Von Juli 2003 bis Juli 2004 habe ich an der University of Queensland (UQ) in Brisbane/Australien studiert. Dort hab ich im Rahmen des Study-Abroad Programms ein Jahr an australischen Jura-Vorlesungen teilgenommen.
Planung
Ein Auslandssemester ist in meinem Wirtschaftsrechtstudium von vorne herein
vorgesehen. Daher ließ sich das erste Semester auch problemlos in meinen
Studienablauf integrieren. Für das zweite Semester hingegen musste ich eine
Verlängerung der Förderzeit bei der Stiftung der Deutschen Wirtschaft (SDW)
beantragen.
Eine wichtige Internet-Ressource für erste Informationen war für mich die Adresse
http://www.ranke-heinemann.de. Obwohl
ich die Dienste dieser privaten Agentur nicht in Anspruch nahm, fand die
Informationen über die australischen Hochschulen hilfreich. Ferner habe ich
mich auf
http://www.uq.edu.au und unter
http://www.law.uq.edu.au
über die Lehrangebote der Uni insgesamt respektive der Law-School
informiert. Von Anfang an hatte ich aber die University of Queensland im
Auge, da diese ein Partnerprogramm mit der FH in Lüneburg unterhält. Dies
bedeutet, dass die Anerkennung dort gemachter Scheine einfacher ist als an
anderen australischen Hochschulen. Um weitere Förderungsmöglichkeiten neben
der SDW-Auslandsförderung habe ich mich nicht beworben. Die Finanzierung der
Flugkosten und die Krankenkassenbeiträge war von Beginn an durch die Auslandsförderung der SDW zugesagt. Ferner habe ich rund 95 % der
Studiengebühren für das erste Semester erstattet bekommen, aber das hing
ganz entscheidend von der Haushaltslage ab. Über die Erstattung für mein
zweites Auslandssemester ist noch nicht entschieden.
Vorbereitung in Deutschland
Die Uni-Bewerbung
Der Bewerbungsprozess bei der University of Queensland läuft hauptsächlich
über die International Administration Section. Diese Abteilung (
http://www.uq.edu.au/international)
versorgt Interessenten mit den nötigen Formularen und wacht über die
Einhaltung der Anforderungen (Hauptprobleme: Bezahlung der Studiengebühren/
Krankenversicherungsbeiträge, Erreichen einer Mindestpunktzahl in einem
Sprachtest).
Krankenversicherung
Deutsche Krankenversicherungen werden nicht akzeptiert. Es muss eine
australische OSHC-Krankenversicherung sein. Ich habe nur den Gold-Plan der
worldcare-Assist-Krankenversicherung (
http://www.worldcare.com.au, OSHC) abgeschlossen. Auf der Website findet man den Versicherungsvertrag.
Ich habe keine rechtlichen Löcher finden können. Nur Skydiving und
Rockclimbing durfte ich nicht machen, solche Verletzungen zahlen sie nicht.
Die UQ kann eine solche Versicherung für einen organisieren (Angebot kommt
mit einem der Uni-Informations-Pakete).
Sprachtest
Offiziell ist es eine Voraussetzung der Uni, dass man ausreichende
Englischkenntnisse nachweisen kann. Das läuft über eine Mindestpunktzahl in
einem der drei offiziellen Englischtests (Cambridge, TOEFL, IELTS). Ich habe
den IELTS-Test gemacht. Wenn man den machen will, kauft man sich einfach das
offizielle Trainingsbuch, um sich mit dem Test vertraut zu machen. Alle
anderen Bücher, CDs, Trainingskurse halte ich für Geldverschwendung. Vorteil
des IELTS: Die Wartelisten sind kürzer und die Korrekturzeit beträgt nur 3
Wochen (im Gegensatz zu 3
Monaten bei TOEFL). Grundsätzlich kann man sich
auch ohne Test einschreiben und ein Visum bekommen. Kann aber dann sein,
dass die Uni einem einen verpflichtenden Sprachkurs am Beginn des Semesters
abverlangt. Einige Bekannte von mir haben einfach die mahnenden Worte
bezüglich des fehlenden Sprachtests ignoriert und mussten keinen zusätzlichen
Sprachkurs machen. Ich hatte den Eindruck, dass die Kommunikation zwischen
der International Administration Section (also denen, die über Einhaltung
der Voraussetzungen wachen) und der Stelle, die die (verpflichtenden)
Sprachkurse anbietet, nicht die beste ist. Konsequenz: Viele Deutsche, die
keinen oder nur einen unzureichenden Sprachtest einreichten, wurden nie
wieder belästigt. Nichtsdestotrotz: Einen ausreichenden Sprachtest zu machen
und einzureichen, scheint mir immer noch die sauberste Lösung zu
sein.
