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Die Bezeichnung “Jastrowsche Formel” rührt von einem Aufsatz in der Deutschen Notarzeitschrift aus dem Jahr 1904 her, in dem diese Formel erstmals vorgeschlagen wurde. Doch welche Beweggründe gibt es, überhaupt auf eine solche Formel zurückzugreifen, und was beinhaltet sie genau?
Im deutschen Erbrecht existieren bestimmte Personenkreise, die als Pflichtteilsberechtigte gelten. Hierzu zählen vor allem Abkömmlinge wie Kinder und Enkel, aber auch Ehegatten. Selbst wenn sie in einem Testament übergangen wurden, steht ihnen ein Pflichtteil zu, der die Hälfte des gesetzlichen Erbteils ausmacht, gemäß § 2303 BGB.
Gemeinschaftliche Testamente, insbesondere das Berliner Testament, erfreuen sich bei Ehe- oder Lebenspartnern großer Beliebtheit. Der Hauptgrund dafür: Sie können sich damit gegenseitig als Alleinerben einsetzen und erst nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Partners tritt die Erbfolge für gemeinsame Kinder oder andere Erben in Kraft.
Die Anwendung der Jastrowschen Formel zielt darauf ab, die Pflichtteilsansprüche von Kindern oder anderen Pflichtteilsberechtigten soweit wie möglich einzudämmen.
Die essentielle Wirkweise der Jastrowschen Formel besteht darin, dass jene, die nach dem Ableben des zuerst verstorbenen Partners ihren Pflichtteil einfordern, beim Tod des länger lebenden Partners in der Erbfolge entweder komplett ausgeschlossen werden oder zumindest benachteiligt sind.
Eine typische Formulierung könnte beispielsweise so aussehen:
„Macht ein Abkömmling nach dem Tod des Erstversterbenden seinen Pflichtteil geltend, so soll er nach dem Tod des Längstlebenden nur den Pflichtteil erhalten.“
Der zugrundeliegende Gedanke ist klar: Pflichtteilsberechtigte sollen motiviert werden, nach dem Tod des ersten Partners auf die Geltendmachung ihres Pflichtteils zu verzichten, indem sie sonst bei der Erbfolge nach dem Tod des zweiten Partners Nachteile erfahren.
Obwohl die Jastrowsche Formel gesetzlich zulässig ist, ist ihre Anwendung nicht frei von Tücken. Es besteht immer das Risiko, dass sie nicht den gewünschten Effekt erzielt. Ein klassisches Szenario: Ein Pflichtteilsberechtigter könnte trotz der drohenden Konsequenzen seinen Pflichtteil fordern, insbesondere wenn er erwartet, dass der Nachlass des zuletzt Verstorbenen weniger wertvoll ausfällt oder wenn er kurzfristig finanzielle Mittel benötigt.
Für Anwälte, die ihre Mandanten hinsichtlich der Jastrowschen Formel beraten, sind diverse Aspekte zu beachten:
Die Jastrowsche Formel bietet eine interessante erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeit, die Pflichtteilsansprüche minimieren kann. Dennoch sollte sie mit Bedacht und nach sorgfältiger rechtlicher Beratung eingesetzt werden. Die potenziellen Konsequenzen – sowohl rechtlich als auch familiär – müssen stets im Blick behalten werden.
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