Ihr Recht auf Verteidigung: Alles über den Pflichtverteidiger

In einem Strafverfahren steht für den Beschuldigten oft Vieles auf dem Spiel: Freiheit, Reputation und womöglich sogar die berufliche Existenz. Gerade in solchen Momenten ist es entscheidend, dass er nicht allein gegen die Anklage kämpft, sondern auf die Unterstützung eines erfahrenen Strafverteidigers zählen kann. Doch was geschieht, wenn der Beschuldigte sich keinen Anwalt leisten kann oder die Komplexität des Falls ihn überfordert? Hier kommt der Pflichtverteidiger ins Spiel – eine Säule des deutschen Rechtsstaats, die für Fairness und Chancengleichheit im Prozess sorgt.

Ein solcher Pflichtverteidiger wird vom Gericht bestellt und steht dem Beschuldigten zur Seite, unabhängig von dessen finanziellen Mitteln. Die Idee dahinter ist klar: Jeder Beschuldigte soll, unabhängig von seiner wirtschaftlichen Situation, das Recht auf eine qualifizierte Verteidigung haben. Die gesetzliche Grundlage dafür bietet die Strafprozessordnung (StPO), die genau regelt, in welchen Fällen eine solche Verteidigung notwendig wird. Dabei geht es nicht nur um die Verteidigung an sich, sondern um die Sicherstellung eines fairen Verfahrens, in dem die Rechte des Beschuldigten gewahrt bleiben.

Dieser Beitrag beleuchtet die wesentlichen Aspekte der Pflichtverteidigung. Zunächst wird erklärt, was ein Pflichtverteidiger ist und in welchen Situationen er bestellt wird. Danach wird aufgezeigt, wie die Bestellung eines Pflichtverteidigers im Ermittlungsverfahren durch die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geregelt wird. Weiterhin wird erläutert, wie ein Beschuldigter aktiv einen Pflichtverteidiger benennen kann, um die bestmögliche Verteidigung sicherzustellen. Abschließend wird auf die Kosten und Gebühren eingegangen sowie auf die Bedeutung der proaktiven Beantragung eines Pflichtverteidigers, um die Verteidigungsstrategie frühzeitig und effektiv zu gestalten.

I. Was ist ein Pflichtverteidiger?

Ein Pflichtverteidiger ist ein Rechtsanwalt, der dem Beschuldigten in einem Strafverfahren durch das Gericht beigeordnet wird. Diese Beiordnung erfolgt unabhängig von den finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten und richtet sich allein nach den Vorgaben der Strafprozessordnung (StPO), insbesondere nach den Regelungen zur notwendigen Verteidigung (§ 140 StPO). Dies bedeutet, dass die finanzielle Situation des Angeklagten keine Rolle spielt; selbst ein vermögender Beschuldigter kann unter bestimmten Umständen einen Pflichtverteidiger erhalten.

Der Zweck der Pflichtverteidigung besteht darin, sicherzustellen, dass der Beschuldigte in Situationen, die eine besonders intensive und fachkundige Verteidigung erfordern, nicht unverteidigt bleibt. Insbesondere wird die Bestellung eines Pflichtverteidigers in solchen Fällen vorgeschrieben, in denen die Ernsthaftigkeit des Tatvorwurfs oder die Komplexität des Verfahrens dies unabdingbar machen. Die Pflichtverteidigung stellt somit einen unverzichtbaren Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips dar, indem sie verhindert, dass ein Beschuldigter ohne kompetente juristische Vertretung einem möglicherweise übermächtigen Anklageapparat gegenübersteht.

 

Wahlverteidiger neben Pflichtverteidiger

Der entscheidende Unterschied zwischen einem Pflichtverteidiger und einem Wahlverteidiger besteht darin, wie sie beauftragt werden. Ein Wahlverteidiger wird direkt vom Beschuldigten beauftragt und bezahlt, wohingegen ein Pflichtverteidiger durch das Gericht bestellt wird und seine Vergütung von der Staatskasse erhält. Die Bestellung eines Pflichtverteidigers erfolgt immer dann, wenn eine notwendige Verteidigung vorliegt und der Beschuldigte noch keinen Verteidiger gewählt hat.

