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ACAB – Bedeutung und strafrechtliche Beurteilung

Das Akronym ACAB, abgeleitet vom englischen Ausdruck „All Cops Are Bastards“, ist seit den 1970er Jahren ein fester Bestandteil verschiedener Gruppierungen und hat sich seither zu einem Symbol des Protests gegen staatliche Autorität entwickelt. Im deutschen Rechtsraum wirft das Zeigen oder Verwenden dieses Kürzels wiederholt die Frage auf, ob und wann es sich hierbei um eine strafbare Beleidigung gemäß § 185 StGB handelt. Dabei spielt insbesondere die Abgrenzung zwischen dem Schutz der Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Absatz 1 GG und dem Schutz der persönlichen Ehre eine entscheidende Rolle.

I. Was bedeutet ACAB?

Die Abkürzung ACAB steht für „All Cops Are Bastards“, was auf Deutsch etwa „Alle Polizisten sind Bastarde“ oder “Alle Polizisten sind Schweine” bedeutet. Dieses Akronym entstand im englischen Sprachraum und wurde besonders durch die Gefängniskultur in Großbritannien verbreitet, wo Insassen das Kürzel als Protest gegen die Autoritäten auf ihre Haut tätowierten. Im Laufe der Zeit wurde ACAB zu einem international verbreiteten Symbol, das vor allem in bestimmten Jugendsubkulturen wie dem Punk, bei Hooligans, Ultras und in der Skinhead-Szene Anklang fand.

ACAB steht nicht nur für eine Ablehnung der Polizei als Institution, sondern symbolisiert oft auch eine generelle Rebellion gegen staatliche Machtstrukturen und gesellschaftliche Normen. In diesen Subkulturen wird die Polizei als Vertreter des Systems angesehen, das es zu bekämpfen gilt. Dabei dient ACAB als eine Art gemeinsames Identifikationsmerkmal, das den Zusammenhalt innerhalb dieser Gruppen stärkt und deren Unzufriedenheit mit der gesellschaftlichen Ordnung ausdrückt.

In den 1970er und 1980er Jahren fand ACAB auch in der Musikszene Eingang, insbesondere im Oi!-Punk und Hardcore-Punk, wo Bands wie die 4-Skins aus London und die deutsche Punkband Slime Lieder mit dem Titel “ACAB” veröffentlichten. Diese musikalische Verbreitung trug dazu bei, dass die Parole über die Grenzen Großbritanniens hinaus bekannt wurde und sich in verschiedenen subkulturellen Kreisen etablierte.

Parallel entwickelten sich neben der ursprünglichen Bedeutung auch alternative Deutungen und Codierungen von ACAB. Beispielsweise wird es in manchen Kreisen als „1312“ verschlüsselt, wobei die Zahlen den jeweiligen Buchstaben im Alphabet entsprechen. In der linken Szene gibt es auch Backronyme wie „All Colors Are Beautiful“, um dem Begriff eine weniger aggressive Bedeutung zu verleihen und ihn gleichzeitig vor einer strafrechtlichen Verfolgung zu schützen.

Insbesondere im Bereich des Fußballs ist ACAB besonders präsent. Hier nutzen Ultras und Hooligans das Kürzel, um ihre Ablehnung gegenüber der Polizei, die in Stadien und bei Fanmärschen oft massiv präsent ist, zum Ausdruck zu bringen. ACAB-Banner, Graffiti und Kleidung mit diesem Aufdruck sind in und um Fußballstadien weit verbreitet und sorgen immer wieder für Spannungen zwischen Fans und Polizeikräften. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Vereine lehnen das Zeigen von ACAB-Symbolen in Stadien strikt ab und fordern die Entfernung solcher Banner. Auch in Demonstrationskontexten wird ACAB häufig genutzt, um gegen Polizeieinsätze zu protestieren. Die Parole taucht auf Transparenten, als Graffiti an Hauswänden oder in Sprechchören auf.

 

II. Rechtliche Einordnung von ACAB

In der deutschen Rechtsprechung wird die Frage, ob ACAB als Beleidigung strafbar ist, kontrovers diskutiert. Der zentrale Punkt der juristischen Diskussion dreht sich um die Frage, ob die Verwendung des Kürzels ACAB als Beleidigung nach § 185 StGB strafbar ist oder ob sie durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gemäß Artikel 5 Absatz 1 GG geschützt wird. Die Beurteilung hängt dabei maßgeblich von der Art und Weise ab, wie und in welchem Kontext die Abkürzung verwendet wird.

