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"Klausurenkurs im Staatsrecht" von Christoph Degenhart    Versandkostenfrei & bequem per Rechnung bestellen Onlinebestellung bei der Fachbuchhandlung Platon
Ronald Moosburner

Mehr als nur eine neue Fallsammlung

Eine Rezension zu:

Christoph Degenhart

Klausurenkurs im Staatsrecht


C.F. Müller Verlag, Heidelberg, 2002, 319 S., 17 Euro
ISBN 3-8114-1809-2

http://www.cfmueller-campus.de


Nachdem im Strafrecht der Anfang gemacht worden war, wird die Schwerpunkte-Reihe nun auch im Staatsrecht mit einem Klausurenkurs bereichert. Verantwortlich zeichnet mit Christoph Degenhart der Autor des bewährten Werks zum Staatsorganisationsrecht in derselben Reihe. Ziel des Buches ist es, Fehler anderer Klausurensammlungen zu vermeiden und das rechte Mittelmaß zwischen der Einbindung theoretischer Überlegungen und Spezialproblemen in einem traditionell zur kasuistischen Aufsplitterung neigenden Rechtsgebiet zu finden. Zu dem galt es, ein Gleichgewicht zwischen spezifisch staatsorganisationsrechtlichen Fragen und den in einen viel breiteren Kontext eingebundenen Grundrechten herzustellen.

In einem kurz gehaltenen Allgemeinen Teil gibt das Buch zunächst Anleitung zur Gestaltung von Grundrechtsprüfungen, Fällen im Staatsorganisationsrecht und in verwaltungsrechtlichen Fragestellungen, die häufig auf staatsrechtliche Grundlagen zurückzuführen sind. Dieser Teil enthält neben Aufbauschemata zu den wichtigsten Verfahrensarten vor dem Bundesverfassungsgericht auch allgemeine Tips zur Fallbearbeitung, vom Gutachtenstil bis hin zum trotz seiner Schlichtheit oft genug übergangenen Rat, den Bearbeitervermerk gründlich zu lesen - denn überflüssiger kann man Zeit und Punkte eigentlich nicht verschenken, als durch die Beantwortung nicht gestellter Fragen. Die insgesamt 16 Fälle sind so dann nach einem einheitlichen Muster aufgebaut, in dem auf den Sachverhalt erste Vorüberlegungen folgen, auf diese eine Gliederung und eine ausführliche, mit umfangreicher Argumentation versehene Musterlösung, und am Ende ein Repetitorium, welches die wichtigsten Details noch einmal kurz ins Gedächtnis ruft. Der Schwierigkeitsgrad steigert sich rasch, nur die ersten fünf Fälle sind reine Zwischenprüfungsklausuren, dann ist jedenfalls der Umfang der Fälle bereits im Bereich des ersten Staatsexamens angesiedelt. Das heißt aber keineswegs, daß Anfänger mit diesen Fällen überfordert wären, zumal gesondert angegeben wird, welche Teile der größeren Fälle sich auch als Zwischenprüfungsklausur stellen ließen. Außerdem erreicht der Student im staatsrechtlichen Bereich typischerweise bereits zur Zwischenprüfung den auch für das Staatsexamen wesentlichen Stoff parat haben müssen. Die größeren Fälle erfordern also nicht unbedingt mehr Wissen, als vielmehr mehr Zeiteinsatz und Argumentationsaufwand.