Akademische Infos
Eine Liste aller Kurse und deren kurze Zusammenfassungen findet man unter
http://www.sinet.uq.edu.au
→ course info → course catalogue. Nähere Informationen zu den Kursen, die
man belegen will, muss man sich bei den einzelnen Schools besorgen. Bei der
Law School war Dr. Sarah Derrington ein hilfreicher Ansprechpartner, wenn
es um genauere Informationen zu einzelnen Kursen ging. Über das Vorgehen an
anderen Schools kann ich aber keine Auskunft geben.
Die Unterkunft
Es gibt mehrere Möglichkeiten in Brisbane eine Bude zu finden. Entweder
eine WG/Einzelzimmer oder College (=Studentenwohnheim).
College
Ich habe mich für ein College (rund 4000 AusD pro Semester) entschieden. Vorteile: In der Woche wird man bekocht, man lernt schnell viele Australier
kennen, Zimmer und Waschräume werden in kurzen Intervallen vom Cleaning
Staff gesäubert und Tisch/Stuhl/Bett/Schrank/Ventilator sind schon drin.
Außerdem sind alle Colleges "on Campus". Das bedeutet man kann den
Uni-Internetzugang kostenlos und per Netzwerkkarte (=keine lahmen Modems)
nutzen und vom Bett bis in den Vorlesungssaal sind es im schlimmsten Fall 12
min zu Fuß. Mögliche Nachteile sind der Preis und je nach Flur, auf dem man
ist, die ständige Partyatmosphäre. Außerdem muss man bei den meisten
Colleges auf ein eigenes Badezimmer verzichten. Zudem wichtig: Einige
Colleges sind von Kirchen gesponsert und/oder sehr traditionell
ausgerichtet. Das kann je nach College bedeuten, dass Kirchgänge oder
feierliche Abendessen mit dem College-Vater (im Talar!!) zum Pflichtprogramm
gehören. Ferner sollte man sich überlegen, ob man in ein gemischtes oder
eingeschlechtliches College will. Um alle diese Fragen zu klären, einfach
die Websites der einzelnen Colleges ansurfen (findet man unter
http://www.accommodation.uq.edu.au)
und eine kurze email verfassen. Auch die aktuellen Preise und die
Einsendeschlüsse für die Unterlagen erfragen (variieren stark von College zu
College). Nicht verzweifeln, wenn die geforderten Unterlagen zur Deadline
noch nicht alle verfügbar sind. Einfach alles bereits Verfügbare einreichen
und für den Rest eine kurze Notiz verfassen und voraussichtliches
Nachreichedatum mitteilen.
Ich habe Union College gewählt und war zufrieden. Alles in allem vielleicht
etwas zu partyorientiert (das hängt allerdings stark vom Flur ab, auf dem
man wohnt), das Essen ist auch nicht immer super und die Zimmer sind
ziemlich klein und haben keine Klimaanlage. Dafür wohnen Jungs und Mädels
gemischt auf einem Flur, die Atmosphäre ist gut, Zimmer und Waschräume sind
sauber und es gibt kein College-internes Pflichtprogramm. Zudem ist Union
eines der preiswertesten Colleges auf dem Campus.
WG/Einzelzimmer
Eine WG/Einzelzimmer von zu Hause aus zu suchen ist schwer. Besser ist es
unter
"http://www.accomodation.uq.edu.au
eine so genannte temporary accommodation zu buchen (die organisieren meist
Hostels/Jugendherbergen in der Nähe der Uni). Von dort aus kann man dann auf
WG/Buden-Suche gehen. Netter Service der Accommodation-Section: Man kann
einen kostenlosen Pick-up-Service vom Airport buchen, das spart das Taxi. Es
hilft übrigens, etwas früher in Brizzy anzukommen, da der Wohnungsmarkt zum
Anfang des Semesters immer ziemlich leer ist.
Bankkonten
Ich empfehle dringend, ein Studentenkonto bei der Deutschen Bank
(kostenlos) abzuschließen. Die haben nämlich eine Kooperation mit "Westpac",
einer großen australischen Bank. Man kann GEBÜHRENFREI Geld aus jedem
Westpac-Automaten ziehen. Wenn man jemanden kennt, der schon Deutsche
Bank-Kunde ist und man es werden will, sollte man sich von dieser Person
werben lassen (wie das geht, erfährt man in jeder DB-Filiale). Dann bekommt
die "werbende" Person 3 Flaschen klasse Rotwein oder anderen Schnickschnack
(so was kann man ja auch teilen).