Trotz der Unterschiede in der Beauftragung haben Pflichtverteidiger und Wahlverteidiger grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten im Strafverfahren. Beide sind unabhängige Anwälte, die dem anwaltlichen Berufsrecht unterliegen und ausschließlich den Interessen ihres Mandanten verpflichtet sind. Tatsächlich wird angestrebt, dass es keine qualitativen Unterschiede zwischen den beiden Verteidigungsarten gibt; der Unterschied besteht terminologisch und theoretisch betrachtet lediglich in der Art ihrer Bestellung.

 

Bedeutung der Beiordnung

Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers erfolgt nicht nur aus Gründen der Fairness, sondern ist auch ein Ausdruck des verfassungsrechtlich geschützten Rechts auf ein faires Verfahren. Die Idee der “Waffengleichheit” zwischen Anklage und Verteidigung ist ein zentraler Verfahrensgrundsatz im deutschen Strafprozessrecht, denn ohne einen Pflichtverteidiger wäre ein Beschuldigter, der sich keinen Wahlverteidiger leisten kann oder dessen Fall besonders komplex ist, möglicherweise nicht in der Lage, sich effektiv zu verteidigen. Pflichtverteidiger haben daher nicht nur die Aufgabe, den Beschuldigten zu verteidigen, sondern auch, seine Rechte zu wahren und sicherzustellen, dass das Verfahren nach den Grundsätzen des fairen Verfahrens geführt wird, wozu die Überprüfung der Beweise, der Anfechtung von Verfahrensfehlern und der Vertretung des Beschuldigten vor Gericht gehört.

 

II. Wann bekommt man einen Pflichtverteidiger?

Im Rahmen der Strafprozessordnung regelt der Gesetzgeber in § 140 StPO umfassend, wann die Beiordnung eines Pflichtverteidigers erforderlich ist.

§ 140 Notwendige Verteidigung

(1) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt vor, wenn

1.
zu erwarten ist, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht, dem Landgericht oder dem Schöffengericht stattfindet;
2.
dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird;
3.
das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann;
4.
der Beschuldigte nach den §§ 115, 115a, 128 Absatz 1 oder § 129 einem Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung vorzuführen ist;
5.
der Beschuldigte sich auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befindet;
6.
zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten seine Unterbringung nach § 81 in Frage kommt;
7.
zu erwarten ist, dass ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird;
8.
der bisherige Verteidiger durch eine Entscheidung von der Mitwirkung in dem Verfahren ausgeschlossen ist;
9.
dem Verletzten nach den §§ 397a und 406h Absatz 3 und 4 ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist;
10.
bei einer richterlichen Vernehmung die Mitwirkung eines Verteidigers auf Grund der Bedeutung der Vernehmung zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten geboten erscheint;
11.
ein seh-, hör- oder sprachbehinderter Beschuldigter die Bestellung beantragt.
(2) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt auch vor, wenn wegen der Schwere der Tat, der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann.
(3) (weggefallen)

Hier sind die wichtigsten Konstellationen, in denen ein Pflichtverteidiger beigeordnet werden muss, detailliert aufgeführt:

