S. 1 (Irrtum über die Rechtswidrigkeit
der Zueignung).
Gerade bei Geld als der schlechthin gleichartigen und vertretbaren
Gattungssache werde der nicht rechtskundige Täter keinen Unterschied
machen. Hier glaube er möglicherweise, als Gläubiger einer
Geldforderung jeweils die gerade im Besitz des Schuldners befindlichen
Geldmittel als die ihm unmittelbar und nicht nur vertretungsweise geschuldeten
beanspruchen zu dürfen
[126]
(è
§ 16 I S. 1). Weiß der Täter dagegen, daß er das
Auswahlrecht des anderen verletzt, glaubt dabei dennoch, sich die in Frage
stehenden Sachen nehmen zu dürfen, so kann ihm dieser Irrtum nur als (ein
den Vorsatz nicht ausschließender, indirekter) Verbotsirrtum nach §
17 zugute kommen.
II. Rechtswidrigkeit und III. Schuld
Bezüglich des allgemeinen Verbrechensmerkmals der Rechtswidrigkeit und
der Schuld ergeben sich keine Besonderheiten.
IV. Mittäterschaft und Beihilfe
Da die (Dritt-)Zueignungsabsicht (§§ 242, 249) - wie schon gesagt
- ein über den Vorsatz hinausgehendes besonderes
subjektives
Tatbestandsmerkmal darstellt, gemäß § 25 II aber nur
objektive Tatbeiträge bzw. Tatbestandsmerkmale zugerechnet werden
können, kann
Mittäter eines Diebstahls (oder Raubs) nur sein,
wer
selbst die erforderliche (Dritt-)Zueignungsabsicht
hat.
[127] Für die anderen Absichten, wie
die Bereicherungsabsichten der §§ 253, 263, gilt dasselbe.
Klausurhinweis: Für die Fallbearbeitung ist
daher zu beachten, daß nur wenn sämtliche objektiven und subjektiven
Tatbestandsmerkmale unproblematisch und gleichermaßen bei allen
Mittätern vorliegen, eine gemeinsame Prüfung zulässig ist.
Regelmäßig ist das aber nicht der Fall, so daß dann eine
getrennte Prüfung vorzunehmen ist. Zu beginnen ist dann mit der
Prüfung des Tatnächsten. In einem zweiten Schritt sind die objektiv
verwirklichten Tatbeiträge den Mittätern über § 25 II
zuzurechnen. Die subjektiven Tatbeiträge müssen bei diesen gesondert
geprüft werden.
Zur sukzessiven Mittäterschaft und Beihilfe sowie zur
„Überstiftung“ vgl. die Ausführungen bei
Schmidt/Seidel, BT II, S. 99 ff..
[1] Vgl. BGHSt
10,
400, 401;
29, 319, 323;
Gropp, JuS
1999, 1041;
Hohmann/Sander, BT I, § 1 Rn 1;
Tröndle/Fischer, §
242 Rn 1;
Krey, BT 2, § 1 Rn 11;
Rengier, BT I, § 2 Rn
1.
A.A. Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn 57; Sch-Sch-
Eser,
§ 242 Rn 2.
[2] So nun auch bei den
§§ 248c, 249, 292, 293 sowie § 246
(è
Drittzueignung).
[3] Küper, BT, S.
229.
[4] Hohmann/Sander, BT
I, § 1 Rn 6.
[5] Sch-Sch-
Eser,
§ 242 Rn 10;
Gropp, JuS
1999, 1041, 1042;
Krey, BT 2,
§ 1 Rn 6 m.w.N..
[6] Sch-Sch-
Eser,
§ 242 Rn 9; Lackner-
Kühl, § 242 Rn 2.
