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Tantieme – Gewinnbeteiligung als Motivationsanreiz

Key Facts zum Begriff der Tantieme vorab:

  • Tantieme Definition: Eine Tantieme ist eine variable Vergütung, meist prozentual am Gewinn oder Umsatz eines Unternehmens bemessen.
  • Sie wird vorwiegend an Geschäftsführer, Vorstände und leitende Angestellte gezahlt.
  • Ihre Höhe und Ausgestaltung müssen klar vertraglich geregelt werden, um steuerliche und rechtliche Fallstricke zu vermeiden.
  • Die Besteuerung erfolgt als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 Absatz 1 Nr. 1 EStG).

 

 


I. Was ist eine Tantieme? Definition und Bedeutung

Die Tantieme – ein Begriff mit französischen Wurzeln, abgeleitet von tantième, was so viel bedeutet wie „der so vielte Teil“ – ist weit mehr als nur eine finanzielle Anerkennung. Sie ist Ausdruck einer modernen Unternehmenskultur, die kollektive Leistung und gemeinsamen Erfolg würdigt. Im Kern handelt es sich um eine variable Vergütung, die zusätzlich zum festen Gehalt an Führungskräfte wie Geschäftsführer, Vorstände oder leitende Angestellte gezahlt wird.

Doch worin liegt ihre Besonderheit? Anders als Provisionen, die auf individuellen Leistungen wie Verkaufsabschlüssen basieren, oder Boni, die oft an spezifische Zielvereinbarungen geknüpft sind, honoriert die Tantieme das Gesamtergebnis eines Unternehmens oder eines seiner Bereiche.

Praxisbeispiel

Ein Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens bezieht ein Jahresgehalt von 120.000 Euro. Zusätzlich sieht sein Vertrag eine Tantieme von 10 % des Unternehmensgewinns vor. Erwirtschaftet das Unternehmen einen Gewinn von 500.000 Euro, stehen ihm weitere 50.000 Euro zu. Diese Beteiligung hebt nicht nur seine Gesamtvergütung auf 170.000 Euro an, sondern signalisiert ihm zugleich: Sein Einsatz ist nicht nur wertgeschätzt, sondern auch unmittelbar mit dem Erfolg des Unternehmens verknüpft.

 

II. Arten von Tantiemen und deren Berechnung

Die Vielfalt der Tantiemen zeigt, wie flexibel und zielgerichtet dieses Vergütungsmodell einsetzbar ist. Von der klassischen Gewinntantieme bis hin zur subjektiv vergebenen Ermessenstantieme bietet das Instrument Unternehmen zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten.

 

1. Gewinntantieme – Erfolg misst sich am Ergebnis

Die Gewinntantieme ist die bekannteste und am weitesten verbreitete Form. Sie basiert auf dem Jahresüberschuss eines Unternehmens und ist daher steuerlich weitgehend unproblematisch, da sie nur dann ausgezahlt wird, wenn tatsächlich ein Gewinn erzielt wurde.

Formel:
Tantieme = Gewinn x Prozentsatz

Beispiel:
Ein Vorstand erhält 5 % des Jahresgewinns als Tantieme. Liegt der Gewinn bei 1.000.000 Euro, beträgt die variable Vergütung 50.000 Euro.

 

2. Umsatztantieme – viel Umsatz, wenig Aussagekraft

Weniger gebräuchlich, aber in besonderen Fällen eingesetzt, ist die Umsatztantieme. Sie bemisst sich am Umsatz des Unternehmens, unabhängig von dessen Rentabilität. Diese Form birgt steuerliche Risiken, da sie häufig als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet wird (§ 8 Nr. 4 GewStG). Besonders kritisch wird sie bei geschäftsführenden Gesellschaftern betrachtet, da hier schnell der Verdacht entsteht, der Umsatz werde künstlich „hochgefahren“, ohne dass dies tatsächlich den Unternehmensgewinn steigert.

