Parteiverbot der AfD und drohende Finanzkürzungen

Welche Instrumente gibt es zur Eindämmung der AfD?

Die jüngsten Entwicklungen rund um die AfD (Alternative für Deutschland) haben die Debatte um ein mögliches Parteiverbot der AfD sowie über Finanzkürzungen erneut entfacht, Themen, die sich durch ihre politische Brisanz und juristische Komplexität auszeichnen. Ins Rampenlicht gerückt wurde die AfD vor allem nach einem geheimen Treffen zwischen Rechtsradikalen und Politikern der AfD in Potsdam. Dieses Ereignis hat die Partei in den Mittelpunkt einer leidenschaftlichen und kontroversen Diskussion über die Grenzen politischer Meinungsäußerung und die Rolle der Parteien in unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft gerückt. Unter dem Leitspruch „Nie wieder ist jetzt“ fanden in verschiedenen deutschen Städten Demonstrationen statt, die auf eine bemerkenswerte Resonanz in der Gesellschaft stießen. Gleichzeitig erzielt die AfD, die aufgrund ihrer politischen Haltungen und Äußerungen stark umstritten ist, in Umfragen beachtliche Zustimmungsraten.

Einige Stimmen forderten vor diesem Hintergrund, ein Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zu beantragen. Gleichwohl stellt ein solches Verfahren nach Art. 21 Absatz 2 des Grundgesetzes (GG) die juristisch intensivste und komplexeste Maßnahme dar. Jenseits eines Parteiverbotes ist es daher ebenso wichtig, auch andere verfassungsrechtliche Maßnahmen zur Reaktion auf die Aktivitäten der Partei in Betracht zu ziehen. Besonders erwähnenswert ist die kürzlich ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Januar 2024 (Az.: 2 BvB 1/19), das die staatliche Parteienfinanzierung der Nachfolgerpartei der NPD („Die Heimat“) für eine Dauer von sechs Jahren ausschließt. Angesichts dieser Entwicklung beleuchtet dieser Beitrag für den Fall der AfD mögliche verfassungsrechtliche Instrumente: Er bietet einen historischen Rückblick auf bisherige Parteiverbote, untersucht die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen für ein Parteiverbot der AfD, erkundet alternative Optionen zu einem solchen Verbot und zieht Schlussfolgerungen aus diesen Erkenntnissen.

1. Gab es bereits Parteiverbote in Deutschland?

Die historische Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland zeichnet sich durch eine behutsame Balance aus – einerseits der unerschütterliche Schutz der freiheitlich demokratischen Grundordnung, andererseits die unbedingte Wahrung der politischen Meinungsfreiheit. Diese Feinjustierung der politischen Landschaft zeigt sich besonders in der Seltenheit von Parteiverboten, die sich durch ihre außergewöhnlich hohen rechtlichen Anforderungen kennzeichnen. Jene Praxis verdeutlicht das tief verwurzelte Anliegen, Parteien als essenziellen Bestandteil der Demokratie zu bewahren und zugleich die Demokratie vor ihren potenziellen Gegnern zu schützen. Die historischen Verbote der Sozialistischen Reichspartei (SRP) und der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), sowie das gescheiterte Verfahren gegen die NPD, gewähren aufschlussreiche Einsichten in die komplexen rechtlichen und verfassungsmäßigen Hürden, die solche Verfahren mit sich bringen.

