An der Ausbildungsstruktur für Juristen wurden in den letzten 150 Jahren nur kleine Veränderungen vorgenommen. Letztmalig wurde auf Bundesebene 2019 die Regelstudienzeit auf zehn Semester erhöht und 2021 um die Schlüsselkompetenzen erweitert.
Der Fachkräftemangel in der Justiz und enormer Unmut über den Ablauf und die Inhalte der Juristenausbildung zeigen, dass die stetig bröckelnden Strukturen endlich reformiert werden sollten.
Aber wie könnte eine solche Ausbildungsreform aussehen? Folgende Punkte sollten hierbei unbedingt berücksichtigt werden:
Staatliche Abschlussprüfungen sind denen der Universität vorzuziehen sind, da auf diese Weise die Qualitätssicherung einheitlicher und beständiger durchgeführt werden kann. Es sollten deutlich mehr Anstrengungen unternommen werden, um das Jurastudium auf nationaler Ebene zu harmonisieren. Hinsichtlich Form, Umfang und Gestaltung sollten die staatlichen Prüfungen den tatsächlichen Berufsalltag besser abbilden.
Es sollte die Möglichkeit geben, einen Masterstudiengang auf einen integrierten Bachelorstudiengang aufzubauen. Da wie oben erwähnt, die staatlichen Abschlussprüfungen beibehalten werden sollen, ist die Idee, dass alle Studierenden nach Abschluss des Schwerpunktbereichs und dem vorhergehenden Grundstudium den Bachelorgrad erlangen und danach entscheiden können, ob sie die staatlichen Examina ablegen oder einen Masterstudiengang absolvieren möchten. Neben einem allgemeinen Master of Laws sollten auch Masterstudiengänge gefördert werden, die auf verschiedene Berufsfelder und spezielle Fachgebiete zugeschnitten sind.
Die staatlichen Prüfungen sollen darauf abzielen, Einheitsjuristen auszubilden. Durch die oben erläuterte Möglichkeit, nach dem Bachelorabschluss einen Masterstudiengang zu wählen anstelle der staatlichen Prüfungen, könnten entschlossene Studierende sich nach dem Erwerb grundlegender Kenntnisse in eine bestimmte Richtung spezialisieren.
Neben dem Pflichtteil, der für die Ausbildung eines Einheitsjuristen notwendig ist, sollte es drei Wahlmöglichkeiten während des Studiums geben. Innerhalb dieser Gebiete sollten Studierende den Umgang mit unbekannten Rechtsgebieten erlernen.
Es ist besonders wichtig, dass der Pflichtteil in regelmäßigen Abständen hinsichtlich seiner Aktualität, Praxisrelevanz und Lehrtauglichkeit überprüft wird. Es ist zu erwarten, dass die Anzahl der rechtlichen Normen in Zukunft weiter zunehmen wird, jedoch sollte in jedem Fall vermieden werden, dass der Pflichtfachstoff im Jurastudium nach der Reform erneut zu umfangreich wird. Die drei Wahlmöglichkeiten sollten jeweils einen Fachbereich abdecken, so dass die Studierenden sowohl in den Nebenfächern des Zivil-, Straf- und öffentlichen Rechts bewandert sind. Mit diesem Modell sollten dann in den staatlichen Abschlussprüfungen der Pflichtfachstoff in drei Klausuren und die gewählten Nebenfächer je nach Fachbereich jeweils in einer Klausur abgefragt werden.
Viele Studierende stoßen an Ihren Grenzen, wenn sie versuchen den gesamten Studienstoff nachhaltig zu erlernen, zu behalten und zu verstehen. Daher wäre es besser Studieninhalte so zu konzipieren, dass sie den Studierenden anhand einiger weniger Schwerpunkte die Werkzeuge an die Hand geben, die es ihnen ermöglichen, mit vielen verschiedenen, auch unbekannten Fachgebieten umzugehen. Das Auswendiglernen sollte weitestgehend aus dem Studium verbannt werden.
Stattdessen sollten die Inhalte verstanden und die dahinterliegende Systematik unterrichtet werden. Der Schwerpunkt der Lehre sollte darauf liegen, den Studierenden beizubringen, Methoden zu entwickeln, um souverän mit unbekannten und neuen Problemen umzugehen. Sie sollten dazu ermutigt werden, eigene Meinungen und Definitionen zu entwickeln, anstatt fremde auswendig zu lernen oder abzuschreiben. Zwar ist es wichtig, vorherrschende Meinungen in der Lehre und Praxis zu verstehen, jedoch kann das Ziel der Lehre nicht sein, fremde Meinungen zu übernehmen und zu akzeptieren.
Es ist wichtig, dass ein Jurist über ein weites Spektrum an sozialen Fähigkeiten verfügt. Während der Ausbildung dürfen Maßnahmen, die zu weniger Konkurrenzdenken führen, nicht zu kurz kommen. In Lerngruppen und AGs müssen gezielt derartige Kompetenzen vermittelt und erprobt werden.
Was würdet Ihr an dem Jurastudium verändern? Gerne könnt Ihr das in unserem Juraforum diskutieren.