  1. Verbrechen (§ 140 Absatz 1 Nr. 2 StPO): Wenn dem Angeklagten ein Verbrechen zur Last gelegt wird, ist die Bestellung eines Pflichtverteidigers zwingend. Verbrechen im Sinne des § 12 Absatz 1 StGB sind Straftaten, die mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bedroht sind. Dazu gehören schwere Delikte wie Mord, Raub oder Vergewaltigung. In solchen Fällen wird davon ausgegangen, dass der Angeklagte die rechtlichen Herausforderungen und die Schwere der Konsequenzen ohne fachkundigen Beistand nicht bewältigen kann.
  2. Hauptverhandlung vor dem Landgericht oder Oberlandesgericht (§ 140 Absatz 1 Nr. 1 StPO): Findet die Hauptverhandlung in erster Instanz vor einem Landgericht oder Oberlandesgericht statt, ist die Mitwirkung eines Verteidigers zwingend erforderlich, da jene Gerichte für die Verhandlung besonders schwerer Straftaten zuständig sind. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Verteidigung in solchen Verfahren aufgrund der Komplexität und der möglichen schwerwiegenden Folgen besonders anspruchsvoll ist und deshalb ein Pflichtverteidiger notwendig ist.
  3. Untersuchungshaft (§ 140 Absatz 1 Nr. 4 StPO): Eine Untersuchungshaft bedeutet eine erhebliche Einschränkung der Freiheit und Rechte des Beschuldigten. Befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft, muss daher unverzüglich ein Pflichtverteidiger bestellt werden. Um sicherzustellen, dass seine Verteidigungsrechte gewahrt bleiben, sieht das Gesetz vor, dass ihm sofort ein Verteidiger zur Seite gestellt wird. Dies gilt auch bei einstweiligen Unterbringungen in psychiatrischen Einrichtungen oder Entziehungsanstalten.
  4. Schwere der Tat oder komplizierte Sach- oder Rechtslage (§ 140 Absatz 2 StPO): Auch wenn die Tat oder die Rechtslage besonders schwer oder komplex ist, muss ein Pflichtverteidiger beigeordnet werden. Dies ist der Fall, wenn die Sachverhalte schwierig zu klären sind, etwa durch umfangreiche Beweisaufnahmen, die Vernehmung zahlreicher Zeugen oder wenn komplizierte Rechtsfragen zu klären sind. Auch bei schwierigen psychischen oder physischen Zuständen des Beschuldigten, die seine Fähigkeit zur Selbstverteidigung beeinträchtigen könnten, ist ein Pflichtverteidiger notwendig.
  5. Berufsverbot (§ 140 Absatz 1 Nr. 3 StPO): Ein Berufsverbot stellt eine gravierende Eingriffsmaßnahme dar, die die berufliche Existenz des Beschuldigten bedroht. Daher sieht der Gesetzgeber in solchen Fällen zwingend die Mitwirkung eines Verteidigers vor, um sicherzustellen, dass der Beschuldigte sich angemessen verteidigen kann.
  6. Weitere Gründe für notwendige Verteidigung: Neben den oben genannten Hauptfällen gibt es noch weitere Situationen, in denen ein Pflichtverteidiger erforderlich ist. Dazu gehört etwa die Unfähigkeit des Beschuldigten, sich selbst zu verteidigen, sei es aus gesundheitlichen Gründen, aufgrund geistiger Einschränkungen oder wegen Verständigungsschwierigkeiten (§ 140 Absatz 2 StPO). Auch wenn gegen den Beschuldigten eine längerfristige freiheitsentziehende Maßnahme verhängt wurde oder eine Unterbringung zur Gutachtenerstellung erfolgt, ist ein Pflichtverteidiger notwendig (§ 140 Absatz 1 Nr. 5-7 StPO).

 

III. Pflichtverteidiger und das Ermittlungsverfahren (BGH, Beschl. v. 06.08.2024, Az.: StB 45/24)

In einem höchstersichtlich behandelten Fall hatte ein Mann eine Bestellung eines Pflichtverteidigers beantragt, weil er den Verdacht hegte, dass die Generalbundesanwaltschaft (GBA) heimlich Ermittlungen gegen ihn führe. In sich selber richtungsweisend stellte der hierzu gegenständliche Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 06. August 2024 (StB 45/24) ein wichtiges Beispiel dafür dar, wie die Rechtsprechung die Voraussetzungen für die Bestellung eines Pflichtverteidigers im Ermittlungsverfahren interpretiert und anwendet. Bloße Vermutungen oder nicht formalisierte Ermittlungen begründen demnach noch keinen Anspruch auf einen Pflichtverteidiger.

 

1. Hintergrund des Falls

In dem vorliegenden Fall hatte ein Mann die Bestellung eines Pflichtverteidigers beantragt, da er den Verdacht hegte, dass die Generalbundesanwaltschaft (GBA) heimliche Vorermittlungen gegen ihn in einer Staatsschutzsache durchführte. Der Antragsteller bezog sich dabei auf Hinweise, die auf einen internen Prüfvorgang bei der GBA mit einem speziellen Aktenzeichen („ARP“) hindeuteten. In der Annahme, dass gegen ihn bereits ermittelt werde, sah er die Notwendigkeit, sich durch einen Pflichtverteidiger verteidigen zu lassen.

Die Generalbundesanwaltschaft bestätigte jedoch, dass kein förmliches Ermittlungsverfahren gegen den Mann eingeleitet worden sei. Daraufhin lehnte der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs die Bestellung eines Pflichtverteidigers ab. Auch die anschließende Beschwerde des Mannes vor dem BGH blieb erfolglos.

