E. Das Gleichheitsgebot – Art. 3, 6 V, 33 I-III
GG
I. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 I
GG)
1. Allgemeines
Gemäß Art. 3 I GG sind alle Menschen vor dem Gesetz
gleich. Die indikative Fassung dieser Formulierung könnte darauf
schließen lassen, daß sie einen Zustand der (tatsächlichen)
Gleichheit beschreibt. Im Gegensatz dazu steht aber die Erfahrung, daß
sich Menschen voneinander in vielfacher Hinsicht unterscheiden. So können
z.B. nicht alle Menschen auf den gleichen Bestand an Eigentum
zurückgreifen. Selbst wenn man den Wortlaut des Art. 3 I GG daher so
versteht, daß alle Menschen vor dem Gesetz gleich sein sollen, sind
damit noch nicht die Probleme gelöst, was (1) unter Gleichheit „vor
dem Gesetz“ zu verstehen ist, und (2), ob eine strikte Rechtsgleichheit
aller Menschen überhaupt gemeint sein kann.
Zu (1): Gleichheit „vor dem Gesetz“
bedeutet zunächst Rechtsanwendungsleichheit: Bei der Anwendung eines
Gesetzes (durch die Exekutive und Judikative) muß der Gleichheitssatz
beachtet werden. Der Gleichheitssatz verlangt aber auch eine
Rechtsetzungsgleichheit (Gleichheit des Gesetzes): Der Gesetzgeber
muß bei Erlaß von Gesetzen den Gleichheitssatz beachten. Das Gebot
der Rechtsetzungsgleichheit folgt zwar nicht aus dem Wortlaut des Art. 3 I GG,
ergibt sich aber aus Art. 1 III GG, wonach auch der Gesetzgeber an die
Grundrechte gebunden ist.
Zu (2): Gemäß Art. 3 II S. 1 und III S. 1
GG ist es verboten, bestimmte Gegebenheiten zum Grund für Bevorzugungen und
Benachteiligungen zu nehmen. Aus dem Zusammenhang des Art. 3 I GG mit diesen
Vorschriften läßt sich erkennen, daß Art. 3 I GG nicht die
völlige Gleichbehandlung verlangt, also nicht jede Bevorzugung und
Benachteiligung verbietet. Wäre Art. 3 I GG als absoluter Gleichheitssatz
zu verstehen, bedürfte es der Regelungen der Art. 3 II S. 1 und III S. 1 GG
nicht.
Wenn mit der Regelung des Art. 3 I GG eine strikte
Rechtsgleichheit gemeint wäre, stünde sie zudem im Widerspruch zu den
grundgesetzlich garantierten Freiheitsrechten. Denn wenn die Rechtsordnung neben
der Gleichheit auch persönliche Freiheit wie die allgemeine
Handlungsfreiheit, die Berufsfreiheit oder die Eigentumsfreiheit
gewährleistet, liegt hierin zugleich die Anerkennung faktischer
Ungleichheit. Die Gleichheitsverbürgung des Grundgesetzes kann daher nur
so verstanden werden, daß es keine grundlose Differenzierung geben
darf. Damit wird die Parallele zu den Freiheitsrechten deutlich. Auch hier
ist eine Freiheitsverkürzung grundsätzlich möglich. Sie darf nur
nicht grundlos geschehen.
2. Prüfungsaufbau
Unterschiede zwischen den Gleichheits- und Freiheitsrechten bestehen in der
Rechtstechnik: Während bei den Freiheitsrechten nach der Eröffnung des
Schutzbereiches, dem Eingriff in den Schutzbereich und nach der
verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des Eingriffes gefragt wird, gibt es bei
den Gleichheitsrechten keinen Schutzbereich und daher auch keinen Eingriff in
denselben. Hier vollzieht sich die Prüfung in zwei Schritten: Zunächst
ist die Gleich- bzw. Ungleichbehandlung festzustellen und dann die Frage nach
der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung für die Ungleich- bzw.
Gleichbehandlung zu beantworten. Es empfiehlt sich folgendes
Prüfungsschema:
I. Gleich- bzw. Ungleichbehandlung
Anknüpfungspunkt der Grundrechtsprüfung ist die
Frage, ob das Gesetz „wesentlich Gleiches“ ungleich bzw.
„wesentlich Ungleiches“ gleich behandelt. Die Prüfung des
„wesentlich Gleichen“ vollzieht sich regelmäßig in drei
Schritten:
- Zunächst muß festgestellt werden, daß
eine Person, Personengruppe oder Situation in einer bestimmten Weise rechtlich
behandelt wird, etwa daß eine staatliche Leistung vergeben
wird.
- In einem zweiten Schritt ist festzustellen, daß
eine andere Person, Personengruppe oder Situation in einer anderen Weise oder
überhaupt nicht rechtlich behandelt wurde, etwa daß die staatliche
Leistung geringer ausgefallen ist oder gar nicht gewährt wurde.
- Schließlich ist danach zu fragen, ob beide
Personen, Personengruppen oder Situationen unter einen gemeinsamen Oberbegriff,
den Bezugspunkt, zusammengefaßt werden können. Nur wenn dies der Fall
ist, kann von „wesentlich Gleichem“ gesprochen
werden.
Sofern man die Konstruktion der Gleichbehandlung von
„wesentlich Ungleichem“ zuläßt, darf es gerade keinen
Bezugspunkt geben.
II. Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen bzw.
