Kriegsdienstverweigerung

Die Bundesrepublik ringt um ihre Wehrhaftigkeit – und ihre Bürger womöglich bald wieder um ihre Gewissensfreiheit. Zwischen den Schlagzeilen über russische Truppenbewegungen und den Fußnoten des Koalitionsvertrags wächst eine rechtspolitische Spannung, die juristisch alles andere als banal ist: Kehrt die Wehrpflicht zurück? Und wenn ja – wie lange bleibt uns noch das Recht, sie zu verweigern?

Was lange verlässlich schien, steht plötzlich unter atmosphärischem Vorbehalt. Der einst verfassungsrechtlich normierte Frieden, auf dem das Kriegsdienstverweigerungsrecht beruhte, wirkt angesichts neuer Sicherheitslagen wie ein politischer Glücksfall mit Ablaufdatum. Jetzt, da Pflichtfragebögen für junge Männer vorbereitet, neue Dienstpflichtmodelle diskutiert und verfassungsrechtliche Spielräume sondiert werden, droht selbst ein solches Abwehrrecht zur Dispositionsmasse sicherheitspolitischer Pragmatik zu werden. Es stellt sich daher mit neuer Dringlichkeit eine alte Frage: Was schützt mich, wenn ich nicht kämpfen will?

Die Antwort liegt im Grundgesetz. Genauer in Artikel 4 Absatz 3, denn Kriegsdienstverweigerung ist ein Grundrecht. Die Voraussetzung: das eigene Gewissen und eine Anerkennung durch das Bundesamt für Zivildienst. Doch wie beweist man etwas, das per Definition keiner objektiven Beweisführung zugänglich ist? Und wie lange wird ein solches Recht noch halten, wenn die globale politische Großwetterlage auf Sturm steht?

Dieser Beitrag richtet sich an all jene, die mit dem Gedanken spielen, den Kriegsdienst zu verweigern, egal ob aus aus pazifistischer, ethischer, religiöser oder politischer Überzeugung. Er zeigt Schritt-für-Schritt, wie der Antrag auf Kriegsdienstverweigerung funktioniert, welche juristischen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wie eine erfolgreiche Begründung aufgebaut ist – und warum man sich besser jetzt damit beschäftigt, solange das Grundrecht noch den Schutz entfaltet, den es verspricht.

Kriegsdienstverweigerung

„Das Gewissen ist die Wunde; die nie heilt, und an der keiner stirbt.“

– Friedrich Hebbel (1813–1863), deutscher Dramatiker und Lyriker

Quelle: Hebbel, Tagebücher, nach der historisch-kritischen Ausgabe von R. M. Werner, 1903–1904.

I. Rechtlicher Rahmen der Kriegsdienstverweigerung

Artikel 4 Grundgesetz

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(1) Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden.
(2) Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, kann zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden. Die Dauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des Wehrdienstes nicht übersteigen. Das Nähere regelt ein Gesetz, das die Freiheit der Gewissensentscheidung nicht beeinträchtigen darf und auch eine Möglichkeit des Ersatzdienstes vorsehen muß, die in keinem Zusammenhang mit den Verbänden der Streitkräfte und des Bundesgrenzschutzes steht.
(3) – (6) …

1. Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung

Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung aus Art. 4 Abs. 3 GG schützt jede Person davor, gegen ihr Gewissen zum Dienst mit der Waffe gezwungen zu werden. Es handelt sich nicht um eine bloße Ausprägung der Glaubensfreiheit, sondern um ein eigenständiges Grundrecht mit eigenem Anwendungsbereich.1

Es richtet sich speziell gegen den staatlichen Zwang, an der Anwendung militärischer Gewalt teilzunehmen, insbesondere am Töten im Rahmen militärischer Einsätze.

Dieses Recht steht in einem Spannungsverhältnis zu Artikel 12a GG, der die allgemeine Wehrpflicht regelt. Die Verweigerung bezieht sich insofern ausschließlich auf den Waffendienst, also den staatlichen Zwang, an der Anwendung militärischer Gewalt teilzunehmen. Deshalb verpflichtet das Gesetz anerkannte Verweigerer regelmäßig zur Ableistung eines Zivildienstes.

2. Was genau ist „Kriegsdienst mit der Waffe“?

Nicht jede Tätigkeit rund um Bundeswehr und Staatsschutz gilt juristisch als Kriegsdienst mit der Waffe. Entscheidend ist, ob ein unmittelbarer Zusammenhang zur Anwendung militärischer Gewalt besteht. Dennoch ist der Begriff des „Kriegsdienstes mit der Waffe“ weit zu verstehen. Er umfasst nicht nur den aktiven Kampfeinsatz, sondern auch vorbereitende Tätigkeiten wie die Ausbildung an der Waffe in Friedenszeiten.2 Die folgende Übersicht hilft bei der juristischen Einordnung:

Kriegsdienst verweigern

✅ Geschützt durch Art. 4 Abs. 3 GG3

  • Ausbildung an der Waffe (auch in Friedenszeiten)
  • Sanitätsdienst innerhalb der Bundeswehr
  • Logistik mit direktem Bezug zum Waffeneinsatz
  • Verwaltung in militärischen Strukturen

🚫 Nicht vom Schutzbereich umfasst4

  • Tätigkeit in der zivilen Rüstungsindustrie
  • Ziviler Katastrophenschutz
  • Verwaltung außerhalb der Bundeswehr
  • Freiwilliger Sanitätsdienst im zivilen Bereich