Zudem habe ich ein kostenloses Studentenkonto bei einer Australischen Bank
(Commonwealth Bank) abgeschlossen, um an die Australische Version der
EC-Karte (EFTPOS) zu kommen. Dieses Australische Konto habe ich dann immer
mit dem "billigen" Bargeld aus dem Westpac-Automaten aufgefüllt, das hat
eine Menge Überweisungsgebühren gespart.
Ach ja: Eine Kreditkarte ist gerade beim Rumreisen in Australien praktisch:
Kostenlose Kreditkarten (ohne Jahresgebühr) verteilt die KarstadtQuelle Bank
(Anträge in jedem Karstadt). Jede Transaktion in AusD kostet aber einen
Fremdwährungsaufschlag (glaube 1%). So ausgestattet kann man
Traveller-Schecks problemlos zu Hause lassen, denke ich.
Einreise/ Visum
Ein Visum zu bekommen, ist nicht sonderlich kompliziert. Wenn man alle
Vorraussetzungen der Uni erfüllt hat, stellt die Uni ein elektronisches
Certificate of Enrolment aus (eCoE). Dann muss man das richtige Formular
(Formular 157A) aus dem aus dem Internet (
http://www.immi.gov.au )
laden, ausfüllen und mit dem Pass nach Berlin zur Australischen Botschaft
(Anschrift findet man unter
http://www.australian-embassy.de)
schicken. Noch schneller: Man kann das Visum auch komplett online per
Kreditkarte beantragen, dann braucht man keinen Pass durch die Lande zu
schicken. Einziger Nachteil: Man muss dann in Australien mit dem Pass zur
Immigrationsbehörde, damit die ein Visum-Label in den Pass kleben. Bei der
Einreise ist es wichtig die Quarantäne-Bestimmungen genau zu lesen: Alle
nicht luftdicht verschlossenen, frischen Lebensmittel (z.B. Früchte, Käse,
Wurst/Schinken, Milch) müssen deklariert oder vorher verspeist werden. Wer
also versäumt, sein Sandwich rechtzeitig zu vertilgen, dem bleibt dieses
wegen der heftigen Strafen wortwörtlich im Halse stecken.
Situation am Ort
Brisbane und die Uni
Brisbane (1,3 mio Einwohner) ist die Hauptstadt von Queensland, dem selbst
ernannten "Sunshine State" Australiens und liegt in Queenslands Südosten.
Brisbane selbst liegt nicht am Wasser, aber innerhalb von 2 Stunden ist man
an so weltberühmten Surf-Spots wie Noosa Heads oder Surfers Paradise. In 4
Stunden ist man in Hervey Bay, von wo aus die Fähre nach Frazer Island, der
größten Sandinsel der Welt, ablegt. Für das tropische Queensland sind
"Brizzy's" Temperaturen noch erträglich: Rund 40 Grad im Sommer und unter
Umständen drückend schwül, 18-25 Grad im Winter. Die University of
Queensland (UQ) hat 3 Campi in der Umgebung Brisbanes. Meine Erfahrungen
beziehen sich nur auf den größten und der City am nächsten liegenden Campus,
St. Lucia. Dieser Campus liegt 7 km außerhalb, hat aber direkte Bus- und
Fährverbindungen in die City (ca 20 min Fahrzeit, in Intervallen von 15
min). Die University of Queensland ist die größte und älteste Uni
Queenslands und zudem Mitglied der "8"-Group, der Lobby-Gruppe der 8 ältesten und renommiertesten Unis Australiens.
Auf oder in der Nähe des Campus befinden sich alle notwendigen Shops und
Verwaltungseinrichtungen. Ferner gibt es eine unüberschaubare Menge an
unterschiedlichsten Sportangeboten. Der einzige Grund, in die City zu fahren
sind ausgefallenere Shopping-Wünsche und sämtliche Nightlife-Aktivitäten,
denn Clubs und Bars sind auf dem Campus praktisch nicht vorhanden.
Ausstattung
Über die Ausstattung der Räume und Bibliotheken konnte ich mich nicht
beschweren. Die Bibliothek war gut ausgestattet und bot Zugang zu einigen
exzellenten Law-Datenbanken. Zusätzlich zu den normalen Kopien der Bücher
gab es für häufig nachgefragte Werke eine High-Use-Section in der die
Ausleihdauer höchstens zwei Stunden betrug. Unter der Woche war die
Bibliothek bis 10 Uhr abends, Freitags und am Wochenenden bis 5 Uhr offen.