 

1. Strafbarkeit und die Problematik der Kollektivbeleidigung

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob durch die Verwendung von ACAB die Ehre einer Person oder eines Kollektivs verletzt wird. Nach deutschem Strafrecht ist eine Beleidigung gemäß § 185 StGB ein Angriff auf die Ehre einer anderen Person durch die Kundgabe von Missachtung oder Nichtachtung. Diese Missachtung kann sich auf eine Einzelperson oder auf eine Gruppe von Personen beziehen.

Bei ACAB handelt es sich um eine sogenannte Kollektivbezeichnung, die sich auf die gesamte Gruppe der Polizisten bezieht. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Beleidigung eines Kollektivs grundsätzlich möglich ist, wenn das Kollektiv hinreichend individualisierbar und abgrenzbar ist. Dies bedeutet, dass die beleidigende Äußerung auf eine konkret bestimmte Gruppe von Personen abzielen muss, die in ihrer Größe und Zusammensetzung überschaubar ist. Ein typisches Beispiel wäre die Beleidigung einer bestimmten Polizeieinheit oder der Polizisten, die an einem bestimmten Einsatz beteiligt sind.

Wird jedoch eine sehr große oder unbestimmte Gruppe, wie „alle Polizisten“ weltweit oder landesweit, pauschal als „Bastarde“ bezeichnet, fällt dies in der Regel nicht unter den Tatbestand der Beleidigung. Die Gerichte argumentieren hier zum Teil, dass eine solche pauschale Aussage nicht die notwendige Spezifität aufweist, um einzelne Polizisten persönlich in ihrer Ehre zu verletzen. Ein solcher allgemeiner Angriff auf die Polizei als Institution wird eher als Ausdruck einer allgemeinen Ablehnung und nicht als gezielte Beleidigung interpretiert.

 

2. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Mai 2016

Ein besonders bedeutsamer Fall zur rechtlichen Einordnung von ACAB war die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Mai 2016 (Az.: 1 BvR 2150/14). In diesem Fall hatte ein Fußballfan während eines Stadionbesuchs eine Hose mit der deutlich sichtbaren Aufschrift ACAB getragen. Ein bei dem Spiel eingesetzter Polizist fühlte sich dadurch beleidigt, was zur Anzeige führte und in den unteren Instanzen zu einer Verurteilung wegen Beleidigung führte.

Das Bundesverfassungsgericht stellte jedoch fest, dass die Verwendung des Kürzels ACAB in diesem Kontext nicht ohne weiteres als strafbare Beleidigung angesehen werden könne. Es führte aus, dass das Tragen der Aufschrift im Stadion zwar eine allgemeine Ablehnung der Polizei ausdrücke, dies jedoch als Meinungsäußerung nach Artikel 5 Absatz 1 GG zu werten sei. Die bloße Möglichkeit, dass Polizisten die Aufschrift sehen und sich dadurch angesprochen fühlen könnten, reiche nicht aus, um eine hinreichend konkrete Beleidigung zu konstruieren.

Wichtig ist hier das Argument des Gerichts, dass eine Beleidigung nur dann strafbar ist, wenn sie sich auf eine klar abgrenzbare und individualisierbare Personengruppe bezieht. Im konkreten Fall war diese Voraussetzung nicht gegeben, da die im Stadion anwesenden Polizisten nicht als klar abgrenzbare Gruppe angesehen wurden. Das Gericht betonte, dass es verfassungsrechtlich unzulässig sei, eine auf eine allgemeine Gruppe bezogene Äußerung als Beleidigung zu behandeln, nur weil eine Teilgruppe dieser allgemeinen Gruppe anwesend ist.

 

3. Weitere relevante Entscheidungen und die Bedeutung des Kontexts

Neben der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gibt es weitere Urteile, die die strafrechtliche Bewertung von ACAB im Detail behandeln. Ein in dem Zusammenhang wichtiges Urteil stammt vom Oberlandesgericht Stuttgart, das am 23. Juni 2008 (Az.: 1 Ss 329/08) entschied, dass der Ausruf „ACAB“ in Richtung eines einzelnen Polizisten als Beleidigung strafbar ist, wenn die Äußerung gezielt auf diesen Beamten abzielt. In diesem Fall hatte ein Jugendlicher einem Polizisten „ACAB“ zugerufen und dabei mit dem Finger auf ihn gezeigt. Das Gericht sah hierin eine gezielte persönliche Herabsetzung des Polizisten, die den Tatbestand der Beleidigung nach § 185 StGB erfüllte.