 

3. Garantietantieme – Erfolgsgarantie trotz Krise

Die Garantietantieme hebt sich durch ihre Unabhängigkeit vom wirtschaftlichen Erfolg ab. Sie ist fest vereinbart und wird auch dann ausgezahlt, wenn das Unternehmen Verluste schreibt. Diese Form wird in der Regel als fester Bestandteil der Gesamtvergütung betrachtet und bietet Mitarbeitenden finanzielle Planungssicherheit – auf der anderen Seite reduziert sie jedoch den Anreiz, auf unternehmerische Erfolge hinzuarbeiten.

 

4. Ermessenstantieme – Flexibilität mit Verantwortung

Bei der Ermessenstantieme entscheidet der Arbeitgeber, wie hoch die Auszahlung ausfällt. Diese Entscheidung basiert meist auf einer subjektiven Bewertung der Leistung des Empfängers und des Gesamtergebnisses des Unternehmens.

 

III. Steuerliche Behandlung einer Tantieme

Tantiemen versteuern: Sie gelten als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) und sind lohnsteuerpflichtig. Entscheidend für die Besteuerung ist der Zeitpunkt des sogenannten Zuflusses (§ 11 Absatz 1 Satz 4 EStG), also wann die Tantieme tatsächlich ausgezahlt oder gutgeschrieben wird.

 

1. Besonderheiten der steuerlichen Behandlung

a) Die 50-Prozent-Grenze – Vorsicht vor der „verdeckten Gewinnausschüttung“

Eine der zentralen steuerlichen Hürden ist die sogenannte 50-Prozent-Grenze (§ 8 Absatz 3 KStG). Danach dürfen Tantiemen in ihrer Gesamtheit nicht mehr als die Hälfte des handelsrechtlichen Jahresüberschusses ausmachen (vgl. BFH, Urteil v. 18.09.2007, I R 73/06). Überschreiten sie diese Schwelle, wird der übersteigende Betrag als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet. Dies hat weitreichende Folgen: Eine verdeckte Gewinnausschüttung wird nicht als Betriebsausgabe anerkannt und kann somit die Steuerlast des Unternehmens erheblich erhöhen. Für die betroffenen Empfänger führt dies zudem zu einer Doppelbesteuerung, da der übersteigende Betrag zusätzlich als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Absatz 1 Nr. 1 EStG) versteuert werden muss.

 

b) Die 75/25-Regel – Variable Vergütung im Verhältnis

Ein weiteres steuerliches Kriterium ist das Verhältnis von Festgehalt und variabler Vergütung. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil v. 27.02.2003, I R 46/01) sollten Tantiemen in der Regel nicht mehr als 25 % der Gesamtvergütung ausmachen. Wird diese Schwelle überschritten, verlangt das Finanzamt eine detaillierte Begründung. Plausible Gründe können beispielsweise die Gründungsphase eines Unternehmens oder außergewöhnlich risikobehaftete Geschäftsmodelle sein.

 

2. Steuerliche Feinheiten

Unternehmen sind gut beraten, die steuerlichen Vorgaben nicht nur bei der Einführung von Tantiememodellen, sondern auch bei ihrer praktischen Umsetzung streng zu beachten. Fehlerhafte Berechnungen oder unklare vertragliche Vereinbarungen können schnell zu teuren Nachzahlungen oder rechtlichen Streitigkeiten führen.

 

IV. Was sind die rechtlichen Rahmenbedingungen einer Tantieme?

Tantiemen sind ein hochwirksames Instrument, um Erfolg zu honorieren und Motivation zu steigern – allerdings nur, wenn sie auf einer soliden rechtlichen Basis stehen. Die Frage, wer wann Anspruch auf eine Tantieme hat, ist dabei keineswegs dem Zufall überlassen, sondern an klar definierte Grundlagen geknüpft.

