Diese Vorschrift gibt dem Arbeitgeber das Recht, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen, solange dies nicht durch den Arbeitsvertrag oder durch kollektivrechtliche Normen, wie Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen, abschließend geregelt ist.
Das Prinzip des billigen Ermessens verlangt, dass der Arbeitgeber nicht uneingeschränkt handeln darf. Vielmehr ist er verpflichtet, bei jeder Weisung eine Interessenabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung erfordert, dass der Arbeitgeber seine betrieblichen Belange einerseits und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers andererseits berücksichtigt. Die Rechtsprechung fordert hier insbesondere, dass bei der Ausübung des Weisungsrechts alle relevanten Umstände des Einzelfalls in Betracht gezogen werden. Dies schließt persönliche Belange des Arbeitnehmers, wie gesundheitliche Einschränkungen oder familiäre Verpflichtungen, ebenso ein wie die betrieblichen Erfordernisse.
Eine weitere bedeutende Rechtsnorm, die das Direktionsrecht regelt, ist § 315 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dieser regelt das einseitige Leistungsbestimmungsrecht und stellt ebenfalls das Gebot des billigen Ermessens in den Vordergrund. So wird gewährleistet, dass der Arbeitgeber das Direktionsrecht nicht in einer Weise ausübt, die für den Arbeitnehmer unzumutbar oder unverhältnismäßig wäre.
Zusätzlich zu diesen allgemeinen Vorschriften sind im Arbeitsrecht weitere spezielle Normen zu berücksichtigen, die die Ausübung des Direktionsrechts begrenzen. So enthalten beispielsweise das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsschutzgesetz Bestimmungen, die den Schutz der Arbeitnehmer vor Überlastung gewährleisten und die Gesundheit am Arbeitsplatz sichern sollen. Diese Vorschriften setzen dem Direktionsrecht feste Schranken, indem sie die zulässige Arbeitszeit, Pausenregelungen und andere arbeitsrechtliche Mindeststandards festlegen, die der Arbeitgeber bei der Erteilung von Weisungen zu berücksichtigen hat.
Durch diese rechtlichen Vorgaben wird das Direktionsrecht des Arbeitgebers in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht: Es ermöglicht ihm die notwendige Flexibilität zur Steuerung des betrieblichen Ablaufs, gewährleistet zugleich aber den Schutz der Arbeitnehmer vor übermäßiger Inanspruchnahme und willkürlichen Anordnungen.
III. Umfang und Ausübung des Direktionsrechts
Das Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst mehrere wesentliche Aspekte der Arbeitsleistung, wobei es sich auf verschiedene Bereiche erstreckt, in denen der Arbeitgeber konkretisierende Weisungen erteilen kann. Dabei ist die Ausübung des Direktionsrechts stets an die Grenzen des Arbeitsvertrags und geltende Rechtsvorschriften gebunden.
1. Arbeitsinhalt
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich berechtigt, die näheren Details der auszuführenden Tätigkeit des Arbeitnehmers zu bestimmen, sofern diese im Arbeitsvertrag nur allgemein umschrieben sind. Je konkreter der Arbeitsvertrag jedoch die Tätigkeit definiert, desto weniger Spielraum bleibt dem Arbeitgeber bei der Ausübung seines Direktionsrechts. Wird ein Arbeitnehmer beispielsweise als „Fahrer für innerstädtische Touren“ eingestellt, kann der Arbeitgeber ihm nicht ohne Weiteres Ferntouren zuweisen, da dies nicht der vertraglichen Beschreibung entspricht. Im Gegensatz dazu könnte ein Arbeitnehmer, der lediglich als „Fahrer“ bezeichnet wird, innerhalb dieses allgemeinen Berufsbildes in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden, sofern dies den arbeitsvertraglichen Vorgaben entspricht.
Das Direktionsrecht ist daher im Hinblick auf den Arbeitsinhalts unmittelbar an den Arbeitsvertrag gebunden. Sollten Anpassungen nötig sein, muss der Arbeitgeber entweder auf eine einvernehmliche Vertragsänderung oder – in gravierenden Fällen – auf eine Änderungskündigung zurückgreifen.
2. Arbeitsort
Auch der Arbeitsort kann durch das Direktionsrecht geregelt werden, sofern dieser nicht explizit im Arbeitsvertrag festgelegt wurde. Für bestimmte Berufsbilder, etwa Außendienstmitarbeiter oder Bauarbeiter, ist eine Änderung des Arbeitsortes durch den Arbeitgeber grundsätzlich zulässig, da dies dem Wesen der Tätigkeit entspricht. Schwieriger gestaltet sich die Situation, wenn eine Versetzung in eine andere Betriebsstätte angeordnet wird, die erhebliche Auswirkungen auf das Leben des Arbeitnehmers hat, wie etwa längere Fahrzeiten oder Umzüge.
