(1) Wer die Körperverletzung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Im Strafrecht spielt die genaue Klassifikation von Delikten eine entscheidende Rolle. Unterschiedliche Kategorien von Körperverletzungen haben verschiedene rechtliche Konsequenzen und Strafen. Die gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 StGB liegt hierbei zwischen der leichten Körperverletzung (§ 223 StGB) und der schweren Körperverletzung (§ 226 StGB). In diesem Artikel betrachten wir den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung und seine Anwendung im deutschen Recht.
Die gefährliche Körperverletzung ist als eine Qualifikation der einfachen Körperverletzung zu betrachten. Sie wird angewendet, wenn das Strafmaß für eine leichte Körperverletzung als zu gering, für eine schwere Körperverletzung jedoch als zu hoch erscheint. Neben der fahrlässigen Körperverletzung zählt die gefährliche Körperverletzung zu den häufigsten Körperverletzungsdelikten.
Es gibt gemäß § 224 StGB fünf verschiedene Möglichkeiten der Tatbegehung:
Der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung kann auch erfüllt sein, wenn eine Person durch eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verletzt wird.
Eine weitere Form der gefährlichen Körperverletzung ist der hinterlistige Überfall. Es geht dabei nicht um einen spontanen Angriff, sondern um eine Tat, die planmäßig ausgeführt wird, sodass das Opfer vollkommen unvorbereitet ist. Das bloße Ausnutzen eines Überraschungseffekts reicht hierfür nicht aus.
Es ist interessant festzustellen, dass die gemeinschaftliche Begehung einer Körperverletzung, selbst wenn sie als einfach anzusehen wäre, bereits den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung erfüllen kann. Das Gesetz betrachtet den gemeinschaftlichen Angriff von mehreren Personen aufgrund der erhöhten Gefährlichkeit für das Opfer als besonders verwerflich. Es ist wichtig zu betonen, dass nicht alle beteiligten Personen tatsächlich handgreiflich werden müssen.
Definition: Mindestens zwei Beteiligte wirken am Tatort zusammen, wobei nicht alle körperlich angreifen müssen. Es genügt, wenn einer das Opfer festhält, während ein anderer die Verletzung ausführt.
Auch hier gibt es Spielraum für Interpretationen. Eine Behandlung, die objektiv dazu geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen, wird als lebensgefährlich betrachtet. Ein Beispiel hierfür ist das Schubsen eines Opfers von einem hohen Gerüst. Selbst wenn das Opfer nur geringfügige Verletzungen erleidet, wird die Handlung als gefährliche Körperverletzung gewertet, da das potenzielle Risiko schwerer Verletzungen besteht.
Die Norm zur lebensgefährdenden Behandlung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB ist in der Rechtslehre und Praxis Gegenstand intensiver Diskussionen, insbesondere bezüglich der Auslegung dessen, was als “lebensgefährdende Behandlung” zu verstehen ist. Hierbei stehen zwei Ansichten im Vordergrund:
1. Konkrete Lebensgefahr
Nach dieser Auffassung muss durch die Handlung eine spezifische, konkrete Lebensgefahr für das Opfer entstanden sein. Dies bedeutet, dass die durchgeführte Handlung tatsächlich eine Situation herbeigeführt haben muss, in der das Leben des Opfers unmittelbar bedroht war. Der Täter muss dabei den Vorsatz haben, eine Handlung durchzuführen, die konkret lebensbedrohlich ist.
Beispiel: Ein Täter stößt das Opfer absichtlich in ein tiefes Gewässer, obwohl bekannt ist, dass das Opfer nicht schwimmen kann. Hier entsteht eine konkrete Lebensgefahr durch Ertrinken.
2. Abstrakte Lebensgefahr
Die Gegenauffassung vertritt die Meinung, dass es ausreichend ist, wenn die Behandlung generell geeignet ist, das Leben zu gefährden, auch wenn im konkreten Fall keine unmittelbare Lebensgefahr entstand. Hierbei muss der Vorsatz des Täters lediglich die allgemeine Gefährlichkeit der Handlung umfassen.
Beispiel: Ein Täter wirft Steine von einer Autobahnbrücke auf fahrende Autos. Auch wenn kein konkretes Opfer getroffen wird oder unmittelbar lebensbedrohliche Verletzungen entstehen, ist das Verhalten geeignet, lebensgefährliche Situationen herbeizuführen.
