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Das Gewerbe im Sinne des Handelsrechts (HGB) – Definition, Merkmale, Reichweite

Der Begriff des “Gewerbes” ist im deutschen Rechtsraum von zentraler Bedeutung und bildet die Grundlage für eine Vielzahl rechtlicher Bestimmungen und Anforderungen. Ein Gewerbe im rechtlichen Sinne zu definieren, erfordert ein tiefgreifendes Verständnis der verschiedenen Elemente, die diese Art der wirtschaftlichen Tätigkeit charakterisieren. Der folgende Beitrag zielt darauf ab, ein umfassendes Bild des Gewerbebegriffs zu zeichnen, die relevanten gesetzlichen Rahmenbedingungen aufzuzeigen und die praktischen Implikationen für Gewerbetreibende zu erörtern.

I. Wie definiert sich ein Gewerbe?

Ein Gewerbe lässt sich als jede erlaubte, selbstständige, nach außen erkennbare, auf Gewinn gerichtete und auf Dauer angelegte Tätigkeit definieren, die nicht der Urproduktion, den freien Berufen, der bloßen Verwaltung eigenen Vermögens oder künstlerischen beziehungsweise wissenschaftlichen Tätigkeiten zuzuordnen ist. Diese Definition umfasst eine breite Palette von wirtschaftlichen Aktivitäten, einschließlich Industrie, Handwerk und Dienstleistungen, und setzt voraus, dass die Tätigkeit unter eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung mit der Absicht der Gewinnerzielung ausgeübt wird.

 

1. Planmäßigkeit und Dauerhaftigkeit des Gewerbes

Ein wesentliches Merkmal eines Gewerbes ist die Planmäßigkeit und Dauerhaftigkeit der Tätigkeit. Dies bedeutet, dass gelegentliche oder einmalige Aktivitäten nicht unter den Gewerbebegriff fallen. Vielmehr ist erforderlich, dass der Gewerbetreibende mit der Absicht agiert, Geschäfte wiederholt und mit Regelmäßigkeit zu tätigen. Dabei kann sich die Regelmäßigkeit auch auf saisonale Tätigkeiten erstrecken.

 

2. Erlaubnis

Das Gewerbe muss erlaubt sein, d.h., die Tätigkeit darf nicht generell verboten sein. Dies schließt bestimmte gewerbsmäßige Straftatbestände wie die gewerbsmäßige Hehlerei (§ 260 Absatz 1 Nr. 1 StGB) oder die gewerbsmäßige Suizidbegleitung (§ 217 StGB) aus.

 

3. Gewinnerzielungsabsicht

Die Absicht zur Gewinnerzielung ist ein weiteres definierendes Element des Gewerbes. Es geht dabei um die Absicht, einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben zu erwirtschaften. Wichtig ist hierbei, dass es auf das subjektive Gewinnstreben ankommt und nicht darauf, ob tatsächlich ein Gewinn erwirtschaftet wird.

 

4. Außenwirkung und Selbstständigkeit

Die Tätigkeit muss nach außen gerichtet und als solche durch Dritte erkennbar sein. Zudem muss der Gewerbetreibende in der Lage sein, seine Tätigkeit und Arbeitszeit im Wesentlichen frei zu gestalten, nicht weisungsgebunden zu sein und das unternehmerische Risiko zu tragen.

 

5. Selbstständigkeit

Die Selbstständigkeit kennzeichnet die freie Gestaltung der eigenen Tätigkeit und Arbeitszeit durch den Gewerbetreibenden, was eine deutliche Abgrenzung zum Status des Arbeitnehmers darstellt. Im Kontext des Gewerberechts impliziert Selbstständigkeit eine Reihe von spezifischen Merkmalen, die für die Einordnung einer Tätigkeit als Gewerbe entscheidend sind.

Ein weiteres zentrales Element der Selbstständigkeit ist die Autonomie in der Entscheidungsfindung. Dieses Merkmal unterstreicht die Fähigkeit des Gewerbetreibenden, eigenständige geschäftliche Entscheidungen zu treffen und somit die Richtung und Entwicklung seines Gewerbes maßgeblich zu beeinflussen. Die Autonomie in der Entscheidungsfindung manifestiert sich in verschiedenen Aspekten der Geschäftsführung, von der Auswahl der Geschäftspartner und Kunden bis hin zur Bestimmung der Geschäftsstrategie und des Marketings. Diese Unabhängigkeit in der Entscheidungsfindung bildet einen wesentlichen Pfeiler der gewerblichen Selbstständigkeit und unterscheidet den Gewerbetreibenden deutlich von abhängig Beschäftigten, die in ihren Entscheidungen weisungsgebunden sind.

 

6. Welche Tätigkeitsbereiche fallen nicht unter die Definition des Gewerbes?

Nicht als Gewerbe gelten die Urproduktion, die Verwaltung eigenen Vermögens, freie Berufe sowie künstlerische und wissenschaftliche Tätigkeiten. Freie Berufe zeichnen sich durch besondere berufliche Qualifikationen, höhere Bildung oder schöpferische Begabung aus und sind nicht gewerblicher Natur.

 

II. Gewerberecht

Das Gewerberecht in Deutschland bildet das rechtliche Fundament für die Ausübung von Gewerbetätigkeiten und ist ein zentraler Bestandteil der Wirtschaftsordnung. Es umfasst die Gesamtheit der Rechtsnormen, die die Gründung, den Betrieb, die Überwachung und gegebenenfalls die Einstellung eines Gewerbes regeln. Ziel des Gewerberechts ist es, einen Ausgleich zwischen der unternehmerischen Freiheit und dem Schutz der Allgemeinheit sowie der Verbraucher zu schaffen. Im Folgenden werden die wesentlichen Aspekte des Gewerberechts detailliert erörtert.