3. Wer ist geschützt?

Grundrechtsträger sind alle natürlichen Personen, die zum Kriegsdienst mit der Waffe herangezogen werden können – unabhängig davon, ob der Dienst freiwillig oder verpflichtend erfolgt. Auch Berufssoldaten, Reservisten, Zeitsoldaten und Freiwillige können sich auf das Grundrecht berufen.5 Juristische Personen oder Vereine sind jedoch nicht geschützt.6

Zudem können sich auch Frauen und unter bestimmten Voraussetzungen ausländische Staatsangehörige auf das Grundrecht berufen.7

4. Die Gewissensentscheidung

Zentrales Element der Kriegsdienstverweigerung ist die persönliche Gewissensentscheidung. Diese muss ernsthaft, dauerhaft und eindeutig sein – und zwar unabhängig von der konkreten Kriegssituation, der eingesetzten Waffengattung oder dem politischen Kontext8.

Nicht ausreichend ist es, sich lediglich auf politische Einstellungen, gesellschaftliche Kritik oder ökonomische Argumente zu stützen. Eine Gewissensentscheidung liegt daher nur dann vor, wenn der Dienst mit der Waffe als persönlich nicht verantwortbar erlebt wird – etwa, weil das Töten anderer Menschen mit den eigenen Überzeugungen nicht vereinbar ist.9

In Ausnahmefällen kann auch eine sogenannte situationsbedingte Verweigerung unter den Schutz fallen – etwa, wenn sich eine Person zwar grundsätzlich vorstellen kann, militärisch zu dienen, aber einen konkreten Krieg als mit ihrem Gewissen unvereinbar erlebt.10

Was ist das Gewissen?

Das Gewissen ist eine innere Instanz des Menschen, die ihm “evidente Gebote unbedingten Sollens” an den Kategorien von ‘Gut’ und ‘Böse’ vorgibt. Es entsteht unabhängig von Religion oder Weltanschauung und bildet die moralische Grundlage für persönliche Entscheidungen, die als zwingend empfunden werden – so stark, dass der Einzelne nicht dagegen handeln kann, ohne innere Not zu empfinden.11

5. Das Anerkennungsverfahren

Obwohl das Grundrecht keinen Gesetzesvorbehalt enthält, darf der Staat das Verfahren zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer ausgestalten.12 Dieses Verfahren dient der Plausibilitätsprüfung der Gewissensentscheidung – also der Frage, ob die Berufung auf das Gewissen glaubhaft und ernsthaft ist.13

Der Antrag auf Kriegsdienstverweigerung ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Karrierecenter der Bundeswehr zu stellen. Die antragstellende Person muss ihre Motive nachvollziehbar darlegen. Behörden dürfen objektivierbare Anhaltspunkte verlangen – etwa biografische Stationen, Überzeugungen oder prägende Erfahrungen, aus denen sich ein echter Gewissenskonflikt ergibt.14

Ein pauschaler Satz wie „Ich bin gegen Krieg“ genügt nicht. Ebenso wenig reichen rein politische Überzeugungen oder allgemeine pazifistische Floskeln ohne persönlichen Bezug. Wer sich jedoch intensiv mit der Problematik auseinandersetzt und glaubhaft macht, dass er aus Gewissensgründen den Dienst mit der Waffe ablehnt, erfüllt in der Regel die Voraussetzungen für die Anerkennung. Während des Anerkennungsverfahrens kann der Antragsteller nicht zur Bundeswehr eingezogen werden, solange nicht über den Antrag rechtskräftig entschieden wurde. Man spricht insofern von einer “aufschiebenden Wirkung”.

6. Eingriffe in das Kriegsdienstverweigerungsrecht

Ein Eingriff in das Grundrecht liegt bereits dann vor, wenn eine Person gegen ihren Willen zum Dienst mit der Waffe gezwungen oder in ihrer Ausübung des Grundrechts unangemessen beschränkt wird – etwa durch eine Einberufung oder Disziplinarmaßnahmen vor Abschluss des Verfahrens.15

Zulässig ist allerdings, dass der Staat die betroffene Person bis zur rechtskräftigen Anerkennung zu einem waffenlosen Dienst heranzieht – etwa im Sanitätsdienst oder in der Militärverwaltung.16

Das Verfahren selbst darf jedoch nicht so ausgestaltet sein, dass es das Grundrecht faktisch unmöglich macht oder durch unangemessene Anforderungen abschreckt. Auch verfahrensbedingte Hürden können einen mittelbaren Eingriff darstellen, wenn sie die Wahrnehmung des Rechts erheblich erschweren.

II. Verfahren der Kriegsdienstverweigerung

Der Antrag auf Kriegsdienstverweigerung wird zunächst beim Karrierecenter der Bundeswehr (per Einschreiben!) eingereicht. Dieses bestätigt den Eingang und prüft die gesundheitliche Eignung des Antragstellers. Nur wenn die Tauglichkeit festgestellt wird, erfolgt eine Weiterleitung an das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA).

Wichtig: Ein Direktantrag beim BAFzA ist unwirksam. Solche Schreiben werden unbearbeitet zurückgeschickt.

