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Was ist eine Ersatzvornahme? Gesetzliche Grundlagen (VOB und BGB), praktische Hinweise, Anwendungsbereiche und Beispiele

Die Ersatzvornahme wird häufig genutzt, wenn ein Bauunternehmen seiner Verpflichtung zur Mängelbeseitigung nicht nachkommt. Dieser Beitrag erläutert die gesetzlichen Grundlagen, Anwendungsbereiche und praktischen Aspekte der Ersatzvornahme, insbesondere im Kontext der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG).

I. Was ist eine Ersatzvornahme?

Die Ersatzvornahme bezeichnet die Durchführung einer Handlung auf Kosten des Pflichtigen durch einen Dritten oder den Berechtigten selbst, wenn der Pflichtige diese Handlung nicht rechtzeitig oder ordnungsgemäß ausführt. Im Baurecht kommt sie häufig zur Anwendung, um Mängel an Bauwerken zu beseitigen.

Das Prinzip der Ersatzvornahme basiert darauf, dass eine Verpflichtung zur Handlung besteht, die ursprünglich von einer bestimmten Person (dem Verpflichteten) ausgeführt werden soll. Kommt diese Person ihrer Verpflichtung nicht nach, darf der Berechtigte (also die Person, die einen Anspruch auf die Handlung hat) die Handlung entweder selbst vornehmen oder einen Dritten damit beauftragen. Die dabei entstehenden Kosten werden dem Verpflichteten auferlegt. Dies soll verhindern, dass der Verpflichtete durch seine Nichterfüllung Vorteile erlangt und die Kostenlast auf den Berechtigten abwälzt.

 

II. Ersatzvornahme im Baurecht

Die Ersatzvornahme ermöglicht dem Auftraggeber, notwendige Arbeiten auf Kosten des Auftragnehmers durchführen zu lassen, wenn dieser seinen Pflichten nicht nachkommt. Im Folgenden werden die Voraussetzungen, der Ablauf sowie die verschiedenen Formen der Ersatzvornahme detailliert erläutert.

 

1. Voraussetzungen und Ablauf der Ersatzvornahme

Damit eine Ersatzvornahme durchgeführt werden kann, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt werden.

Aufforderung zur Mängelbeseitigung: Bevor eine Ersatzvornahme eingeleitet werden kann, muss der Auftraggeber den Auftragnehmer zunächst formell zur Mängelbeseitigung auffordern. Diese Aufforderung muss schriftlich erfolgen und folgende Elemente enthalten:

  • Beschreibung des Mangels: Der Auftraggeber muss den Mangel genau beschreiben und dokumentieren, um Missverständnisse zu vermeiden.
  • Setzung einer angemessenen Frist: Es muss eine konkrete Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt werden. Diese Frist muss ausreichend lang sein, damit der Auftragnehmer die Möglichkeit hat, den Mangel zu beheben. Die Angemessenheit der Frist hängt von der Art und dem Umfang des Mangels ab. Beispielsweise kann die Frist bei kleineren Mängeln wenige Tage betragen, während bei umfangreicheren Arbeiten mehrere Wochen angemessen sein können.

Verstreichen der Frist: Wenn die gesetzte Frist abgelaufen ist, ohne dass der Auftragnehmer den Mangel beseitigt hat, tritt die zweite Voraussetzung für die Ersatzvornahme ein. Der Auftraggeber kann nun die Mängelbeseitigung selbst durchführen oder einen Dritten damit beauftragen. Wichtig ist, dass der Auftraggeber den Ablauf der Frist genau dokumentiert, um im Falle eines späteren Rechtsstreits beweisen zu können, dass alle formellen Schritte eingehalten wurden.

 

2. Selbstvornahme und Fremdvornahme

Es gibt zwei Hauptformen der Ersatzvornahme im Baurecht: die Selbstvornahme und die Fremdvornahme.