Gleichbehandlungen
- Kompetenz- und verfahrensgemäßes Zustandekommen
des Gesetzes
- Erfüllung der allgemeinen Anforderungen an das Bestehen
eines sachlichen Grundes für die
Ungleichbehandlung
- Bei Ungleichbehandlungen
geringer Intensität beschränkt sich die gerichtliche
Rechtfertigungsprüfung auf eine Evidenzkontrolle. Das Gericht akzeptiert
eine Ungleichbehandlung schon dann als willkürfrei und verfassungsrechtlich
gerechtfertigt, wenn sich nur irgendein sachlicher Grund zu ihren Gunsten
anführen läßt. Hier hat der Gesetzgeber also eine weite
Gestaltungsfreiheit.
- Bei Ungleichbehandlungen
größerer Intensität verlangt das Gericht eine
Verhältnismäßigkeitsprüfung und nimmt eine durch einen
sachlichen Grund gerechtfertigte Ungleichbehandlung erst dann an,
wenn
- die
Ungleichbehandlung einen legitimen Zweck verfolgt
- sie zur
Erreichung dieses Zwecks geeignet und erforderlich ist
- und in
angemessenem Verhältnis zum Wert des Zwecks
steht.
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3. Gleich- bzw.
Ungleichbehandlung
a. Ungleichbehandlung von „wesentlich Gleichem“
Verfassungsrechtlich relevant und rechtfertigungsbedürftig ist
zunächst die Ungleichbehandlung von „wesentlich
Gleichem“ [1]. Zu beachten ist aber,
daß die Ungleichbehandlung von demselben Träger der Hoheitsgewalt
ausgehen muß. Wenn also die Bürger des Bundeslandes X bezüglich
einer landesgesetzlichen Regelung anderes behandelt werden als die Bürger
des Bundeslandes Y, so stellt diese unterschiedliche Behandlung keinen
Verstoß gegen den Gleichheitssatz dar. Es fehlt die Gleichheit, die
Anknüpfungspunkt einer Ungleichbehandlung sein könnte: Die Bürger
des Landes X sind nicht mit den Bürgern des Landes Y vergleichbar.
Entsprechendes gilt für die Gemeinden, Hochschulen etc.. Der
Hoheitsträger muß den Gleichheitssatz nur in seinem Hoheitsbereich
beachten. [2]
Beispiel: Der im Gemeindegebiet A ansässige
Softwarehersteller C bekommt von der Gemeindeverwaltung einen einmaligen
Zuschuß i.H.v. 500.000.- DM zugesagt. D, ebenfalls ein Softwarehersteller,
ist im Gebiet der Nachbargemeinde B ansässig. Auch er beantragt bei seiner
Gemeindeverwaltung einen solchen Zuschuß. Der Antrag wird abgelehnt. D
fühlt sich durch den Ablehnungsbescheid in seinem Grundrecht aus Art. 3 I
GG verletzt. Zu Recht?
Fraglich ist, ob D im Vergleich zu C ungleich behandelt
worden ist. Dazu müßte er zunächst „gleich“ i.S.d.
Art. 3 I GG sein. Der Gleichheitsanspruch besteht aber nur gegenüber dem
nach der Kompetenzordnung konkret zuständigen Träger öffentlicher
Gewalt. Die Gemeinde B ist daher nur verpflichtet, in ihrem Bereich den
Gleichheitssatz zu wahren. Da A nicht im Hoheitsgebiet der Gemeinde B
ansässig sind, und auch von dieser keinen Zuschuß zugesagt bekommen
hat, ist Art. 3 I GG vorliegend nicht verletzt.
Ungeachtet der Problematik um den denselben Hoheitsträger ist die
Bestimmung des „wesentlich Gleichen“ mitunter schwierig. Denn kein
Mensch gleicht dem anderen und keine Situation gleich genau einer anderen. Eine
Vergleichbarkeit ist aber erforderlich. Daher spricht das
Bundesverfassungsgericht nicht von „absolut Gleichem“,
sondern nur von „wesentlich Gleichem“.
Wesentliche Gleichheit bedeutet, daß Personen, Personengruppen
oder Situationen aufgrund eines Bezugspunktes (tertium comparationis)
vergleichbar sind.
Der Bezugspunkt ist der gemeinsame Oberbegriff (genus
proximum), der einen Vergleich zuläßt. Gehören die zu
vergleichenden Personen, Personengruppen oder Situationen demselben Bezugspunkt
an, ist eine Vergleichbarkeit gegeben.
Beispiele:
- Die Gemeinde als Trägerin der Sozialhilfe
gewährt in ihrem Zuständigkeitsbereich allen
Sozialhilfeempfängern laufender Geldleistungen nach dem BSHG eine einmalige
Weihnachtsbeihilfe, sofern die Empfänger die Sozialhilfe überwiegend
in Geldleistungen erhalten. Der Obdachlose Z, der Sozialhilfeleistungen
überwiegend in Sachleistungen erhält, fühlt sich durch die
Regelung ungerecht behandelt. Zu Recht?
Der
Gleichheitssatz des Art. 3 I GG ist verletzt, wenn durch die unterschiedliche
Regelung „wesentlich Gleiches“ willkürlich bzw.
unverhältnismäßig ungleich behandelt worden ist. Dazu
müßten Sozialhilfeempfänger von Geldleistungen und
Sozialhilfeempfänger von Sachleistungen zunächst vergleichbar sein. Da
ein Mensch dem anderen niemals absolut gleicht, ist nach einem Bezugspunkt zu
suchen, der eine Vergleichbarkeit zuläßt. Vorliegend ist den
Empfängern von Geldleistungen und den Empfängern von Sachleistungen
gemeinsam, daß sie Sozialhilfe empfangen. Es besteht somit ein
Bezugspunkt. Empfänger von Geldleistungen und Empfänger von
Sachleistungen sind also „wesentlich vergleichbar“.