 

2. Die Entscheidung des BGH

Der BGH stellte in seiner Entscheidung klar, dass bloße Vermutungen oder der Verdacht, dass Vorermittlungen gegen eine Person geführt werden, keinen Anspruch auf die Bestellung eines Pflichtverteidigers begründen. Nach § 141 Absatz 1 Satz 1 StPO setzt die Beiordnung eines Pflichtverteidigers die förmliche Einleitung eines Ermittlungsverfahrens voraus. Das bedeutet, der Beschuldigte muss offiziell als solcher geführt werden, was in der Regel durch Maßnahmen wie die Eröffnung des Tatvorwurfs oder eine Durchsuchungsanordnung nach § 102 StPO geschieht. Solange dieser Verfahrensschritt nicht erfolgt ist, gilt die betreffende Person nicht als Beschuldigter im rechtlichen Sinne und hat somit auch keinen Anspruch auf die Beiordnung eines Pflichtverteidigers.

 

IV. Wie bekomme ich einen Pflichtverteidiger?

Auf Grundlage der vorherigen Ausführungen mag sich ein potenzieller Beschuldigter nun fragen, wie genau er einen Pflichtverteidiger erhält und welche Schritte dabei zu beachten sind. 

Zunächst muss einer der bereits genannten, gesetzlich definierten Fälle vorliegen, in denen ein Pflichtverteidiger herangezogen werden kann. Dazu gehören insbesondere Situationen, in denen die Schwere des Tatvorwurfs, die Komplexität der Rechtslage oder besondere Umstände, wie etwa Untersuchungshaft, eine Verteidigung durch einen Anwalt zwingend erforderlich machen.

Sodann erfolgt die Bestellung eines Pflichtverteidigers in der Regel automatisch durch das Gericht, sobald es feststellt, dass die Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung gegeben sind. Dies geschieht oft im Zuge der Zustellung der Anklageschrift.

 

1. Ablauf der Bestellung eines Pflichtverteidigers

Benennung eines (Wahl-) Verteidigers durch den Angeklagten: Der Angeklagte hat das Recht, einen Anwalt seines Vertrauens als Pflichtverteidiger vorzuschlagen. Dieser Vorschlag sollte so früh wie möglich erfolgen, idealerweise direkt nach Zustellung der Anklageschrift. Das Gericht wird diesem Vorschlag in der Regel nachkommen, sofern keine wichtigen Gründe dagegen sprechen, wie etwa die Unfähigkeit des vorgeschlagenen Anwalts, das Mandat zu übernehmen, oder Zweifel an dessen Qualifikation.

Es ist daher empfehlenswert, dass der Angeklagte sich frühzeitig um einen geeigneten Strafverteidiger bemüht, der bereit ist, das Mandat als Pflichtverteidiger zu übernehmen. Der Angeklagte kann beispielsweise einen Anwalt konsultieren, der ihn bereits in anderen Angelegenheiten vertreten hat, oder einen Strafverteidiger auswählen, der auf den spezifischen Bereich des Strafrechts spezialisiert ist, der in seinem Fall relevant ist.

Bestellung durch das Gericht: Sollte der Angeklagte keinen Anwalt benennen, übernimmt das Gericht die Auswahl des Pflichtverteidigers. Hierbei wird oft ein Anwalt ausgewählt, der in der Nähe des Gerichts ansässig ist und möglicherweise Erfahrung mit ähnlichen Fällen hat. In solchen Fällen hat der Angeklagte keinen Einfluss auf die Auswahl des Verteidigers, was dazu führen kann, dass der zugewiesene Anwalt nicht immer den Vorstellungen oder Erwartungen des Angeklagten entspricht.

Ein möglicher Nachteil dieser Vorgehensweise besteht darin, dass der vom Gericht bestellte Anwalt nicht immer die gleiche Vertrautheit mit dem Angeklagten oder dessen spezifischem Fall hat, wie ein selbst ausgewählter Verteidiger. Daher ist es stets ratsam, die Gelegenheit zu nutzen, selbst einen qualifizierten Strafverteidiger zu benennen.

Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers: In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, proaktiv einen Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers zu stellen, insbesondere wenn der Angeklagte der Ansicht ist, dass die Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung bereits vorliegen, das Gericht dies aber noch nicht erkannt hat. Ein solcher Antrag kann etwa dann gestellt werden, wenn der Angeklagte glaubt, dass die Sach- oder Rechtslage besonders kompliziert ist oder wenn er aufgrund bestimmter persönlicher Umstände nicht in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen.