Selbstvornahme: Bei der Selbstvornahme führt der Auftraggeber die Mängelbeseitigung eigenhändig durch. Dies kann sinnvoll sein, wenn der Auftraggeber über die notwendigen Fähigkeiten und Mittel verfügt, um den Mangel selbst zu beheben. Die Selbstvornahme hat folgende Merkmale:

  • Kosten: Der Auftraggeber kann die Kosten, die ihm durch die Selbstvornahme entstanden sind, vom Auftragnehmer zurückfordern. Dies umfasst Materialkosten sowie gegebenenfalls die Arbeitszeit.
  • Beweissicherung: Es ist wichtig, dass der Auftraggeber den Zustand vor und nach der Mängelbeseitigung umfassend dokumentiert, um im Streitfall nachweisen zu können, dass die Arbeiten notwendig und sachgemäß waren.

Fremdvornahme:

Bei der Fremdvornahme beauftragt der Auftraggeber ein anderes Unternehmen oder einen Handwerker mit der Beseitigung des Mangels. Diese Variante wird häufig gewählt, wenn der Auftraggeber selbst nicht die nötigen Ressourcen oder Fachkenntnisse besitzt. Die Fremdvornahme ist durch folgende Aspekte gekennzeichnet:

  • Kostenübernahme: Die Kosten für die Fremdvornahme sind ebenfalls vom ursprünglichen Auftragnehmer zu tragen. Hierzu gehören neben den reinen Arbeitskosten auch etwaige zusätzliche Kosten wie Anfahrtskosten oder Kosten für die Beschaffung von Materialien.
  • Auswahl des Drittunternehmens: Der Auftraggeber muss bei der Auswahl des Drittunternehmens wirtschaftlich vernünftig vorgehen. Er ist nicht verpflichtet, das billigste Angebot zu wählen, muss jedoch unnötig hohe Kosten vermeiden. Das beauftragte Unternehmen sollte zudem qualifiziert und zuverlässig sein.

 

3. Rechtliche Absicherung und Dokumentation der Ersatzvornahme

Ein entscheidender Punkt bei der Ersatzvornahme ist die rechtliche Absicherung durch umfassende Dokumentation. Folgende Maßnahmen sollten ergriffen werden:

  • Schriftliche Aufforderungen: Alle Aufforderungen zur Mängelbeseitigung sollten schriftlich und nachweisbar erfolgen. Idealerweise sollten diese per Einschreiben mit Rückschein versendet werden.
  • Fristsetzung: Die gesetzte Frist muss klar und unmissverständlich kommuniziert werden. Es sollte genau dokumentiert werden, wann die Frist gesetzt und wann sie abgelaufen ist.
  • Dokumentation des Mangels: Vor Beginn der Mängelbeseitigung sollte der Mangel durch Fotos, Videos oder schriftliche Berichte dokumentiert werden. Dies dient als Beweis, falls es später zu Streitigkeiten kommt.
  • Nachweis der Kosten: Bei der Selbst- oder Fremdvornahme sollten alle entstandenen Kosten detailliert aufgeführt und durch Belege nachgewiesen werden. Dazu gehören Rechnungen für Material, Arbeitszeit und eventuelle Zusatzkosten.

 

4. Praktische Tipps für Auftraggeber

Für Auftraggeber gibt es einige praktische Hinweise, um den Prozess der Ersatzvornahme möglichst reibungslos und rechtssicher zu gestalten:

  • Frühzeitige Kommunikation: Eine frühzeitige und klare Kommunikation mit dem Auftragnehmer kann oft Missverständnisse vermeiden und eine einvernehmliche Lösung ermöglichen.
  • Rechtsberatung: Bei Unsicherheiten hinsichtlich der rechtlichen Schritte sollte eine fachkundige Rechtsberatung in Anspruch genommen werden.
  • Bauprojektmanagement-Tools: Der Einsatz von digitalen Bauprojektmanagement-Tools kann die Dokumentation und Kommunikation erleichtern. Diese Tools ermöglichen es, den Fortschritt der Arbeiten zu verfolgen und alle relevanten Dokumente zentral zu speichern.