- In verschiedenen sozialversicherungsrechtlichen
Vorschriften ist vorgesehen, daß von einmal gezahltem Arbeitsentgelt (z.B.
Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten
sind. Andererseits bleibt das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt bei der
Berechnung der sog. kurzzeitigen Lohnersatzleistungen (z.B. Arbeitslosengeld,
Krankengeld) diesen Vorschriften zufolge unberücksichtigt, obwohl sich die
Leistungshöhe grundsätzlich nach der Höhe des beitragspflichtigen
Arbeitsentgeltes richtet. X ist aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung
arbeitslos geworden und bezieht nun Arbeitslosengeld. Dabei bemängelt er,
daß bei der Berechnung seines Arbeitslosengeldes unberücksichtigt
gelassen worden sei, daß er in den letzten Beschäftigungsjahren
jeweils Einmalzahlungen erhalten habe. Die Behörde rechtfertigt die
unterschiedliche Behandlung mit der Gewährung eines zusätzlichen
Krankengeldes nach § 47a SGB V.
Hier
ist X grundsätzlich wie jeder andere Arbeitslose Empfänger von
Arbeitslosengeld. X ist also mit anderen Empfängern von Arbeitslosengeld
„wesentlich vergleichbar“, auch wenn diese keine Einmalzahlungen
erhalten haben.
Klausurhinweis: In der Fallbearbeitung vollzieht sich
die Prüfung des „wesentlich Gleichen“ in drei
Schritten:
- Zunächst muß festgestellt werden, daß
eine Person, Personengruppe oder Situation in einer bestimmten Weise rechtlich
behandelt wird, indem etwa eine staatliche Leistung vergeben
wird.
- In einem zweiten Schritt ist festzustellen, daß
eine andere Person, Personengruppe oder Situation in einer anderen Weise oder
überhaupt nicht rechtlich behandelt wurde, etwa daß die staatliche
Leistung geringer ausgefallen ist oder gar nicht gewährt
wurde.
- Schließlich ist danach zu fragen, ob beide
Personen, Personengruppen oder Situationen unter einen gemeinsamen Oberbegriff,
den Bezugspunkt, zusammengefaßt werden können. Nur wenn dies der Fall
ist, kann von „wesentlich Gleichem“ gesprochen
werden.
b. Gleichbehandlung von „wesentlich Ungleichem“
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verbietet der
Gleichheitssatz nicht nur „wesentlich Gleiches“ willkürlich,
d.h. ohne sachlichen Grund ungleich, sondern auch „wesentlich
Ungleiches“ willkürlich gleich zu
behandeln. [3] Folgt man dieser Auffassung, so ist
die Bildung eines gemeinsamen Oberbegriffs unmöglich. Es müßte
dann danach gefragt werden, ob es gerade keinen Bezugspunkt gibt. Gibt es einen
Bezugspunkt nicht, so kann von „wesentlich Ungleichem“ ausgegangen
werden. Findet dann ohne sachlich gerechtfertigten Grund eine Gleichbehandlung
statt, ist der Gleichheitssatz verletzt.
4. Rechtfertigung von Ungleich- bzw.
Gleichbehandlungen
a. Formel des Bundesverfassungsgerichts vom Willkürverbot
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt ein
Verstoß gegen Art. 3 I GG zum einen vor, wenn entweder wesentlich Gleiches
willkürlich ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich
behandelt wird. [4] „Willkürlich“
ist eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. eine Gleichbehandlung
von wesentlich Ungleichem dann, „wenn sich für sie ... keine
vernünftigen Erwägungen bzw. sachlichen Gründe finden lassen, die
sich aus der Natur der Sache ergeben oder sonstwie einleuchtend
sind“ [5]. Willkürliche
Differenzierungen können nicht nur von der Exekutive ausgehen, sondern auch
von der Legislative und der Judikative. So handelt die Legislative
willkürlich, wenn sich für die gesetzliche Regelung kein sachlicher
Grund finden läßt. [6] Die Judikative
handelt willkürlich, wenn das Urteil unter keinen denkbaren rechtlichen
Aspekten vertretbar ist. [7]
b. Sogenannte „Neue Formel“
Die oben dargestellte Formel vom Willkürverbot ist vielfach zu eng, da
schon begrifflich zum Ausdruck kommt, daß nur in Extremfällen die
Wertungen des Gesetzgebers (bzw. die Entscheidungen der ausführenden
Gewalt) korrigiert werden können. Daher hat das Bundesverfassungsgericht
einen weiteren Ansatz entwickelt, die sog. „Neue Formel“.
Nach der „ Neuen Formel“ ist das Gleichheitsgebot
verletzt, „wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen
Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine
Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die
ungleiche Behandlung rechtfertigen
könnten“ [8].