Die ersten Fälle behandeln neben Klassikern wie der Bundestagsauflösung und der schwierigen Prüfung von Art. 14 Abs. 1 GG anläßlich eines Mietpreisbindungsgesetzes auch ganz aktuell entschiedene Probleme, etwa angelehnt an die Spielbankenentscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder an die Streitigkeiten um die Zulassung selbsternannter Kanzlerkandidaten kleiner Parteien zu Fernsehduellen. Ein ganz typischer staatsorganisationsrechtlicher Sachverhalt liegt dem sechsten Fall zugrunde, in dem es um verschiedene Änderungen im Bundeswahlgesetz und deren Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz geht. Solche Änderungen sind in erster Linie an Art. 38 GG zu messen, die Norm kann dabei in einem Spannungsverhältnis zu Art. 21 GG stehen, welches zu einem gerechten Ausgleich zu bringen ist. Letztere Problematik tritt neben den im Buch beschriebenen Beispielen insbesondere bei Vereinbarungen zwischen Abgeordneten und ihren Parteien zu Tage, die ihr Mandat berühren oder das Behaltendürfen ihrer Stellung von einem bestimmten Verhalten abhängig machen. Dazu kommen klassische Fragen mit Bezug zu Zulassungshürden für kleine Parteien, Grund- und Überhangmandate. Auch der nächste Fall beinhaltet mit dem Untersuchungsausschuß eine Problematik, die eine zentrale Stellung im Staatsorganisationsrecht einnimmt. Jedoch hat der Gesetzgeber mit der Einführung des PUAG für etliche schwierige Fragen Richtlinien aufgestellt, so daß der Student wie der sonstige Rechtsanwender angesichts des knappen Verfassungstextes nicht mehr nur auf die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts und der Landesverfassungsgerichte zu diesem Thema angewiesen ist. Die gesetzliche Regelung betrifft insbesondere die Herausgabe von Akten zwischen Bundesorganen und die Befugnisse des Ausschusses gegenüber Privaten. Noch ungeklärt ist dagegen das Verhältnis zur Landesebene, eine Problematik, die sich zuletzt etwa beim Parteispendenausschuß ergeben hat, als sich die hessische Landesregierung lange Zeit weigerte, möglicherweise belastendes Material zur CDU-Schwarzgeldaffäre an den Bundestag herauszugeben.

Ein schwieriger Fall mit Schwerpunkt im Grundrechtsbereich ist Fall 10, der eine häufig geprüfte ordnungsrechtliche Einkleidung für das Verfassungsrecht wählt. Dieser Fall dürfte allerdings Anfänger überfordern, da die Problematik ohne Vorkenntnisse in der typisch landesrechtlichen Konstellation (Aufhänger ist die sicherheitsrechtliche Generalklausel) kaum in ihrem gesamten Umfang zu überblicken ist. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Generalklauseln bzw. der auf sie gestützten Maßnahmen ist für Fortgeschrittene dagegen ein Muß, sie können von der umfangreichen Argumentation in der Musterlösung außerordentlich profitieren. Auch der folgende Fall enthält mit der vorbeugenden Unterlassungsklage gegen eine Behörde eine Spielart der Falllösung, die erst der Fortgeschrittene beherrschen wird. Der Sache nach geht es um den gerade wieder hochaktuell diskutierten Ausgleich zwischen Individualrechten, hier dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem Recht von Regierung und Behörden zur Öffentlichkeitsarbeit. Ganz typische Grundrechtsfragen behandeln die Fälle 12 und 13, nämlich die Religionsfreiheit in verschiedenen Schattierungen sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die Meinungsfreiheit, letztere angelehnt an die berühmten Entscheidungen zu Caroline von Monaco und zum "Soldaten-sind-Mörder"-Zitat. Auch die letzten Fälle enthalten ganz typische Examenskonstellationen, wobei zunächst Art. 5 GG nochmals behandelt wird, diesmal aber in der Variante der Pressefreiheit. Zum Schluß folgt noch einmal die Prüfung von Art. 14 GG, und zwar eingekleidet in eine enteignungsrechtliche Konstellation. Am Rande taucht auch die Frage der Grundrechtsfähigkeit von Gemeinden auf, welche das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich verneint, während etwa der Bayerische Verfassungsgerichtshof den Gemeinden zumindest die Berufung auf die Eigentumsgarantie (Art. 103 BV) erlaubt.

Insgesamt kann das Urteil über diese Neuerscheinung nur überaus positiv ausfallen. Sie stellt mehr dar, als nur eine Bereicherung auf dem Markt der Fallsammlungen. Selten sind Fälle so ausführlich gelöst worden, und auch die umfangreiche weitere Bearbeitung ist vorbildlich auf moderne Lern- und Arbeitstechniken abgestimmt. Das Buch sollte man vor dem Examen unbedingt durchgearbeitet haben!

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