 

III. Gesetzliche Grundlagen der Ersatzvornahme

1. Ersatzvornahme nach BGB

§ 637 Selbstvornahme

(1) Der Besteller kann wegen eines Mangels des Werkes nach erfolglosem Ablauf einer von ihm zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn nicht der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht verweigert.
(2) § 323 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. Der Bestimmung einer Frist bedarf es auch dann nicht, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist.
(3) Der Besteller kann von dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen Vorschuss verlangen.

Gemäß § 637 BGB hat der Auftraggeber das Recht, nach erfolgloser Fristsetzung den Mangel selbst zu beseitigen und die notwendigen Kosten vom Auftragnehmer zurückzufordern.

Wichtige Voraussetzungen des § 637 BGB:

  1. Fristsetzung:
    • Bevor der Auftraggeber zur Selbstvornahme übergehen kann, muss er dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung setzen. Diese Frist muss so bemessen sein, dass der Auftragnehmer ausreichend Zeit hat, um den Mangel zu beheben.
    • Was als “angemessene Frist” gilt, hängt von der Art und dem Umfang des Mangels ab. Ein einfacher Mangel wie ein tropfender Wasserhahn könnte eine kürzere Frist erfordern als ein komplexer Feuchtigkeitsschaden im Keller, der umfangreichere Arbeiten nach sich zieht.
  2. Erfolglose Fristsetzung:
    • Erst wenn die gesetzte Frist erfolglos verstrichen ist, darf der Auftraggeber den Mangel selbst beseitigen oder einen Dritten damit beauftragen. Es ist wichtig, dass der Ablauf der Frist und die Untätigkeit des Auftragnehmers gut dokumentiert werden.
  3. Kostenersatz:
    • Der Auftraggeber kann die Kosten, die ihm durch die Selbstvornahme oder Fremdvornahme entstehen, vom Auftragnehmer zurückfordern. Dazu gehören Materialkosten, Arbeitskosten und eventuell anfallende Zusatzkosten wie Transport- oder Entsorgungskosten.
    • Es besteht auch die Möglichkeit, einen Vorschuss auf die zu erwartenden Kosten zu verlangen, um die finanzielle Belastung im Vorfeld abzufedern.

Praktische Umsetzung des § 637 BGB:

  • Dokumentation: Alle Schritte, von der Fristsetzung bis zur Mängelbeseitigung, sollten sorgfältig dokumentiert werden. Dies beinhaltet schriftliche Aufforderungen, Fristsetzungen und Nachweise über die entstandenen Kosten.
  • Beweissicherung: Um späteren Streitigkeiten vorzubeugen, sollten der Mangel und die durchgeführten Arbeiten umfassend dokumentiert werden, etwa durch Fotos oder Videos.

 

2. Ersatzvornahme nach VOB

Im Kontext von VOB-Verträgen finden sich die relevanten Regelungen zur Ersatzvornahme in den §§ 4 und 13 VOB/B:

§ 4 Ausführung

 

(1)

1.
Der Auftraggeber hat für die Aufrechterhaltung der allgemeinen Ordnung auf der Baustelle zu sorgen und das Zusammenwirken der verschiedenen Unternehmer zu regeln. Er hat die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Erlaubnisse — z.B. nach dem Baurecht, dem Straßenverkehrsrecht, dem Wasserrecht, dem Gewerberecht — herbeizuführen.
2.
Der Auftraggeber hat das Recht, die vertragsgemäße Ausführung der Leistung zu überwachen. Hierzu hat er Zutritt zu den Arbeitsplätzen, Werkstätten und Lagerräumen, wo die vertragliche Leistung oder Teile von ihr hergestellt oder die hierfür bestimmten Stoffe und Bauteile gelagert werden. Auf Verlangen sind ihm die Werkzeichnungen oder andere Ausführungsunterlagen sowie die Ergebnisse von Güteprüfungen zur Einsicht vorzulegen und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, wenn hierdurch keine Geschäftsgeheimnisse preisgegeben werden. Als Geschäftsgeheimnis bezeichnete Auskünfte und Unterlagen hat er vertraulich zu behandeln.
3.
Der Auftraggeber ist befugt, unter Wahrung der dem Auftragnehmer zustehenden Leitung (Absatz 2) Anordnungen zu treffen, die zur vertragsgemäßen Ausführung der Leistung notwendig sind. Die Anordnungen sind grundsätzlich nur dem Auftragnehmer oder seinem für die Leitung der Ausführung bestellten Vertreter zu erteilen, außer wenn Gefahr im Verzug ist. Dem Auftraggeber ist mitzuteilen, wer jeweils als Vertreter des Auftragnehmers für die Leitung der Ausführung bestellt ist.
4.
Hält der Auftragnehmer die Anordnungen des Auftraggebers für unberechtigt oder unzweckmäßig, so hat er seine Bedenken geltend zu machen, die Anordnungen jedoch auf Verlangen auszuführen, wenn nicht gesetzliche oder behördliche Bestimmungen entgegenstehen. Wenn dadurch eine ungerechtfertigte Erschwerung verursacht wird, hat der Auftraggeber die Mehrkosten zu tragen.

