Schöffe werden: das Ehrenamt im Überblick

Ein Schöffe ist weit mehr als ein  ehrenamtlicher Richter er ist das Bindeglied zwischen Recht und Gesellschaft. Ob am Schöffengericht des Amtsgerichts oder in der großen Strafkammer des Landgerichts: Ihre Stimme zählt – bei der Urteilsfindung ebenso wie bei der Strafzumessung. Doch: was macht ein Schöffe eigentlich? Und noch wichtiger: Wie wird man Schöffe – und warum gilt das Schöffenamt als eine der verantwortungsvollsten Aufgaben unserer Rechtsordnung?

Ein Blick auf die gesetzliche Grundlagen zeigt: Schöffen stehen im Zentrum einer lebendigen Demokratie – als Vertreter des Volkes und als Mitentscheider über Schuld und Strafe.

I. Vom Bürger zum Richter: Key Facts zum Schöffenamt

Was ist ein Schöffe? – Ehrenamt mit Richterverantwortung

Ein Schöffe ist ein ehrenamtlicher Richter, der im Strafprozess gemeinsam mit Berufsrichtern über zentrale Fragen des Verfahrens entscheidet. Anders als Berufsrichter verfügen Schöffen in der Regel über keine juristische Ausbildung, sie üben das Amt stellvertretend für die Bevölkerung aus (vgl. § 30 GVG). Ihre Stimme hat bei der Urteilsfindung das gleiche Gewicht wie die der Berufsrichter, wodurch das Schöffenamt ein wichtiges Instrument demokratischer Legitimation der Justiz darstellt.

Sie wirken an Strafverfahren am Amtsgericht – insbesondere am Schöffengericht gem. § 29 GVG– sowie an den Strafkammern der Landgerichte mit (vgl. §§ 76 ff. GVG). Sie sind unabhängig, nur dem Gesetz verpflichtet und unterliegen wie Berufsrichter dem Beratungsgeheimnis (vgl. § 45 DRiG).

Wie wird man Schöffe?

Wer Schöffe werden möchte, bewirbt sich bei seiner Wohnortgemeinde für die Aufnahme in die Vorschlagsliste (§ 36 GVG).

Nach öffentlicher Auslegung und eventuellen Einsprüchen (§ 37 GVG) wählt der Schöffenwahlausschuss beim Amtsgericht die Haupt- und Ersatzschöffen für das Schöffengericht und die Strafkammern (§ 40 GVG).

Wie lange ist man Schöffe?

Wer Schöffe werden möchte, sollte sich nicht nur der Verantwortung, sondern auch dem zeitlichen Umfang des Ehrenamts bewusst sein.

Eine Amtsperiode dauert fünf Jahre (§ 33 GVG) – in dieser Zeit nehmen Schöffinnen und Schöffen regelmäßig an Strafverfahren teil, meist an etwa 10 bis 12 Sitzungstagen pro Jahr. Der tatsächliche Einsatz hängt vom Gericht und der Auslastung ab – mitunter kann ein Verfahren auch mehrere Verhandlungstage umfassen.

Die aktuelle Amtsperiode begann am 01. Januar 2024 und endet am 31. Dezember 2028.

Bezahlung als Schöffe?

Eine klassische Vergütung wie bei einem hauptamtlichen Richter gibt es nicht, dennoch ist das Schöffenamt kein unbezahltes Engagement.

Nach §§ 15–18 JVEG erhalten Schöffinnen und Schöffen eine gesetzlich geregelte Aufwandsentschädigung.

Dazu zählen etwa 7  Euro pro Stunde für Zeitversäumnis (§ 16 JVEG), eine Entschädigung für Verdienstausfall von bis zu 73 Euro je Stunde (§ 18 JVEG) sowie Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG) und Erstattungen für Mehraufwand, etwa bei Kinderbetreuung oder Haushaltsführung (§ 17 JVEG).

Schöffe – gefährliches Ehrenamt?

Die Rolle im Schöffengericht ist nicht nur ehrenvoll, sondern mitunter auch emotional fordernd.