Während also nach der Willkürformel alle nicht-willkürlichen
Erwägungen eine Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermögen, fordert
die „Neue Formel“ ausdrücklich eine Abwägung im Sinne
einer Verhältnismäßigkeitsprüfung. Dies führt in der
Praxis zu einer höheren Kontrolldichte und einem eingeschränkten
gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum. Dabei unterscheidet das
Bundesverfassungsgericht wie folgt:
- Bei Ungleichbehandlungen geringer
Intensität beschränkt sich die gerichtliche
Rechtfertigungsprüfung auf eine Evidenzkontrolle. Das Gericht akzeptiert
eine Ungleichbehandlung schon dann als verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn
sich nur irgendein sachlicher Grund zu ihren Gunsten anführen
läßt,[9] mit anderen Worten also keine
Willkür stattgefunden hat. Hier hat der Gesetzgeber eine gewisse
Gestaltungsfreiheit.[10]
- Bei Ungleichbehandlungen größerer
Intensität verlangt das Gericht eine
Verhältnismäßigkeitsprüfung und nimmt eine durch einen
sachlichen Grund gerechtfertigte Ungleichbehandlung erst dann an,
wenn
- die
Ungleichbehandlung einen legitimen Zweck verfolgt
- sie zur
Erreichung dieses Zwecks geeignet und erforderlich ist
- und in
angemessenem Verhältnis zum Wert des Zwecks
steht.[11]
Zu den obigen Beispielen:
- Um eine Verletzung des Art. 3 I GG anzunehmen,
müßte Z im Vergleich zu den Sozialhilfeempfängern, die
Sozialhilfe überwiegend in Geldleistungen erhalten, ohne sachlichen Grund
anders behandelt worden sein. Ein die Differenzierung rechtfertigender Grund
könnte darin liegen, daß bei Z die mit dem Weihnachtsfest
typischerweise verbunden Mehrkosten (Weihnachtsbaum etc.) nicht anfallen.
Allerdings ist die Ermöglichung solcher Mehraufwendungen wohl nur Ausdruck
der Regelung, nicht deren Zweck. Zweck der Regelung ist vielmehr, den
Sozialhilfeempfängern eine zusätzliche Gratifikation zur
Weihnachtszeit zu gewähren. Auch Z kann sich zu Weihnachten etwas
Besonderes leisten. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung besteht
also nicht. Die Regelung verstößt damit gegen Art. 3 I
GG.
- Versicherte, die im Hinblick auf Einmalzahlungen ganz
oder zum Teil der Beitragspflicht unterliegen, hinsichtlich kurzfristiger
Lohnersatzleistungen aus diesem Entgelt aber keine Leistungen erhalten, werden
gegenüber Versicherten, die lediglich aus laufendem Arbeitsentgelt
Beiträge zahlen, damit voll in den Genuß entsprechender Leistungen
gelangen, um so stärker benachteiligt, je höher der Anteil ihrer
beitragspflichtigen Einmalzahlungen am beitragspflichtigen Gesamtarbeitsentgelt
ist. Daran ändert sich auch nichts durch die Gewährung eines
zusätzlichen Krankengeldes nach § 47a SGB V. Ein sachlicher Grund
für diese Ungleichbehandlung läßt sich nicht feststellen. Auch
diese Regelung verstößt damit gegen Art. 3 I
GG.[12]
Klausurhinweis: Letztlich bedeutet die „Neue
Formel“ eine gleichheitssatzspezifische Prüfung der
Verhältnismäßigkeit, wie sie aus der Prüfung von
Freiheitsrechten bekannt ist. Vgl. dazu ausführlich Schmidt/Seidel,
Grundrechte, 2. Aufl. 2001, S. 69. In der Fallbearbeitung sollte daher so
vorgegangen werden, daß bei der Frage nach dem sachlichen Grund für
die Ungleichbehandlung zunächst (gedanklich) geklärt wird, ob eine
Ungleichbehandlung geringer oder größerer Intensität vorliegt.
Bei einer Ungleichbehandlung geringer Intensität sollte, der Rechtsprechung
des BVerfG folgend, bereits eine auf eine Evidenzkontrolle beschränkte
Willkürprüfung genügen. Nur bei einer Ungleichbehandlung von
größerer Intensität ist eine Prüfung der
verfassungsrechtlichen Rechtfertigung vorzunehmen, die sich an dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit orientiert.
Da eine willkürliche Handlung in der Regel auch
unverhältnismäßig ist, wird sich das Ergebnis der
Verhältnismäßigkeitsprüfung i.d.R. nicht von dem Ergebnis
der Willkürprüfung unterscheiden.
II. Spezielle
Gleichheitsrechte
1. Gleichberechtigung von Mann und Frau (Art. 3 II, III S. 1 Alt. 1
GG)
a. Grundsatz der Unzulässigkeit von Differenzierungen
aa. Art. 3 II GG enthält ein grundsätzliches
Differenzierungsverbot. Ungleichbehandlungen, die mit dem Geschlecht des
Betroffenen begründet werden, sind grundsätzlich
unzulässig. [13] Gleiches statuiert Art. 3
III S. 1 Alt. 1 GG. Verbote von an das Geschlecht anknüpfende
Diskriminierungen erfahren also doppelten Schutz. Art. 3 II GG enthält
darüber hinaus einen Auftrag (im Sinne einer Staatszielbestimmung) an den
Staat, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und
Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile
hinzuwirken. Dies stellt der mit der Verfassungsänderung vom 27.10.1994 in
Art. 3 II GG eingefügte S. 2 klar. [14]
bb. Ungleichbehandlungen können direkter, aber auch
indirekter Natur sein. Setzt eine Maßnahme ausdrücklich an das
Geschlecht als Diffenzierungskriterium an, liegt eine direkte
Ungleichbehandlung vor. Dagegen wird unter indirekter
Ungleichbehandlung ein „Sachverhalt verstanden, bei dem eine Regelung
äußerlich zwar an ein geschlechtsneutrales Merkmal anknüpft,
sich faktisch aber zum Nachteil eines Geschlechts auswirkt, weil das Merkmal
ganz überwiegend von Angehörigen dieses Geschlechts verwirklicht
wird“ [15]. Häufigster Fall der
indirekten Ungleichbehandlung ist die Teilzeitarbeit.
