Ein eigenes Zuhause – für viele mehr als nur ein Wunsch, sondern ein Lebensziel. Doch die Realität macht diesen Traum oft schwer greifbar: Hohe Immobilienpreise, mangelndes Eigenkapital und strenge Kreditvergaberichtlinien sind große Hürden. Inmitten dieser Herausforderungen scheint der Mietkauf ein verlockender Ausweg zu sein. Schritt für Schritt vom Mieter zum Eigentümer – ohne die finanzielle Last eines klassischen Immobilienkredits? Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein.
Doch hinter dieser scheinbaren Brücke ins Eigenheim lauern Fallstricke. Verbraucherschützer warnen vor den Risiken dieses Modells: Die langfristige Bindung kann schnell zur finanziellen Belastung werden, insbesondere wenn unvorhergesehene Kosten oder insolvente Verkäufer ins Spiel kommen. Prominente Fälle wie die Insolvenz der Geno Wohnbaugenossenschaft, bei der zahlreiche Anleger ihr Geld verloren, zeigen eindrücklich, wie wichtig ein rechtssicherer Vertrag und fundierte Beratung sind.
Der Mietkauf bietet Chancen – aber nur für diejenigen, die sich der Risiken bewusst sind und sorgfältig planen. Es ist ein Modell, das keinen Platz für Impulsentscheidungen lässt, sondern einen klaren Kopf und eine langfristige Strategie verlangt. Wo verläuft die Grenze zwischen verheißungsvoller Möglichkeit und gefährlichem Abenteuer? Es lohnt sich, genauer hinzusehen.
Table of Contents
I. Was ist Mietkauf?
Der Mietkauf ist ein Hybridmodell, das zwei grundlegende Immobilienkonzepte – Mieten und Kaufen – miteinander verknüpft. Für viele Menschen, die sich den direkten Kauf einer Immobilie nicht leisten können, scheint er eine Brücke ins Eigenheim zu sein. Doch was genau bedeutet Mietkauf und wie funktioniert er?
Mietkauf: Eine Kombination aus Mietvertrag und Kaufvertrag
Im Kern besteht der Mietkauf aus einem Doppelvertrag: dem Mietvertrag und dem Kaufvertrag. Käufer mieten zunächst eine Immobilie und zahlen monatliche Mieten. Ein Teil dieser Zahlungen wird auf den Kaufpreis angerechnet, der restliche Betrag bleibt als Mietzins beim Verkäufer. Dieses Modell ermöglicht es, die Immobilie schrittweise zu finanzieren, ohne sofort eine vollständige Baufinanzierung abschließen zu müssen.
Der Prozess beginnt häufig mit einer Anzahlung, die in der Regel zwischen 10 % und 20 % des Kaufpreises liegt. Während der Mietphase, die meist 10 bis 20 Jahre dauert, reduziert sich der Kaufpreis durch die angerechneten Mietanteile. Am Ende der Mietzeit bleibt oft eine sogenannte Restkaufsumme, die entweder bar gezahlt oder durch eine klassische Finanzierung gedeckt werden kann. Erst nach vollständiger Zahlung wird der Mietkäufer juristischer Eigentümer.
Mietkauf Haus und Mietkauf Wohnung: Unterschiede oder Einheit?
Unabhängig davon, ob es sich um ein Haus oder eine Wohnung handelt, ist der Ablauf des Mietkaufs nahezu identisch.
- Beim Mietkauf eines Hauses profitieren Käufer von der Möglichkeit, die gesamte Immobilie zu nutzen – vom Garten bis hin zu Nebenflächen wie Garagen oder Kellerräumen. Hier sind jedoch häufig höhere Kosten für Instandhaltung und Modernisierung zu erwarten, da der Käufer ab Vertragsbeginn wirtschaftlicher Eigentümer wird. Oftmals können auch Problembereiche mit Ihren Nachbarn entstehen. Was beim Grillen auf dem Balkon oder im Garten erlaubt ist, erfahren Sie in unserem Artikel zu Rechte, Pflichten und Tipps beim Grillen.
- Beim Mietkauf einer Wohnung liegt der Fokus eher auf dem Wohnraum selbst. Gemeinschaftsflächen wie Treppenhäuser oder Außenanlagen unterliegen in der Regel den Regeln der Eigentümergemeinschaft, was die Rechte und Pflichten der Mietkäufer etwas einschränken kann. Hier ist es wichtig, sich an festgelegte Vorgaben zu halten und Pflichten klar zu verstehen. Mehr dazu finden Sie in unserem Beitrag zu Erhaltungsmaßnahmen in der Wohnungseigentümergemeinschaft.
Für wen eignet sich ein Mietkauf?
Der Mietkauf richtet sich vor allem an Personen, die:
- Kein oder wenig Eigenkapital besitzen: Der Mietkauf erlaubt den schrittweisen Erwerb ohne eine hohe Anfangsinvestition.
- Schwierigkeiten mit der Kreditaufnahme haben: Selbstständige, Freiberufler oder Menschen mit unregelmäßigen Einkommen profitieren davon, dass der Mietkauf oft ohne Bankfinanzierung auskommt.
- Immobilien vor dem Kauf testen möchten: Mietkäufer können die Immobilie und ihr Umfeld vor der endgültigen Kaufentscheidung ausgiebig kennenlernen.