Verfassungsrechtliche Verankerung und Gewerbefreiheit: Die Gewerbefreiheit in Deutschland ist als Ausprägung der Berufsfreiheit in Artikel 12 des Grundgesetzes (GG) verankert. Sie gewährleistet jedem das Recht, sein Gewerbe im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen frei zu wählen und auszuüben. Die Gewerbefreiheit unterliegt jedoch gesetzlichen Einschränkungen, die vor allem dem Schutz der Allgemeinheit und der Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit dienen.

Die Gewerbeordnung (GewO) als zentrales Gesetz: Das Kernstück des deutschen Gewerberechts ist die Gewerbeordnung (GewO), die grundlegende Bestimmungen für die Ausübung eines Gewerbes festlegt. Sie regelt unter anderem:

  • Die Anmeldung, Ummeldung und Abmeldung eines Gewerbes
  • Die Voraussetzungen für die Ausübung bestimmter Gewerbearten
  • Die Überwachung gewerblicher Tätigkeiten
  • Die Gewerbeuntersagung bei Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden

An- und Abmeldung eines Gewerbes: Jeder Gewerbetreibende ist nach § 14 Absatz 1 Satz 1 GewO verpflichtet, sein Gewerbe bei der zuständigen Behörde anzumelden. Diese Anmeldung ist Voraussetzung für die legale Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit. Bestimmte Gewerbearten erfordern darüber hinaus eine spezielle Erlaubnis oder Konzession, um betrieben werden zu dürfen. Die Abmeldung eines Gewerbes ist notwendig, wenn die gewerbliche Tätigkeit beendet wird oder sich wesentliche Betriebsbedingungen ändern.

Überwachung und Gewerbeuntersagung: Die Gewerbebehörden sind befugt, Gewerbebetriebe zu überwachen, um die Einhaltung der rechtlichen Vorschriften sicherzustellen. Bei festgestellten Verstößen kann es zu Maßnahmen wie Bußgeldern oder im Extremfall zur Untersagung der Gewerbeausübung kommen. Ein zentraler Grund für eine Gewerbeuntersagung ist die festgestellte Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, welche die ordnungsgemäße Ausübung des Gewerbes gefährdet.

Sonderregelungen für spezifische Gewerbearten: Neben der Gewerbeordnung existieren für bestimmte Gewerbearten spezielle Gesetze und Verordnungen, die zusätzliche Anforderungen und Regelungen enthalten. Dazu zählen beispielsweise das Gaststättengesetz, die Handwerksordnung oder das Personenbeförderungsgesetz. Diese Sonderregelungen berücksichtigen die spezifischen Risiken und Besonderheiten der jeweiligen Gewerbearten.

 

III. Gewerbearten: Stehendes Gewerbe, Reisegewerbe, Markgewerbe

Die Klassifizierung von Gewerbearten im deutschen Gewerberecht ist von essenzieller Bedeutung, um den rechtlichen Rahmen und die spezifischen Anforderungen für die Ausübung verschiedener gewerblicher Tätigkeiten zu verstehen. Grundsätzlich lassen sich Gewerbe in Deutschland in drei Hauptkategorien unterteilen: das stehende Gewerbe, das Reisegewerbe und das Marktgewerbe. Jede dieser Kategorien unterliegt unterschiedlichen gesetzlichen Bestimmungen und Anforderungen.

Stehendes Gewerbe: Das stehende Gewerbe umfasst alle Gewerbetätigkeiten, die an einem festen Standort ausgeübt werden. Dazu gehören beispielsweise Ladenlokale, Werkstätten, Büros oder Fabriken. Gewerbetreibende, die ein stehendes Gewerbe betreiben, müssen ihr Gewerbe bei der zuständigen Gemeinde anmelden, § 14 Absatz 1 Satz 1 GewO. Für bestimmte Arten von stehenden Gewerben kann zusätzlich eine spezielle Erlaubnis oder Konzession erforderlich sein, etwa für Gaststätten, Handwerksbetriebe oder bestimmte Dienstleistungsunternehmen. Die Anforderungen und die Notwendigkeit einer Genehmigung richten sich nach der spezifischen Art des Gewerbes und den damit verbundenen Risiken oder öffentlichen Interessen.

Reisegewerbe: Das Reisegewerbe bezeichnet Gewerbetätigkeiten, die nicht von einer festen Betriebsstätte aus, sondern umherziehend oder von wechselnden Standorten aus durchgeführt werden. Typische Beispiele sind der Verkauf von Waren auf Märkten, Messen oder direkt an der Haustür sowie das Anbieten von Dienstleistungen wie Handwerksarbeiten an wechselnden Orten. Für das Reisegewerbe ist in der Regel eine Reisegewerbekarte erforderlich, die bei der zuständigen Behörde beantragt werden muss. Diese Karte dient als Nachweis, dass der Gewerbetreibende zur Ausübung des Reisegewerbes berechtigt ist.

Marktgewerbe: Das Marktgewerbe umfasst speziell die Teilnahme an Veranstaltungen wie Wochenmärkten, Jahrmärkten, Spezialmärkten oder Messen. Diese Gewerbeform zeichnet sich durch den temporären Charakter der Verkaufsstätte aus. Die Teilnahme an solchen Märkten ist häufig an die Erteilung einer Markterlaubnis gebunden, die von den Veranstaltern oder den zuständigen kommunalen Behörden erteilt wird. Marktgewerbetreibende profitieren von der Gelegenheit, ihre Waren oder Dienstleistungen einem breiten Publikum anzubieten, unterliegen jedoch auch den spezifischen Regeln und Vorschriften, die für die jeweilige Marktveranstaltung gelten.

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