Die Rechtsprechung sieht in solchen Fällen vor, dass der Arbeitgeber bei der Ausübung des Direktionsrechts die Zumutbarkeit der Maßnahme sowie die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen muss. So wird beispielsweise die Versetzung an einen weiter entfernten Arbeitsort als unzulässig angesehen, wenn dies für den Arbeitnehmer eine unverhältnismäßige Belastung darstellt. Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) bestätigen, dass bei jeder Versetzung eine umfassende Abwägung der wechselseitigen Interessen notwendig ist.
3. Arbeitszeit
Das Direktionsrecht erlaubt es dem Arbeitgeber, die Lage der Arbeitszeit festzulegen, sofern keine abweichenden Regelungen im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder durch Betriebsvereinbarungen bestehen. Dies umfasst etwa die Festlegung von Schichtzeiten, Pausenregelungen oder auch Gleitzeit. Dabei sind jedoch zwingende gesetzliche Vorgaben, wie sie etwa im Arbeitszeitgesetz geregelt sind, zu beachten. Überstunden dürfen grundsätzlich nur dann angeordnet werden, wenn eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag vorhanden ist oder eine Notfallsituation dies erfordert.
Die Arbeitszeitgestaltung zählt zu den Bereichen, in denen das Direktionsrecht häufig in Konflikt mit den Interessen der Arbeitnehmer gerät. Deshalb unterliegt dieser Aspekt besonders strengen rechtlichen Anforderungen, die sicherstellen, dass Überlastungen oder unzumutbare Arbeitsbedingungen vermieden werden.
4. Verhalten und Ordnung im Betrieb
Neben der eigentlichen Arbeitsleistung kann der Arbeitgeber auch Anweisungen zur betrieblichen Ordnung und zum Verhalten der Arbeitnehmer erteilen. Dies umfasst beispielsweise Vorschriften zur Arbeitskleidung, etwa das Tragen von Schutzkleidung in bestimmten Branchen, oder das Rauchverbot am Arbeitsplatz. Auch Regelungen zum Verhalten gegenüber Kollegen und Kunden können im Rahmen des Direktionsrechts erlassen werden.
Die Weisungen des Arbeitgebers müssen jedoch stets im Einklang mit den Grundrechten der Arbeitnehmer stehen. Insbesondere die Religionsfreiheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht setzen dem Direktionsrecht enge Schranken. Beispielsweise ist es unzulässig, das Tragen religiöser Symbole, wie etwa eines Kopftuchs, generell zu untersagen, es sei denn, es gibt zwingende betriebliche Gründe, die in Einzelfällen überwiegen.
IV. Grenzen des Direktionsrechts
Das Direktionsrecht des Arbeitgebers findet seine Grenzen in verschiedenen rechtlichen Vorschriften, die sicherstellen, dass die Weisungen nicht zu einer Übervorteilung der Arbeitnehmer führen. Dabei gelten sowohl gesetzliche als auch tarifvertragliche und betriebliche Regelungen als bindende Schranken.
1. Gesetzliche Vorschriften
Eine der wichtigsten Grenzen des Direktionsrechts ist die Einhaltung zwingender gesetzlicher Bestimmungen. Weisungen, die gegen geltende Gesetze verstoßen, sind gemäß § 134 BGB nichtig. Dies gilt beispielsweise für Weisungen, die den Arbeitnehmer zu einem Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz anhalten, wie etwa das Überschreiten der gesetzlich festgelegten Lenkzeiten bei Fernfahrern.
Ebenso sind sittenwidrige oder diskriminierende Weisungen unzulässig. Dies ergibt sich aus § 138 BGB und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Der Arbeitgeber darf keine Weisungen erteilen, die Arbeitnehmer aufgrund ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion oder anderer geschützter Merkmale benachteiligen.
2. Billiges Ermessen
Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Begrenzung des Direktionsrechts ist das Prinzip des billigen Ermessens. Gemäß § 106 GewO und § 315 BGB muss der Arbeitgeber bei der Ausübung seines Direktionsrechts stets eine Abwägung der wechselseitigen Interessen vornehmen. Die Weisungen müssen dabei nicht nur den betrieblichen Belangen gerecht werden, sondern auch die berechtigten Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigen.
Unbillige Weisungen sind nicht rechtsverbindlich und müssen vom Arbeitnehmer nicht befolgt werden. Diese Rechtsprechung wurde durch das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil von 2017 bestätigt, das klarstellte, dass Arbeitnehmer unbillige Weisungen nicht einmal vorläufig beachten müssen (BAG, Urteil vom 18.10.2017, Az.: 10 AZR 330/16). Die Ausübung des Direktionsrechts unterliegt daher stets der gerichtlichen Kontrolle auf Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit.
3. Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 BetrVG stellt eine weitere bedeutende Grenze für das Direktionsrecht des Arbeitgebers dar. Insbesondere bei Regelungen zur Arbeitszeit und zur betrieblichen Ordnung hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber in diesen Bereichen keine Weisungen ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats erteilen darf. Dies betrifft unter anderem die Einführung von Schichtsystemen oder Rauchverboten im Betrieb.