(2) 

1.
Der Auftragnehmer hat die Leistung unter eigener Verantwortung nach dem Vertrag auszuführen. Dabei hat er die anerkannten Regeln der Technik und die gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen zu beachten. Es ist seine Sache, die Ausführung seiner vertraglichen Leistung zu leiten und für Ordnung auf seiner Arbeitsstelle zu sorgen.
2.
Er ist für die Erfüllung der gesetzlichen, behördlichen und berufsgenossenschaftlichen Verpflichtungen gegenüber seinen Arbeitnehmern allein verantwortlich. Es ist ausschließlich seine Aufgabe, die Vereinbarungen und Maßnahmen zu treffen, die sein Verhältnis zu den Arbeitnehmern regeln.
(3)
Hat der Auftragnehmer Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung (auch wegen der Sicherung gegen Unfallgefahren), gegen die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder gegen die Leistungen anderer Unternehmer, so hat er sie dem Auftraggeber unverzüglich — möglichst schon vor Beginn der Arbeiten — schriftlich mitzuteilen; der Auftraggeber bleibt jedoch für seine Angaben, Anordnungen oder Lieferungen verantwortlich.
(4)
Der Auftraggeber hat, wenn nichts anderes vereinbart ist, dem Auftragnehmer unentgeltlich zur Benutzung oder Mitbenutzung zu überlassen:
1.
die notwendigen Lager- und Arbeitsplätze auf der Baustelle,
2.
vorhandene Zufahrtswege und Anschlussgleise,
3.
vorhandene Anschlüsse für Wasser und Energie. Die Kosten für den Verbrauch und den Messer oder Zähler trägt der Auftragnehmer, mehrere Auftragnehmer tragen sie anteilig.
(5)
Der Auftragnehmer hat die von ihm ausgeführten Leistungen und die ihm für die Ausführung übergebenen Gegenstände bis zur Abnahme vor Beschädigung und Diebstahl zu schützen. Auf Verlangen des Auftraggebers hat er sie vor Winterschäden und Grundwasser zu schützen, ferner Schnee und Eis zu beseitigen. Obliegt ihm die Verpflichtung nach Satz 2 nicht schon nach dem Vertrag, so regelt sich die Vergütung nach § 2 Absatz 6.
(6)
Stoffe oder Bauteile, die dem Vertrag oder den Proben nicht entsprechen, sind auf Anordnung des Auftraggebers innerhalb einer von ihm bestimmten Frist von der Baustelle zu entfernen. Geschieht es nicht, so können sie auf Kosten des Auftragnehmers entfernt oder für seine Rechnung veräußert werden.
(7)
Leistungen, die schon während der Ausführung als mangelhaft oder vertragswidrig erkannt werden, hat der Auftragnehmer auf eigene Kosten durch mangelfreie zu ersetzen. Hat der Auftragnehmer den Mangel oder die Vertragswidrigkeit zu vertreten, so hat er auch den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Kommt der Auftragnehmer der Pflicht zur Beseitigung des Mangels nicht nach, so kann ihm der Auftraggeber eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels setzen und erklären, dass er nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Vertrag kündigen werde (§ 8 Absatz 3).