Das Bundesverfassungsgericht sprach die Verbote der SRP und der KPD basierend auf der Feststellung aus, dass diese Parteien gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, wie in Artikel 21 Absatz 2 GG verankert, vorgingen. Im Falle der SRP im Jahr 1952 urteilte das Bundesverfassungsgericht (Az.: 1 BVB 1/51), dass die Partei in ihrer Ideologie und ihrem Handeln eine Fortsetzung des Nationalsozialismus darstellte, was eine unmissverständliche Gefährdung für die damals noch junge demokratische Ordnung in Deutschland bedeutete. Das Grundgesetz wurde als Reaktion auf die Erfahrungen des Nationalsozialismuses konzipiert und spiegelt somit eine konsequente Antwort auf den totalen Staat wider. Das Verbot der SRP sandte mithin eine deutliche Botschaft: Neonazistische und totalitäre Ideologien, die nicht mit den Prinzipien des Grundgesetzes vereinbar sind, sollten in der Bundesrepublik Deutschland keinen Raum finden. Kurz darauf, im Jahr 1956, folgte das Verbot der KPD, deren kommunistische Ziele ebenso nicht mit den Zielen einer freiheitlich demokratischen Grundordnung vereinbar waren. Das erklärte Ziel der KPD war es nämlich gerade, die Beseitigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu verfolgen, um diese durch ein kommunistisches System zu ersetzen. Diese Verbote illustrieren den konsequenten Schutz der demokratischen Grundordnung und die entschiedene Abwehr von Bestrebungen, die diese zu untergraben versuchen.

Das Verfahren gegen die NPD, das im Jahr 2017 zum Scheitern kam (Az.: 2 BvB 1/13), illustriert ein weiteres prägnantes Kapitel in der Geschichte der Parteiverbote in Deutschland. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die NPD nicht zu verbieten, basierte auf der Einschätzung, dass die Partei zwar verfassungsfeindliche Ziele verfolgte, jedoch als zu unbedeutend angesehen wurde, um eine reale Bedrohung für die Demokratie darzustellen. Dieses Urteil verdeutlicht eindrücklich die Komplexität und die hohen Hürden, die mit einem Parteiverbot einhergehen.

Die Zurückhaltung des Bundesverfassungsgerichts bei der Anwendung von Parteiverboten unterstreicht, dass diese als ultima ratio, also als letztes Mittel, im Schutz der Demokratie betrachtet werden. Aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts lässt sich ableiten, dass ein Parteiverbot nur dann in Erwägung gezogen wird, wenn eine Partei eine konkrete und unmittelbare Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung darstellt.

 

2. Wann würde ein Parteiverbot der AfD in Betracht kommen?

Das Verfahren zum Parteiverbot vor dem Bundesverfassungsgericht, welches in Artikel 21 Absatz 2 GG und § 46 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) verankert ist, stellt ein äußerst komplexes juristisches Unterfangen dar. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen für ein solches Verfahren sind präzise definiert und würden auch im hypothetischen Fall eines Verbotsverfahrens gegen die AfD eine minutiöse und gründliche Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht erfordern.

Nach dem Grundgesetz gilt eine Partei dann als verfassungswidrig, wenn sie in ihren Zielen oder durch das Verhalten ihrer Anhänger das Ziel verfolgt, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder abzuschaffen, oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich zu gefährden. Unter der freiheitlich demokratischen Grundordnung versteht man dabei fundamentale demokratische Prinzipien wie die Achtung der Menschenwürde, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, das Mehrparteienprinzip sowie die Chancengleichheit der politischen Parteien. Diese Ordnung zielt darauf ab, jede Form von Gewalt- oder Willkürherrschaft auszuschließen und eine rechtsstaatliche Ordnung zu gewährleisten, die auf dem Prinzip der Selbstbestimmung gemäß dem Willen der Mehrheit und basierend auf Freiheit und Gleichheit beruht.