Beispiel: A beschäftigt in seinem
Reinigungsbetrieb 4 Vollzeitkräfte und 4 Teilzeitkräfte auf
Stundenlohnbasis. Dabei liegt der Stundenlohn der Vollzeitkräfte um ein
Drittel höher als bei den Teilzeitkräften. Wenn man davon ausgeht,
daß Teilzeitarbeit ganz überwiegend von Frauen ausgeübt wird,
und auch vorliegend die 4 Teilzeitkräfte weiblich sind, besteht eine
mittelbare Diskriminierung. Etwas anderes würde nur dann geltend, wenn ein
zwingender Grund für die unterschiedliche Behandlung vorliegt. Davon ist
vorliegend jedoch nicht auszugehen.
b. Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen
Zwar läßt der Gleichbehandlungsgrundsatz grundsätzlich
keinerlei Ausnahmen zu. Das Bundesverfassungsgericht läßt jedoch
Differenzierungen nach dem Geschlecht ausnahmsweise zu,
- wenn im Hinblick auf
die objektiven biologischen Unterschiede nach der Natur des jeweiligen
Lebensverhältnisses eine besondere Regelung erlaubt oder sogar geboten
ist[16],
oder
- wenn sie zur
Lösung von Problemen, die ihrer Natur nach entweder nur bei Männern
oder nur bei Frauen auftreten können, zwingend erforderlich
sind.[17]
Dagegen sind Differenzierungen, die auf funktionale Unterschiede
beruhen („die Frau gehört ins Haus“, vgl. § 1360 S. 2 BGB
a.F.), nunmehr unzulässig. [18] Das gilt
auch für die Einstellung in den öffentlichen Dienst.
Beispiel: Es existiert eine Regelung, wonach
weiblichen Bewerbern mit gleicher Qualifikation wie männliche Mitbewerber
bei der Bewerbung um einen Posten in einer Abteilung, bei der im jeweiligen
Anstellungs- oder Beförderungsamt weniger Frauen als Männer
beschäftigt sind, bei einer Einstellung oder Beförderung automatisch
der Vorzug eingeräumt wird.
Gem. Art. 2 der Richtlinie 76/207/EWG ist eine derartige
geschlechtsbezogene Diskriminierung grundsätzlich
unzulässig.[19]
Daran ändert auch die neue Staatszielbestimmung des Art. 3 II S. 2 GG
nichts, wonach der Staat die tatsächliche Durchsetzung der
Gleichberechtigung von Frauen und Männern fördert und auf die
Beseitigung bestehender Nachteile
hinwirkt.[20] Allerdings
ist nach einem neueren Judikat des EuGH die sog. Öffnungsklausel (vgl. z.B.
§ 25 V S. 2 LBG NRW) zu beachten, nach der Frauen nicht vorrangig
befördert (ergänze: ernannt) werden müssen, sofern in der Person
des männlichen Bewerbers liegende Gründe
überwiegen.[21] Der
EuGH hob hervor, daß solche Öffnungsklauseln zum Abbau der
tatsächlichen Ungleichstellung betragen könnten. Zulässig seien
sie dann, wenn im Einzelfall garantiert sei, daß eine
„objektive“ Beurteilung folge, alle in Betracht kommenden Kriterien
gewürdigt würden und eben der Frauen-Vorrang entfalle, sobald solche
Kriterien zugunsten des Mannes „überwögen“. Diesen
Kriterien dürfe aber nicht ihrerseits diskriminierende Wirkung
zukommen.
Auch Differenzierungen hinsichtlich des Dienstes von Frauen in den
Streitkräften sind seit dem Urteil des
EuGH [22] nicht mehr zulässig. Die
Richtlinie 76/207/EWG stehe der Anwendung nationaler Bestimmungen entgegen, die,
wie die des zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden deutschen Rechts, Frauen
allgemein vom Dienst an der Waffe ausschließen und ihnen nur den Zugang
zum Sanitäts- und Militärmusikdienst erlauben (vgl. Art. 12 a I und IV
S. 2 GG a.F.).
Sachverhalt zum Urteil des EuGH: K ist im
Sanitätsdienst der Bundeswehr tätig. Als sie sich für die
Übernahme in den allgemeinen militärischen Truppendienst bewirbt,
versagt ihr die zuständige Stelle die Übernahme mit dem Verweis auf
die bestehende Rechtslage (vgl. Art. 12a IV S. 2 GG, § 1 II SoldatenG und
§ 3a Soldatenlaufbahnverordnung, jeweils a.F.), wonach Frauen in der
Bundeswehr lediglich zum Sanitäts- und Musikdienst herangezogen werden
dürfen. Nach erfolglosem Widerspruch klagt K vor dem Verwaltungsgericht
(VG). Das VG hat Bedenken an der Vereinbarkeit der Regelung mit der Richtlinie
76/207/EWG und legt gem. Art. 234 EGV dem EuGH eine Frage nach der Auslegung der
Richtlinie vor. Das VG möchte die Frage geklärt wissen, ob die
Richtlinie der Anwendung nationaler Bestimmungen entgegensteht, die, wie die des
deutschen Rechts, Frauen vom Dienst an der Waffe ausschließen und ihnen
nur den Zugang zum Sanitäts- und Musikdienst erlauben.