 

1. Anspruch auf eine Tantieme – Wer hat ein Recht darauf?

  • Vertragliche Regelungen: Klarheit schafft Verbindlichkeit
    Die häufigste und zugleich sicherste Grundlage für einen Tantiemeanspruch ist ein klar formulierter Arbeits- oder Geschäftsführervertrag. Hier werden Details wie Höhe, Berechnungsgrundlage und Auszahlungszeitpunkt festgelegt.
  • Betriebliche Übung: Regelmäßigkeit schafft Verpflichtung
    Wiederholt ein Unternehmen Tantiemezahlungen über mehrere Jahre hinweg, kann aus dieser Praxis ein Anspruch entstehen. Diese sogenannte betriebliche Übung wird auch ohne explizite Vereinbarung zur bindenden Verpflichtung, es sei denn, der Arbeitgeber sichert sich durch einen Vorbehalt ab.
  • Gesamtzusage: Das Versprechen als Verpflichtung
    Eine einseitige Erklärung des Arbeitgebers, wie etwa „Alle Führungskräfte erhalten eine jährliche Tantieme in Höhe von 10 % des Gewinns“, wird rechtlich als Gesamtzusage betrachtet. Sobald Mitarbeitende auf Grundlage dieser Aussage Leistungen erwarten können, entsteht ein Anspruch, der einklagbar ist.
  • Tarifverträge und § 112 AktG: Kollektive Regelungen
    In bestimmten Branchen oder Positionen, etwa bei Vorständen einer Aktiengesellschaft, können Tantiemen auch durch Tarifverträge oder gesetzliche Vorgaben wie § 112 AktG begründet sein.

 

2. Pflichten und Rechte der Vertragsparteien

Tantiemen sind keine Einbahnstraße. Arbeitgeber und Arbeitnehmer tragen jeweils klare Pflichten und Rechte:

  • Transparenz durch Offenlegungspflichten
    Mitarbeitende haben ein Recht darauf zu erfahren, wie ihre Tantieme berechnet wurde. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil v. 07.07.1969, 5 AZR 61/59) müssen Unternehmen hierzu Einsicht in die Handelsbilanz gewähren. Steuerbilanzen, die oft durch steuerliche Gestaltung angepasst werden, genügen nicht.
  • Die Handelsbilanz als Maßstab
    Für die Berechnung der Tantieme gilt ausschließlich die Handelsbilanz. Sie bietet eine objektive Grundlage, da sie nach festen Rechnungslegungsstandards erstellt wird und keinen kreativen Spielraum erlaubt.

 

V. Vor- und Nachteile von Tantiemen

Tantiemen honorieren nicht nur Leistung, sondern können auch strategisch die Unternehmensziele stärken. Doch ihre Kehrseite birgt Herausforderungen, die nicht unterschätzt werden dürfen.

 

1. Vorteile von Tantiemen: Der Turbo für Motivation und Erfolg

  • Leistungsanreiz: Erfolg wird zur gemeinsamen Mission
    Die Aussicht auf eine Beteiligung am Gewinn schafft ein leistungsförderndes Umfeld. Führungskräfte entwickeln ein unternehmerisches Denken und streben nach dem großen Ganzen, nicht nur nach individuellen Erfolgen. Tantiemen fördern so eine Kultur der Verantwortungsübernahme.
  • Flexibilität: Dynamisch und krisenfest
    Unternehmen können Tantiemen an ihre wirtschaftliche Lage anpassen. In erfolgreichen Jahren setzen sie zusätzliche Anreize, während in Krisenzeiten die Zahlungen reduziert oder ausgesetzt werden können, ohne das Grundgehalt anzutasten.
  • Steuervorteile: Tantiemen als Win-win-Strategie
    Für Unternehmen sind Tantiemen Betriebsausgaben, die den steuerpflichtigen Gewinn senken (§ 9 Nr. 1 KStG). Das schafft finanziellen Spielraum, ohne die Attraktivität der Vergütung einzuschränken.