Aus dieser rechtlichen Perspektive ergibt sich, dass für ein Parteiverbot der AfD eine deutlich aktiv kämpferische und aggressive Haltung gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung nachgewiesen werden müsste. Es reicht nicht aus, dass die Partei lediglich verfassungsfeindliche Meinungen äußert oder ideologische Positionen vertritt. Erforderlich ist vielmehr ein aktives und erkennbares Bestreben der Partei, die demokratische Grundordnung aktiv zu bekämpfen. Das Verhalten von AfD-Vertretern, insbesondere im Hinblick auf Minderheiten und andere gesellschaftliche Gruppen, könnte in diesem Kontext relevant sein. Ereignisse wie das erwähnte „Geheimtreffen“ in Potsdam, bei dem radikale Äußerungen wie Deportationswünsche gefallen sein sollen, könnten als Indizien für eine solche aktiv kämpferische und aggressive Haltung interpretiert werden. Für eine rechtliche Bewertung im Rahmen eines Verbotsverfahrens müssten jedoch nicht nur solche Aussagen und Verhaltensweisen berücksichtigt, sondern auch konkret am Maßstab des Grundgesetzes gemessen werden. Mögliche Hassreden von Parteivertretern oder auch Parteimitgliedern spielen dabei eine wesentliche Rolle. Diese Äußerungen müssen im Lichte der verfassungsrechtlichen Bestimmungen bewertet werden, um festzustellen, ob sie in der Gesamtbetrachtung tatsächlich eine aktive Bedrohung für die demokratische Ordnung darstellen. Es geht also nicht nur um die inhaltliche Bewertung der Aussagen, sondern auch um die Beurteilung ihrer Wirkung und ihres Potenzials, die freiheitlich demokratische Grundordnung konkret zu gefährden. Obwohl die Äußerungen aus der Basis der AfD in der Vergangenheit oftmals an der Grenze des Zulässigen balancierten, zeichnet sich zunehmend ein anderes Bild ab. Bei einer ganzheitlichen Betrachtung diverser Aussagen von Parteivertretern und Mitgliedern zeichnet sich die Möglichkeit ab, dass diese eine Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung darstellen.

Eine weitere entscheidende Voraussetzung für ein Parteiverbot ist, dass die betroffene Partei realistischerweise in der Lage sein muss, ihre verfassungsfeindlichen Ziele auch umzusetzen. Diese Bedingung einer realistischen Chance wurde vom Bundesverfassungsgericht im Falle des Verbotsverfahrens gegen die NPD als nicht erfüllt angesehen. Für die Bewertung der AfD wäre daher eine gründliche Analyse ihrer Parteiprogrammatik, der Reden ihrer Mitglieder sowie des Verhaltens ihrer Anhänger notwendig, um zu beurteilen, ob diese Voraussetzung gegeben ist. Insbesondere die Präsenz der AfD in verschiedenen Landesparlamenten und im Bundestag, kombiniert mit ihrer signifikanten Wählerbasis, könnte in diesem Kontext von Bedeutung sein. Die aktuellen Prognosen für die kommende Bundestagswahl und anstehende Landtagswahlen könnten ebenfalls in die Bewertung einbezogen werden, um das potenzielle Risiko, das von der Partei ausgeht, besser einschätzen zu können. Diese Analyse würde sich nicht nur auf die bloße Existenz der AfD in diversen Parlamenten stützen, sondern auch auf die Wirkung ihrer politischen Arbeit und die Einflussmöglichkeiten, die sie damit besitzt. Es geht also um die Frage, inwieweit die AfD tatsächlich in der Lage ist oder sein könnte, ihre verfassungsfeindlichen Ziele aktiv zu verfolgen und möglicherweise sogar zu realisieren. Diese Einschätzung ist komplex und erfordert eine umfassende Bewertung aller relevanten Aspekte der Parteitätigkeit und ihrer Auswirkungen auf das politische System und die Gesellschaft insgesamt. Die AfD hat in verschiedenen Kontexten eine Rhetorik verfolgt, die von vielen als radikal oder extrem angesehen wird. Dies beinhaltet unter anderem anti-immigrationsfeindliche, nationalistische und euroskeptische Positionen. Argumentiert werden könnte, dass solche Ansichten und Aussagen, vor allem wenn sie von führenden Mitgliedern der Partei stammen, eine allmähliche Erosion demokratischer und pluralistischer Werte bewirken könnten. In der vergangenen Zeit hat die AfD hat in bestimmten Regionen Deutschlands signifikante Wahlerfolge erzielt und sich als relevante politische Kraft etabliert. Diese steigende Popularität könnte potenziell dazu genutzt werden, antidemokratische Ideale weiter in den politischen Mainstream einzubringen und so den Bestand der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu gefährden. Allein die Präsenz und die Aktivitäten der AfD könnten zu einer zunehmenden Polarisierung der deutschen Gesellschaft beitragen und so das demokratische Gefüge schwächen, indem sie den Raum für gemäßigte und konsensbasierte Politik verringert. Es ist daher im Ergebnis anzunehmen, dass die AfD eine realistische Chance hat, eine weitere Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung darzustellen.

