Nachtarbeit ist für viele Branchen unverzichtbar, birgt aber erhebliche Herausforderungen. Neben gesundheitlichen Risiken und sozialer Isolation bringt Nachtarbeit eine körperliche und geistige Belastung mit sich. Um diese auszugleichen, steht Arbeitnehmern in Deutschland ein Nachtzuschlag zu, dessen gesetzliche Regelungen klar im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) festgelegt sind. Dieser Beitrag erklärt, ab wann der Nachtzuschlag greift, wie er berechnet wird und welche steuerlichen Vorteile es gibt.
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Nach § 2 Absatz 3 ArbZG liegt Nachtarbeit dann vor, wenn Arbeitnehmer regelmäßig mindestens zwei Stunden in der Zeit zwischen 23 Uhr und 6 Uhr arbeiten. Diese Zeitspanne wird gesetzlich als “Nachtzeit” bezeichnet. Eine Ausnahme gilt für bestimmte Branchen wie Bäckereien und Konditoreien: Hier beginnt die Nachtzeit bereits um 22 Uhr und endet um 5 Uhr.
Der Gesetzgeber erkennt damit an, dass das Arbeiten in diesen Stunden eine besondere Belastung für den natürlichen Biorhythmus darstellt und mit gesundheitlichen und sozialen Beeinträchtigungen verbunden sein kann. Die Störung des Tag-Nacht-Rhythmus führt zu einer erhöhten Belastung der Mitarbeitenden, die sowohl körperliche als auch psychische Folgen haben kann.
Gleichwohl wird nicht jede Arbeitsstunde in den Abend- oder frühen Morgenstunden automatisch als Nachtarbeit vergütet. Ein gesetzlicher Anspruch auf Nachtzuschlag besteht nur dann, wenn zwei wesentliche Kriterien erfüllt sind:
Das bedeutet, dass gelegentliche Arbeitseinsätze in der Nachtzeit, wie etwa Überstunden an einem einzigen Abend, nicht automatisch zur Zahlung eines Nachtzuschlags berechtigen. Erst wenn ein Arbeitnehmer die oben genannten Voraussetzungen erfüllt, entsteht der Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich oder einen entsprechenden Freizeitausgleich, wie es § 6 Absatz 5 ArbZG vorsieht.
Zwar schreibt das Arbeitszeitgesetz keinen festen Betrag oder Prozentsatz vor, doch verlangt es in § 6 Absatz 5 ArbZG eine „angemessene“ Vergütung oder einen entsprechenden Freizeitausgleich für die Nachtarbeit. Was als „angemessen“ gilt, ist in der Praxis durch richterliche Entscheidungen und tarifvertragliche Regelungen präzisiert worden.
Maßgeblich ist hier das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 9. Dezember 2015 (10 AZR 423/14), das den Standardzuschlag für Nachtarbeit auf 25 Prozent festgelegt hat. Höhere Zuschläge, etwa bei Dauernachtschichten, können nach demselben Urteil auf 30 Prozent oder mehr steigen, um die besonders belastenden Bedingungen auszugleichen.
In der gängigen Praxis hat sich ein Zuschlag von 25 Prozent auf den Bruttostundenlohn als üblich etabliert, insbesondere für Arbeitszeiten, die zwischen 23 Uhr und 6 Uhr liegen. Dieser Satz wird in den meisten Arbeitsverträgen und Tarifverträgen als Ausgleich für die besonderen Anforderungen an die Nachtarbeit festgelegt. Der Zuschlag ist nicht nur ein finanzieller Anreiz, sondern ein Ausgleich für die körperliche und psychische Belastung, die durch die Arbeit während der biologisch festgelegten Ruhezeiten entsteht.
Beispielrechnung für den Standardzuschlag:
Angenommen, Ihr Bruttostundenlohn beträgt 20 Euro und Sie arbeiten sechs Stunden in der Nachtzeit, dann ergibt sich der 25-prozentige Zuschlag wie folgt:
20 € (Stundenlohn) x 6 Stunden x 1,25 (Zuschlag) = 150 €
Das bedeutet, für sechs Stunden Nachtarbeit erhalten Sie insgesamt 150 Euro, was 30 Euro mehr ist als bei einer regulären Tagesschicht.
Unter besonderen Umständen kann der Nachtzuschlag auch höher ausfallen. In Situationen, in denen die Nachtarbeit als besonders belastend gilt, wie etwa bei Dauernachtschichten oder bei Arbeitsbedingungen, die eine höhere körperliche oder geistige Beanspruchung erfordern, wird oft ein Zuschlag von 30 Prozent oder sogar 40 Prozent gewährt. Hier greift die Logik, dass Arbeitnehmer, die dauerhaft nachts tätig sind, einem erhöhten gesundheitlichen Risiko ausgesetzt sind und daher stärker kompensiert werden müssen.
Beispielrechnung für den erhöhten Zuschlag:
Wenn Ihr Stundenlohn weiterhin 20 Euro beträgt und Sie dauerhaft in der Nacht arbeiten, dann würde der erhöhte Nachtzuschlag von 30 Prozent wie folgt berechnet:
20 € x 6 Stunden x 1,30 (Zuschlag) = 156 €
Sie erhalten in diesem Fall für sechs Stunden Nachtarbeit 156 Euro, was einen um 36 Euro höheren Verdienst darstellt als bei regulärer Tagarbeit.