Lösungsgesichtspunkte:
1. Kompetenz der Gemeinschaft zur Regelung der
Frage
Zunächst müßte die Gemeinschaft zur Regelung
der Frage nach dem Zugang zum allgemeinen Militärdienst zuständig
sein. Es gilt das Prinzip der enumerativen Ermächtigung. Die Organe der
Gemeinschaft dürfen nur insoweit tätig werden, als ihnen das durch die
übertragenen Kompetenzen eingeräumt wurde (vgl. Art. 5 EGV). Dies ist
für den Bereich der Verteidigung nicht der Fall. Kompetenzen bezüglich
der Organisation und Zusammensetzung der Streitkräfte verbleiben bei den
Mitgliedstaaten. Vorliegend sind allerdings auch Aspekte der Sozialpolitik
betroffen, wofür der Gemeinschaft die Handlungsermächtigung gem. Art.
141 III EGV zusteht. Zudem gebietet das effet utile Prinzip (vgl. Art. 10 EGV)
die einheitliche und umfassende Anwendung auch der Richtlinie 76/207/EWG, selbst
wenn es um Bereiche der inneren und äußeren Sicherheit geht.
Schließlich ist seit langem anerkannt, daß die Richtlinie 76/207/EWG
auch auf öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse anwendbar
ist.[23] Eine Anwendung
der Richtlinie auf den Dienst in den Streitkräften würde demnach nur
dann nicht in Betracht kommen, wenn anderenfalls die Handlungsfähigkeit und
die Einsatzbereitschaft der Armee beeinträchtigt würde. Das ist jedoch
nicht der Fall.[24]
2. Ausnahmebestimmung des Art. 2 II der Richtlinie
76/207/EWG
Die Gleichbehandlungsrichtlinie steht gem. ihrem Art. 2 II
nicht der Befugnis der Mitgliedstaaten entgegen, solche beruflichen
Tätigkeiten und ggf. die dazu jeweils erforderliche Ausbildung, für
die das Geschlecht aufgrund ihrer Art oder der Bedingungen ihrer Ausübung
eine unabdingbare Voraussetzung darstellt, von ihrem Anwendungsbereich
auszuschließen. Ob es eine unabdingbare Voraussetzung für die
Handlungsfähigkeit und die Einsatzbereitschaft der Armee ist, daß nur
Männer im Truppendienst tätig sein können, ist zu bezweifeln. Mag
dies für spezielle Kampfeinheiten
gelten[25], so ist es
keine unabdingbare Voraussetzung, daß allgemein nur Männer den
Dienst an der Waffe verrichten können.
3. Unverhältnismäßigkeit der bisherigen
Ungleichbehandlung
Die Anwendbarkeit der Richtlinie auf den vorliegenden Fall
bedeutet noch nicht, daß die bisherige Regelung generell mit
Gemeinschaftsrecht unvereinbar ist. Vielmehr gilt auch für das
Gemeinschaftsrecht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die
Ungleichbehandlung von Männern und Frauen ist also dann gerechtfertigt,
wenn sie weder willkürlich erfolgt noch unverhältnismäßig
ist. Allerdings besitzen die Mitgliedstaaten bei der Beurteilung einen weiten
Spielraum, der nur dann überschritten ist, wenn das Ergebnis der
Abwägung auf einer unvertretbaren Würdigung beruht oder aber
überhaupt keine Abwägung stattfindet. In der Bundesrepublik
Deutschland waren Frauen vollständig vom Dienst an der Waffe ausgenommen.
Es fand somit überhaupt keine Abwägung zwischen den Belangen der sich
für den allgemeinen militärischen Dienst interessierenden Frauen und
der Handlungsfähigkeit und der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr statt.
4. Ergebnis
Die Richtlinie 76/207/EWG steht dem generellen
Ausschluß der Frauen vom Dienst an der Waffe entgegen. Das VG wird das
Urteil des EuGH in seiner Entscheidungsfindung berücksichtigen und der
Klage der K stattgeben.[26]
Der Gesetzgeber hat inzwischen auf die Entscheidung des EuGH reagiert und
mit der neuen Formulierung in Art. 12a GG („Sie dürfen auf keinen
Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden“) klargestellt,
daß Frauen in der Bundeswehr freiwillig Dienst an der Waffe leisten
dürfen. [27]
2. Diskriminierungsverbote des Art. 3 III
GG
a. Benachteiligung bzw. Bevorzugung
Gemäß Art. 3 III S. 1 GG darf niemand wegen seines Geschlechts,
seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens,
seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder
bevorzugt werden.
- Abstammung
meint die natürliche biologische Beziehung eines Menschen zu seinen
Vorfahren.[28]
- Das Merkmal der
Rasse bezieht sich auf Gruppen mit bestimmten biologisch vererbbaren
Eigenschaften.[29]
- Mit
Heimat ist die örtliche Herkunft
gemeint.[30]
- Der Begriff
Herkunft meint die „ständisch-soziale Abstammung und
Verwurzelung“[31].
- Das Merkmal der
Sprache schützt Gruppen vor Diskriminierungen aufgrund ihrer
Muttersprache.[32]
- Glaube
und religiöse Anschauung bezeichnen die Schutzgüter des Art. 4
I GG.