Dies verdeutlicht, dass die strafrechtliche Bewertung von ACAB stark kontextabhängig ist. Eine pauschale Verwendung des Kürzels wird in der Regel nicht als strafbare Beleidigung gewertet, während eine gezielte und individualisierte Verwendung sehr wohl strafrechtliche Konsequenzen haben kann. Die Gerichte müssen in jedem Fall eine genaue Abwägung zwischen dem Schutz der persönlichen Ehre und dem Recht auf freie Meinungsäußerung vornehmen, wobei der spezifische Kontext, in dem ACAB verwendet wird, entscheidend ist.

 

4. Die Rolle der Meinungsfreiheit

Ein zentrales Element in der Diskussion um die Strafbarkeit von ACAB ist das Spannungsverhältnis zwischen Meinungsfreiheit und Ehrschutz. Artikel 5 Absatz 1 GG garantiert das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, welches jedoch gemäß Art. 5 Absatz 2 GG durch die allgemeinen Gesetze, wie das Strafrecht, eingeschränkt werden kann. Die Rechtsprechung betont, dass bei der Auslegung von § 185 StGB immer auch die Meinungsfreiheit zu berücksichtigen ist.

Insbesondere bei Äußerungen, die pauschal gegen eine staatliche Institution wie die Polizei gerichtet sind, wird häufig ein besonderer Schutz durch die Meinungsfreiheit eingeräumt. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass die Kritik an staatlichen Institutionen, selbst wenn sie provokativ oder polemisch ist, grundsätzlich durch die Meinungsfreiheit gedeckt sein kann, solange sie nicht die Schwelle zur Schmähkritik überschreitet oder die Menschenwürde verletzt.

 

III. ACAB Tattoo und ähnliche Formen der Kundgabe

Die rechtliche Bewertung von ACAB-Tattoos und anderen Formen der Kundgabe wie Kleidung und Accessoires mit dieser Aufschrift ist ein wiederkehrendes Thema in der deutschen Rechtsprechung. Zentral ist dabei die Frage, ob das bloße Tragen eines ACAB-Tattoos oder das Zeigen der Abkürzung auf Kleidung in der Öffentlichkeit als strafbare Beleidigung nach § 185 StGB gewertet werden kann.

Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass die bloße Sichtbarkeit dieser Aufschrift nicht automatisch eine strafbare Beleidigung darstellt. Entscheidend ist, ob eine konkrete Provokation oder Beleidigung einer klar individualisierbaren Gruppe von Polizisten vorliegt.

In einem wichtigen Beschluss vom 17. Mai 2016 (1 BvR 2150/14) entschied das Bundesverfassungsgericht, dass das Tragen einer Hose mit der Aufschrift ACAB während eines Fußballspiels nicht ohne weiteres als strafbare Beleidigung anzusehen ist. Das Gericht betonte, dass eine Äußerung wie ACAB nur dann strafrechtlich relevant wird, wenn sie auf eine spezifische, abgrenzbare Gruppe von Polizisten abzielt. Der bloße Umstand, dass Polizisten diese Aufschrift sehen könnten, reicht nicht aus, um eine strafbare Beleidigung anzunehmen. Diese Entscheidung verdeutlichte den Schutz der Meinungsfreiheit, insbesondere dann, wenn die Aussage als allgemeiner Protest und nicht als gezielte Beleidigung einzelner Polizisten verstanden wird.

Ein weiteres Beispiel für die rechtliche Einordnung solcher Kundgaben liefert der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Juni 2017 (Az.: 1 BvR 2832/15). In diesem Fall trug ein Demonstrationsteilnehmer einen Stoffbeutel mit der Aufschrift ACAB und einem Bild eines Kätzchens mit der Aufschrift „All Cats Are Beautiful“. Das Gericht entschied, dass selbst eine provokative Zurschaustellung dieses Beutels vor Polizeikräften nicht zwangsläufig als strafbare Beleidigung gewertet werden kann, sofern keine direkte Individualisierung der betroffenen Polizisten vorliegt.