Das Mitbestimmungsrecht stellt sicher, dass der Betriebsrat die Interessen der Arbeitnehmer in den Entscheidungsprozess einbringt und der Arbeitgeber bei der Ausübung seines Direktionsrechts nicht einseitig handelt. Kommt es zu einem Konflikt über eine Weisung, kann der Betriebsrat die Angelegenheit zur Überprüfung vor die Einigungsstelle bringen, um eine einvernehmliche Lösung zu finden.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Direktionsrecht ein bedeutendes Mittel zur Steuerung des Arbeitsverhältnisses ist, das dem Arbeitgeber eine gewisse Flexibilität einräumt. Es unterliegt jedoch klar definierten gesetzlichen und vertraglichen Grenzen, die einen ausgewogenen Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sicherstellen.
V. Direktionsrecht Arbeitgeber Beispiele
Das Direktionsrecht des Arbeitgebers erstreckt sich auf viele Aspekte der täglichen Arbeitsorganisation. Hier einige Beispiele zur Anwendung des Direktionsrechts:
- Änderung des Arbeitsorts: Ein Arbeitnehmer, der keine feste Betriebsstätte im Arbeitsvertrag hat, kann vom Arbeitgeber an einem anderen Standort des Unternehmens eingesetzt werden, sofern dies zumutbar ist und die persönlichen Belange des Arbeitnehmers berücksichtigt werden.
- Arbeitszeitgestaltung: Der Arbeitgeber kann die Schichtzeiten ändern oder Gleitzeit einführen, solange dies im Rahmen des Arbeitsvertrags und der tariflichen Regelungen möglich ist.
- Arbeitskleidung: In bestimmten Branchen, wie im Gesundheitswesen oder im Sicherheitsgewerbe, kann der Arbeitgeber vorschreiben, dass bestimmte Schutzkleidung getragen wird, um den betrieblichen Ablauf und den Schutz der Arbeitnehmer zu gewährleisten.
VI. Konsequenzen bei Nichtbefolgung einer Weisung nach dem Direktionsrecht
Die Nichtbefolgung einer rechtmäßigen Weisung durch den Arbeitnehmer kann erhebliche arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, da die Befolgung der Weisungen im Rahmen des Direktionsrechts eine vertragliche Pflicht darstellt. Der Arbeitgeber ist berechtigt, bei einer Weigerung des Arbeitnehmers, den Anweisungen zu folgen, verschiedene Sanktionen zu verhängen, die von einer Abmahnung bis hin zur Kündigung reichen können. Die konkreten Konsequenzen hängen dabei von der Schwere und den Umständen des Verstoßes ab.
- Abmahnung
In der Regel wird der Arbeitnehmer bei erstmaliger Nichtbefolgung einer rechtmäßigen Weisung zunächst abgemahnt. Eine Abmahnung dient dabei als Warnung und Hinweis auf die Konsequenzen bei wiederholtem Fehlverhalten. Sie dokumentiert das Fehlverhalten und gibt dem Arbeitnehmer die Gelegenheit, sein Verhalten zu korrigieren. Kommt es nach einer Abmahnung erneut zu einer Weigerung, kann dies die Basis für eine Kündigung darstellen.
- Kündigung
Wenn ein Arbeitnehmer trotz Abmahnung weiterhin Weisungen missachtet, kann dies zur ordentlichen Kündigung führen. Dabei ist die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zu beachten. Eine Kündigung ist nur gerechtfertigt, wenn die fortgesetzte Nichtbefolgung der Weisungen das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig stört. In besonders schwerwiegenden Fällen, beispielsweise wenn durch die Weigerung erhebliche betriebliche Schäden drohen oder sicherheitsrelevante Vorschriften verletzt werden, kann auch eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein.
- Fristlose Kündigung
Eine fristlose Kündigung kommt nur bei besonders gravierenden Verstößen in Betracht. Sie setzt voraus, dass dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist. Dies kann der Fall sein, wenn die Nichtbefolgung der Weisung zu erheblichen betrieblichen Nachteilen führt oder der Arbeitnehmer durch seine Verweigerung vorsätzlich gegen betriebliche Interessen handelt, wie etwa die Verweigerung des Tragens von vorgeschriebener Schutzkleidung in einem sicherheitsrelevanten Bereich.
- Kein Gehorsam bei unzulässigen Weisungen
Wichtig ist jedoch, dass der Arbeitnehmer nicht verpflichtet ist, einer unzulässigen Weisung Folge zu leisten. Weisungen, die gegen gesetzliche Vorschriften, tarifvertragliche Bestimmungen oder den Arbeitsvertrag verstoßen, sind nicht bindend. In solchen Fällen hat der Arbeitnehmer das Recht, die Arbeit zu verweigern, ohne dass dies arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich zieht.
Zusammenfassend zeigt sich, dass die Befolgung rechtmäßiger Weisungen des Arbeitgebers eine zentrale arbeitsvertragliche Pflicht darstellt. Verstöße hiergegen können, je nach Schwere, zu ernsthaften arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen. Gleichzeitig sind die Rechte der Arbeitnehmer jedoch durch gesetzliche Schranken geschützt, sodass unrechtmäßige Weisungen keine bindende Wirkung entfalten und auch nicht sanktioniert werden dürfen.