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Rechtslage und Anwendung einer Schreckschusspistole in Deutschland

I. Was ist eine Schreckschusspistole?

Eine Schreckschusspistole, auch als Schreckschusswaffe bezeichnet, ist eine Nachbildung von Schusswaffen wie Pistolen oder Revolvern, die keine Projektile verschießt. Stattdessen ist sie zum Abfeuern von Kartuschenmunition, Reizgas oder pyrotechnischer Munition ausgelegt. Diese Waffen sind so konstruiert, dass sie optisch und haptisch echten Schusswaffen ähneln, jedoch durch mechanische Sperren und Sollbruchstellen das Verschießen von Projektilen verhindern.

 

II. Funktionsweise und Schreckschuss Munition

Schreckschusspistolen verwenden verschiedene Arten von Schreckschuss Munition, die unterschiedliche Effekte hervorrufen:

  • Platzpatronen: Diese Munition erzeugt einen lauten Knall und dient der Abschreckung.
  • Reizgaspatronen: Diese enthalten chemische Reizstoffe wie CN-Gas, CS-Gas oder Pfeffer, die bei der Abwehr von Angreifern eingesetzt werden.
  • Pyrotechnische Munition: Diese Munition umfasst Leuchtsignale, Blitzknallsätze und Vogelschreck-Pyroknallpatronen, die in einem auf die Mündung aufgeschraubten Abschussbecher verschossen werden.

Kaliber: Schreckschusspistolen sind in verschiedenen Kalibern erhältlich. Übliche Kaliber umfassen:

  • 6 mm Flobert Knall
  • 9 mm P.A.Knall
  • 9 mm R Knall (.380 R)

Ältere und nicht mehr produzierte Kaliber wie .22 lang Knall und .45 kurz Knall sind ebenfalls bekannt, jedoch nicht mehr im Handel erhältlich.

III. Rechtliche Situation in Deutschland

1. Erwerb und Besitz einer Schreckschusspistole

In Deutschland unterliegen Schreckschusswaffen dem Waffengesetz (WaffG). Dies bedeutet, dass der Erwerb und Besitz dieser Waffen bestimmten gesetzlichen Regelungen unterworfen sind.

Voraussetzungen für den Erwerb einer Schreckschusspistole:

  • Volljährigkeit: Gemäß § 2 Absatz 1 WaffG ist der Erwerb und Besitz von Schreckschusspistolen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr erlaubt.
  • PTB-Prüfsiegel: Das PTB-Siegel ist ein entscheidendes Merkmal für die Klassifizierung und den rechtmäßigen Besitz von Schreckschusswaffen in Deutschland. Es bestätigt, dass die Waffe auf Sicherheit und Funktionalität geprüft wurde und den Vorschriften des deutschen Waffengesetzes entspricht. Schreckschusswaffen, die das Prüfzeichen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) tragen, dürfen gemäß Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 Nr. 1.3 WaffG ohne besondere Erlaubnis erworben werden und gelten insofern als “freie Waffen”. Dieses Siegel stellt sicher, dass die Schreckschusspistole den deutschen Sicherheitsstandards entspricht und keine scharfen Projektile abgefeuert werden können.

Regelungen für Schreckschusswaffen ohne PTB-Siegel:

Bis zum 31. August 2020 galten Schreckschusswaffen ohne PTB-Siegel gemäß § 1 Absatz 2 Nr. 2 WaffG als scharfe Schusswaffen. Dies bedeutete, dass ihr Besitz einer speziellen Erlaubnis, wie zum Beispiel einer grünen Waffenbesitzkarte (WBK) nach § 10 Absatz 1 WaffG, bedurfte. Der unerlaubte Besitz wurde strafrechtlich verfolgt (§ 52 Absatz 3 Nr. 1 WaffG).

Seit dem 1. September 2020 hat sich die rechtliche Lage durch die Einführung der Durchführungsrichtlinie (EU) 2019/69 geändert. Nun können auch eine Schreckschusspistole, die den Rechtsvorschriften eines anderen EU-Mitgliedsstaates entspricht und die Anforderungen der genannten Richtlinie erfüllt, in Deutschland erworben werden.

Die Durchführungsrichtlinie (EU) 2019/69 zielt darauf ab, die technischen Spezifikationen für Schreckschuss- und Signalwaffen innerhalb der EU zu harmonisieren. Waffen, die nach den Vorschriften eines anderen EU-Mitgliedsstaates hergestellt und geprüft wurden und diesen entsprechend gemeldet sind, dürfen gemäß der Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 Nr. 1.3b WaffG auch in Deutschland legal erworben und besessen werden. Ein einheitliches EU-Prüfsiegel gibt es derzeit zwar nicht, aber die Konformitätsnachweise der jeweiligen Mitgliedstaaten werden anerkannt.

 

2. Führen einer Schreckschusspistole in der Öffentlichkeit

Das Führen einer Schreckschusspistole in der Öffentlichkeit erfordert den sogenannten kleinen Waffenschein. Dieser Schein, geregelt durch § 10 Absatz 4 WaffG, berechtigt zum Tragen der Waffe außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums.

Voraussetzungen für den kleinen Waffenschein: Der kleine Waffenschein wird von der zuständigen Waffenbehörde des jeweiligen Landes erteilt und setzt voraus, dass der Antragsteller die folgenden Bedingungen erfüllt:

  • Volljährigkeit: Der Antragsteller muss mindestens 18 Jahre alt sein.
  • Zuverlässigkeit: Es dürfen keine erheblichen Vorstrafen oder sonstige Umstände vorliegen, die gegen eine waffenrechtliche Zuverlässigkeit sprechen. Die Überprüfung der Zuverlässigkeit erfolgt gemäß § 5 WaffG.
  • Persönliche Eignung: Der Antragsteller darf keine Anzeichen von Abhängigkeiten oder schwerwiegenden psychischen Erkrankungen aufweisen, wie in § 6 WaffG definiert.

