Startseite » Rechtslexikon » O » Öffentliche Interesse Definition und Bedeutung im deutschen Recht

Einleitung

Das “öffentliche Interesse” ist ein Rechtsbegriff, der tief in den rechtlichen Strukturen Deutschlands verwurzelt ist und oft eine entscheidende Rolle in verschiedenen rechtlichen Entscheidungsprozessen spielt. In diesem Artikel werden wir uns vor allem mit der Bedeutung dieses Begriffs im Strafrecht und im Verwaltungsrecht auseinandersetzen.

Allgemeines zum öffentlichen Interesse

Als “öffentliches Interesse” werden die Belange des Gemeinwohls bezeichnet. Im Gegensatz dazu steht das Individualinteresse, welches das Interesse des Einzelnen darstellt. Es ist daher zu beobachten, dass das öffentliche Interesse grundsätzlich Vorrang vor dem Individualinteresse hat. Dies gilt insbesondere in rechtlichen Kontexten, in denen das Wohl der Allgemeinheit gegenüber den Interessen Einzelner abgewogen wird. Ein solches Beispiel ist die Enteignung nach Art. 14 Absatz 3 GG oder die Aufstellung eines Bauleitplans gemäß § 1 Absatz 7 BauGB.

Besonderes öffentliches Interesse im Strafrecht

Innerhalb des Strafprozesses versteht man im Allgemeinen unter “öffentlichem Interesse” bzw. “besonderem öffentlichen Interesse” das Interesse der Allgemeinheit an einer Strafverfolgung. Dieses Interesse kann sowohl aus spezialpräventiven als auch aus generalpräventiven Gründen entstehen.

Es gibt bestimmte Straftaten, sogenannte Antragsdelikte, bei denen die Strafverfolgung nur dann eintritt, wenn ein entsprechender Strafantrag vom Betroffenen gestellt wurde. Doch gibt es Ausnahmen, in denen trotz des Fehlens eines solchen Antrags eine Strafverfolgung stattfindet, nämlich dann, wenn es von besonderem öffentlichem Interesse ist.

Ein weiteres Beispiel findet sich in den §§ 153 ff. StPO. Hier kann von einer Strafe abgesehen werden, insbesondere wenn es sich um ein geringfügiges Vergehen handelt und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht.

Das Bestimmen, ob ein “öffentliches Interesse” oder ein “besonderes öffentliches Interesse” vorliegt, liegt in der Regel im Ermessen der Staatsanwaltschaft, die oft als “Herrin des Verfahrens” bezeichnet wird. Ein bedeutender Diskussionspunkt in der Rechtsgemeinschaft ist, ob diese Ermessensentscheidung der Staatsanwaltschaft einer gerichtlichen Überprüfung unterliegen sollte.

Privatklagedelikte

Es gibt bestimmte Delikte, bei denen das Hauptinteresse bei den betroffenen Privatpersonen liegt. In solchen Fällen von Privatklagedelikten, wie in den § 374 StPO und § 376 StPO beschrieben, ist normalerweise keine Erhebung einer öffentlichen Klage durch die Staatsanwaltschaft vorgesehen. Doch auch hier gibt es Ausnahmen: Wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht, kann die Staatsanwaltschaft eine Klage erheben.

Öffentliches Interesse im Verwaltungsrecht

Während wir im ersten Teil des Artikels das öffentliche Interesse im Strafrecht diskutiert haben, richten wir unseren Fokus nun auf das Verwaltungsrecht und die Rolle, die das öffentliche Interesse hier spielt.

Allgemeines zum öffentlichen Interesse im Verwaltungsrecht

Auch im Verwaltungsrecht spielt das Konzept des öffentlichen Interesses eine tragende Rolle. Dabei geht es oft um die Frage, ob bestimmte administrative Entscheidungen im Interesse der Allgemeinheit oder im Interesse von Einzelpersonen oder -gruppen stehen sollten.

Sofortige Vollziehung und das öffentliche Interesse

In der Regel bewirken ein Widerspruch und eine Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt eine sogenannte aufschiebende Wirkung (Suspensiveffekt). Das bedeutet, dass der angefochtene Verwaltungsakt nicht vollzogen wird, solange das gerichtliche Verfahren noch andauert. In bestimmten Fällen kann jedoch eine Behörde die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes anordnen. Eine solche Anordnung findet sich im § 80 Absatz 2 Nr. 4 VwGO und kann von der Behörde erlassen werden, wenn Gründe des öffentlichen Interesses dies erfordern. In diesen Fällen entfaltet der Widerspruch oder die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung.

Doch was bedeutet das in der Praxis? Nehmen wir an, es gibt einen Verwaltungsakt, der den Bau eines Krankenhauses in einem Wohngebiet erlaubt. Einige Anwohner könnten dagegen klagen, da sie Lärmbelästigung und Verkehrsprobleme befürchten. Wenn jedoch ein erheblicher Mangel an Krankenhäusern in der Region besteht und das öffentliche Interesse an schneller medizinischer Versorgung größer ist als das Interesse der Anwohner an Ruhe, könnte die Behörde die sofortige Vollziehung anordnen.

Fazit

Das öffentliche Interesse ist ein zentraler Begriff im deutschen Rechtssystem, der sowohl im Strafrecht als auch im Verwaltungsrecht erhebliche Bedeutung hat. Es dient als Richtschnur für Entscheidungsträger, um sicherzustellen, dass die Interessen der Allgemeinheit geschützt und gefördert werden. Dabei ist es immer wieder Gegenstand juristischer Debatten, wie dieses Interesse gegenüber anderen Rechtsgütern und Interessen abzuwägen ist.

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