Das Jugendgerichtsverfahren ist ein besonderes Verfahren der Strafrechtspflege, welches speziell auf Jugendliche und Heranwachsende zugeschnitten ist. Das Hauptziel dieses Verfahrens ist nicht die Bestrafung, sondern vielmehr die erzieherische Wirkung. Es soll jungen Menschen helfen, einen kriminalitätsfreien Lebensweg einzuschlagen.
Rechtliche Grundlagen
Das Jugendgerichtsverfahren ist im deutschen Recht im Jugendgerichtsgesetz (JGG) festgelegt. Dieses Gesetz regelt das Vorgehen bei strafrechtlichen Urteilen gegenüber Jugendlichen und Heranwachsenden. Einige der bedeutendsten Bestimmungen des JGG sind:
Das Verfahren folgt dem Erziehungs- und Bildungsgrundsatz. Dadurch wird sichergestellt, dass die Maßnahmen und Urteile des Gerichts vor allem erzieherisch wirken. Dieser Grundsatz unterscheidet das Jugendgerichtsverfahren in vielen Aspekten vom allgemeinen Strafverfahren. Einige dieser Unterschiede betreffen den verfahrensbegleitenden Vorschlag und die Verantwortung des Gerichts gemäß § 48 JGG für die Einleitung von Hilfsmaßnahmen.
Zuständigkeit und Altersgruppen
Das Jugendgericht ist primär für Jugendliche zuständig, die zur Zeit der Tat zwischen 14 und 18 Jahre alt waren. Fokus ist die sinnvolle Bekämpfung der Jugendkriminalität. Heranwachsende, die zwischen 18 und 21 Jahre alt sind, fallen ebenfalls in den Zuständigkeitsbereich des Jugendgerichts. Jedoch muss in Fällen von Heranwachsenden gemäß § 105 JGG individuell entschieden werden, ob das Jugendstrafrecht oder das allgemeine Strafrecht zur Anwendung kommt. Hierbei werden Faktoren wie die persönliche Reife und das Ausmaß der Kriminalität berücksichtigt. Kinder und Jugendliche unter 14 Jahre sind hingegen strafunmündig, vgl. § 19 StGB.
Anwendung des Jugendstrafrechts bei Heranwachsenden
Wann genau gilt das Jugendstrafrecht für Heranwachsende? Es gibt zwei entscheidende Kriterien:
Wenn der Reifegrad des jungen Erwachsenen zur Tatzeit dem eines Jugendlichen entspricht (§ 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG).
Wenn die Straftat typischerweise von Jugendlichen begangen wird, kann das Jugendstrafrecht angewendet werden (§ 105 Abs. 1 Nr. 2 JGG).
Ablauf des Jugendgerichtsverfahrens
Der Prozess des Jugendgerichtsverfahrens unterscheidet sich in mehreren Schritten vom regulären Erwachsenenstrafverfahren:
Ermittlungsverfahren: Die Staatsanwaltschaft leitet das Ermittlungsverfahren nach § 42 JGG. Hierbei wird besonders auf die Einleitung von Hilfsmaßnahmen durch das Gericht Wert gelegt (gemäß § 48 JGG).
Anklageerhebung: Im Unterschied zum normalen Strafverfahren wird im Jugendgerichtsverfahren die Anklageschrift nur in zusammengefasster Form mitgeteilt (§ 207 StPO). Dies dient dazu, den gerichtlichen Erörterungsvorgang nicht zu beeinträchtigen.
Gerichtliches Vorverfahren: Dieses Verfahren findet statt, wenn entweder die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt oder das Jugendgericht auf Anregung der Staatsanwaltschaft das Hauptverfahren direkt eröffnet (§ 47 JGG).
Hauptverfahren im Jugendgerichtsverfahren
Das Hauptverfahren in einem Jugendgerichtsverfahren ähnelt in vielen Aspekten einem regulären Strafverfahren, weist jedoch wichtige Unterscheidungsmerkmale auf, die den besonderen Umständen und Bedürfnissen von Jugendlichen und Heranwachsenden Rechnung tragen:
Öffentlichkeitsausschluss: Eine zentrale Besonderheit ist der generelle Ausschluss der Öffentlichkeit nach § 48 JGG. Dies bedeutet, dass Zuschauer und Medien in der Regel nicht an der Verhandlung teilnehmen dürfen, um den Schutz der Privatsphäre des Jugendlichen oder Heranwachsenden zu gewährleisten.
Verlesung der Anklageschrift: Eine formelle Verlesung der Anklageschrift, wie sie im regulären Strafverfahren üblich ist, entfällt im Jugendgerichtsverfahren. Stattdessen steht die erzieherische Komponente und der Dialog mit dem Jugendlichen im Vordergrund.
Erörterung ohne Beweisführung: Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Möglichkeit einer Erörterung ohne formelle Beweisführung, die nach § 30 JGG möglich ist.
Rechtsmittel
Auch im Jugendgerichtsverfahren stehen den Beteiligten Rechtsmittel zur Verfügung. Diese umfassen Berufung und Revision, wie sie auch im allgemeinen Strafverfahren nach den §§ 55 ff. JGG vorgesehen sind. Allerdings sind erzieherische Maßnahmen und Zuchtmittel in ihrem Umfang beschränkt, dies regelt der § 29 Abs. 4 JGG.
Jugendgerichtsverfahren: Fragen und Antworten
Dieser Abschnitt beantwortet häufig gestellte Fragen zum Jugendgerichtsverfahren.
Was ist ein Jugendgerichtsverfahren?
Ein Jugendgerichtsverfahren ist ein spezialisiertes Strafverfahren, das nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) für Jugendliche und Heranwachsende durchgeführt wird. Es legt großen Wert auf erzieherische Maßnahmen und hat das Ziel, künftiges straffälliges Verhalten zu verhindern.
Für welche Altersgruppen gilt das Jugendgerichtsverfahren?
Das Verfahren ist für Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren und Heranwachsende im Alter von 18 bis 20 Jahren anwendbar. Bei Heranwachsenden entscheidet das Gericht im Einzelfall über die Anwendung des Jugendstrafrechts.
Wie läuft das Verfahren ab?
Das Jugendgerichtsverfahren startet mit Ermittlungen und kann mit verschiedenen Maßnahmen, wie dem Täter-Opfer-Ausgleich, fortgesetzt werden. Falls keine Einigung erzielt wird, kommt es zum Hauptverfahren. Hier steht die erzieherische Komponente und der individuelle Fall im Mittelpunkt.
Welche Sanktionen sind möglich?
Das Spektrum reicht von Weisungen und Auflagen, über gemeinnützige Arbeit, bis hin zu Freiheitsentzug in Form von Jugendstrafe. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei stets auf der erzieherischen Maßnahme und nicht auf Bestrafung.