 

2. Auswahlkriterien und die Bedeutung der Eigeninitiative

Die Auswahl eines Pflichtverteidigers sollte nicht dem Zufall überlassen werden. Der Angeklagte hat die Möglichkeit, aktiv Einfluss auf die Verteidigung zu nehmen, indem er frühzeitig einen Anwalt seines Vertrauens vorschlägt. Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass der vorgeschlagene Verteidiger bereit und in der Lage sein muss, das Mandat als Pflichtverteidiger zu übernehmen. Dies erfordert in der Regel ein offenes und frühzeitiges Gespräch mit dem Anwalt, um sicherzustellen, dass er die notwendigen Kapazitäten hat und mit den Bedingungen der Pflichtverteidigung einverstanden ist.

Der Prozess der Bestellung eines Pflichtverteidigers bietet dem Angeklagten die Möglichkeit, aktiv Einfluss auf seine Verteidigung zu nehmen. Durch die frühzeitige Benennung eines qualifizierten Strafverteidigers kann der Angeklagte sicherstellen, dass seine Verteidigung von einem Anwalt geführt wird, der nicht nur kompetent, sondern auch vertrauenswürdig und engagiert ist. Sollte der Angeklagte keinen Anwalt benennen, trifft das Gericht die Wahl, was nicht immer den besten Interessen des Angeklagten entspricht.

 

V. Gebühren und Kosten des Pflichtverteidigers

Pflichtverteidiger werden nach den gesetzlichen Vorgaben vergütet (vgl. §§ 45 ff. RVG), die in der Regel unter den Honoraren liegen, die ein Wahlverteidiger erhalten würde. Die Kosten für einen Pflichtverteidiger trägt zunächst die Staatskasse, was bedeutet, dass der Beschuldigte für seine Verteidigung im laufenden Verfahren keine unmittelbaren Kosten hat.

Sollte es jedoch zu einer Verurteilung kommen, sieht das Gesetz gemäß § 464a Absatz 2 StPO in Verbindung mit § 465 StPO vor, dass der Verurteilte die Kosten des Verfahrens einschließlich der Pflichtverteidigerkosten tragen muss. In solchen Fällen wird die Staatskasse die verauslagten Gebühren gemäß § 52 RVG zurückfordern. Für den Beschuldigten bedeutet dies, dass er letztlich doch für die Kosten seines Pflichtverteidigers aufkommen muss, falls er verurteilt wird.

 

VI. Fazit: Pflichtverteidiger beantragen

Die Rolle des Pflichtverteidigers im Strafprozess kann für den Ausgang eines Verfahrens von entscheidender Bedeutung sein. Gerade in Fällen, in denen eine notwendige Verteidigung vorliegt, ist es für den Beschuldigten von großem Vorteil, aktiv Einfluss auf die Auswahl seines Pflichtverteidigers zu nehmen. Sollte der Angeklagte unsicher sein, ob die Voraussetzungen für einen Pflichtverteidiger vorliegen, ist es ratsam, frühzeitig einen Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers zu stellen. Dieser Schritt kann Klarheit schaffen und stellt sicher, dass der Beschuldigte nicht unverteidigt bleibt.

Insgesamt ermöglicht der Pflichtverteidiger die Gleichstellung zwischen Anklage und Verteidigung und stellt einen fairen Prozess sicher. Durch eine sorgfältige Auswahl und frühzeitige Benennung des Pflichtverteidigers kann der Angeklagte maßgeblich dazu beitragen, dass seine Verteidigung nicht nur formal, sondern auch inhaltlich auf einem hohen Niveau geführt wird. Diese proaktive Herangehensweise kann letztlich entscheidend für den Ausgang des Verfahrens sein und den Beschuldigten vor ungerechtfertigten Nachteilen schützen.

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Jurawelt Redaktion

Christopher Molter

Studium:

  • Student der Rechtswissenschaften an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht
  • Schwerpunktbereich: Bank- und Kapitalmarktrecht
  • Auslandsaufenthalt an der University of Alberta (Kanada)

Jurawelt:

  • Redakteur & Studentischer Mitarbeiter