1. Formale Anforderungen

✓ Lebenslauf

Ein tabellarischer Lebenslauf ist beizufügen. Er sollte möglichst lückenlos sein und Ereignisse enthalten, die zur Gewissensentscheidung beigetragen haben.

✓ Begründung

Die persönliche Gewissensentscheidung ist schriftlich darzulegen – individuell, nachvollziehbar und ernsthaft. Ein bloßes „Ich bin Pazifist“ genügt nicht.

Fehlende Unterlagen können innerhalb von einem Monat nachgereicht werden.

2. Prüfung durch das BAFzA

Das BAFzA erkennt den Antrag nach einigen Wochen an, wenn:

  • alle Unterlagen vollständig vorliegen,
  • die Begründung plausibel ist und eine Gewissensentscheidung erkennen lässt,
  • keine begründeten Zweifel an der Ernsthaftigkeit bestehen.

Bestehen Zweifel, wird die antragstellende Person zur schriftlichen Ergänzung binnen eines Monats aufgefordert (schriftliche Anhörung). Reicht dies nicht aus, erfolgt eine nicht öffentliche mündliche Anhörung, die jedoch (aktuell) nur in sehr seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommt.

3. Ablehnung und Rechtsmittel

Wenn der Antrag unvollständig ist und nach der Aufforderung nicht vervollständigt wird, “ungeeignete Gewissensgründe” vorliegen oder generell Zweifel an der Wahrheit der Angaben bestehen, wird der Antrag endgültig abgelehnt. Sodann stehen folgende Rechtsmittel zur Verfügung:

  • Widerspruch innerhalb eines Monats gegen die Entscheidung des BAFzA (im Spannungs- und Verteidigungsfall innerhalb einer Woche);
  • Klage innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids vor dem zuständigen Verwaltungsgericht (in der Regel mit mündlicher Verhandlung).

Die Entscheidung ist damit nicht endgültig – juristischer Rechtsschutz besteht in vollem Umfang.

III. Wehrpflicht heute: Ausgesetzt, aber nicht abgeschafft

Auch wenn derzeit niemand zum Grundwehrdienst einberufen wird – abgeschafft ist die Wehrpflicht nicht. Seit 2011 ist sie durch § 2 Wehrpflichtgesetz (WPflG) lediglich ausgesetzt. Im Fall eines Spannungs- oder Verteidigungsfalls (Art. 80a, 115a GG) lebt sie automatisch wieder auf – ohne gesonderte Parlamentsentscheidung.

📌 Aktuelle Rechtslage

  • Wehrpflicht ausgesetzt, aber nicht abgeschafft (§ 2 WPflG)
  • Gilt nur für Männer zwischen 18 und 60 Jahren (§ 3 Abs. 5 WPflG)
  • Reaktivierung bei Spannungs- oder Verteidigungsfall

📉 Öffentliche Debatte

Die Mehrheit junger Menschen lehnt die Wehrpflicht ab. Viele empfinden sie als Ungleichgewicht: Ohne konkrete Gegenleistung fürchten sie sich vor der einseitigen Pflicht. Laut einer aktuellen Umfrage lehnen 61 % der  jungen Erwachsenen zwischen 18 und 29 Jahren eine Wehrpflicht ab.17

Politische Pläne: Der neue Wehrdienst

Im aktuellen Koalitionsvertrag 2025 wurde ein „attraktiver Wehrdienst“ angekündigt, der zunächst auf Freiwilligkeit beruht.18Die aktuelle Zielmarke liegt bei 5.000 zusätzlichen Freiwilligen pro Jahr. Eine sukzessive Steigerung dieser Zahl ist gesetzlich eingeplant. Dem Grunde nach erinnert dieses auf Freiwilligkeit basierende Konzept an das schwedische Modell („Värnplikt“) und dient als langsamer Wiedereinstieg in die militärische Grundausbildung.

  • Automatisierte Wehrerfassung: Alle Männer eines Jahrgangs werden angeschrieben und müssen einen Erhebungsbogen ausfüllen, in dem sie ihre Angaben zu ihren Fähigkeiten, Interessen und ihren grundsätzlichen Bereitschaft zum Dienst machen (entweder als Freiwillig Wehrdienstleistender oder als Berufs- oder Zeitsoldat). Frauen erhalten den gleichen Fragebogen, sind aber nicht verpflichtet, ihn auszufüllen (§ 3 Abs. 1 WPflG).
  • Dauer des Basiswehrdiensts: Wer sich für einen Dienst entscheidet, leistet künftig einen sogenannten Basiswehrdienst, der zwischen sechs und 23 Monate dauern kann. Dieser neue Wehrdienst soll möglichst flexibel sein und sich an dem Bedarf der Bundeswehr und der Lebenssituation der Freiwilligen orientieren.

Verfassungsrechtliche Probleme? Bisher keine. Da die Musterung auf Freiwilligkeit beruht und keine unmittelbare Einberufung vorsieht, ist sie grundsätzlich grundgesetzkonform.

Kontingentwehrpflicht

Die CDU/CSU setzt hingegen auf eine raschere Stärkung der Truppe durch eine sogenannte Kontingentwehrpflicht. Dabei wird die Zahl der einzuziehenden Soldaten auf ein jährlich festgelegtes Kontingent begrenzt, das sich allein am Personalbedarf der Bundeswehr orientiert. Wer eingezogen wird, entscheidet sich nach dem Prinzip der Bestenauslese.