Besonders Verfahren zu Sexualdelikten, häuslicher Gewalt oder schweren Körperverletzungen können psychisch belasten – nicht selten über Wochen hinweg. Während das Risiko körperlicher Gefährdung gering ist, ist die seelische Belastung real.

Anders als Berufsrichter erhalten Schöffen keine umfassende Schulung – vielerorts bleibt es bei einem Merkblatt oder freiwilligen Angeboten durch Bildungsträger.

II. Voraussetzungen: Wer kann Schöffe werden?

Wer die deutsche Strafjustiz aktiv mitgestalten möchte, muss nicht nur Mut und Verantwortungsbewusstsein mitbringen, sondern auch gewisse gesetzliche Hürden überwinden. Nicht jeder darf das Ehrenamt übernehmen – und nicht jeder muss. Die rechtlichen Regelungen hierzu finden sich in den §§ 31–35 GVG – und zeigen: Wer Schöffin oder Schöffe werden will, gehört idealerweise zur engagierten Mitte der Gesellschaft.

Grundvoraussetzungen
gem. § 33 GVG

Der Gesetzgeber hat bewusst einen gewissen Rahmen geschaffen, der sowohl demokratische Offenheit als auch rechtliche Sicherheit garantiert. Denn die Tätigkeit als Schöffe – ob am Schöffengericht oder an der großen Strafkammer – verlangt nicht nur Urteilskraft, sondern auch persönliche Stabilität.

Zulässig ist laut § 33 GVG nur, wer:

Deutsche Staatsangehörigkeit besitzt – eine doppelte Staatsbürgerschaft steht dem idR. nicht entgegen.

Zwischen 25 und 69 Jahren alt ist – entscheidender Stichtag ist hier der 1. Januar der Amtsperiode.

Im Bezirk des zuständigen Gerichts wohnhaft ist.

Gesundheitlich geeignet also in der körperlichen und psychischen Verfassung ist.

Die deutsche Sprache ausreichend beherrscht.

Nicht vorbestraft ist – eine Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten führt zum Ausschluss (vgl. § 32 GVG). Gleiches gilt für eine Freiheitsstrafe auf Bewährung, die für den gleichen Zeitraum angesetzt wurde.

Diese Grundvoraussetzungen gelten für alle, die Schöffe werden möchten – ob pensionierter Lehrer, Selbstständiger oder IT-Angestellter. Juristische Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, aber ein stabiler Wertekompass und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, sind essenziell.

Ausnahmen
gem. § 34 GVG

Manche Personengruppen sind gesetzlich von der Berufung ins Schöffenamt ausgeschlossen. So soll verhindert werden, dass insbesondere Amtsträger in einer Doppelrolle agieren und so das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Strafjustiz gefährden.

Gem. § 34 I GVG dürfen folgende Personen nicht als Schöffe tätig werden:

Mitglieder der Bundesregierung oder Landesregierungen.

Juristische Berufsgruppen mit unmittelbarem Einfluss auf das Strafverfahren – etwa Richter, Staatsanwälte, Anwälte und Notare.

Polizeivollzugsbeamte, sowie alle weiteren Bediensteten des Strafvollzugs.

Hauptamtliche Bewährungshelfer und Gerichtshelfer.

Religionsdiener und Angehörige religiöser Orden mit Lebensgemeinschaft.

Beamte, die jederzeit einstweilig in den Warte- oder Ruhestand versetzt werden können.

höhere Verwaltungsbeamte – Nach Maßgabe der Ausführungsgesetzen der Landesregierungen (vgl. § 34 II GVG).

Das Ziel? Die Neutralität des Verfahrens und das Vertrauen der Bevölkerung in eine unparteiische Rechtsprechung.

3. Ablehnung erlaubt – Wann man das Amt nicht antreten muss (§ 35 GVG)

Das Schöffenamt ist ein Ehrenamt – aber kein Zwangsdienst. Auch wenn es als „Pflicht zur Demokratie“ verstanden werden darf, erkennt das Gesetz persönliche und berufliche Härten an. Wer Schöffe werden soll, darf sich unter bestimmten Voraussetzungen dem entziehen.