[7]
è Wie von
Art. 103 II GG und § 1 StGB gefordert, war ((auch) ab Geltung des §
90a BGB) die Strafbarkeit (durch § 90a BGB i.V.m. dem einschlägigen
Straftatbestand des StGB, z.B. §§ 242, 246, 249, 259, 289, 315b, 315c,
303)
gesetzlich bestimmt. Für eine Verneinung eines Verstoßes
gegen das strafrechtliche Analogieverbot spricht ferner die Tatsache, daß
auch das StGB selbst strafbarkeitsbegründende Verweisungen enthält
(vgl. nur § 263a II
è
Begründung der Versuchsstrafbarkeit über § 263 II, vgl. weitere
Bsp bei
Küper, JZ
1993, 435, 439 Fn 44). Vgl. auch
zustimmend Graul, JuS
2000, 215, 218
(:è Im
Unterschied zu einer zulässigen „gesetzlich angeordneten
Analogie“ liegt eine gem. Art. 103 II GG verbotene strafbegründende
Analogie nur dann vor, wenn es an einer gesetzlichen Regelung fehlt, also eine
Gesetzeslücke vorliegt, die vom Rechtsanwender im Wege
richterlicher Rechtsfortbildung geschlossen wird.);
Krey, BT 2, Rn
1 Fn. 1a;
Küper, JZ
1993, 435, 438 f.;
ders.; Jura
1996, 205, 206 Fn. 3;
Schlüchter, JuS
1993, 14, 19.
[8]
Tröndle/Fischer, § 242 Rn 2;
Graul, JuS
2000,
215, 219;
Rengier, BT I, § 2 Rn 4;
Wessels/Hillenkamp, BT 2
Rn 15;
Otto, BT, Rn 4;
Krey, BT 2, Rn 1 Fn.1a; Küper, JZ
1993, 435, 441;
ders.; Jura
1996, 205, 206 Fn 3;
ders. BT, S. 218.
Vgl. auch BayObLG NJW
1993, 2760,
2761.
[9]
Tröndle/Fischer, § 242 Rn 2.
[10] Vgl. zu der
Begründung der h.M. (Argumentation) sowie insgesamt die ausführliche
und sehr verständliche Darstellung von
Graul, JuS
2000, 215
ff., 218.
[11] Gropp, JuS
1999, 1041, 1042.
[12] Vgl. nur
Rengier, BT I, § 2 Rn 5.
[13] LG Karlsruhe NStZ
1993, 543
(è
Lesenswert ist diese Entscheidung schon wegen der Ausführungen zum
Gewahrsamsbruch durch die Schafe, der dem T zugerechnet wird!).
[14] Wird jemand vom
Erblasser
testamentarisch wirksam zum Alleinerben eingesetzt
(gewillkürte Erbeinsetzung), geht das Eigentum nach §§ 1922, 1942
BGB mit dem Eintritt des Erbfalles auf den eingesetzten Erben über (beachte
zur Wirksamkeit §§ 1937, 2231 Nr.2, 2247 BGB).
[15] Zum Gewahrsam vgl.
sogleich. è
Der Herrschaftswille und der Gewahrsam enden mit der endgültigen Aufgabe
oder mit dem Tod (s.u. S. 10 f.). Allein die Reise der O hätte deren
Gewahrsam aber nicht aufheben können.
[16] Die ebenfalls
verwirklichte versuchte Unterschlagung tritt wegen der in ihr normierten
formellen Subsidiarität zurück.
[17] Vgl.
Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn 70; LK-
Ruß, § 246 Rn
4.
[18] Vgl. BGH NStZ-RR
2000, 234.
[19] Zu beachten ist aber,
daß bereits
rechtmäßig geschossenes Wild vom
Jagdberechtigten angeeignet wurde, so daß dieses wieder ein taugliches
Diebstahls
objekt darstellt. Auch wilde Tiere in
Tiergärten
stehen im Eigentum des Inhabers und sind somit
diebstahlstauglich.
[20] BayObLG JZ
1986, 967.
[21] BayObLG JZ
1986, 967, 968.
[22] Vgl. nur BGHSt
8, 273, 274 f.;
Schroth, BT, S. 117;
Joecks, § 242 Rn
12;
Krey, BT 2, Rn 11.
[23] Rengier, BT I,
§ 2 Rn 12.
[24] Vgl.
Tröndle/Fischer, § 242 Rn 9.
[25] BGHSt
16, 271,
273 ff.;
20, 180, 182.
[26] BGHSt
20, 180,
182 f.;
Rengier, BT I, § 2 Rn 15;
Wessels/Hillenkamp, BT 2,
Rn 93 ff..
[27] Hohmann/Sander,
BT I, § 1 Rn 24.