Wie beantrage ich einen kleinen Waffenschein?: Der Antrag auf einen kleinen Waffenschein kann bei der örtlich zuständigen Waffenbehörde gestellt werden. Die Behörde prüft die Zuverlässigkeit und persönliche Eignung des Antragstellers durch Abfragen im Bundeszentralregister und bei der örtlichen Polizei. Die Bearbeitung des Antrags kann zwischen 50 und 100 Euro kosten.

Geltungsbereich und Pflichten: Mit dem kleinen Waffenschein ist das Führen von Schreckschusspistolen, Reizstoff- und Signalwaffen (mit PTB-Zeichen) in der Öffentlichkeit erlaubt. Dabei gelten folgende Pflichten:

  • Der Inhaber muss den kleinen Waffenschein und einen gültigen Personalausweis oder Reisepass stets bei sich führen und diese Dokumente auf Verlangen den Behörden vorzeigen (§ 38 WaffG).
  • Das Führen der Waffe bei öffentlichen Veranstaltungen wie Versammlungen, Demonstrationen oder Sportveranstaltungen ist verboten (§ 42 WaffG). Verstöße können zu einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe führen (§ 52 Absatz 3 Nr. 9 WaffG). Zudem droht die Einziehung der Waffe durch die Polizei.

 

3. Schießen mit einer Schreckschusspistole

Das Schießen mit einer Schreckschusspistole unterliegt in Deutschland strengen gesetzlichen Regelungen, die im Waffengesetz (WaffG) festgelegt sind.

Erlaubte Orte und Bedingungen zur Nutzung einer Schreckschusspistole:

  • Befriedetes Besitztum: Das Schießen mit einer Schreckschusspistole ist grundsätzlich nur auf befriedetem Besitztum erlaubt. Befriedetes Besitztum bezieht sich auf Grundstücke, die durch geeignete Vorrichtungen gegen das Betreten durch Unbefugte geschützt sind, wie z.B. umzäunte Gärten oder abgeschlossene Höfe. Dabei ist die Zustimmung des Inhabers des Hausrechts erforderlich (§ 12 Absatz 4 Nr. 1 WaffG).
  • Genehmigungspflichtige Orte: Das Schießen außerhalb von befriedetem Besitztum bedarf einer ausdrücklichen Genehmigung durch die zuständige Behörde. Diese Genehmigung wird nur in besonderen Fällen und unter strengen Auflagen erteilt (§ 10 Absatz 5 WaffG).

Verbotene Orte und Anlässe:

  • Öffentliche Veranstaltungen: Das Schießen mit Schreckschusspistolen bei öffentlichen Veranstaltungen wie Versammlungen, Demonstrationen, Sportveranstaltungen oder Feierlichkeiten (z.B. Silvester) ist ohne ausdrückliche Genehmigung verboten. Verstöße gegen dieses Verbot können strafrechtlich verfolgt werden (§ 52 Absatz 3 Nr. 2 WaffG).

Ausnahmen gemäß § 12 WaffG:

Das Waffengesetz sieht bestimmte Ausnahmen vor, unter denen das Schießen mit einer Schreckschusspistole erlaubt sein kann:

  • Notwehr und Notstand: Das Schießen mit einer Schreckschusspistole ist erlaubt, wenn es zur Verteidigung in einer Notwehrsituation oder zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr (Notstand) erforderlich ist (§ 12 Absatz 4 Nr. 1a WaffG).
  • Genehmigte Veranstaltungen: Das Schießen kann bei genehmigten Veranstaltungen, wie z.B. Theateraufführungen oder Filmproduktionen, erlaubt sein, wenn es zur Erfüllung der Veranstaltung notwendig ist (§ 12 Absatz 4 Nr. 1b WaffG).
  • Signalgebung bei Sportveranstaltungen: Bei Sportveranstaltungen kann das Schießen zur Abgabe von Start- oder Beendigungszeichen im Auftrag des Veranstalters erlaubt sein, wenn eine optische oder akustische Signalgebung erforderlich ist (§ 12 Absatz 4 Nr. 1e WaffG).

     

    IV. Risiken und Gefahren der Nutzung einer Schreckschusspistole

    Trotz ihrer Einstufung als nicht tödliche Waffen können Schreckschusswaffen bei unsachgemäßer Handhabung oder aus nächster Nähe abgefeuert, schwere Verletzungen oder sogar Todesfälle verursachen. Der hohe Gasdruck und die entstehende Druckwelle können Weichteile durchdringen und Knochen brechen.

    Besitzer von Schreckschusswaffen sollten sich der potenziellen Gefahren bewusst sein und die Waffe verantwortungsbewusst nutzen. Insbesondere in Stresssituationen kann der Einsatz einer Schreckschusswaffe unvorhersehbare Reaktionen bei anderen Personen hervorrufen.

    Daher sind beim Schießen mit einer Schreckschusspistole auch auf befriedetem Besitztum die allgemeinen Sicherheitsregeln zu beachten:

    • Die Waffe sollte stets in eine sichere Richtung gehalten werden.
    • Unbeteiligte Personen sollten sich nicht in der Nähe aufhalten.
    • Das Schießen sollte nur in Bereichen erfolgen, in denen eine Gefährdung Dritter ausgeschlossen ist.

    Bitte unbedingt folgenden Haftungsausschluss bzgl. des Rechtslexikons beachten.