II. Wie funktioniert Mietkauf?
Der Mietkauf beginnt nicht mit dem Einzug in die Traumimmobilie, sondern mit einem Vertrag, der alles bestimmt: von den monatlichen Zahlungen bis zum möglichen Eigentumsübergang. Das Fundament bildet der Mietkaufvertrag – und dieser verlangt Präzision und Weitsicht.
Der Kern: Ein Vertrag, der alles regelt
Ein Mietkaufvertrag ist notariell zu beglaubigen und wird individuell ausgestaltet. Im Einzelnen legt er unter anderem fest:
- Die Miethöhe: Hier wird entschieden, wie viel der monatlichen Zahlungen auf den Kaufpreis angerechnet wird und was als reiner Mietzins beim Verkäufer verbleibt.
- Der Kaufpreis: Dieser wird von Anfang an verbindlich festgelegt – eine Garantie gegen zukünftige Preisschwankungen, aber auch ein potenzielles Risiko, falls sich der Marktwert der Immobilie negativ entwickelt.
- Die Laufzeit: Zwischen 10 und 20 Jahren, manchmal länger. Dieser Zeitraum ist entscheidend für die finanzielle Planung der Käufer.
Doch der Vertrag klärt noch mehr: Wer zahlt Schönheitsreparaturen bei Auszug? Was passiert bei einer Insolvenz des Verkäufers? Gibt es Rücktrittsmöglichkeiten oder Mitspracherechte bei baulichen Veränderungen? Jeder dieser Punkte kann zum Dealbreaker werden.
Zwei Wege, ein Ziel
Mietkauf ist nicht gleich Mietkauf. Zwei Modelle prägen den Markt – jedes mit seinen eigenen Regeln und Zielgruppen:
- Der klassische Mietkauf:
Hier herrscht Verbindlichkeit. Käufer verpflichten sich von Beginn an, die Immobilie zu erwerben. Das gibt Planungssicherheit, lässt aber keinen Spielraum, falls sich Lebensumstände oder finanzielle Möglichkeiten ändern. - Der Optionskauf:
Flexibilität steht im Vordergrund. Käufer erhalten die Option, sich nach der Mietphase für oder gegen den Kauf zu entscheiden. Doch diese Freiheit hat oftmals ihren Preis: Die Miete ist oft höher, und nicht genutzte Optionen führen zum Verlust der geleisteten Zahlungen.
Ein Szenario aus dem echten Leben
Nehmen wir Familie Müller. Ihr Traum: ein Haus auf dem Land, 300.000 Euro Kaufpreis. Da die Baufinanzierung aufgrund schwankender Einkünfte nicht in Frage kommt, entscheiden sie sich für den Mietkauf:
- Anzahlung: 60.000 Euro (20 % des Kaufpreises).
- Monatliche Miete: 1.250 Euro, davon werden 80 % (1.000 Euro) auf den Kaufpreis angerechnet.
- Laufzeit: 15 Jahre.
Ergebnis: Familie Müller hat nach der Mietphase 180.000 Euro durch die Miete abbezahlt. Bleibt die Restkaufsumme von 60.000 Euro, die entweder aus Ersparnissen oder durch eine ergänzende Finanzierung beglichen wird.
Das klingt machbar – doch wehe, wenn Reparaturkosten anfallen oder die Restzahlung plötzlich unüberwindbar erscheint.
III. Vor- und Nachteile im Überblick
Der Mietkauf wird oft als flexible Brücke zwischen Miete und Eigentum betrachtet, doch hinter der vermeintlichen Einfachheit verbergen sich sowohl Chancen als auch Risiken. Eine differenzierte Betrachtung ist daher unverzichtbar, um fundierte Entscheidungen treffen zu können.
Vorteile | Nachteile |
---|---|
Keine sofortige Baufinanzierung notwendig – Ideal für Menschen mit schlechter Kreditwürdigkeit. | Höhere Gesamtkosten – Mietzins, Anzahlung und Instandhaltung machen den Mietkauf teurer. Ein Beispiel: Schädlingsbefall und seine Auswirkungen als potentieller Mietmangel auf die Instandhaltungskosten |
Einstieg ohne hohes Eigenkapital – Auch mit minimalen Rücklagen ist der Immobilienkauf möglich. | Abhängigkeit vom Verkäufer – Bei Insolvenz droht der Verlust aller bisher gezahlten Beträge. |
Fixe Mietzahlungen – Schutz vor Miet- oder Zinssteigerungen während der Vertragslaufzeit. | Keine staatlichen Förderungen – Mietkäufer:innen haben keinen Zugang zu Fördermitteln. |
Immobilie testen – Immobilie und Umfeld können vor dem endgültigen Kauf ausführlich geprüft werden. | Einschränkungen bei baulichen Maßnahmen – Ohne Zustimmung des Verkäufers keine Umbauten möglich. Mehr über die Rolle des Verwalters und rechtliche Regelungen erfahren Sie in unserem Beitrag zum Verwaltervertrag in der WEG. |
Flexiblere Kreditaufnahme am Ende – Geringerer Darlehensbedarf durch angerechnete Mietzahlungen. | Verlust bei Vertragsbruch – Rücktritt oder Zahlungsverzug führen oft zu Verlust der Einlagen. |