[28] Zur Abgrenzung von
Sachbetrug und Trickdiebstahl vgl. insbesondere die Ausführungen bei
Schmidt/Seidel, StGB BT II, S. 153 ff..
[29] OLG Düsseldorf
NJW
1988, 1335, 1336.
[30] Krey, BT 2,
§ 1 Rn 22; BGH GA
1969, 25, 26.
[31] BGH NJW
1985,
1911.
[32] Rengier, BT I,
§ 2 Rn 16.
[33] BGHSt
8, 273,
275.
[34] BGHSt
8, 273,
275. Vgl. auch BGH MDR/H
1995, 1091;
Tröndle/Fischer, §
242 Rn 10;
Rengier, BT I, § 2 Rn 18;
Krey, BT 2, Rn
27.
[35] Vgl. nur
Krey,
BT 2, Rn 28;
Rengier, BT I, § 2 Rn 31;
Schroth, BT, S. 117;
Wessels/Hillenkamp, BT 2 Rn 103;
Joecks, § 242 Rn 10.
Für ein Handeln
ohne Willen des Gewahrsamsinhabers
Sch-Sch-
Eser, § 242 Rn 35. Für ein Handeln
gegen den
Willen des Gewahrsamsinhabers z.B.
Ludwig/Lange, JuS
2000, 446,
450 (ç
ausführlich - und kritisch - zu dieser Thematik);
Jescheck/Weigend,
AT, § 34 I 1 b.
[36] Diese Differenzierung
ist nach
Ludwig/Lange, JuS
2000, 446, 450 (die die Definition als
unklar kritisieren). so zu verstehen, daß „gegen“ den Willen
die Fälle erfaßt, in denen ein entgegenstehender Wille
ausdrücklich oder konkludent zu Tage tritt und mit dem Handeln
„ohne“ den Willen des Gewahrsamsinhaber die Konstellationen gemeint
sind, in denen insbesondere deswegen keine dahingehende Äußerung des
Gewahrsamsträgers vorhanden ist, weil er am Tatort des Diebstahls nicht
anwesend ist und somit ein tatsächlich entgegenstehender Wille nicht
gebrochen werden kann.
[37] Vgl. dazu die
grundlegenden Ausführungen bei
Schmidt/Seidel, AT, S. 64
ff..
[38] Vgl. dazu die
grundlegenden Ausführungen bei
Schmidt/Seidel, AT, S. 89 ff..
[39] Krey, BT 2, Rn
31;
Rengier, BT I, § 2 Rn 31.
[40]
Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn 104.
[41] Rengier, BT I,
§ 2 Rn 31.
[42] Vgl. nur BGHSt
16, 271, 274; LG Gera NJW
2000, 159, 160.
[43] BayObLG NJW
1997, 3326.
[44] Vgl. nur OLG
Düsseldorf NJW
2000, 158, 159 m.w.N..
[45] Vgl. nur
Rengier, BT I, § 2 Rn 34;
Krey, BT 2, Rn 32;
Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn 108;
Tröndle/Fischer, § 242
Rn 17. Eine Strafbarkeit nach § 265a kommt nach h.M. nicht in Betracht, da
nach dieser Ansicht nur
Leistungsautomaten (z.B. Spiel-, Musik-,
Fernsprech-, Gewichtsautomaten) nicht aber Warenautomaten unter den
Auffangtatbestand des § 265a fallen. Vgl. auch OLG Celle NJW
1997,
1518 für den Fall, daß derjenige, der einen Geldspielautomaten mit
Falschmünzen bedient, um echte Münzen zu erlangen, einen Diebstahl
begeht. Dies gelte selbst dann, wenn der Automat mit einem elektronischen
Münzprüfer ausgestattet sei.
[46] Nach OLG
Düsseldorf NJW
2000, 158 m. Anm.
Biletzki, NStZ
2000,
424 f., nach dem hinsichtlich § 243 I S. 2 Nr. 2 eine andere Entscheidung
möglich gewesen wäre.
[47] BGH NJW
1983,
2827; Sch-Sch-
Eser, § 242 Rn 36;
Tröndle/Fischer, §
242 Rn 17.
[48] BGH NJW
1983,
2827.
[49] Herzberg, JA
1980, 385; NStZ
1983, 251; NJW
1984, 896;
Wrage, DAR
2000, 232, 233 ff..