(8) 

1.
Der Auftragnehmer hat die Leistung im eigenen Betrieb auszuführen. Mit schriftlicher Zustimmung des Auftraggebers darf er sie an Nachunternehmer übertragen. Die Zustimmung ist nicht notwendig bei Leistungen, auf die der Betrieb des Auftragnehmers nicht eingerichtet ist. Erbringt der Auftragnehmer ohne schriftliche Zustimmung des Auftraggebers Leistungen nicht im eigenen Betrieb, obwohl sein Betrieb darauf eingerichtet ist, kann der Auftraggeber ihm eine angemessene Frist zur Aufnahme der Leistung im eigenen Betrieb setzen und erklären, dass er nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Vertrag kündigen werde (§ 8 Absatz 3).
2.
Der Auftragnehmer hat bei der Weitervergabe von Bauleistungen an Nachunternehmer die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teile B und C zugrunde zu legen.
3.
Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber die Nachunternehmer und deren Nachunternehmer ohne Aufforderung spätestens bis zum Leistungsbeginn des Nachunternehmers mit Namen, gesetzlichen Vertretern und Kontaktdaten bekannt zu geben. Auf Verlangen des Auftraggebers hat der Auftragnehmer für seine Nachunternehmer Erklärungen und Nachweise zur Eignung vorzulegen.
(9)
Werden bei Ausführung der Leistung auf einem Grundstück Gegenstände von Altertums-, Kunst- oder wissenschaftlichem Wert entdeckt, so hat der Auftragnehmer vor jedem weiteren Aufdecken oder Ändern dem Auftraggeber den Fund anzuzeigen und ihm die Gegenstände nach näherer Weisung abzuliefern. Die Vergütung etwaiger Mehrkosten regelt sich nach § 2 Absatz 6. Die Rechte des Entdeckers (§ 984 BGB) hat der Auftraggeber.
(10)
Der Zustand von Teilen der Leistung ist auf Verlangen gemeinsam von Auftraggeber und Auftragnehmer festzustellen, wenn diese Teile der Leistung durch die weitere Ausführung der Prüfung und Feststellung entzogen werden. Das Ergebnis ist schriftlich niederzulegen.

§ 4 VOB/B behandelt die Ersatzvornahme während der laufenden Bauarbeiten. Hierbei gelten folgende Grundsätze:

  • Vertragswidrige Leistung: Wenn der Auftragnehmer während der Bauausführung eine vertragswidrige Leistung erbringt, ist er verpflichtet, diese Mängel zu beheben.
  • Fristsetzung: Der Auftraggeber muss dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung setzen. Verstreicht diese Frist ohne Erfolg, kann der Auftraggeber die Mängel auf Kosten des Auftragnehmers beseitigen lassen.
  • Vertragskündigung: Bei Verweigerung der Mängelbeseitigung durch den Auftragnehmer kann der Auftraggeber neben der Ersatzvornahme auch die Kündigung des Vertrags nach § 8 Absatz 3 VOB/B androhen.

§ 13 Mängelansprüche

 

(1)
Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber seine Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme frei von Sachmängeln zu verschaffen. Die Leistung ist zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Ist die Beschaffenheit nicht vereinbart, so ist die Leistung zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln,
1.
wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte,
sonst
2.
für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art der Leistung erwarten kann.
(2)
Bei Leistungen nach Probe gelten die Eigenschaften der Probe als vereinbarte Beschaffenheit, soweit nicht Abweichungen nach der Verkehrssitte als bedeutungslos anzusehen sind. Dies gilt auch für Proben, die erst nach Vertragsabschluss als solche anerkannt sind.
(3)
Ist ein Mangel zurückzuführen auf die Leistungsbeschreibung oder auf Anordnungen des Auftraggebers, auf die von diesem gelieferten oder vorgeschriebenen Stoffe oder Bauteile oder die Beschaffenheit der Vorleistung eines anderen Unternehmers, haftet der Auftragnehmer, es sei denn, er hat die ihm nach § 4 Absatz 3 obliegende Mitteilung gemacht.