Damit greift die CDU/CSU bewusst auf ein verfassungsrechtlich umstrittenes Modell zurück: Eine Auswahlpflicht verletzt möglicherweise die Wehrgerechtigkeit und damit Art. 3 Abs. 1 GG. Denn wenn nur einzelne junge Männer aufgrund besonders guter körperlicher Eignung oder spezifischer Fähigkeiten eingezogen werden, entsteht ein strukturelles Gerechtigkeitsdefizit. Das Bundesverwaltungsgericht verlangt daher in ständiger Rechtsprechung (z. B. BVerwG 6 C 9.04), dass die Zahl der tatsächlich Einberufenen der Zahl der tatsächlich zur Verfügung stehenden Wehrpflichtigen zumindest nahekommen muss – ansonsten liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor.

Selbst wenn die Bundeswehr ihren Bedarf mit wenigen Zwangsrekrutierten decken kann, darf die Diskrepanz zwischen den Eingezogenen und den Nicht-Eingezogenen nicht zu groß werden. In der Vergangenheit hat der Gesetzgeber auf diese Problematik mit Ausweitungen der Wehrdienstausnahmen (§§ 9 – 13b WPflG) und einer Absenkung der Tauglichkeit reagiert.

🧭 Politische Positionen zur Wehrpflicht (Stand Juni 2025)

  • CDU/CSU: Teile der Union befürworten eine Kontingentwehrpflicht nach dem Prinzip der Bestenauslese – als Übergang zu einer allgemeinen Dienstpflicht, die langfristig auch Frauen einbezieht.19
  • SPD: Setzt weiterhin auf Freiwilligkeit. Eine Pflichtlösung wird in dieser Legislatur abgelehnt, da keine verfassungsändernde Mehrheit absehbar ist.20
  • Henning Otte (CDU): Wehrbeauftragter des Bundestags – kündigt an, die Wehrpflicht „noch dieses Jahr auf Wiedervorlage“ zu bringen und verweist positiv auf das schwedische Modell mit verpflichtender Musterung.21
  • Kramp-Karrenbauer (CDU): Die ehemalige Verteidigungsministerin fordert mittelfristig die Einbeziehung von Frauen in die Wehrpflicht.22
  • Thomas Röwekamp (CDU): Verteidigungspolitiker – schlägt eine allgemeine Dienstpflicht auch für soziale und zivile Bereiche vor.23
  • Matthias Miersch (SPD): SPD-Fraktionschef – betont Attraktivitätssteigerung sowie Infrastrukturmaßnahmen statt Zwangsdienst und möchte über die Wehrpflicht “(…) gegebenenfalls in der kommenden Legislaturperiode verhandeln, in dieser nicht”.24

IV. Sollte ich eine Kriegsdienstverweigerung erwägen?

Das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung nach Art. 4 Abs. 3 GG schützt aktuell noch uneingeschränkt. Über 90 % der vollständig eingereichten Anträge auf Kriegsdienstverweigerung sind erfolgreich.25 Doch während Verteidigungsminister Pistorius offen von einer „kriegstüchtigen Gesellschaft“ spricht, rückt ein mögliches Comeback der Einberufung inmitten wachsender geopolitischer Spannungen näher und es drängt sich wieder folgende Frage zunehmend auf:

Sollte ich – wenn ich aus Gewissensgründen keinen Kriegsdienst leisten will – nicht lieber jetzt schon verweigern?

Die Antwort ist komplex, aber wer sich gerade mit dem Thema Kriegsdienstverweigerung beschäftigt, trifft den Moment mit strategischem Feingefühl. Wer heute 17 oder 18 ist, könnte morgen schon Post vom Einwohnermeldeamt bekommen: eine Mitteilung über die Erfassung als wehrpflichtiger Mann. Der nächste Schritt: ein Fragebogen zur Musterungsvorbereitung – mit Fragen zur Ausbildung, zum Gesundheitszustand, zum „Verwendungswunsch“. Noch ist das hypothetisch. Aber in politischen Kreisen wird die Rückkehr zur allgemeinen Dienstpflicht laut diskutiert

Genau deshalb stellt sich schon jetzt eine sehr konkrete Frage: Was tue ich, wenn die Musterung kommt? Was, wenn ich keine Waffe in die Hand nehmen will?

Rechtliche Lage & Rückblick

Noch gelten die großzügigen Regelungen zur Anerkennung – die Anerkennungsquote als Kriegsdienstverweigerer ist hoch, das Verfahren schriftlich, eine mündliche Anhörung aktuell eher die Ausnahme.26

Doch mit wachsendem Verteidigungsdruck könnte sich das ändern: Gesetzgeberische Verschärfungen oder strengere Prüfungen sind denkbar. Besonders in Krisenzeiten steigt die Versuchung, Grundrechte wie das der Kriegsdienstverweigerung einzuengen. Zwar schützt das Grundgesetz auch im Verteidigungsfall den Kernbereich der Gewissensentscheidung ausdrücklich, doch zeigt ein Beschluss des BGH vom Januar 2025: Eine Auslieferung an ein Krieg führendes Land wie die Ukraine wurde mit Blick auf mögliche Entkernung der Gewissensfreiheit als problematisch bewertet, jedoch zugelassen.27

Prof. Kathrin Groh kritisiert daher, dass der BGH das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf Kriegsdienstverweigerung im Ernstfall faktisch entkernt, weshalb gerade im Kriegsfall damit eine Aushöhlung des individuellen Gewissensschutzes drohe.28

Historische Perspektive

In den 1960er- und 1970er-Jahren war das Verfahren zur Kriegsdienstverweigerung deutlich härter. Verweigerer mussten sich inquisitorischen Prüfungen durch Bundeswehr-nahe Ausschüsse stellen. Fragen wie „Würden Sie einen Tyrannen töten?“ oder „Wie stehen Sie zur Verteidigung Ihrer Freundin?“ sollten die innere Haltung bloßlegen. Heute ist davon nichts geblieben – noch.