Wer könnte allerdings ein Parteiverbot der AfD überhaupt initiieren? Die Initiierung eines Parteiverbotsverfahrens ist an spezifische Bedingungen geknüpft, wie sie in § 43 Absatz 1 Satz 1 BVerGG festgelegt sind. Demnach kann ein Antrag auf Parteiverbot nur vom Bundestag, vom Bundesrat oder von der Bundesregierung gestellt werden. Sollte ein Parteiverbotsverfahren beantragt werden, folgt daraus ein umfangreiches und sorgfältiges Prüfverfahren. In einem solchen Fall würde die betroffene Partei, in diesem Beispiel die AfD, ein umfassendes Recht auf Anhörung erhalten. Dieses Recht auf Anhörung ist ein fundamentaler Bestandteil des rechtsstaatlichen Verfahrens und gewährleistet, dass die betroffene Partei ihre Sichtweise und Argumente vollständig darlegen kann. Diese Anhörung bietet der Partei die Möglichkeit, auf die vorgebrachten Vorwürfe zu reagieren und ihre Position zu verteidigen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD ein äußerst detailliertes und sorgfältiges Vorgehen erfordern würde, das die spezifischen Eigenschaften und Umstände der Partei eingehend berücksichtigt. Ein solches Verfahren stellt eine erhebliche rechtliche und politische Herausforderung dar und sollte ausschließlich auf der Grundlage strenger verfassungsrechtlicher Kriterien und nach umfassender Überlegung in Angriff genommen werden. Die Entscheidung, ein Parteiverbotsverfahren zu beantragen, sei es durch den Bundestag, den Bundesrat oder die Bundesregierung, müsste auf einer fundierten Analyse basieren, die sowohl die aktuellen Aktivitäten und Ziele der AfD als auch ihre potenzielle Bedrohung für die demokratische Grundordnung umfassend bewertet. Angesichts der jüngsten Erkenntnisse über die Ziele und das Verhalten könnte ein Parteiverbot der AfD durchaus zulässig sein und Aussicht auf Erfolg haben. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass ein Parteiverbot das “schärfste” Schwert im Schutz der demokratischen Ordnung darstellt und mit großer Vorsicht und unter strikter Beachtung der rechtsstaatlichen Prinzipien angewendet werden sollte. Die Entscheidung darüber, ob ein Parteiverbot angemessen und notwendig ist, erfordert nicht nur eine gründliche juristische Bewertung, sondern auch eine sorgfältige Abwägung der politischen Konsequenzen und der Auswirkungen auf die Gesellschaft.

 

3. Können andere rechtliche Schritte verfassungsfeindliche Aktivitäten der AfD eindämmen?

Neben einem Parteiverbot der AfD gibt es zudem alternative Maßnahmen, um gegen verfassungswidrige Bestrebungen vorzugehen.