[50] Vgl. OLG Koblenz
NStZ-RR
1998, 364; Sch-Sch-
Eser, § 242 Rn 36, § 246 Rn
7; § 263 Rn 63b;
Borchert/Hellmann, NJW
1983, 2799;
Deutscher, JA
1983, 128;
Rengier, BT I, § 5 Rn 6;
Krey, BT 2, Rn 159.
[51] Vgl. zur
Zulässigkeit von Lockspitzeleinsätzen jüngst BGH NJW
2000,
1123 ff..
[52] Krey, BT 2, Rn
35 m.w.N. in Fn. 77a.
[53]
Tröndle/Fischer, § 26 Rn 8 m.w.N..
[54] Rengier, BT I,
§ 2 Rn 33;
Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn 106;
Krey, BT 2, Rn
35 jeweils m.w.N..
[55] Vgl. OLG Celle, JR
1987, 253, 254 mit abl. Anm.
Hillenkamp, JR
1987, 225 ff.;
Otto, Jura
1989, 200, 204;
Lackner/Kühl, §
246 Rn 3;
Tröndle/Fischer, § 242 Rn 17 m.w.N.. Bezüglich
der in § 246 I angeordneten Subsidiarität wäre dann zu fragen, ob
§ 246 I auch gegenüber einem nur versuchten Diebstahl zurücktritt
oder ob er mit diesem real konkuriert: Für Idealkonkurrenz:
Rengier,
BT I, § 2 Rn 12. Vgl. zu der Subsidiaritätsklausel des § 246 auch
unten S. 84 f..
[56] Zur Begründung
der Straflosigkeit des „Anstifters“ in Fällen wie dem
vorliegenden, in dem der „Anstifter“ (wie O) selbst
Eigentümer des Geldscheins ist, wird auch darauf hingewiesen,
daß das Rechtsgut, wenn es um die Strafbarkeit wegen eines
Eigentumsdeliktes geht, zur Begründung einer Strafbarkeit
im
Verhältnis zum Anstifter – dem
Grund der der Bestrafung
des Anstifters konform – geschützt sein muß. Vgl.
Hillenkamp, JR
1987, 254, 256 m.w.N..
[57] Vgl. auch
Hohmann/Sander, BT 2, § 1 Rn 66 m.w.N..
[58] Die Frage, ob neuer
Gewahrsam begründet wird ist vor allem für die Abgrenzung von Versuch
und Vollendung relevant.
[59] Küper, BT,
S. 403 f..
[60] Vgl. nur
Tröndle/Fischer, § 242 Rn 14;
Gropp, JuS
1999,
1041, 1042; BayOLG NJW
1995, 3000 (diese Theorie gilt auch für den
Fall, daß die Ware elektronisch gesichert ist).
[61] apprehendere
(lat.) = ergreifen.
[62] Vgl. nur BGHSt
16, 271, 273;
23, 254, 255;
41, 198, 205.
[63] Vgl. auch
Gropp, JuS
1999, 1041, 1043.
[64] Vgl. nur BGHSt
16, 271, 274; LG Gera NJW
2000, 159, 160;
Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn 113;
Rengier, BT I, § 2 Rn 25.
[65] Rengier BT I,
§ 2 Rn 25.
[66] Sch-Sch-
Cramer,
§ 263 Rn 58.
[67] BGHSt
17, 205,
208 f.; LK-
Lackner, § 263 Rn 106. Nach
Hillenkamp, JuS
1997, 217, 222 entsteht kein selbständiger
Vermögensschaden.
[68] BGHSt
41, 198.
[69] Zur sehr
examensrelevanten Abgrenzung Diebstahl/Betrug vgl. insbesondere die
Ausführungen nebst Beispielen auf S. 153 ff..
[70] Vgl. nur
Hohmann/Sander, BT I, § 1 Rn 51 m.w.N.; BayObLG NJW
1995,
3000, 3001.
[71] Zur ausführlichen
Begründung vgl. auch das Beispiel bei
Schmidt/Seidel, BT II, S. 154
ff..
[72] BayObLG NJW
1997, 3326 f. = StV
1998, 205. Vgl. zu diesem Urteil auch
zustimmend und ausführlich
Martin, JuS
1998, 890, 892 f..