Beratung & Handlungsempfehlung

Erfahrene Beratungsstellen wie die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) raten: Wer eine Verweigerung erwägt, sollte vorbereitet sein – aber nicht überstürzt handeln. Denn: Solange die Wehrpflicht nur ausgesetzt ist, besteht keine Pflicht zur unmittelbaren Antragstellung. Eine frühzeitige Verweigerung, etwa schon mit 17 Jahren, könnte sogar unnötige Aufmerksamkeit erzeugen. Gerade wenn man bisher nicht gemustert wurde, gilt: Wer „sichtbar“ wird, kann Behördenreaktionen auslösen, die sonst vielleicht gar nicht erfolgt wären.

Das bedeutet jedoch nicht, untätig zu bleiben. Im Gegenteil: Wer aus Gewissensgründen keinen Kriegsdienst leisten will, sollte seine Entscheidung gut vorbereiten. Dazu gehört ein kurzer Antrag mit dem Hinweis auf Art. 4 Abs. 3 GG, ein tabellarischer Lebenslauf und vor allem eine persönliche Begründung, die die individuelle Entwicklung und ethische Motivation nachvollziehbar beschreibt.

Beratung kann dabei helfen, Klarheit zu gewinnen. Die DFG-VK bietet etwa bundesweit Unterstützung an. Und sie rät: Wer seine Haltung kennt, sollte die nötigen Unterlagen schon jetzt griffbereit haben – auch wenn er den Antrag erst im Fall einer Einberufung abschickt.

Hinweis: Wer eine Kriegsdienstverweigerung in Betracht zieht, hat nicht nur rechtlichen Anspruch auf Gehör – unter bestimmten Umständen kann sogar Rechtsschutz gewährt werden. Weiterführende Informationen und Beratung bieten etwa die DGB-Jugend sowie die Zentralstelle KDV.

V. Musterantrag und Argumentationslinien

Wer aus Gewissensgründen keinen Kriegsdienst leisten will, muss einen formlosen Antrag beim zuständigen Karrierecenter der Bundeswehr stellen – mit Verweis auf Art. 4 Abs. 3 GG, eigener Unterschrift, Geburtsdatum und Personenkennziffer.

Zum Antrag gehört:

  • ein tabellarischer Lebenslauf, der soziale und familiäre Hintergründe darlegt (Ausbildung und Karriereperspektiven, Engagement, Werteprägung, Beruf und Lebenssituation der Eltern und Geschwister, Todesfälle, Scheidung, Konfession);

  • eine persönliche Begründung, warum Kriegsdienst mit dem eigenen Gewissen unvereinbar ist – religiös, ethisch oder weltanschaulich begründet.

Die Begründung kann nachgereicht werden, muss aber glaubhaft und individuell sein. Mustertexte wirken schnell unglaubwürdig.

Musterantrag auf Kriegsdienstverweigerung

An das
Kreiswehrersatzamt [Ort]
[Adresse einfügen]

Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer
Personenkennziffer: [einfügen]
Geburtsdatum: [einfügen]

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit beantrage ich die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer gemäß Artikel 4 Absatz 3 des Grundgesetzes.

Mit freundlichen Grüßen
[Ort], den [Datum]

(Unterschrift)

Anlagen:

  1. Tabellarischer Lebenslauf
  2. Persönliche Begründung meiner Kriegsdienstverweigerung

2. Die Begründung

Wer sich auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung beruft, muss “glaubhaft” machen können, dass diese Entscheidung auf einer tief verankerten, persönlichen Gewissensüberzeugung beruht (Maßstab der subjektiven Glaubwürdigkeit). Es genügt nicht, Krieg „nicht gut“ zu finden – gefragt ist vielmehr eine reflektierte Auseinandersetzung mit den eigenen Wertvorstellungen, mit dem Begriff des Gewissens und der Frage, was es für einen selbst bedeuten würde, eine Waffe in die Hand zu nehmen.

Wichtige Aspekte sind dabei:

  • Wie sich die eigene Haltung zum Töten, zur Gewalt und zu militärischen Strukturen entwickelt hat,

  • welche prägenden Einflüsse – etwa Familie, Gespräche, Bücher, Filme oder politische Erfahrungen – dabei eine Rolle gespielt haben,

  • welche moralischen Maßstäbe im eigenen Leben handlungsleitend sind,

  • und warum gerade das Töten im Krieg für einen selbst mit einem unauflösbaren inneren Konflikt verbunden wäre.

Dabei geht es nicht um perfekte Formulierungen, sondern um nachvollziehbare, glaubhafte und persönliche Gründe.

