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Artikel 7814
Stefanie Samland

Öffentliches Recht in Übersichten und Fällen

Eine Rezension zu:

Volker Haug

Staats- und Verwaltungsrecht

Fallbearbeitung, Übersichten, Schemata

4. Auflage

UTB / C.F. Müller, Heidelberg 2002, 301 Seiten, 20,90 €
ISBN 3-8252-2228-4

http://www.utb.de


Fällt es den Studenten in den Anfangssemestern im Strafrecht relativ leicht, einfache Fälle sofort zu lösen und sich die Prüfungsfolgen aus dem Gesetz herzuleiten, so ist dies im Öffentlichen Recht meist nicht der Fall. Vor allem das Staatsorganisationsrecht stellt die Anfänger vor Probleme, aber auch das Verwaltungsrecht wird oft als trocken empfunden und ergibt sich nicht von selbst. Das vorliegende Buch behandelt auf 300 Seiten die gängigen Probleme aus dem Staatsorganisationsrecht, den Grundrechten sowie dem allgemeinen Verwaltungsrecht und dem Verwaltungsprozeßrecht, soweit sie die Fallbearbeitung betreffen, hat also weniger den Anspruch eines Lehrbuchs als das eines Lernbuchs. Es richtet sich an Jura-Anfänger aus den Rechts-, Wirtschafts-, Verwaltungs- und Politikwissenschaften.

Schon beim ersten Durchblättern fallen die vielen Übersichten auf. Es finden sich ganzseitige Darstellungen, zweispaltiger Text, Prüfungsschemata, zahlreiche Beispiele und 19 Fälle, die komplett gelöst werden. Volker Haug, Dozent an der Universität Stuttgart, legt seinen Schwerpunkt nicht auf die Vermittlung von Wissen – hierzu sollen speziellere Lehrbücher herangezogen werden, auf die er in den Fußnoten jeweils mit einem kurzen Tip hinweist –, sondern auf die Vermittlung von Methoden und der juristischen Fallbearbeitungstechnik. Sein Buch ist in vier Teile aufgeteilt: Eine Einführung, ein Kapitel zur Methodik sowie je eines zum Staats- und Verwaltungsrecht.

Die Einführung ist im ersten Teil eine Art ausgedehntes Vorwort und beschreibt Zweck und Vorgehensweise des Buches. Anschließend stellt Haug anhand einer ersten Übersicht dar, welchen Standpunkt das öffentliche Recht im "Rechtskosmos" einnimmt. Anschließend werden die Abgrenzungstheorien zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht untersucht. Hier geht der Autor einen Weg, den man so in keinem anderen Lehrbuch findet. Zunächst stellt er die drei bedeutendsten Theorien, jeweils mit ihren Schwachstellen, vor. Dies wird dann auf einer Seite in einer Tabelle nochmals zusammengefaßt und mit Beispielen und Anwendungsschwierigkeiten hinterlegt. Schließlich finden sich drei ausführlicher behandelte Beispiele, die die Anwendung der Theorien verdeutlichen.

Die juristische Methodenlehre wird im Studium oft nur am Rande behandelt. Haug widmet ihr ein ganzes Kapitel, in dem er sich zuerst auf den Umgang mit Normen bezieht – hier werden Kollisionsregeln und die Prüfung von Normen und ihren Bestandteilen erläutert – und anschließend auf knapp 20 Seiten auf die Fallbearbeitungstechnik eingeht. In diesem Abschnitt bringt er den Studenten die auf den Anfänger oft "gestelzt" wirkende juristische Ausdrucksweise im Gutachtenstil und die saubere Subsumtion bei. Auch die Auslegungsregeln fehlen selbstverständlich nicht. Dies alles geschieht ständig anhand von Beispielen, so daß nicht nur die Anwendungsfelder klar werden, sondern die Leser sich auch mit der "Juristensprache" vertraut machen können.