Ein bedeutsamer und gleichzeitig differenzierter Ansatz, um gegen potenziell verfassungswidrige Aktivitäten einer Partei wie der AfD vorzugehen, ohne auf ein Parteiverbot der AfD zurückzugreifen, besteht im Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung. Dieser ist in Artikel 21 Absatz 3 GG und in § 46a BVerfGG verankert. Die Entscheidung über einen solchen Ausschluss obliegt dem Bundesverfassungsgericht und könnte im Falle der AfD angewendet werden, sofern festgestellt wird, dass die Partei potenziell in der Lage ist, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu untergraben oder sogar den Fortbestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Interessant ist hierbei, dass für den Finanzierungsausschluss nicht notwendigerweise nachgewiesen werden muss, dass die AfD ihre verfassungsfeindlichen Ziele auch erreichen könnte – ein wesentlicher Unterschied zum Parteiverbotsverfahren. Trotzdem stellt der Ausschluss von der Parteienfinanzierung ein entscheidendes und wirkmächtiges Instrument dar, da der Ausschluss eine zentrale Finanzquelle der Partei betrifft. Die Verteilung der Mittel erfolgt grundsätzlich nach § 18 Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 3 des Parteiengesetzes (PartG), wonach Parteien finanzielle Zuwendungen im Verhältnis zu ihren erzielten Stimmen bei Europa-, Bundes- oder Landtagswahlen sowie auf Basis ihrer gesammelten Spenden und Mitgliedsbeiträge erhalten. Dabei wird darauf geachtet, dass die Summe der staatlichen Zuwendungen die selbst erwirtschafteten Einnahmen der Partei nicht übersteigt, wie in § 18 Absatz 5 PartG festgelegt. Angesichts ihrer wachsenden Bedeutung und ihres Zulaufs könnte die staatliche Parteienfinanzierung für die AfD infolgedessen deutlich ansteigen. Als Beispiel: Im Jahr 2021 bezog die AfD staatliche Mittel in Höhe von etwa elf Millionen Euro. Aufgrund der dargelegten Mechanismen ist es wahrscheinlich, dass dieser Betrag in der Zukunft noch zunehmen wird.

In einer jüngsten Entscheidung setzte das Bundesverfassungsgericht ein deutliches Zeichen im Umgang mit Parteien, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen. Das Gericht befand, dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung erfüllt seien und entschied, dass „Die Heimat“, als Nachfolgerpartei der NPD, gemäß § 18 PartG für sechs Jahre von der Finanzierung ausgeschlossen wird. Diese einstimmige Entscheidung könnte richtungsweisend für ähnliche Verfahren sein, etwa in einem hypothetischen Fall eines Finanzierungsausschlusses der AfD.

Das Bundesverfassungsgericht stellte in seiner Urteilsbegründung fest, dass „Die Heimat“ auf die Ersetzung der bestehenden Verfassungsordnung abziele und die Menschenwürde jener verachte, die sie nicht als Teil ihrer definierten „deutschen Volksgemeinschaft“ ansieht. Diese Entscheidung wirft ein Schlaglicht auf die Organisationsstrukturen der Partei innerhalb nationaler und internationaler rechtsradikaler Kreise. Das Gericht stellte fest, dass die Partei sich mit Holocaust-Leugnern solidarisiert und Kampagnen zur Ausgrenzung von Ausländern führt. Letztlich deutet dieses Verhalten darauf hin, dass „Die Heimat“ aktiv gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung arbeitet.

Diese jüngste Entscheidung könnte wegweisend für die Bewertung ähnlicher Situationen auf Landes- und Bundesebene sein, einschließlich der Überlegung, ob ein ähnliches Verfahren auch gegen die AfD eingeleitet werden könnte. In seiner Urteilsbegründung erinnerte das Bundesverfassungsgericht daran, dass in einer „wehrhaften Demokratie“ der Ausschluss von Parteien aus der staatlichen Finanzierung ein legitimes und sogar notwendiges Mittel sein kann, um Parteien, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung agieren, zu sanktionieren. Dies unterstreicht die Notwendigkeit und die Verpflichtung der Regierung, solche Fälle intensiv zu prüfen und entsprechend zu handeln. Subsidiär könnte man auch ein dem Parteiverbot gegenüber vereinfachtes Vereinsverbot von parteispezifischen Vorfeld- oder Jugendorganisationen, die als rechtsextremistisch eingestuft werden, anregen. Nach Artikel 9 Absatz 2 GG sind Vereine dann verboten, wenn ihre Zwecke oder ihre Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten. Für die Partei der AfD könnte dies beispielsweise die Jugendorganisation „Junge Alternative“ betreffen. Einzelne Landesverbände der Jungen Alternative werden vom Verfassungsschutz bereits als gesichert rechtsextrem eingestuft, während die Junge Alternative auf der Bundesebene noch als Verdachtsfall gesehen wird. Die Bedeutung eines Vereinsverbots könnte immens sein und den Schutz der freiheitlich demokratischen Grundordnung fördern sowie für den Fall der AfD möglicherweise eine präventive Wirkung haben, indem es verhindert, dass solche Vereine als Plattform für die Radikalisierung und Rekrutierung neuer Mitglieder dienen. Dabei ist ein solches Vereinsverbot in der Gesamtbetrachtung deutlich simpler als ein umfassendes Parteiverbot der AfD, denn die zuständige Verbotsbehörde auf Bundesebene ist nach § 3 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 VereinsG die Bundesinnenministerin.