Wer etwa beschreibt, wie die Erzählungen der Großeltern, die Fluchtgeschichte eines Schulfreundes oder eine intensive Auseinandersetzung mit religiösen oder humanistischen Werten zur Ablehnung jeglicher Gewalt geführt haben, zeigt innere Überzeugung – und das zählt.

Mindestanforderungen an den Umfang gibt es nicht. Es empfiehlt sich, die Begründung in einen biografischen Teil zur persönlichen Entwicklung und einen inhaltlichen Teil zu den ethischen Beweggründen zu gliedern. Außerdem unterstützt man seine Glaubwürdigkeit, indem die verschiedenen “Entwicklungsphasen des eigenen Gewissens” substantiiert dargelegt werden, daher also altersmäßig (chronologisch) unterteilt werden.

Im Folgenden befinden sich die wichtigsten denkbaren Argumentationslinien – gegliedert nach unterschiedlichen moralischen, weltanschaulichen und persönlichen Perspektiven. Wichtig: Das Bundesamt kennt alle musterartigen Argumentationslinien, weshalb Sie unbedingt eine persönliche Begründung formulieren müssen! Nutzen Sie hierzu am besten die genannten Beratungsstellen, um Erlebnisse und Gedanken, die das Gewissen geprägt haben, glaubhaft darzulegen.

Kernargument: Der Glaube untersagt das Töten oder die Anwendung von Gewalt.

Beispielhafte Begründung:

„Ich bin Mitglied einer Glaubensgemeinschaft, die das Töten von Menschen als schwere Sünde betrachtet. In meinem Glauben gilt jedes Leben als unantastbar – auch das eines Gegners im Krieg. Durch Gespräche mit meiner Gemeinde und das Studium religiöser Texte wurde mir bewusst, dass ich niemals mit dem Gewehr auf einen Menschen zielen könnte, ohne meine spirituelle Überzeugung zu verraten.“

Typische Gruppen:

  • Mennoniten, Zeugen Jehovas, Quäker

  • Aber auch individuelle christlich, buddhistisch oder muslimisch geprägte Argumentationen möglich

Kernargument: Gewalt widerspricht einer tiefen humanistischen Überzeugung, dass Konflikte nur gewaltfrei lösbar sind.

Beispielhafte Begründung:

„Ich lehne jede Form von Gewalt grundsätzlich ab. Mein Ideal ist die gewaltfreie Konfliktlösung. Die Vorstellung, selbst Teil eines bewaffneten Konflikts zu sein, steht in unvereinbarem Widerspruch zu meinen Überzeugungen. Ich würde in einen schweren inneren Konflikt geraten, wenn ich eine Waffe tragen oder tödliche Handlungen trainieren müsste.“

Wichtig ist es, nicht nur die eigene pazifistische Ansicht (ohne Weiteres nicht ausreichend), sondern gerade die Motive, die eine grundsätzliche Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst begründen, darzulegen.

Kernargument: Die eigene Lebensgeschichte hat eine pazifistische Grundhaltung gefestigt, etwa durch Erlebnisse durch den Kontakt mit bestimmten Personen oder familiäre Erziehungseinflüsse.

Beispielhafte Begründung:

„Mein Großvater litt zeitlebens unter den psychischen Folgen seiner Zeit als Soldat im Zweiten Weltkrieg. Seine Erzählungen und sein Leid haben mich tief geprägt. Auch meine Eltern haben mir vermittelt, dass Krieg niemals eine Lösung sein darf. Diese familiäre Prägung hat dazu geführt, dass ich Gewalt aus tiefstem Herzen ablehne.“

Hinweis: Allgemeine Hinweise auf christliche oder pazifistische Erziehung reichen nicht aus. Wer solche Prägungen als Beweggrund angibt, sollte die konkreten Inhalte, prägenden Gespräche und daraus gezogenen persönlichen Schlussfolgerungen detailliert darstellen.

Kernargument: Die Ablehnung des Wehrdienstes beruht auf einer politischen Haltung gegen Krieg, Militarismus oder staatlich legitimierte Gewalt.

Beispielhafte Begründung:

„Ich bin überzeugt davon, dass der Staat nicht das Recht hat, seine Bürger zum Töten anderer Menschen zu verpflichten. Militärische Konflikte sind Ausdruck politischer Fehlentwicklungen, die auf dem Rücken der Zivilbevölkerung ausgetragen werden. Als politisch denkender Mensch sehe ich es als meine Verantwortung, mich diesem System zu entziehen.“

Kernargument: Das eigene psychische Profil verhindert die Teilnahme an Gewalt und Krieg.

Beispielhafte Begründung:

„Schon der Gedanke, in einer Extremsituation eine andere Person mit einer Waffe töten zu müssen, löst bei mir Panik und Abwehr aus. Ich bin emotional nicht in der Lage, mit der Vorstellung zu leben, direkt oder indirekt für den Tod eines anderen Menschen verantwortlich zu sein.“

Kernargument: Die Gewissensentscheidung ergibt sich aus einer existenziellen Auseinandersetzung mit Leben, Tod und Moral.

Beispielhafte Begründung:

„Ich habe mich intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, was es bedeutet, ein Leben zu beenden. Aus meiner Sicht ist das Töten eines Menschen – unabhängig von dessen politischer oder militärischer Position – moralisch unzulässig. Ich würde einen unauflösbaren Widerspruch zwischen dem staatlichen Befehl zum Töten und meinem Selbstverständnis als ethisch denkender Mensch erleben.“

Legen Sie daher in eigenen Worten präzise und schlüssig dar, warum für Sie “das menschliche Leben das höchste Gut ist” und andere Werte diesem Gewissen untergeordnet sind.