Eine Ausnahme bei der Berechnung des Nachtzuschlags betrifft Zeiten, in denen Arbeitnehmer zwar während der Nachtzeit zur Verfügung stehen, jedoch keine aktive Arbeit leisten. Hier spricht man von Bereitschaftsdienst oder Arbeitsbereitschaft. Für solche Dienste, bei denen die Arbeitsbelastung niedriger ist, kann der Zuschlag reduziert werden. Der Gesetzgeber hat anerkannt, dass die Belastung im Bereitschaftsdienst im Vergleich zur aktiven Arbeitszeit geringer ist, was sich auch auf den Zuschlag auswirkt.
Wie hoch der Nachtzuschlag in solchen Fällen ausfällt, ist in der Regel individuell im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag festgelegt. Häufig wird der Zuschlag auf unter 25 Prozent abgesenkt, wobei die genaue Höhe von den jeweiligen Arbeitsbedingungen abhängt. In Branchen mit hohem Bereitschaftsanteil, wie etwa dem Gesundheitswesen oder der Feuerwehr, kommen solche Regelungen häufig zum Tragen.
Ein besonderer Anreiz für die Nachtarbeit besteht in den steuerlichen Vorteilen des Nachtzuschlags. Diese Vorteile sind in § 3b Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt und bieten Arbeitnehmern wie auch Arbeitgebern finanzielle Erleichterungen. Unter bestimmten Voraussetzungen bleiben die Zuschläge für Nachtarbeit steuerfrei, was den finanziellen Anreiz für Arbeit zu unüblichen Zeiten deutlich erhöht.
§ 3b EStG legt fest, dass Nachtzuschläge bis zu 25 Prozent des Bruttostundenlohns steuerfrei sind, solange der Grundlohn 50 Euro pro Stunde nicht übersteigt. Diese Steuerbefreiung gilt für Nachtarbeit, die zwischen 23 Uhr und 6 Uhr geleistet wird – also in dem gesetzlich definierten Zeitraum der Nachtarbeit. Besonders attraktiv ist dies für Arbeitnehmer, deren Lohn in diesen Bereichen steuerlich begünstigt wird, und für Arbeitgeber, die so ohne zusätzliche Abgaben höhere Gehälter zahlen können.
Zusätzlich sieht das Gesetz vor, dass für bestimmte Zeiten während der Nachtarbeit ein höherer steuerfreier Zuschlag möglich ist. Dies betrifft vor allem die Arbeit in der besonders belastenden Phase zwischen 0 Uhr und 4 Uhr.
Um die körperliche und psychische Belastung durch nächtliche Arbeit besser zu kompensieren, sind die steuerlichen Begünstigungen für Zuschläge, die während der Nachtzeit geleistet werden, gestaffelt:
Diese Staffelung sorgt dafür, dass die Zuschläge in den besonders belastenden Nachtstunden noch attraktiver sind. Der erhöhte steuerfreie Zuschlag von 40 Prozent greift also dann, wenn die Arbeit bereits am Vorabend, vor 24 Uhr, begonnen hat und in die Kernnachtzeit von 0 Uhr bis 4 Uhr hineinragt. Dies berücksichtigt, dass Arbeiten in dieser Phase des natürlichen Ruhebedarfs eine zusätzliche Belastung für den Körper darstellt.
Ein besonders hoher steuerfreier Zuschlag von 50 Prozent greift, wenn die Nachtarbeit auf einen Sonntag fällt. Fällt die Arbeit zusätzlich auf einen gesetzlichen Feiertag, können sich diese Steuerbefreiungen weiter steigern, je nach Arbeitszeit und -bedingungen. Dies gilt besonders für gesetzlich festgelegte Feiertage wie Weihnachten oder den 1. Mai, an denen noch höhere steuerfreie Zuschläge bis zu 150 Prozent möglich sind, wenn diese Arbeit in die Nachtzeit fällt.
Damit die Steuerbefreiung greift, gibt es klare Voraussetzungen, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber beachten müssen:
Neben der Steuerfreiheit ist auch die Sozialversicherungsfreiheit ein wesentlicher Vorteil für Nachtzuschläge. Diese gilt für Nachtzuschläge bis zu einem Grundlohn von 25 Euro pro Stunde. Liegt der Stundenlohn über diesem Betrag, fällt der übersteigende Teil in die Sozialversicherungspflicht. Dies senkt die Abgabenlast sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber deutlich, insbesondere in Branchen mit regelmäßiger Nachtarbeit wie dem Gesundheitswesen, der Logistik oder der Industrie.
In einigen Branchen, wie der Metall- und Elektroindustrie, kann der Nachtzuschlag bereits ab 20 Uhr fällig werden. Dies wird häufig durch Tarifverträge geregelt. Prüfen Sie daher, ob in Ihrem Arbeits- oder Tarifvertrag eine solche Regelung vorgesehen ist.