[73] BayObLG a.a.O., S.
3327.
[74] Vgl. die Neufassung
des § 242 I, der nun auch die Drittzueignungsabsicht unter Strafe stellt
(vgl. auch zur Drittzueignung bzw. Drittzueignungsabsicht §§ 246,
248c, 249, 292, 293).
[75] Jäger, JuS
2000, 651.
[76] Vgl. z.B. BGH NStZ-RR
1999, 103; BGHSt
22, 45, 46.
[77] BGHSt
22, 45,
46.
[78] BGHSt
22, 45,
47.
[79] BGH NStZ-RR
1999, 103 m.w.N..
[80]
Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn 144 m.w.N..
[81] BayObLG NJW
1992, 1777, 1778.
[82] Vgl. nur
Rengier, BT I, § 2 Rn 48 m.w.N.: Ab welchem Zeitpunkt, somit ab
welcher Wertminderung die Schwelle von der Gebrauchsanmaßung (§ 248b)
zum Diebstahl überschritten wird, sei eine Wertungsfrage.
[83] BGH NStZ-RR
1998, 235, 236. Vgl. in diesem Sinne auch LG Zweibrücken NStZ-RR
1999, 327 f.. In diesem Fall hatte sich der Täter einer Festnahme
widersetzt, sich vom Polizeibeamten losgerissen und dabei dessen geladene
Dienstwaffe an sich genommen, mit der er den Polizisten bedrohte, um fliehen zu
können. Anschließend ließ er (vor seiner Festnahme) die Waffe
durch seinen Verteidiger an die Polizei zurückgeben. Das LG verneinte hier
die Zueignungsabsicht schon bzgl. der Enteignungskomponente und führte
u.a.aus, daß selbst wenn der Angeklagte sich in der Fluchtsituation keine
Gedanken darüber gemacht haben sollte, was mit der Waffe geschehen werde,
vermöge das bloße Fehlen des Willens, die eigenmächtig in
Gebrauch genommene Sache dem Eigentümer wieder zurückzugeben, nicht
den Schluß des auf dauernde Enteignung gerichteten Vorsatzes zuzulassen.
[84] Die folgenden
Ausführungen gelten für die Drittzueignungsabsicht entsprechend.
[85] BGHSt
35, 152,
157.
[86] Kritisch hierzu
Gropp, JuS
1999, 1041, 1043.
[87] Nach BGHSt
35,
152 ff..
[88] Geht man indes
entgegen der hier vertretenen Ansicht davon aus, daß das
Tatbestandsmerkmal „unterdrücken“ voraussetzt, daß gerade
zum Zeitpunkt des Entziehens oder während der Entziehung der Urkunde als
Beweismittel der Berechtigte von seinem Beweisführungsrecht Gebrauch machen
wollte, dann wäre der objektive Tatbestand abzulehnen. Vgl. dazu die
Ausführungen bei
Schmidt/Seidel, BT I, S. 244.
[89] Vgl. zu § 263a
die Ausführungen bei
Schmidt/Seidel, BT II, S. 190
ff..
[90] Rengier, BT I,
§ 14 Rn 2.
[91]
Tröndle/Fischer, § 263a Rn 7; Lackner-
Kühl, §
263a Rn 9;
Rengier, BT I, § 14 Rn 7; offengelassen von BGHSt
40, 331, 334.
[92] Hilgendorf, JuS
1997, 130, 131; OLG München, JR
1994, 289, 290 f..
[93] BT-Drs. 10/318, S.
20.
[94] Arloth, Jura
1996, 354, 358, der aber selbst einräumt, daß das Merkmal der
Computermanipulation sehr unbestimmt ist.
[95] BGHSt
40, 331,
334 f.; OLG München, JR
1994, 289, 291;
Hilgendorf, JuS
1997, 130, 132;
Mitsch, JZ
1994, 877, 883,
Otto, GK
(1995), S. 247.
[96] BGHSt
38, 120
f.; OLG Köln NJW
1992, 125, 126;
Tröndle/Fischer, §
263a Rn 8;
Rengier, BT I, § 14 Rn 8.
[97] Zur abzulehnenden
computerspezifischen Auslegung vgl. S. 193.