(4) 

1.
Ist für Mängelansprüche keine Verjährungsfrist im Vertrag vereinbart, so beträgt sie für Bauwerke 4 Jahre, für andere Werke, deren Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache besteht, und für die vom Feuer berührten Teile von Feuerungsanlagen 2 Jahre. Abweichend von Satz 1 beträgt die Verjährungsfrist für feuerberührte und abgasdämmende Teile von industriellen Feuerungsanlagen 1 Jahr.
2.
Ist für Teile von maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen, bei denen die Wartung Einfluss auf Sicherheit und Funktionsfähigkeit hat, nichts anderes vereinbart, beträgt für diese Anlagenteile die Verjährungsfrist für Mängelansprüche abweichend von Nummer 1 zwei Jahre, wenn der Auftraggeber sich dafür entschieden hat, dem Auftragnehmer die Wartung für die Dauer der Verjährungsfrist nicht zu übertragen; dies gilt auch, wenn für weitere Leistungen eine andere Verjährungsfrist vereinbart ist.
3.
Die Frist beginnt mit der Abnahme der gesamten Leistung; nur für in sich abgeschlossene Teile der Leistung beginnt sie mit der Teilabnahme (§ 12 Absatz 2).

(5) 

1.
Der Auftragnehmer ist verpflichtet, alle während der Verjährungsfrist hervortretenden Mängel, die auf vertragswidrige Leistung zurückzuführen sind, auf seine Kosten zu beseitigen, wenn es der Auftraggeber vor Ablauf der Frist schriftlich verlangt. Der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel verjährt in 2 Jahren, gerechnet vom Zugang des schriftlichen Verlangens an, jedoch nicht vor Ablauf der Regelfristen nach Absatz 4 oder der an ihrer Stelle vereinbarten Frist. Nach Abnahme der Mängelbeseitigungsleistung beginnt für diese Leistung eine Verjährungsfrist von 2 Jahren neu, die jedoch nicht vor Ablauf der Regelfristen nach Absatz 4 oder der an ihrer Stelle vereinbarten Frist endet.
2.
Kommt der Auftragnehmer der Aufforderung zur Mängelbeseitigung in einer vom Auftraggeber gesetzten angemessenen Frist nicht nach, so kann der Auftraggeber die Mängel auf Kosten des Auftragnehmers beseitigen lassen.
(6)
Ist die Beseitigung des Mangels für den Auftraggeber unzumutbar oder ist sie unmöglich oder würde sie einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern und wird sie deshalb vom Auftragnehmer verweigert, so kann der Auftraggeber durch Erklärung gegenüber dem Auftragnehmer die Vergütung mindern (§ 638 BGB).

(7) 

1.
Der Auftragnehmer haftet bei schuldhaft verursachten Mängeln für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit.
2.
Bei vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachten Mängeln haftet er für alle Schäden.
3.
Im Übrigen ist dem Auftraggeber der Schaden an der baulichen Anlage zu ersetzen, zu deren Herstellung, Instandhaltung oder Änderung die Leistung dient, wenn ein wesentlicher Mangel vorliegt, der die Gebrauchsfähigkeit erheblich beeinträchtigt und auf ein Verschulden des Auftragnehmers zurückzuführen ist. Einen darüber hinausgehenden Schaden hat der Auftragnehmer nur dann zu ersetzen,
a)
wenn der Mangel auf einem Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik beruht,
b)
wenn der Mangel in dem Fehlen einer vertraglich vereinbarten Beschaffenheit besteht oder
c)
soweit der Auftragnehmer den Schaden durch Versicherung seiner gesetzlichen Haftpflicht gedeckt hat oder durch eine solche zu tarifmäßigen, nicht auf außergewöhnliche Verhältnisse abgestellten Prämien und Prämienzuschlägen bei einem im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherer hätte decken können.
4.
Abweichend von Absatz 4 gelten die gesetzlichen Verjährungsfristen, soweit sich der Auftragnehmer nach Nummer 3 durch Versicherung geschützt hat oder hätte schützen können oder soweit ein besonderer Versicherungsschutz vereinbart ist.
5.
Eine Einschränkung oder Erweiterung der Haftung kann in begründeten Sonderfällen vereinbart werden.