Kernargument: Erfahrungen in einem internationalen Umfeld oder in der Friedensarbeit prägen eine ablehnende Haltung gegenüber bewaffnetem Konflikt. Grundsätzlich können neben dem sozialen Engagement auch Gespräche mit Menschen, die einen Dienst an der Waffe befürworten, oder die eigene Berufswahl angeführt werden.

Beispielhafte Begründung:

„Ich war im Rahmen eines Jugendaustauschs in einem postkonfliktiven Gebiet. Die Gespräche mit jungen Menschen, die Krieg erlebt haben, haben mich stark verändert. Ich sehe es heute als meine persönliche Verpflichtung, nie Teil einer militärischen Lösung zu sein – weder als Soldat noch als Unterstützer einer kriegführenden Institution.“

Kernargument: Konkrete Filme, Bücher, Persönlichkeiten oder Erlebnisse haben das Gewissen geschärft. Benennen Sie daher wesentliche Kernaussagen des jeweiligen Mediums, die bei Ihnen dazu geführt haben, dass Sie ein persönliches Schlüsselerlebnis hatten.

Beispielhafte Begründung:

„Nach dem Film ‚Im Westen nichts Neues‘ war mir klar: Ich will nie ein Soldat sein. Auch Bücher wie Erich Maria Remarques Romane oder Gespräche mit Überlebenden von Krieg und Vertreibung haben mir gezeigt, dass ich nie ein Gewehr gegen einen Menschen richten könnte.“

Achtung: Belanglosigkeiten oder weit zurückliegende Ereignisse – wie etwa eine alte Schulhofschlägerei – wirken schnell unglaubwürdig, wenn ihnen keine erkennbare Bedeutung für die Gewissensentscheidung zukommt.

Kernargument: Man kann sich nicht vorstellen, moralische Verantwortung an militärische Vorgesetzte abzugeben.

Beispielhafte Begründung:

„Ich bin nicht in der Lage, einen Befehl auszuführen, der meinem moralischen Urteil widerspricht. Gerade im militärischen Kontext würde ich aber genau dazu gezwungen. Mein Gewissen ist nicht delegierbar.“

VI. Kriegsdienstverweigerung als Soldat oder Reservist

Auch wer schon dient, kann verweigern. Das Grundrecht gilt nicht nur für Ungediente, sondern auch für aktive Soldaten und Reservisten. Entscheidend ist eine glaubhafte persönliche Begründung: Was hat sich seit dem Eintritt in die Bundeswehr verändert – politisch, moralisch, biografisch? Der folgende Abschnitt zeigt, wie die Verweigerung im Dienst funktioniert und worauf es dabei ankommt.

Kriegsdienstverweigerung als aktiver Soldat

Der Schritt zur Kriegsdienstverweigerung während eines laufenden Bundeswehrdienstes ist nicht leicht – aber möglich. Der Antrag muss an das Karrierecenter der Bundeswehr geschickt werden und eine reflektierte persönlichen Begründung beinhalten.

Wichtig ist: Beschreiben Sie klar, wie sich Ihre Haltung entwickelt hat – etwa durch (Schlüssel-) Erlebnisse im Dienst, politische Erkenntnisse oder moralische Dissonanzen im Umgang mit der Waffe und der Schießausbildung. Warum war der Gang zur Bundeswehr einst vertretbar – und was hat sich seither geändert?

Empfohlen wird zudem ein Antrag auf waffenlosen Dienst. Wird dieser abgelehnt, sollte jeder Befehl zum Waffengebrauch nur unter ausdrücklichem Protest ausgeführt und dokumentiert werden. Parallel sollte man bereits einen Zivildienstplatz in Aussicht nehmen, um bei Anerkennung nahtlos wechseln zu können.

Wird der Antrag angenommen, kann der Wechsel in ein ziviles Dienstverhältnis erfolgen (mindestens neun Monate) – alternativ ist auch eine Entlassung und spätere Ableistung der Restzeit im Zivildienst möglich.

Beachten Sie: In der Regel wird der Disziplinarvorgesetzte über die Antragstellung informiert und zur Stellungnahme aufgefordert.

Kriegsdienstverweigerung als Reservist

Auch nach der aktiven Bundeswehrzeit ist eine Kriegsdienstverweigerung möglich. Reservisten reichen ihren Antrag mitsamt aller Unterlagen ein  und legen ihre persönliche Entwicklung nach dem Grundwehrdienst glaubhaft dar.

Welche Erlebnisse, gesellschaftlichen Veränderungen oder persönlichen Einsichten haben zur inneren Ablehnung des Kriegsdienstes geführt? Welche Rolle spielen politische Konflikte oder neue moralische Maßstäbe für Ihr Gewissen heute?

Reservisten, die bereits gedient haben, müssen bei Anerkennung keinen Zivildienst mehr leisten. Dennoch ist eine fundierte, glaubhafte Begründung notwendig – inklusive Darstellung der individuellen Gewissensentwicklung.

Auch hier gilt: Die Prüfung erfolgt rein auf Basis der eingereichten Unterlagen. Je authentischer und reflektierter die Darstellung, desto größer die Anerkennungschancen.