§ 35 GVG listet eine Reihe berechtigter Ablehnungsgründe:

Ablehnungsberechtigt sind etwa:

Parlamentsmitglieder (Bundestag, Bundesrat, Landtage, EU-Parlament).

Medizinisches Personal: Ärzt:innen, Pflegekräfte, Hebammen.

Apothekenleiter, die keinen weiteren Apotheker beschäftigen.

Weitere individuelle Ablehnungsgründe:

Wer in den beiden vorherigen Amtsperioden bereits ehrenamtlicher Richter war oder in der letzten Periode mehr als 40 Sitzungstage absolviert hat.

Wer über 65 Jahre alt ist oder es bis zum Ende der Amtsperiode wird.

Wer nachweisen kann, dass das Amt für sich oder Dritte eine wirtschaftliche Härte bedeutet.

Wer familiäre Fürsorgepflichten hat, die die Ausübung des Amtes erheblich erschweren.

Wichtig:

Die Ablehnung muss schriftlich innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Berufung geltend gemacht werden (§ 35 S. 2 GVG). Spätere Gründe sind nur in Ausnahmefällen berücksichtigungsfähig – etwa bei Erkrankung oder plötzlicher familiärer Notlage.

III. Aufgaben und Rechte als Schöffe

Wer sich fragt, was macht ein Schöffe, der sollte sich auf mehr gefasst machen als gelegentliches Zuhören im Gerichtssaal. Schöffen – und Schöffinnen – nehmen aktiv am Strafprozess teil und sind dabei keine Nebenfiguren. Sie sind ehrenamtliche Richter, die gleichberechtigt mit den Berufsrichtern über Schuld und Strafe mitentscheiden.

Was vielen nicht bewusst ist: Das Stimmrecht eines Schöffen wiegt genauso schwer wie das eines Berufsrichters. Gemäß § 30 GVG wirken Schöffen in der Urteilsfindung vollumfänglich mit – sowohl bei der Feststellung, ob der Angeklagte schuldig ist, als auch bei der Frage, wie hoch eine Strafe ausfallen soll.

Schöffe
Schöffen sind keine Zuschauer – sie urteilen mit.

Die Mitwirkung von Schöffen und Schöffinnen ist nicht auf ein stummes Abstimmen beschränkt. Schöffen sind berechtigt – und verpflichtet –, während der Hauptverhandlung das Geschehen kritisch zu begleiten. Sie dürfen gem. § 30 S. 3 GVG Fragen an Angeklagte, Zeuginnen, Zeugen und Sachverständige stellen. Diese Fragen sollen dem Schöffen ermöglichen, sich ein vollständiges Bild vom Verfahren zu machen. Wer im Gericht sitzt, soll nicht nur zuschauen, sondern mitdenken, mitfühlen, mitentscheiden.

Gerade hier zeigt sich, wie ernst das Schöffenamt genommen wird: Wer Schöffe werden will, sollte kein bloßer Zuschauer sein, sondern bereit sein, sich mit voller Aufmerksamkeit einzubringen.

Pflichten eines Schöffen –
Unparteilichkeit & Beratungsgeheimnis

Die Pflichten eines Schöffen lassen sich aus einem wesentlichen Grundsatz ableiten: Schöffen sind keine bloßen Beisitzer.

Sie sind – wie § 30 GVG ausdrücklich bestimmt – ehrenamtliche Richter, die mit Berufsrichtern gleichberechtigt urteilen. Ihre Stimme zählt voll: sowohl bei der Frage nach der Schuld des Angeklagten als auch bei der Bestimmung des Strafmaßes.

Im Gerichtssaal wirken Schöffen vom ersten Sitzungstag an mit. Sie nehmen an der gesamten Hauptverhandlung teil, stellen – wenn sie es wünschen – Fragen an Zeugen, Sachverständige oder Angeklagte, wie § 30 S. 3 GVG vorsieht, und tragen zur Bewertung der Beweise bei. Damit ist ihre Rolle deutlich aktiver als viele annehmen. Wer als Schöffin oder Schöffe Platz auf der Richterbank nimmt, ist nicht Zuschauer, sondern Mitgestalter eines Urteils, das unmittelbar über das Leben eines Menschen entscheidet.