§ 13 VOB/B regelt die Ersatzvornahme nach Abschluss der Bauarbeiten und während der Gewährleistungszeit. Die wichtigsten Punkte sind:

  • Mängel während der Gewährleistungsfrist: Der Auftragnehmer haftet für Mängel, die während der Gewährleistungsfrist auftreten, sofern sie auf vertragswidrige Leistungen zurückzuführen sind.
  • Fristsetzung: Der Auftraggeber muss auch hier eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung setzen. Erst nach Ablauf dieser Frist ohne Erfolg darf die Ersatzvornahme erfolgen.
  • Kostenübernahme: Die Kosten für die Mängelbeseitigung durch Ersatzvornahme trägt der Auftragnehmer.

 

3. Besonderheiten der VOB/B

Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) enthält spezifische Regelungen und Besonderheiten, die bei der Durchführung einer Ersatzvornahme zu beachten sind, um rechtliche Sicherheit und eine ordnungsgemäße Mängelbeseitigung zu gewährleisten.

  • Bedenkenanmeldung: Der Auftragnehmer kann eine Bedenkenanmeldung nach § 4 Absatz 3 VOB/B einreichen, wenn er der Meinung ist, dass die vom Auftraggeber verlangte Leistung nicht ordnungsgemäß ausgeführt werden kann. In diesem Fall kann er sich von der Haftung für etwaige Mängel freizeichnen.
  • Verjährung: Der Anspruch auf Beseitigung von Mängeln verjährt zwei Jahre nach Zustellung der Mängelrüge, jedoch nicht vor Ablauf des vereinbarten Gewährleistungszeitraums (§ 13 Absatz 4 VOB/B).

 

IV. Anwendungsbeispiel der Ersatzvornahme

Beispiel aus der Praxis: Ein Bauunternehmen wird beauftragt, das Dach eines Reihenhauses zu errichten. Nach der Fertigstellung und Abnahme des Daches stellt der Bauherr fest, dass es an mehreren Stellen undicht ist und Wasser in das Gebäude eindringt. Der Bauherr dokumentiert die Mängel und fordert das Bauunternehmen schriftlich zur Mängelbeseitigung auf, wobei er eine angemessene Frist setzt.

Ablauf der Ersatzvornahme:

  1. Aufforderung zur Mängelbeseitigung:
    • Der Bauherr bemerkt und dokumentiert die undichten Stellen im Dach.
    • Er sendet eine schriftliche Mängelrüge an das Bauunternehmen und setzt eine Frist von zwei Wochen, um die Mängel zu beheben.
  2. Verstreichen der Frist:
    • Das Bauunternehmen reagiert nicht auf die Mängelrüge und die gesetzte Frist verstreicht ohne Nachbesserung.
    • Der Bauherr sendet eine Erinnerung und weist auf die bevorstehende Ersatzvornahme hin, falls keine Reaktion erfolgt.
  3. Ankündigung der Ersatzvornahme:
    • Nachdem auch die Erinnerung unbeantwortet bleibt, kündigt der Bauherr schriftlich die Ersatzvornahme an.
    • Er informiert das Bauunternehmen, dass er ein anderes Dachdeckerunternehmen mit der Reparatur beauftragen wird und die Kosten in Rechnung stellt.
  4. Beauftragung eines Dritten:
    • Der Bauherr beauftragt ein renommiertes Dachdeckerunternehmen mit der Reparatur des Daches.
    • Die Reparaturarbeiten werden durchgeführt und das Dach wird wieder dicht gemacht.
  5. Kostenaufstellung und Rückforderung:
    • Der Bauherr sammelt alle Rechnungen und Belege für die durchgeführten Arbeiten und die entstandenen Kosten.
    • Er stellt dem ursprünglichen Bauunternehmen die gesamten Kosten für die Mängelbeseitigung in Rechnung.

 

V. Ersatzvornahme in der Verwaltungsvollstreckung

Die Ersatzvornahme ist nicht nur im Baurecht, sondern auch im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung von Bedeutung und kommt dann zur Anwendung, wenn eine Person oder ein Unternehmen einer behördlichen Anordnung nicht nachkommt. Dabei unterscheiden sich die Regelungen im Zwangsvollstreckungsrecht und im öffentlichen Recht.