Auch im Kapitel zum Staatsrecht beginnt der Autor erfreulich anschaulich mit einer zweiseitigen Übersicht über die Elemente des Staatsrechts als Staats- und Werteordnung. Hiermit ist dann auch schon die Aufteilung in Staatsorganisationsrecht und Grundrechte (sowie Staatsziele) erfolgt. Nach der ersten Doppelseite zum Staatsorganisationsrecht folgt dann schon wieder ein zweiseitiges Schaubild, diesmal zum Aufbau des deutschen Staates und den Organen der drei Gewalten. Und so geht es auch munter weiter: eine Doppelseite Einführung in die Verfahrensarten des Bundesverfassungsgerichts und anschließend eine stichwortartige Darstellung der Verfahren in einer übersichtlichen Tabelle. Danach folgen die ersten vier Fälle, die aus jeweils kurzen Sachverhalten und Musterlösungen, ergänzt durch erklärende Hinweise zur Fallbearbeitung in der zweiten Spalte, bestehen. Hierbei achtet Haug sehr auf die Verwendung der typischen Ausdrücke des Gutachtenstils, so daß sich die Leser ihre ersten Versuche "abgucken" und diese Sätze verinnerlichen können. Die häufigste Fallfrage in der Anfängerübung im öffentlichen Recht ist wohl die nach der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes. Daher bietet das vorliegende Buch in diesem Teil als Einstieg das entsprechende Prüfungsschema. Leider wurde in der formellen Verfassungsmäßigkeit der dritte Schritt in der Prüfungsfolge Kompetenz-Verfahren-Form zu den Formvorschriften ausgelassen. Anschließend werden die Vorschriften zur Gesetzgebungskompetenz und zum -verfahren mit Hilfe von Beispielen und Übersichten veranschaulicht und anhand der Fälle 5 und 6 gleich angewandt.

Haug fährt mit einem Abschnitt zu den Grundrechten fort. Ein normales Lehrbuch würde jetzt die einzelnen Grundrechte auf ihren materiellen Gehalt hin untersuchen, hier jedoch entfällt dieser Part und es steht eher die Prüfung von bestimmten Grundrechtsarten im Vordergrund. Dazu werden die Grundrechte in Freiheits-, Gleichheits- und Justizgrundrechte aufgeteilt und abschließend in einer Tabelle aufgezählt. Nach den Prüfungsschemata zu den einzelnen Arten sowie zur Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde werden in den Fällen Grundrechtsverletzungen geprüft. Hier werden mit Art. 3, 12 und 14 GG zwar die klausurrelevantesten Knackpunkte behandelt, für den Anfänger wäre es aber evtl. einfacher gewesen, zunächst einen leichteren Fall, z.B. aus dem Bereich des Art. 5 GG "vorgesetzt" zu bekommen.

Nach einer kurzen Einführung wendet sich Haug im Kapitel zum Verwaltungsrecht sogleich dem Verwaltungsakt und seinen Merkmalen zu. Die Ausführungen zu den Tatbestandsmerkmalen werden wiederum nochmals in einer Tabelle zusammengefaßt. Fall 11 untersucht dann bestimmte Fallkonstellationen auf das Vorliegen eines Verwaltungsaktes hin. Das gleiche Vorgehen erfolgt zu den Nebenbestimmungen eines Verwaltungsaktes. Im Anschluß lernt der Leser die möglichen Fehlerquellen eines Verwaltungsaktes kennen, Haug orientiert sich also streng an den klausurrelevantesten Themen. Auch hier finden sich zu jeder Fallösung noch Anmerkungen am Rand, die die einzelnen Prüfungsschritte erläutern. Das Ende des Buches bildet ein Abschnitt zum Gerichtlichen Rechtsschutz, in dem Haug auf die Voraussetzungen der einzelnen verwaltungsrechtlichen Klagearten eingeht und diese mit Prüfungsschemata und den letzten vier Fällen abrundet.

Gesamteindruck:
Ein Lehrbuch zum Staatsorganisationsrecht oder Verwaltungsrecht ist oft recht theoretisch. Um dies auszugleichen, kann das vorliegende fallorientierte Buch wärmstens als Begleitlektüre empfohlen werden. Hier lernt der Leser den Aufbau einer Anfänger-Klausur im öffentlichen Recht von der Pike auf kennen und kann die erworbenen Fertigkeiten sogleich an Fällen erproben. Besonders zu erwähnen sind noch die Fußnoten, in denen keine ellenlange Auflistungen von Fundstellen zu Theorienstreits zu finden sind, sondern eine kommentierte Nennung passender Lehrbücher oder auch Tips für die Fallbearbeitung. Ein Konzept, das überzeugt.

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