Dabei endet die Verantwortung nicht mit dem Ende der Beweisaufnahme. In der nicht-öffentlichen Beratung, die im Anschluss an die Plädoyers und das letzte Wort des Angeklagten stattfindet, müssen Schöffen sich zur Schuldfrage und – im Falle eines Schuldspruchs – zu den Rechtsfolgen der Tat äußern. Das Beratungsverfahren erfolgt geheim, und eine Enthaltung ist nicht zulässig.

Ist ein Schöffe bei einer Abstimmung unterlegen, muss er in späteren Entscheidungen dieses Ergebnis als Grundlage akzeptieren. Auch über den Ablauf der Beratung selbst ist gemäß § 45 I S. 2 DRiG striktes Schweigen zu bewahren – das Beratungsgeheimnis gilt uneingeschränkt, auch über die Amtszeit hinaus.

Doch damit endet die Pflicht nicht. Schöffen sind rechtlich verpflichtet, an allen Sitzungstagen teilzunehmen, denen sie durch Auslosung zugewiesen wurden. Nur in Ausnahmefällen – etwa bei ärztlich attestierter Verhandlungsunfähigkeit – können sie auf Antrag vom Vorsitzenden von einer Sitzung entbunden werden.

Wer ohne ausreichende Entschuldigung fehlt, muss mit empfindlichen Konsequenzen rechnen: Ordnungsgelder bis zu 1.000 Euro und die Erstattung verursachter Kosten sind möglich. Die Verpflichtung zur regelmäßigen Teilnahme ist kein formaler Akt, sondern Ausdruck der staatsbürgerlichen Ernsthaftigkeit, die mit dem Amt verbunden ist.

Auch im Verhalten während der Verhandlung gelten klare Maßstäbe. Schöffinnen und Schöffen sind zur Unparteilichkeit verpflichtet und haben nach bestem Wissen und Gewissen zu urteilen.

Das bedeutet: persönliche Vorurteile, mediale Vorverurteilungen, Emotionen oder äußerliche Eindrücke dürfen in die Entscheidungsfindung keinen Einzug halten.

Wer sich in einem Verfahren in seinem Urteil nicht mehr völlig frei fühlt oder Anzeichen für eigene Befangenheit erkennt, muss dies dem oder der Vorsitzenden unverzüglich anzeigen – auch das gehört zur professionellen Verantwortung dieses Amtes.

Schöffe und Beruf –
Ehrenamt & Alltag

Trotz der großen Verantwortung stellt sich natürlich die Frage: Wie lässt sich das Schöffenamt mit dem Beruf vereinbaren? Die Antwort: besser als gedacht – und rechtlich abgesichert. Wer Schöffe werden möchte, muss nicht befürchten, durch das Ehrenamt beruflich benachteiligt zu werden. Schöffen steht eine umfassende Entschädigung zu. Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre Mitarbeiter für die Dauer der Schöffentätigkeit freizustellen – ohne Gehaltseinbußen, ohne Karriereknick.

Wer sich also für das Amt interessiert, sollte sich nicht durch organisatorische oder finanzielle Fragen abschrecken lassen.

IV. Das Verfahren – vom Vorschlag zur Vereidigung

Der Weg zum Schöffenamt ist kein Verwaltungsakt im Vorbeigehen. Er ist bewusst transparent und demokratisch gestaltet, um sicherzustellen, dass Schöffinnen und Schöffen aus der Mitte der Gesellschaft stammen. Und ganz gleich, ob Jurist oder Laie: Wer Schöffe werden will, durchläuft ein strukturiertes Auswahlverfahren – mit klaren Regeln, öffentlicher Kontrolle und einem würdevollen Abschluss: der Vereidigung auf das Grundgesetz.