Kriegsdienstverweigerung seit Beginn des Ukraine-Kriegs

Jahr Ungediente Soldat*innen Reservist*innen Gesamt
2022 450 235 438 1.123
2023 835 178 596 1.609
Bis 31.08.2024 1.268 92 693 2.053

29

VII. Quellen

  1. Sydow, in: Dreier, GG, Bd. I, Art. 4 Rn. 189; BVerfGE 28, 243/262; 69, 1/54.
  2. BVerfGE 48, 127/164; 80, 354/358.
  3. BVerfGE 48, 127/164; 69, 1/56; BVerwGE 80, 62/64.
  4. BSGE 54, 7/9; BVerwGE 61, 246/250.
  5. Di Fabio, DHS, S. 250; vgl. auch Coelln, GWC, S. 50.
  6. BVerwGE 64, 196/198.
  7. Kokott, SA 119; Mager, MüK 131.
  8. BVerfGE 69, 1/23; BVerwGE 83, 358/371.
  9. BVerwGE 81, 239/240; BVerfGE 48, 127/173 f.
  10. BVerwGE 127, 302/339 f.
  11. Vgl. Dürig/Herzog/Scholz/Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 4 Rn. 70 ff.
  12. Mehr zur Verfahrensabhängigkeit der Kriegsdienstverweigerung: Held, Grundrechtsbezug des Verwaltungsverfahrens, S. 166; Denninger, in: HStR IX, § 193 Rn. 37.
  13. BVerfGE 69, 1/42 f.; 47.
  14. BVerwGE 50, 275/277; 55, 217/219; 65, 57/60.
  15. BVerfGE 28, 264/275 f.
  16. BVerfGE 69, 1/56; BVerwGE 142, 48 Rn. 28 ff.
  17. Statista, “Umfrage zur Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland”, Juni 2025 – abrufbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/706672/umfrage/umfrage-zu-einer-wiedereinfuehrung-der-wehrpflicht-in-deutschland/.
  18. Koalitionsvertrag 2025 zwischen CDU/CSU und SPD, S. 179, Zeile 4149, abrufbar unter: https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag2025_bf.pdf.
  19. tagesschau.de, „Wehrpflicht oder Freiwilligendienst? Pistorius stellt Pläne vor“, 31.03.2025, https://www.tagesschau.de/inland/wehrpflicht-freiwilligendienst-bundeswehr-100.html.
  20. zeit.de, „SPD zurückhaltend bei Rückkehr zur Wehrpflicht“, 14.06.2025, https://www.zeit.de/news/2025-06/14/spd-zurueckhaltend-bei-rueckkehr-zur-wehrpflicht.
  21. tagesschau.de, „Wehrdienst kommt dieses Jahr auf Wiedervorlage“, 07.06.2025, https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/otte-wehrpflicht-100.html.
  22. tagesschau.de, „Union will Rückkehr zur Wehrpflicht vorbereiten“, 14.06.2025, https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/wehrpflicht-union-100.html.
  23. zeit.de, „CDU-Politiker fordern allgemeine Dienstpflicht für Männer und Frauen“, 07.06.2025, https://www.zeit.de/politik/deutschland/2025-06/bundeswehr-dienstpflicht-wehrpflicht-cdu-spd.
  24. zeit.de, „Miersch: Keine Wehrpflicht-Gespräche in dieser Legislaturperiode“, 07.06.2025, https://www.zeit.de/news/2025-06/07/miersch-keine-wehrpflicht-gespraeche-diese-legislaturperiode.
  25. Vgl. DGB-Jugend/DFG-VK: „Soldaten und Kriegsdienstverweigerer“, Informationsbroschüre, 2005, S. 12, abrufbar unter: https://dfg-vk-darmstadt.de/Downloads/KDV_Dokumente/Soldaten_u_KDV_DGB_2005.pdf.
  26. Pressemitteilung der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen, Stuttgart, 17.10.2024: „Deutlicher Anstieg bei Kriegsdienstverweigerungen“. Online abrufbar unter: https://dfg-vk.de/deutlicher-anstieg-bei-kriegsdienstverweigerungen/.
  27. BGH, Beschluss. v. 16.01.2025 – ARs 11/24.
  28. Groh, Kathrin: Kriegsdienstverweigerung im Kriegsfall verboten: Wenn ein Strafsenat des BGH ohne Not die Verfassung falsch auslegt, VerfBlog, 24.02.2025, https://verfassungsblog.de/kriegsdienstverweigerung-kriegsfall-bundesgerichtshof/; vgl. auch Beukelmann/Heim,NJW-Spezial 2025, 153: Der BGH konstatiert, dass sich ihr ein unabdingbarer Grundsatz der einschränkungslosen Aufrechterhaltung des Kriegsdienstverweigerungsrechts auch im Verteidigungsfall bereits auf nationaler Ebene nicht entnehmen lässt.
  29. Antwort des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 16.10.2024 auf eine Kleine Anfrage der Gruppe Die Linke im Bundestag.
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Jurawelt Redaktion

Christopher Molter

Studium:

  • Student der Rechtswissenschaften an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht
  • Schwerpunktbereich: Bank- und Kapitalmarktrecht
  • Auslandsaufenthalt an der University of Alberta (Kanada)

Jurawelt:

  • Redakteur & Studentischer Mitarbeiter
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