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Judikative im deutschen Recht

Gewaltenteilung – Allgemeines

Die Grundlage der Gewaltenteilung in Deutschland ist in Art. 20 II GG festgelegt. Es wird dort explizit darauf hingewiesen, dass jegliche Staatsgewalt vom Volk ausgeht: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“ Dieser Artikel im Grundgesetz ist unveränderlich und repräsentiert ein unentbehrliches Element der deutschen Staatsstruktur. Interessanterweise sind die Gewalten sowohl auf Bundesebene als auch auf Länderebene vorhanden und durch das Grundgesetz geschützt.

Gewaltenteilung – Staatsphilosophie

Historisch betrachtet, ist das Konzept der Gewaltenteilung kein neues Phänomen. Seine Wurzeln reichen bis in die Zeit der Aufklärung zurück. Der englische Philosoph John Locke (1632-1704) war einer der ersten Denker, der eine Theorie der Gewaltenteilung entwickelte. Vor Charles de Montesquieu argumentierte Locke, dass bereits im Naturzustand zwei Gewalten durch den Gesellschaftsvertrag existieren: die Exekutive und die Föderative. Mit dem Entstehen des Staates kommen dann die Legislative und die sogenannte Prärogative hinzu.

Judikativer Begriff

Die Judikative, abgeleitet aus dem lateinischen “iudicare”, was “Recht sprechen” bedeutet, stellt die dritte Säule im System der Gewaltenteilung dar und ist für die Rechtsprechung verantwortlich. In Deutschland wird diese Gewalt durch das Bundesverfassungsgericht, die Bundesgerichte sowie die Gerichte der Bundesländer ausgeführt. Laut Art. 92 GG: „Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut; sie wird durch das Bundesverfassungsgericht, durch die in diesem Grundgesetz vorgesehenen Bundesgerichte und durch die Gerichte der Länder ausgeübt“. Ziel dieser Gewaltenteilung ist es, eine unabhängige und objektive Willensbildung sicherzustellen.

Die Rechtsprechung hat dabei immer das Gesetz und das Recht als Grundlage und beinhaltet das Merkmal der letztendlichen Entscheidung. Das bedeutet, dass eine juristische Entscheidung nicht allein durch die Besetzung eines Gerichts gemäß Art. 92 GG getroffen wird, sondern vielmehr dann, wenn das Gesetz einen gerichtlichen Prozess vorschreibt und die Entscheidung rechtliche Auswirkungen hat.

Ein Missverständnis, das oftmals auftritt, ist die Vermischung der Begriffe Judikative, Gerichtsbarkeit, Justiz und Rechtspflege. Während die Judikative für die Rechtsprechung steht, fallen einige der anderen Begriffe unter den Bereich der Exekutive.

Aufgaben der Judikative

Die zentrale Verantwortung der Judikative liegt darin, die Einhaltung und rechtmäßige Ausführung der Gesetze zu überwachen. Bei Verstößen gegen diese Gesetze liegt es in ihrer Kompetenz, die Taten entsprechend ihrer Schwere zu sanktionieren, von leichten Verwarnungen bis hin zu schweren Strafen oder gar Freiheitsentzügen. Interessant ist, dass die Judikative nicht proaktiv handelt; sie tritt erst in Aktion, wenn eine natürliche oder juristische Person Klage erhebt (Dispositionsmaxime) oder wenn die Staatsanwaltschaft im Falle eines Gesetzesverstoßes strafrechtlich interveniert (Akkusationsprinzip).

Während die Dispositionsmaxime ein Verfahrensgrundsatz im Zivilprozess ist und besagt, dass die beteiligten Parteien den Verlauf des Verfahrens bestimmen, regelt das Akkusationsprinzip im Strafprozess, dass Anklage und Urteilsfindung durch unterschiedliche Organe erfolgen müssen. Die Anklage kann grundsätzlich nur von der Staatsanwaltschaft erhoben werden. Daher wird ein Gesetzesverstoß zunächst von der Exekutive bearbeitet, bevor die Judikative tätig wird.

Ein weiteres zentrales Prinzip der Judikative ist die Unparteilichkeit. Richter müssen ihre Entscheidungen neutral und ohne persönliche Interessen treffen. Bestehen begründete Zweifel an ihrer Unvoreingenommenheit, kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

Beispiel zur Judikative

Um das Zusammenspiel der verschiedenen Gewalten zu verdeutlichen, kann folgender Fall herangezogen werden:

A begeht eine Körperverletzung gemäß § 223 I StGB an Person B. Eine Körperverletzung wird gemäß § 12 I StGB als Verbrechen eingestuft und ist somit strafbar. A hat somit ein Gesetz verletzt, das zuvor von der Legislative festgelegt wurde. Infolge dessen wird A von der Polizei, einem Organ der Exekutive, festgenommen. Nun obliegt es der Judikative, das Verhalten von A zu bewerten, den Sachverhalt zu prüfen und letztlich über die Folgen der Tat zu entscheiden. In diesem Prozess muss die Judikative den gesamten Sachverhalt sorgfältig und umfassend bewerten, um ein angemessenes Urteil fällen zu können.

Fazit

Die Judikative spielt eine unverzichtbare Rolle im System der deutschen Gewaltenteilung. Sie gewährleistet, dass Gesetze rechtmäßig interpretiert und angewendet werden und dass Verstöße angemessen geahndet werden. Durch ihre unabhängige Stellung und die strikte Bindung an Gesetz und Recht trägt die Judikative wesentlich zur Wahrung der Grundrechte und zur Stabilität des Rechtsstaats bei. Es ist essentiell, dass Bürgerinnen und Bürger das Vertrauen in diese Institution haben und sich darauf verlassen können, dass ihre Rechte im Falle eines Konflikts geschützt und geachtet werden.

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