- Politische
Anschauungen bezeichnen Grundeinstellungen zu Fragen des (staatlichen)
Gemeinwesens.
Eine Beeinträchtigung des Grundrechts liegt vor, wenn
betroffene Personen anhand der o.g. Kriterien ungleich behandelt werden. Das
kann zunächst dadurch geschehen, daß eine Maßnahme
ausdrücklich auf ein solches Kriterium abhebt (direkte Ungleichbehandlung).
Unklar ist, ob auch Maßnahmen, die nur indirekt eine Ungleichbehandlung
der o.g. Personengruppe mit sich bringen (sog. indirekte Ungleichbehandlung)
eine Beeinträchtigung des Grundrechts zur Folge haben. In Anlehnung des zur
Ungleichbehandlung von Männern und Frauen Gesagten, wird man generell
für den gesamten Art. 3 III GG ein Verbot indirekter Ungleichbehandlung
fordern
müssen. [33]
b. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
Wie gesagt, gelten die Diskriminierungsverbote des Art. 3 III GG nicht
absolut. Differenzierungskriterien sind zulässig, wenn sie zur Lösung
von Problemen notwendig sind, die ihrer Natur nach nur bei Personen der
einen Gruppe auftreten können.
3. Gleicher Zugang zu öffentlichen Ämtern (Art. 33 II GG)
Die Entscheidung über die Einstellung in ein öffentliches Amt
erfolgt regelmäßig als Auswahlentscheidung zwischen mehreren
Bewerbern. Bei dieser Auswahlentscheidung sind die Vorgaben des Art. 33 II, III
GG (Leistungsprinzip) zu beachten. Dieses Leistungsprinzip hat über den
Zugang zum und das Fortkommen im öffentlichen Dienst zu entscheiden, ist
also auswahlbestimmend. Die Auswahlentscheidung ist strikt nach dem Wortlaut des
Art. 33 II GG (wiederholt in § 8 BBG, § 7 BRRG) an der Eignung,
Befähigung und der fachlichen Leistung der Bewerber
auszurichten.
Unter Eignung versteht man die persönliche,
intellektuelle und charakterliche Eigenschaft, unter Befähigung das
fachliche Wissen und das berufliche Können. Die fachliche Leistung
kennzeichnet die bisherige Arbeitsleistung in praktischer
Tätigkeit.
Weiterhin ist die Auswahl ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung,
Rasse, Glauben, religiöse oder politische Anschauungen, Herkunft oder
Beziehungen vorzunehmen (Art. 33 III GG, § 8 I S. 2 BBG, § 7 BRRG).
Das Geschlecht ist also grundsätzlich kein
zulässiges
Auswahlkriterium.[34] Es
darf auch nicht hilfsweise herangezogen werden, etwa bei der Frage, ob eine
Bewerberin bei gleicher Leistung einem Bewerber bevorzugt werden darf. Denn
wegen Art. 3 III GG und Art. 2 der Richtlinie 76/207/EWG darf das Geschlecht
nicht berücksichtigt
werden.[35] Siehe dazu
ausführlich Schmidt/Seidel, Grundrechte, 2. Auflage 2001, S. 130 f..
Etwas anderes gilt im Hinblick auf eine
Schwerbehinderung. Das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 I GG legitimiert
grundsätzlich die vorrangige Auswahl eines Schwerbehinderten bei gleicher
Leistung.[36]
Verboten ist aber weiterhin die Bevorzugung einzelner
Personen aus sachwidrigen Gründen. So ist die vorrangige Auswahl eines
Bewerbers oder dessen Ablehnung aufgrund politischer, landsmannschaftlicher oder
religiöser Verbundenheit unzulässig. Auch ein Proporz ist
unzulässig.
Die der Auswahlentscheidung zugrundeliegenden Kriterien Eignung,
Befähigung und fachliche Leistung sind unbestimmte
Rechtsbegriffe, denen eine Beurteilungsermächtigung für die
entscheidende Behörde innewohnt. [37] Bei
diesem Beurteilungsspielraum beschränkt sich die gerichtliche
Überprüfung auf die Frage, ob die Behörde von einem zutreffenden
Sachverhalt ausgegangen ist, ob sie allgemein gültige Wert- und
Beurteilungsmaßstäbe beachtet hat oder ob sie sachwidrige
Erwägungen hat einfließen
lassen. [38] Wegen der Relativität der drei
Kriterien ist dem Entscheidungsträger auch zuzubilligen, im Rahmen
sachgerechter Beurteilung eine Gewichtung zwischen den einzelnen Kriterien
vorzunehmen. In diesem Fall beschränkt sich eine Nachprüfung auf eine
Plausibilitätskontrolle.
[1] St. Rspr., vgl. nur
BVerfGE 49, 148, 165 (Revisionsrecht).
[2] BVerfG NVwZ 1998,
52, 53 (Kommunales Wahlrecht für Unionsbürger); BVerfGE 21, 54,
68 (Lohnsummensteuer).
[3] BVerfGE 49, 148,
165 (Revisionsrecht); 98, 365, 385 (Betriebliche Altersrenten). Auch der
BGH (BGHZ 112, 163, 173) hat sich dieser Auffassung
angeschlossen.
[4] So die einhergebrachte
Formel des BVerfG, vgl. aus der jüngeren Judikatur etwa BVerfGE 78,
104, 121 (Prozeßkostenhilfe).