Wenn man wollte, hatte man also praktisch immer Zugang zu den Büchern. Die
Ausstattung der Vorlesungs- und Seminarräume war auch in Ordnung. Wie die
Ausstattung in anderen, nicht rechtsbezogenen Fachbereichen aussieht, kann
ich aber nicht bewerten.
Die Bürokratie vor Ort
Verglichen mit Deutschen Hochschulen war der bürokratische Aufwand an der
Uni gering. Als "study abroad–student" muss man sich nicht um die
Lehrvorraussetzungen der australischen, akademischen Grade kümmern. Man kann
also im Prinzip alle Kurse wählen, egal ob man nun die jeweiligen
Grundlagenkurse besucht hat oder nicht. Die Law-School verlangte aber ein
kurzes Gespräch mit Dr. Sarah Derrington. Man wollte offensichtlich
verhindern, dass fremde Erstsemester sich in PhD-Kurse einschreiben. Nachdem
ich meine persönliche Kurswahl kurz in diesem Gespräch begründet hatte,
schaltete Dr. Derrington meinen Law-Account für diese Kurse frei, so dass
ich mich im Internet-basierten Immatrikulationssystem einschreiben konnte.
Im zweiten Semester hab ich ihr einfach meine Kurswünsche per email
mitgeteilt und sie hat mich innerhalb von 2 Stunden freigeschaltet, das
war's.
Wesentlich bürokratischer geht es allerdings bei dem Immigrationsbehörde
(Department of Immigration and multicultural affairs) zu. Wer in Australien
auch arbeiten will, kann nämlich nur vor Ort sein Studentenvisum mit einer
"work option" versehen. Das ursprünglich in Deutschland erteilte Visum ist
nämlich ein striktes "no work" visum. Für dieses Upgrade muss man die
richtige Bescheinigung der Uni und rund 60 AusD beim Immigration Department
in Australien vorlegen. Allen, die ferner mit Gedanken spielen, ihr
Studentenvisum möglicherweise zu verlängern, rate ich: Sämtliche Unterlagen,
die man für das erste Visum brauchte, in Kopie mit nach Australien zu
nehmen. Die Jungs sollten zusätzlich eine Bescheinigung vom Bund oder
Zivildienst haben, dass man nicht mehr gezogen wird. Eine Visumsverlängerung
geht mit 500 AusD richtig ins Geld, es ist also ratsam, sich schon vor
Beantragung des ersten Visums genau zu überlegen, wie lang man bleiben
will.
Das tägliche Leben
Immerhin verderben einem die Lebenskosten kaum die Laune: Zwar sind
alkoholische Getränke (besonders wenn man sie zum Heimverzehr kauft) und
Milchprodukte (wegen fehlender Subventionen) teurer als in Europa, dafür
kann man aber zumindest in Queensland bei allen tropischen Früchten richtig
zulangen. Klar, die Plantagen sind nicht weit. Genau wie die Früchte sind
Queensländer von der Sonne verwöhnt und pflegen nicht zuletzt deswegen eine
ausgesprochen relaxte Lebensweise. "No worries" ist wohl der häufigste
Ausdruck dieses Gefühls. Generell sind Australier ein sehr nettes und
hilfsbereites Völkchen. Eine kleine Frage nach dem Weg kann da schon mal in
einen halbstündigen Plausch ausarten. Die einfachste Möglichkeit für mich
mit Australiern meines Alters in Kontakt zu kommen, waren aber das
Studentenwohnheim selbst und die zahlreichen Sportteams der Universität und
die zahlreichen Studentenfeten. Wer sich also nicht total kurz angebunden
gibt, sollte eigentlich schnell soziale Kontakte aufgebaut haben.
Situation nach der Rückkehr
Die Anerkennung der Studienleistungen des ersten Semesters ist sichergestellt. Inwiefern die Scheine des zweiten Semesters anerkannt
werden, ist noch nicht endgültig geklärt. Egal, wie die Entscheidung des
Prüfungsausschusses in dieser Frage ausfällt, ich bin überzeugt, dass mir
dieses Jahr in Australien in persönlicher und fachlicher Hinsicht eine Menge
gebracht hat. Ich habe gelernt, mich in einer anderen Kultur zurecht zu
finden und habe neue Einblicke in das Rechtsdenken des Common Law erhalten.
Besonders das Fach "Maritime Law" hat bei mir das Interesse an diesem
Rechtszweig des Internationalen Rechts geweckt. Ich kann mir gut vorstellen
in diesem Bereich später einmal zu arbeiten.
... Und wer jetzt noch Fragen hat: No worries, schreibt mir einfach eine mail:
Paul_Barchewitz@web.de.