1. Bewerbung: Das Ehrenamt beginnt in der Gemeinde

Schöffe

Der erste Schritt für alle, die Schöffin oder Schöffe werden möchten, beginnt vor Ort: in der Gemeinde oder Stadtverwaltung. Hier werden Bewerbungen entgegengenommen, aus denen eine Vorschlagsliste entsteht. Gem. § 36 GVG muss diese Liste doppelt so viele Kandidaten enthalten, wie tatsächlich benötigt werden. Sie wird vom Gemeinderat oder – bei Jugendgerichten – vom Jugendhilfeausschuss beschlossen.

Das Ziel: eine vielfältige Auswahl, die Geschlecht, Alter, Beruf und soziale Stellung der Bevölkerung möglichst ausgewogen abbildet. Wer auf der Liste steht, ist aber noch nicht Schöffe – das Verfahren ist bewusst zweistufig.

2. Öffentliche Auslegung: Einsicht statt Hinterzimmer

Schöffe

Um Willkür und Intransparenz auszuschließen, schreibt das Gesetz vor: Die Vorschlagsliste wird eine Woche lang öffentlich zur Einsicht ausgelegt (vgl. § 37 GVG). Jeder Bürger kann in dieser Zeit Einspruch gegen einzelne Personen erheben – etwa, wenn Zweifel an deren Eignung bestehen. Ein transparenter und partizipativer Prozess, der Bürgernähe mit Rechtsstaatlichkeit vereint.

3. Schöffenwahlausschuss: Auswahl mit Augenmaß

Schöffe

Das letzte Wort hat der sogenannte Schöffenwahlausschuss (vgl. § 40 GVG). Dieses Gremium besteht aus einem Richter, einem Verwaltungsbeamten und sieben Vertrauenspersonen. Gemeinsam wählen sie – mit einer qualifizierten Mehrheit von zwei Dritteln – die Haupt- und Ersatzschöffen für die kommende fünfjährige Amtsperiode (vgl. § 33 GVG).

Das Auswahlverfahren soll sicherstellen, dass die Besetzung der Schöffengerichte ein Spiegelbild der Gesellschaft bleibt – und nicht von politischen oder persönlichen Interessen dominiert wird.

4. Die Berufung: Wenn aus Kandidaten Schöffen werden

Schöffe

Nach der Wahl erfolgt die offizielle Benachrichtigung: Wer berufen wurde, erhält ein Schreiben mit den Terminen, an denen seine oder ihre Mitwirkung erforderlich sein wird – meist etwa zwölf Hauptverhandlungen pro Jahr (vgl. § 36 GVG). Ab diesem Moment gilt man als angehender Schöffe – bereit für den Einsatz im Strafprozess.

5. Die Vereidigung: Mehr als eine Formalität

Schöffe

Bevor Schöffen zum ersten Mal zu Gericht sitzen, werden sie in öffentlicher Sitzung vereidigt. Sie leisten ihren Eid nach § 45 III DRiG – wahlweise mit oder ohne religiöse Beteuerung – und schwören:

“Ich schwöre, die Pflichten eines ehrenamtlichen Richters getreu dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und getreu dem Gesetz zu erfüllen, nach bestem Wissen und Gewissen ohne Ansehen der Person zu urteilen und nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen, so wahr mir Gott helfe.”

V. Fazit

Wer sich auf das Schöffenamt einlässt, entscheidet sich nicht für eine bloße Formalität. Es ist ein stilles Amt mit lauter Wirkung – ein Ehrenamt, das sich nicht im Applaus, sondern im Ernst der Verantwortung zeigt. Wer als Schöffin oder Schöffe an einem Strafprozess mitwirkt, bringt nicht nur Lebensnähe in ein hochtechnisiertes Justizsystem. Er oder sie steht auch für die Idee ein, dass Recht nicht allein von Juristen getragen werden darf, sondern von der Gesellschaft selbst.

Die Rolle des Schöffen ist damit mehr als nur eine juristische Kuriosität oder ein demokratisches Aushängeschild. Sie ist gelebte Verfassungswirklichkeit – in einer Zeit, in der Vertrauen in staatliche Institutionen keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Der Bürger am Richtertisch ist Symbol und Substanz zugleich. Er urteilt mit, stimmt ab, fragt nach – und zwingt ein System zur Nachsicht.