Diese Urteile verdeutlichen, dass ACAB-Tattoos oder ähnliche Formen der Kundgabe nicht per se eine strafbare Beleidigung darstellen, sondern immer im Kontext betrachtet werden müssen. Solange keine gezielte Provokation oder Beleidigung einer konkret bestimmbaren Gruppe von Polizisten vorliegt, bleibt der allgemeine Ausdruck von Missachtung gegenüber der Polizei in den meisten Fällen durch die Meinungsfreiheit gedeckt.

 

IV. ACAB Strafe: Wann droht eine Verurteilung?

Die Frage, ob und in welchem Umfang eine Strafe für die Verwendung des Kürzels ACAB droht, hängt maßgeblich vom Kontext der Äußerung und der Auslegung durch die Gerichte ab.

Eine Strafbarkeit wegen Beleidigung durch das Zeigen oder Rufen von ACAB ist in Situationen möglich, in denen die Abkürzung gezielt gegen eine klar definierbare Gruppe von Polizisten verwendet wird. Ein klassisches Beispiel dafür wäre das Beschmieren eines Polizeiautos mit der Parole ACAB. In diesem Fall kann davon ausgegangen werden, dass sich die Beleidigung direkt gegen die Polizisten richtet, die diesem Fahrzeug zugeordnet sind, was eine individuelle Herabsetzung darstellt.

In solchen Fällen kann eine Geldstrafe verhängt werden, die sich nach den Umständen des Einzelfalls und der Schwere der Tat richtet. In schwerwiegenden Fällen, insbesondere bei wiederholten oder besonders gravierenden Beleidigungen, kann auch eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr drohen.

Ebenso problematisch ist das laute Rufen von ACAB in Richtung einer klar identifizierbaren Gruppe von Polizisten, etwa bei einer Demonstration oder einem Fußballspiel, wenn die Polizei gezielt provoziert wird. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, ob die Äußerung als Angriff auf die persönliche Ehre der anwesenden Polizisten gewertet werden kann. Gerichte müssen daher stets den konkreten Kontext und die Umstände des Einzelfalls prüfen, um zu entscheiden, ob eine Strafbarkeit nach § 185 StGB vorliegt.

 

V. Codierungen und Alternativdeutungen

Die Verwendung von ACAB erfolgt häufig nicht in seiner offensichtlichen Form, sondern wird durch verschiedene Codierungen und Alternativdeutungen verschleiert, um einer möglichen Strafverfolgung zu entgehen. Eine gängige Methode der Codierung ist die Darstellung von ACAB als „1312“, was den Positionen der jeweiligen Buchstaben im Alphabet entspricht. Der Zweck dieser Codierung besteht darin, eine strafrechtliche Verfolgung zu erschweren, da die offensichtliche abwertende Botschaft nicht sofort erkennbar ist. Dennoch bleibt der Bezug zur ursprünglichen Bedeutung in den meisten Fällen klar, besonders für diejenigen, die mit der Symbolik vertraut sind.

Neben der Codierung durch Zahlen sind auch sogenannte Backronyme weit verbreitet. Diese Alternativdeutungen verändern den Sinngehalt der Abkürzung und sollen eine harmlosere Interpretation nahelegen. Beispiele hierfür sind „All Colors Are Beautiful“, was eine positive Botschaft der Toleranz und Vielfalt vermittelt, oder „Acht Cola Acht Bier“, eine spielerische Umdeutung, die in der deutschen Fußballfankultur teilweise verwendet wird.

Aus rechtlicher Sicht sind solche Codierungen und Alternativdeutungen jedoch problematisch, wenn der Kontext und der allgemeine Sprachgebrauch klar auf die beleidigende Bedeutung von ACAB hinweisen. Die Rechtsprechung hat wiederholt festgestellt, dass die tatsächliche Absicht hinter einer Äußerung entscheidend ist. Wenn eine Zahlencodierung wie „1312“ oder ein scheinbar harmloses Backronym in einem Kontext verwendet wird, der eindeutig auf die abwertende Bedeutung von ACAB abzielt, kann dies rechtlich unter den genannten Voraussetzungen ebenso als Beleidigung gewertet werden wie das offene Verwenden der Buchstabenfolge.

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