 

1. Zwangsvollstreckungsrecht

Im Zwangsvollstreckungsrecht wird die Verpflichtung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung durch Ersatzvornahme gemäß § 887 der Zivilprozessordnung (ZPO) durchgesetzt. Dies bedeutet, dass das Vollstreckungsgericht den Gläubiger ermächtigen kann, die Handlung auf Kosten des Schuldners durch einen Dritten vornehmen zu lassen.

  • Ermächtigung durch das Vollstreckungsgericht:
    • Der Gläubiger muss beim Vollstreckungsgericht einen Antrag auf Ermächtigung zur Ersatzvornahme stellen. Das Gericht prüft, ob die Voraussetzungen erfüllt sind und erteilt gegebenenfalls die Erlaubnis.
    • Die Ermächtigung erlaubt es dem Gläubiger, die geschuldete Handlung auf Kosten des Schuldners durch einen Dritten ausführen zu lassen.
  • Vertretbare Handlung:
    • Die Ersatzvornahme kann nur erfolgen, wenn es sich um eine vertretbare Handlung handelt, das heißt, die Handlung muss durch einen Dritten ausgeführt werden können. Beispiele hierfür sind Bauarbeiten, Reparaturen oder ähnliche Dienstleistungen.
  • Kostenübernahme:
    • Die durch die Ersatzvornahme entstandenen Kosten trägt der Schuldner. Der Gläubiger kann die entstandenen Kosten im Rahmen der Zwangsvollstreckung geltend machen und gegebenenfalls pfänden lassen.

Beispiel aus der Praxis: Ein Gericht hat in einem Nachbarschaftsstreit Herrn X dazu verurteilt, eine Mauer zwischen den Grundstücken abzureißen. Herr X kommt der Aufforderung nicht nach. Der Nachbar Y beantragt beim Vollstreckungsgericht die Ermächtigung zur Ersatzvornahme. Das Gericht erteilt die Ermächtigung, und Herr Y beauftragt ein Abrissunternehmen, das die Mauer auf Kosten von Herrn X abreißt.

 

2. Verwaltungsvollstreckung

Im öffentlichen Recht ist die Ersatzvornahme eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung, die durch das Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) geregelt wird. Hierbei wird die vertretbare Handlung durch die Behörde selbst oder einen beauftragten Dritten auf Kosten des Verpflichteten vorgenommen.

  • Vertretbare Handlung:
    • Analog zum Zwangsvollstreckungsrecht kann die Ersatzvornahme nur für vertretbare Handlungen durchgeführt werden, die durch einen Dritten vorgenommen werden können. Diese Regelung findet sich in § 10 VwVG.
    • Beispiele sind die Beseitigung von Gefahrenquellen, das Entfernen von unzulässigen Bauwerken oder die Durchsetzung von Reinigungspflichten.
  • Verfahren der Ersatzvornahme:
    • Die Behörde setzt dem Verpflichteten eine Frist zur Erfüllung der Handlung. Verstreicht diese Frist ohne Ergebnis, wird die Ersatzvornahme angedroht und anschließend durchgeführt.
    • Die Behörde kann entweder selbst tätig werden oder ein geeignetes Unternehmen mit der Durchführung beauftragen.
  • Kostenübernahme:
    • Die Kosten der Ersatzvornahme trägt der Verpflichtete. Die Behörde kann die entstandenen Kosten beim Verpflichteten geltend machen und, falls erforderlich, durch Pfändung eintreiben.

Beispiel aus der Praxis: Ein Grundstücksbesitzer weigert sich, der behördlichen Anordnung zur Entfernung eines morschen Baums nachzukommen, der eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt. Die Ordnungsbehörde setzt eine Frist zur Beseitigung und droht die Ersatzvornahme an. Nachdem die Frist ohne Ergebnis verstreicht, beauftragt die Behörde ein Gartenbauunternehmen, das den Baum auf Kosten des Grundstücksbesitzers entfernt.

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