Ein Vertrag ist das Fundament rechtlicher Beziehungen. Ob Kaufvertrag, Mietvertrag oder Werkvertrag – die Frage, ob ein Vertrag zustande gekommen ist, hängt von der Einhaltung bestimmter Grundvoraussetzungen ab. Die sogenannten essentialia negotii, also die „wesentlichen Vertragsbestandteile“, spielen hierbei eine zentrale Rolle. Ohne sie ist ein Vertrag nichtig, eine bloße Willenserklärung ohne bindende Wirkung.
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Die essentialia negotii bilden den notwendigen Kern eines Vertrags. Ohne sie ist ein Vertrag juristisch nicht existent, da er keine bindende Wirkung entfalten kann. Dieser Kern unterscheidet sich je nach Vertragsart, doch seine Bedeutung ist stets gleich: die Sicherstellung der Rechtssicherheit und der Durchsetzbarkeit des Vertrags.
Die gesetzliche Verankerung der essentialia negotii findet sich in den §§ 145 ff. BGB, die das Zustandekommen eines Vertrags durch Angebot und Annahme regeln. Dabei müssen sowohl das Angebot als auch die Annahme die essentialia negotii beinhalten. Dies garantiert, dass sich die Parteien über die wesentlichen Punkte des Vertrags geeinigt haben. Ohne diese Einigung fehlt es an einem Konsens, und der Vertrag kommt nicht zustande.
Das zentrale Prinzip hierbei ist die Bestimmtheit: Ein Angebot muss so klar formuliert sein, dass der Empfänger es durch ein einfaches „Ja“ annehmen kann.
Fehlt die Gegenleistung oder bleibt sie völlig unbestimmt, kann der Vertrag unwirksam sein. Allerdings erlaubt das BGB in einigen Fällen, dass die Gegenleistung durch gesetzliche Vorschriften bestimmt wird (§ 612 Absatz 2 BGB, § 632 Absatz 2 BGB).
Wenn eines der essentialia negotii fehlt, entsteht kein Vertrag. Ein Vertrag, dem wesentliche Bestandteile fehlen, wird rechtlich als „Nicht-Rechtsgeschäft“ angesehen. Es fehlt nicht nur an der Wirksamkeit, sondern bereits an der Existenz eines Vertrags.
Beispiel: Ein Mietvertrag ohne Benennung der Mietsache ist nichtig. Ein Kaufvertrag ohne Preisangabe kann hingegen wirksam sein, wenn sich der Preis aus objektiven Kriterien ergibt (z. B. dem Marktwert).
Der Kaufvertrag (§§ 433 ff. BGB) ist wohl die gängigste Vertragsform und begegnet uns im Alltag ständig – sei es beim Kauf eines Brötchens oder eines Hauses. Die essentialia negotii eines Kaufvertrags umfassen:
Beispiel: Wenn Sie ein Auto kaufen, müssen die Vertragsparteien (Käufer und Verkäufer), das Fahrzeug (Kaufsache) sowie der Kaufpreis schriftlich oder mündlich festgelegt werden. Ohne diese drei Punkte gibt es keinen Kaufvertrag.
Ein Mietvertrag (§§ 535 ff. BGB) regelt die Überlassung einer Sache gegen Zahlung einer Miete. Auch hier müssen die wesentlichen Vertragsbestandteile bestimmt sein:
Eine Besonderheit ergibt sich bei der Festlegung der Miete. Nach § 535 BGB kann die genaue Höhe der Miete auch später bestimmt werden, wenn sich die Parteien auf ein geeignetes Kriterium geeinigt haben. Beispiel: „Die Miete beträgt den ortsüblichen Vergleichsmietpreis gemäß § 558 BGB.“
Der Werkvertrag (§§ 631 ff. BGB) unterscheidet sich vom Kauf- oder Mietvertrag durch die Verpflichtung zur Herstellung eines bestimmten Werks. Die essentialia negotii lauten:
Beispiel: Ein Maler wird beauftragt, eine Wand zu streichen. Die Parteien (Maler und Auftraggeber), die zu streichende Wand (Werkleistung) und der vereinbarte Preis (Vergütung) müssen festgelegt sein.
Im Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB) verpflichtet sich der Dienstverpflichtete zur Erbringung einer Tätigkeit. Der Arbeitsvertrag, eine Unterform des Dienstvertrags, hat ähnliche Anforderungen:
Besonders im Arbeitsrecht sind detaillierte Regelungen üblich, doch für das Zustandekommen genügt die Festlegung dieser drei Punkte.
Während die essentialia negotii die unverzichtbaren Kernbestandteile eines Vertrags darstellen, erweitern die accidentalia negotii dessen Regelungsumfang um zusätzliche Vereinbarungen. Sie sind jedoch keine zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Vertrags. Ihre Bedeutung liegt in der Flexibilisierung und individuellen Anpassung eines Vertrags an die Bedürfnisse der Vertragsparteien.
Der Begriff accidentalia negotii stammt ebenfalls aus dem Lateinischen und bedeutet „zufällige Punkte eines Geschäfts“. Anders als die essentialia negotii betreffen sie keine unverzichtbaren Bestandteile des Vertrags, sondern stellen fakultative Regelungen dar, die durch die Parteien individuell vereinbart werden können. Ihre Funktion liegt darin, den Vertrag über die gesetzlichen Regelungen hinaus zu präzisieren oder zu ergänzen.
Diese Nebenabreden können auf die konkrete Ausgestaltung des Vertrags Einfluss nehmen, haben jedoch keinen Einfluss auf dessen Zustandekommen. Fehlen sie, bleibt der Vertrag dennoch gültig, solange die essentialia negotii erfüllt sind.
Die essentialia negotii sind das Herzstück jedes Vertrags und garantieren, dass aus bloßen Willenserklärungen eine rechtlich bindende Vereinbarung wird. Ob beim Kauf eines Brötchens oder beim Abschluss eines Millionenprojekts – die Parteien, der Gegenstand und die Gegenleistung müssen festgelegt sein. Nur so wird ein Vertrag rechtlich wirksam und erfüllt die Anforderungen der §§ 145 ff. BGB.
Bitte unbedingt folgenden Haftungsausschluss bzgl. des Rechtslexikons beachten.