Juristische Debatte und Rechtsprechung
Die juristische Debatte konzentriert sich darauf, ob der Schutz des potenziellen Opfers durch die Annahme einer abstrakten Lebensgefahr besser gewährleistet wird oder ob es gerechter ist, eine tatsächliche und unmittelbare Gefahr zu fordern.
Die Rechtsprechung tendiert dazu, eine eher weit gefasste Definition anzunehmen, um den Schutz der Opfer zu maximieren. Dabei wird oft argumentiert, dass die abstrakte Gefahr, die eine Handlung darstellt, ausreichend ist, um den Tatbestand der lebensgefährdenden Behandlung zu erfüllen. Dies wird unter anderem mit dem hohen Rechtsgut des Lebens begründet, das geschützt werden soll.
Das Strafmaß für die gefährliche Körperverletzung nach § 224 StGB ist nicht zu unterschätzen. Bei einer Verurteilung droht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. In minder schweren Fällen beträgt das Strafmaß immer noch zwischen drei Monaten und fünf Jahren. Erschwerend kommt hinzu, dass bereits der Versuch strafbar ist.
Bei der Festsetzung des genauen Strafmaßes werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, darunter der Tathergang, der Vorsatz oder die Fahrlässigkeit des Täters. In einigen Fällen kann selbst eine geplante, aber nicht durchgeführte Handlung zu einer Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung führen, wie es bei einem geplanten, aber nicht ausgeführten Amoklauf der Fall war [LG Bonn, 24.11.2009, 28 KLs 18/09]. Es ist zudem wichtig zu erwähnen, dass die Opfer von gefährlichen Körperverletzungen Rechtsansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld haben.
Abgrenzung zur schweren Körperverletzung
Während § 224 StGB die Mittel und Umstände der Tatbegehung betont, fokussiert sich § 226 StGB (schwere Körperverletzung) auf die schwerwiegenden Folgen der Tat, wie z.B. den Verlust des Sehvermögens.
Eine der wichtigsten Verteidigungen gegen den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung ist die Notwehr oder die Nothilfe gemäß § 32 StGB. Wenn jemand in einer Situation handelt, um einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff auf sich oder eine andere Person abzuwehren, und das eingesetzte Mittel als notwendig und angemessen erachtet wird, kann dies als Rechtfertigungsgrund dienen. Dies bedeutet, dass die Handlung zwar objektiv rechtswidrig, aber wegen der Notwehrsituation nicht strafbar ist.
Unter bestimmten Umständen kann die Einwilligung des Opfers eine Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung ausschließen. Dies kann in Fällen von beispielsweise sportlichen Aktivitäten relevant sein, bei denen Verletzungen erwartet werden können, wie beim Boxen oder bei gewissen Martial Arts. Allerdings ist die Einwilligung nicht immer ein Freifahrtschein. Bei besonders schweren Verletzungen oder wenn die Einwilligung als sittenwidrig angesehen wird, bleibt die Strafbarkeit bestehen.
In einigen Fällen kann ein Täter-Opfer-Ausgleich, bei dem der Täter die Verantwortung für seine Tat übernimmt und sich mit dem Opfer versöhnt, dazu führen, dass die Strafe gemildert wird oder von einer Strafverfolgung abgesehen wird. Dies kann insbesondere in Fällen relevant sein, in denen die Parteien einander kennen und die Strafverfolgung dem Opfer weiteren Schaden zufügen würde.
Die Straftat der gefährlichen Körperverletzung wird im deutschen Strafrecht ernst genommen und hat schwerwiegende Konsequenzen. Es verfolgt das Ziel, den Schutz des Einzelnen vor gefährlichen Eingriffen in seine körperliche Integrität zu gewährleisten. Aber auch die Täter haben Rechte und können sich auf diverse Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe berufen.
Jeder, der mit dem Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung konfrontiert wird, sollte sich anwaltlichen Rat einholen. Gleiches gilt für Opfer, die ihre Rechte und Ansprüche geltend machen möchten. Nur ein erfahrener Strafverteidiger oder Opferanwalt kann die Besonderheiten des Einzelfalls bewerten und eine geeignete Verteidigungsstrategie oder Rechtsdurchsetzung entwickeln.
Es bleibt zu hoffen, dass das Bewusstsein für die Schwere dieser Straftat und die damit verbundenen Konsequenzen zu einem rücksichtsvolleren Miteinander in der Gesellschaft beiträgt. Das Strafrecht bietet den Rahmen, aber letztlich liegt es an jedem Einzelnen, mit Respekt und Fürsorge gegenüber seinen Mitmenschen zu handeln.
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