Ein weiteres mögliches Instrument im Umgang mit verfassungswidrigen Aktivitäten einzelner Politiker ist die Grundrechtsverwirkung gemäß Artikel 18 Satz 2 GG. Dieses Verfahren wurde kürzlich durch eine Initiative des Kampagnennetzwerks Campact ins Rampenlicht gerückt, die mittels einer Online-Petition die Bundesregierung aufforderte, einen Antrag auf Entzug bestimmter Grundrechte des AfD-Politikers Björn Höcke zu stellen. Die Petition erfuhr eine beeindruckende Resonanz und übertraf mit 1,5 Millionen Unterschriften ihr ursprüngliches Ziel von 500.000 Unterschriften bei Weitem. Das Hauptanliegen eines solchen Grundrechtsverwirkungsverfahrens ist es, die Ausübung bestimmter Grundrechte zu untersagen, falls diese zum Missbrauch gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung genutzt werden. Hierbei kann es sich nach Artikel 18 Satz 1 GG unter anderem um den Missbrauch der Meinungsäußerungs- oder Versammlungsfreiheit handeln. Die zunehmenden Forderungen nach einer Grundrechtsverwirkung bedürfen allerdings eines offiziellen Antrags, der vom Bundestag, der Bundesregierung oder einer Landesregierung gemäß § 36 BVerfGG gestellt werden muss. Obwohl dieses Verfahren eine Möglichkeit darstellt, gegen bestimmte Verstöße vorzugehen, ist es in der Praxis ein selten angewandtes und mit vielen Hürden behaftetes Instrument. Bislang gab es vier Verwirkungsverfahren, in denen die Anträge in allen Fällen bereits im Vorverfahren abgelehnt wurden.

Es ist jedoch ebenso von essentieller Bedeutung, Instrumente jenseits des juristischen Rahmens zu nutzen. Die Förderung von öffentlicher Aufklärung und politischer Bildung über das Staatsstruktursystem der Bundesrepublik Deutschland ist entscheidend, um das Bewusstsein für demokratische Grundwerte zu schärfen und die Bevölkerung über die Risiken und Gefahren von Rechtsextremismus aufzuklären. Der Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung, das Verbot von einzelnen Landesverbänden oder Jugendorganisationen der Partei sowie die Grundrechtsverwirkung für bestimmte Politiker stellen vielseitige Ansätze dar, die – je nach ihrer rechtlichen Zulässigkeit und Effektivität – entweder als alternative oder als sich ergänzende Maßnahmen zur Reaktion auf radikale Tendenzen innerhalb der AfD dienen können. Zudem stellt die Überwachung durch den Verfassungsschutz eine weitere wesentliche Möglichkeit dar, um verfassungsfeindliche Aktivitäten der AfD zu überwachen und zu dokumentieren. Bei einer Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ kann der Verfassungsschutz sogar zu intensiveren Mitteln greifen, wie dem Einsatz von V-Personen oder der Überwachung der Telekommunikation. Insgesamt bilden diese Instrumente ein umfassendes Repertoire an Maßnahmen, um die freiheitlich demokratischen Grundwerte der Bundesrepublik Deutschland zu wahren und zu verteidigen. Sie sind Ausdruck eines Rechtsstaates, der sowohl die Notwendigkeit des Schutzes der demokratischen Ordnung als auch die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien ernst nimmt.