Allerdings verlangt dieses Amt Haltung. Es verlangt Zeit, Mut, eine gewisse Unerschütterlichkeit. Und es verlangt, dass man sich einlässt auf die Komplexität des Strafprozesses, ohne sich darin zu verlieren. Die Schulung mag knapp sein, die Entschädigung begrenzt – aber die Erfahrung ist tiefgreifend. Denn das Schöffenamt ist keine Beobachterrolle. Es ist Mitverantwortung in einem der sensibelsten Bereiche unseres Gemeinwesens.

In einer Justiz, die auf Augenmaß und Ausgewogenheit angewiesen ist, sind Schöffinnen und Schöffen keine Ersatzrichter, sondern Bürger im Dienst der Gerechtigkeit.

VI. FAQ zum Thema: Schöffe werden

Ein Schöffe ist ein ehrenamtlicher Richter in Strafprozessen (§ 30 GVG). Gemeinsam mit Berufsrichtern entscheidet er über Schuld und Strafe – mit gleichem Stimmrecht. Schöffen nehmen aktiv an der Hauptverhandlung teil, dürfen Fragen an Angeklagte, Zeugen und Sachverständige stellen (§ 30 S. 3 GVG) und sind verpflichtet, sich an der nicht-öffentlichen Urteilsberatung zu beteiligen. Dabei unterliegen sie dem Beratungsgeheimnis (§ 45 Abs. 1 DRiG).

Schöffen erhalten keine klassische Vergütung, sondern eine gesetzlich geregelte Aufwandsentschädigung nach dem JVEG:

  • Zeitversäumnis – 7 € pro Stunde (§ 16 JVEG)

  • Verdienstausfall – bis zu 73 € pro Stunde, je nach Nachweis (§ 18 JVEG)

  • Fahrtkosten – gemäß § 5 JVEG

  • Mehraufwand – z. B. Kinderbetreuung oder Haushalt, § 17 JVEG

Zunächst erstellt jede Gemeinde eine Vorschlagsliste (§ 36 GVG). Diese wird öffentlich ausgelegt (§ 37 GVG) und kann mit Einsprüchen versehen werden. Danach entscheidet ein Schöffenwahlausschuss beim Amtsgericht, bestehend aus einem Richter, einem Verwaltungsbeamten und sieben Vertrauenspersonen (§ 40 GVG). Die Wahl erfolgt mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit.

Trotz seiner demokratischen Bedeutung bringt das Schöffenamt auch Belastungen mit sich:

  • Emotionale Belastung – Etwa bei Prozessen zu Sexualdelikten oder Gewalt

  • Unzureichende Vorbereitung – In vielen Fällen keine systematische Schulung; häufig bleibt es bei einem Merkblatt oder externen Angeboten

  • Zeitlicher Aufwand – Sitzungstage, Vor- und Nachbereitung; verpflichtende Teilnahme (§ 45 DRiG)

  • Wirtschaftliche Härtefälle – Wer beruflich stark eingespannt ist, kann Nachteile erleiden – bei triftigem Grund ist ein Antrag auf Ablehnung möglich (§ 35 GVG)

Schöffen tragen in der Hauptverhandlung keine Robe. Anders als Berufsrichter ist das Tragen einer Amtstracht für ehrenamtliche Richter in Strafsachen nicht vorgesehen – auch nicht in Bundesländern wie Berlin, wo Verwaltungsrichter mittlerweile Roben tragen dürfen. Schöffen erscheinen in ziviler, aber angemessener Kleidung.

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Greta Schmid

Jurawelt Redaktion

Greta Schmid
  • Studentin der Rechtswissenschaften an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht
  • Schwerpunktbereich: Recht der Digitalisierung
  • Auslandsaufenthalt am Chicago-Kent College of Law (USA)

Jurawelt:

  • Redakteurin & Studentische Mitarbeiterin