[5] BVerfGE 10, 234,
246 (Platow-Amnestie); BVerfG NJW 2000, 2264, 2266 (Verfassungswidrigkeit
der sozialversicherungsrechtlichen Regelungen über
Einmalzahlungen).
[6] Vgl. BVerfGE 91,
118, 123 (Bezirksrevisor); BVerfG NJW 2000, 2264, 2266
(Verfassungswidrigkeit der sozialversicherungsrechtlichen Regelungen über
Einmalzahlungen).
[7] Vgl. BVerfGE 86,
59, 63 (Zweckentfremdungsverbot im Mietrecht).
[8] BVerfGE 55, 72, 88
(Neue Formel).
[9] BVerfGE 91, 118,
123 (Bezirksrevisor); BVerfG NJW 2000, 2264, 2266 (Verfassungswidrigkeit
der sozialversicherungsrechtlichen Regelungen über
Einmalzahlungen).
[10] BVerfGE 80,
109, 118 (Nichtermittlung eines Fahrzeugführers).
[11] Vgl. BVerfGE
98, 1, 12 (Rentenanwartschaft von Beamten); 91, 389, 401
(Gewährung von Ausbildungsförderungen nach dem BAföG); 87,
234, 255 (Arbeitslosenhilfe); 88, 87, 97 (Transsexuelle). Vgl. auch BAGE
64, 315, 320.
[12] Vgl. BVerfG NJW
2000, 2264, 2266 f. mit Bespr. von Ruland, JuS 2000,
1131.
[13] Vgl. dazu auch
jüngst EuGH NJW 2000, 2653, 2656 (Europarechtswidrigkeit
automatischer Frauenbevorzugung) und EuGH NJW 2000, 1549
(Europarechtskonformität des Hessischen
GleichberechtigungsG).
[14] Vgl. dazu BVerfGE
85, 191, 207 (Arbeitszeitordnung); 92, 91, 109
(Feuerwehrabgabe).
[15] BVerfGE 97, 35,
43 (Teilzeitbeschäftigte); BAGE 80, 173, 181; 83, 327, 336;
Weth/Kerver, JuS 2000, 425, 429.
[16] BVerfGE 74,
163, 179 (Rentenalter).
[17] BVerfGE 92, 91,
109 (Feuerwehrabgabe).
[18] BVerfGE 85, 191
ff. (Arbeitszeitordnung); anders aber noch BVerfGE 74, 163 ff.
(Rentenalter).
[19] EuGH NJW 1995,
3109 ff. (Fall Kalanke); vgl. dazu auch Holznagel/Schlünder, Jura
1996, 519 ff..
[20] OVG Lüneburg NVwZ
1996, 497, 499; VG Arnsberg NVwZ 1995, 725; VG Schleswig NVwZ
1995, 724.
[21] EuGH DVBl.
1998, 181 ff. (Fall Marschall); vgl. dazu Erichsen, JK
1998, GG Art. 3 II/8.
[22] EuGH NJW 2000,
497 ff. (Fall Tanja Kreil).
[23] St. Rspr. seit EuGH
Slg. 1985, 1459.
[24] Anders Scholz,
FAZ v. 28.10.2000, der bei dem Urteil des EuGH von einem Verstoß
gegen die Kompetenzordnung der EU ausgeht.
[25] So der EuGH EuZW
2000, 27 Rn 29-31 (Sirdar).
[26] Vgl. dazu auch
Stahn, EuGRZ 2000, 121 und Streinz, DVBl 2000,
585.
[27] Vgl. dazu den
Beschluß des Bundestages zur Änderung des Grundgesetzes vom
27.10.2000, in: FAZ vom 28.10.2000, S. 1 u. 2, und die Zustimmung des
Bundesrates vom 1.12.2000, in: FAZ vom 2.12.2000 S. 1
[28] BVerfGE 9, 124,
128 (Zum Begriff der „Herkunft“).
[29] Jarass, in:
Jarass/Pieroth, GG, Art. 3 Rn 70.
[30] BVerfGE 5, 17,
22 (Zum Begriff der „Heimat“).
[31] BVerfGE 48,
281, 288 (Versorgungsleistungen an deutsche Teilnehmer des spanischen
Bürgerkriegs).
[32] Sachs, in:
HdbStR V, S. 1037.
[33] Gubelt, in: von
Münch/Kunig, GG, Art. 3 Rn 86; Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn
256.
[34] EuGH NJW 2000,
2653, 2655 f.; EuGH NJW 2000, 1549, 1550 f.; VG Göttingen NVwZ
1998, 100, 101.
[35] EuGH NJW 2000,
2653, 2655 f..
[36] Vgl. § 4 III S. 2
und § 13 BLV; § 11a ArbeitsplatzschutzG und Kunig, Das Recht
des öffentlichen Dienstes, in: Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 6. Abschnitt
Rn 86. Zur Förderung Behinderter im öffentlichen Dienst nach der
Einfügung des Art. 3 III S. 2 GG vgl. Schwidden, RiA 1997, 70
ff..
[37] Vgl. BVerwGE 8,
192, 195; 15, 39 ff.; 68, 109 f..
[38] Zur Rechtsnatur des
Beurteilungsspielraums und der auf Beurteilungsfehler beschränkten
gerichtlichen Überprüfbarkeit vgl. im Allgemeinen Verwaltungsrecht S.
266 ff. und im Verwaltungsprozeßrecht S. 112 ff..
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