 

4. Fazit: Was spricht für ein Parteiverbot der AfD?

In einer Demokratie wie der der Bundesrepublik Deutschland kann ein Parteiverbot der AfD zwar zulässig sein, doch stellt es in diesem Kontext die äußerste Maßnahme dar (ultima ratio). Angesichts des wachsenden Zuspruchs, den die AfD in Teilen der Bevölkerung erfährt und der damit einhergehenden Herausforderungen für die etablierten demokratischen Kräfte, ist die Frustration über die Nutzung von Steuergeldern zur Unterstützung einer als demokratiefeindlich wahrgenommenen Partei nachvollziehbar. Daher ist eine sorgfältige Prüfung angebracht, ob der Ausschluss von der Parteienfinanzierung Aussicht auf Erfolg haben könnte.

Andererseits darf das verfassungsrechtlich noch intensivere Parteiverbotsverfahren nicht als Automatismus verstanden werden, selbst wenn die Voraussetzungen möglicherweise zunächst objektiv gegeben scheinen. Die Entscheidung über ein Parteiverbot der AfD erfordert eine differenzierte juristische Abwägung, die weit über eine politische Bewertung hinausgeht. Ein solches Verfahren sollte daher nicht als repressives Werkzeug, sondern als präventive Maßnahme verstanden werden, die sich auf potenzielle zukünftige Gefahren für die freiheitlich demokratische Grundordnung konzentriert. Sollte das Bundesverfassungsgericht auf Antrag der Bundesregierung, des Bundesrates oder des Bundestages zu dem Schluss kommen, dass die AfD gemäß § 46 Absatz 1 BVerfGG verfassungswidrig ist, bleibt die Frage der langfristigen Wirksamkeit eines solchen Verbots offen. Es besteht das Risiko, dass sich Anhänger und Vertreter der Partei nach einem Verbot neu formieren und ihre Ziele in anderer Form weiterverfolgen, was paradoxerweise zu einer Stärkung dieser Kräfte führen könnte.

Das Dilemma, vor dem eine wehrhafte Demokratie steht, ist das Abwägen zwischen dem Schutz gegen politische Kräfte, die ihre grundlegenden Werte und Prinzipien möglicherweise untergraben, und dem Erhalt der demokratischen Vielfalt. Zur Lösung dieses Dilemmas sieht das Grundgesetz Instrumente vor, die vor dem Hintergrund der faschistischen Terrorherrschaft der Nazi-Diktatur bezwecken, dass Toleranz für Intoleranz nicht zur Abschaffung jeglicher Toleranz führt (sog. Toleranz-Paradoxon). Ein Parteiverbot der AfD wäre allerdings ein komplexes und langwieriges Unterfangen, das möglicherweise erst Jahre später, jedenfalls wohl nach der nächsten Bundestagswahl 2025, zu einer endgültigen rechtlichen Klarheit führen würde. Die historischen Beispiele und rechtlichen Hürden deuten darauf hin, dass ein Parteiverbotsverfahren nur unter außergewöhnlichen Umständen und strengen Voraussetzungen erfolgreich sein kann. Zuerst sollte, wie im Fall der Nachfolgepartei der NPD geschehen, der Ausschluss von der Parteienfinanzierung in Erwägung gezogen werden und kurzfristig sollten alternative Maßnahmen ergriffen werden, um effektiv gegen verfassungswidrige Bestrebungen innerhalb der AfD vorzugehen. Dennoch bleibt es unabdingbar, die AfD auf lange Sicht einer umfassenden verfassungsrechtlichen Überprüfung, etwa im Rahmen eines Parteiverbotsverfahrens, zu unterziehen. Eine solche tiefgreifende Überprüfung ist notwendig, um alle relevanten Aspekte eines möglichen Parteiverbots der AfD zu erfassen und dadurch die Integrität der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland zu sichern.

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