[98] Vgl. BGHSt
38,
120, 121;
Rengier, BT I, § 14 Rn 2.
[99] BGHSt
38, 120,
121;
Rengier, BT I, § 14 Rn 2. Vgl. auch
Krey, BT 2, §
13 Rn 513b.
[100] Vgl.
Krey,
BT 2, § 13 Rn 513b m.w.N..
[101] Vgl.
Wessels, BT 2, 20. Auflage, Rn 154;
Rengier, BT I, 1. Auflage,
§ 2 Rn 55.
[102] BGHSt
4,
236, 238;
17, 87, 88, 92 f.;
40, 8, 18;
41, 187, 194.
[103] So z.B. auch
Jäger, JuS
2000, 651.
Rengier, BT I, § 2 Rn 51
will
zusätzlich noch einen Fall der Drittzueignung(sabsicht)
annehmen.
[104] Vgl. auch
Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn 155: Wer anders entscheide, lasse
Überschneidungen beider Alternativen zu und ersetze Sachzueignung durch
bloße Bereicherung.
[105] Vgl. auch
Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn 153.
[106] Die
Drittzueignungsabsicht war ja gerade nicht erfaßt.
[107] Zu beachten war
hier noch der nach § 247 i.V.m. § 11 I Nr. 1 erforderliche
Strafantrag.
[108] Zu beachten ist,
daß durch das 6. StrRG 1998 auch der § 246 geändert wurde:
Nunmehr ist es nicht erforderlich, daß der Täter die fremde
bewegliche Sache vor der Zueignung in Besitz oder Gewahrsam hatte. Ferner ist
nun auch hier die Drittzueignung tatbestandsmäßig.
[109] Siehe dazu
ausführlich die Erläuterungen in
Schmidt/Seidel, StGB BT, 1.
Auflage 1997, S. 61 f..
[110] Ein
Sichverschaffen setzt voraus, daß der Hehler die Sache zu eigener
tatsächlicher Herrschaft und Verfügungsgewalt vom Vortäter bzw.
Vorbesitzer einvernehmlich (s.o.) dergestalt erwirbt, daß dieser jede
Möglichkeit verliert, auf die Sache einzuwirken.
[111] Vgl. auch
Jäger, JuS
2000, 651, 652.
[112] Zu beachten ist
hier noch der nach § 247 i.V.m. § 11 I Nr. 1 erforderliche
Strafantrag.
[113] Vgl. auch
Mitsch, ZStW 111 (
1999), 65, 68 f.: „ ... womit nicht nur
sein gleichgewichtiger objektiver Tatbeitrag unterbewertet war, sondern auch die
auf gemeinsames Handeln gerichtete Tatverabredung der Tatgenossen nicht
hinreichende Berücksichtigung fand.“
[114] BGHSt
24,
115, 119;
Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn 158 f.;
Rengier, BT I,
§ 2 Rn 59 jeweils m.w.N..
[115] Maiwald, JA
1971, 579, 581;
Gropp, JuS
1999, 1041,
1044.
[116] Vgl. auch BGH NJW
1990, 2569.
[117] Dencker, 6.
StrRG, 1. Teil, Rn 45.
[118] Vgl. zu § 249
z.B. BGH StV
2000, 78 sowie zu § 253 z.B. BGH StV
2000, 79,
80.
[119] Rengier, BT
I, § 2 Rn 64.
[120] Vgl. auch
Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn 187.
[121] Dencker, 6.
StrRG, 1. Teil, Rn 47.
[122] BGHSt
17, 87
ff., zustimmend auch
Tröndle/Fischer, § 242 Rn
21.
[123] BGHSt
17,
87, 88 f..
[124] Rengier, BT
I, § 2 Rn 68;
Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn 189;
Krey, BT 2,
§ 1, Rn 95 m.w.N..
[125] Zu beachten ist
jedoch, daß diese Wertsummentheorie überhaupt nur bei Geldschulden
diskutiert wird. Bei Gattungsschulden allgemein, ist diese Theorie keinesfalls
anwendbar.
[126] BGHSt
17,
87, 91. Vgl. dazu die grundlegenden Ausführungen bei
Schmidt/Seidel,
AT, S. 30 ff..
[127] Rengier, BT
I, § 2 Rn 73.