 

2. Nachteile von Tantiemen: Zwischen Unsicherheit und Aufwand

  • Komplexität: Mathematik für Fortgeschrittene
    Die Berechnung von Tantiemen ist alles andere als trivial. Besonders bei mehreren Begünstigten und variablen Bemessungsgrundlagen entstehen Herausforderungen, die den Verwaltungsaufwand erhöhen.
  • Unsicherheit: Volatilität als Stressfaktor
    Für Mitarbeitende sind Tantiemen ein doppeltes Risiko. Zum einen hängt ihre Höhe von externen Faktoren wie Marktentwicklungen oder der allgemeinen Unternehmenslage ab. Zum anderen kann ein schlechter Geschäftsgang zu gänzlichem Ausfall führen. Diese Unvorhersehbarkeit erschwert die persönliche Finanzplanung.

 

VI. Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Tantieme: Mehr als nur Gehalt

Was ist eine Tantieme?

Die Tantieme ist eine erfolgsabhängige Vergütung, die zusätzlich zum Grundgehalt gezahlt wird und meist an den Gewinn oder Umsatz eines Unternehmens gekoppelt ist. Ihr Ziel ist es, Führungskräfte und leitende Angestellte stärker an den Gesamterfolg des Unternehmens zu binden und sie durch finanzielle Anreize zu motivieren. Sie belohnt damit nicht individuelle Leistungen, sondern das gemeinsame Streben nach unternehmerischem Erfolg.

Ein Klassiker unter den Vergütungsbeispielen: Ein Geschäftsführer erhält neben seinem Festgehalt von 120.000 Euro eine Tantieme von 10 % des Jahresgewinns. Beträgt dieser 500.000 Euro, kommen 50.000 Euro hinzu, sodass sich die Gesamtvergütung auf 170.000 Euro beläuft.

Wie hoch darf eine Tantieme sein?

Die maximale Höhe einer Tantieme wird von zwei wichtigen Regeln bestimmt:

  1. Die 50-Prozent-Grenze: Die Gesamtsumme aller Tantiemen darf 50 % des handelsrechtlichen Jahresüberschusses nicht überschreiten (§ 8 Absatz 3 KStG). Andernfalls droht die Einstufung als verdeckte Gewinnausschüttung.
  2. Das 75/25-Verhältnis: Üblicherweise sollte die Tantieme nicht mehr als 25 % der Gesamtvergütung des Empfängers ausmachen. Wird dieser Anteil überschritten, verlangt das Finanzamt eine plausible Begründung, wie etwa eine außergewöhnliche Unternehmenssituation oder die Gründungsphase des Unternehmens.

Sind Tantiemen steuerpflichtig?

Ja, Tantiemen sind steuerpflichtig und werden als Teil des Bruttolohns behandelt (§ 19 EStG). Dies bedeutet, dass sie lohnsteuerlich erfasst werden, sobald sie dem Empfänger zufließen (§ 11 Absatz 1 Satz 4 EStG). Zusätzlich sind sie sozialversicherungspflichtig (§ 14 Absatz 1 SGB IV), was ihre Brutto-Netto-Belastung weiter erhöht.

Achtung: Wird die 50-Prozent-Grenze überschritten, droht eine doppelte Besteuerung. Der überschreitende Betrag wird steuerlich als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) behandelt und entsprechend erneut belastet.

Was ist der Unterschied zwischen einer Tantieme und einer Provision?

  • Tantieme: Honoriert den Erfolg des gesamten Unternehmens oder eines Bereichs. Sie ist an übergeordnete Ziele wie Gewinn oder Umsatz gekoppelt und richtet sich meist an Führungskräfte.
  • Provision: Belohnt individuelle Leistungen, wie etwa die erfolgreiche Vermittlung eines Vertrags oder Verkaufs. Sie ist besonders im Vertrieb verbreitet und direkt an die persönliche Leistung des Mitarbeiters geknüpft.

Kurz gesagt: Tantiemen fördern das große Ganze, Provisionen das Einzelziel.

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