Görlitzer Park Zaun – Ein verlorenes Stück Heimat

„Was wir hier von Mauern halten, wisst ihr ja schon.“ Dieser Slogan Berlins steht symbolisch für die lange und emotionale Geschichte der Stadt im Umgang mit Grenzziehungen. Heute, viele Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer, scheint Berlin erneut vor einer Herausforderung zu stehen, die nicht nur geografische Grenzen betrifft, sondern auch die Grenzen der städtischen Sicherheitspolitik. Der Fokus: Der Görlitzer Park in Kreuzberg. Was einst als Naherholungsgebiet geplant war, ist heute ein Ort, an dem Kriminalität, Drogenhandel und Gewalt regelmäßig Schlagzeilen machen. Die Debatte über den geplanten Zaun um den Görlitzer Park rührt dabei an die Grundfeste dessen, wie der öffentliche Raum in einer modernen Metropole genutzt und geschützt werden sollte.

Bei alldem ist der Görlitzer Park – auch als „Görli“ bekannt – mehr als nur ein Park: Er ist zu einem Symbol für die Widersprüche der städtischen Sicherheitspolitik geworden. Auf der einen Seite stehen die Anwohner und Besucher, die den Park als Freiraum für Erholung und Freizeit schätzen. Auf der anderen Seite dominieren Berichte über Drogenkriminalität und Gewalt, die die Polizei und Sicherheitsbehörden auf den Plan rufen. Im Jahr 2023 zählte die Berliner Polizei im Wrangelkiez, zu dem der Park gehört, knapp 5.800 Straftaten. Ein Viertel davon ereignete sich direkt im Görlitzer Park selbst. Der florierende Drogenhandel ist dabei nur ein Teil des Problems, denn auch Gewalttaten und Eigentumsdelikte machen den Görli zu einem der Hotspots für Kriminalität in Berlin.

Polizeipräsidentin Barbara Slowik sieht in der geplanten nächtlichen Schließung und der Umzäunung des Parks eine zentrale Maßnahme zur Eindämmung der Kriminalität. Slowik argumentiert, dass die Straftaten vor allem nach Einbruch der Dunkelheit zunehmen und der „Wegfall der Tatgelegenheitsstruktur“ durch die nächtliche Schließung zu einer Verbesserung der Sicherheitslage führen könnte. Tatsächlich gab es in der Vergangenheit immer wieder Versuche, durch Polizeipräsenz und bauliche Maßnahmen für mehr Sicherheit zu sorgen. Doch diese Maßnahmen scheiterten bisher daran, das Problem wirklich an der Wurzel zu packen. Kritiker, darunter lokale Initiativen und Politiker aus Friedrichshain-Kreuzberg, befürchten, dass der Drogenhandel lediglich in die angrenzenden Straßen verdrängt werde und der Zaun als „populistischer Aktionismus“ keine nachhaltige Lösung bringe.

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Der Plan: Ein Zaun um den Görlitzer Park für 2 Millionen Euro

Doch der Berliner Senat hat sich festgelegt: Der Zaun soll kommen, und mit ihm eine grundlegende Veränderung des Umgangs mit einer der bekanntesten Grünflächen Berlins. Der Plan ist ambitioniert und teuer: Ein 220 Meter langer Zaun soll den Park umschließen, ausgestattet mit Eisentoren und Drehkreuzen, die den Zugang zwischen 23 und 6 Uhr regeln. Ergänzt werden soll die Umzäunung durch Flutlichter, die dunkle Ecken des Parks ausleuchten und so potenzielle Tatorte erhellen sollen. Die veranschlagten Kosten für den Bau des Zauns und die Beleuchtung betragen rund zwei Millionen Euro. Doch damit hören die Ausgaben nicht auf: Pro Jahr sollen 800.000 Euro allein für die Überwachung und Instandhaltung des Zauns aufgewendet werden.

Befürworter dieses Vorhabens – allen voran Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) – verteidigen den Zaun als notwendige Maßnahme, um den Park wieder zu einem sicheren Ort für die Berlinerinnen und Berliner zu machen. Für Wegner steht fest, dass die Umzäunung ein wichtiger Baustein in einem umfassenden Maßnahmenpaket ist, das darauf abzielt, den Park aus den Schlagzeilen herauszuholen und den Drogenhandel sowie die damit verbundene Kriminalität einzudämmen. „Wir wollen keinen Park für Drogendealer, sondern einen Park für die Menschen“, erklärte Wegner in einem seiner Interviews. Die Umzäunung sei hierbei das sichtbarste Symbol dieses Engagements. Dabei betont der Bürgermeister, dass es sich um ein befristetes Projekt handele. Wissenschaftliche Begleitstudien sollen nach einem Jahr klären, ob der Zaun tatsächlich eine Reduzierung der Kriminalität im Park und den umliegenden Straßen bewirken konnte.

 

Kritik an den Plänen: Symbolpolitik oder Sicherheitsgewinn?

Doch was für die einen nach Sicherheit klingt, empfinden andere als Einschränkung und als Ausdruck eines Kontrollwahns, der die eigentlichen Probleme nur verlagert, statt sie zu lösen. Insbesondere der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, der politisch von den Grünen dominiert wird, stellt sich entschieden gegen die Pläne des Senats. Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann ist eine der prominentesten Kritikerinnen und bezeichnet den Zaun als „populistischen Schnellschuss“. Ihrer Meinung nach werde der Zaun die eigentlichen Probleme im Görlitzer Park nicht lösen, sondern nur verschieben. Der Drogenhandel, so argumentieren die Kritiker, würde durch den Zaun lediglich in die umliegenden Straßen des Wrangelkiezes abgedrängt, während die eigentliche Situation im Park bestehen bleibt.

Diese Befürchtungen werden nicht nur von Politikern des Bezirks geteilt, sondern auch von zahlreichen Anwohnern, sozialen Initiativen und Umweltverbänden. Eine zentrale Kritik ist, dass der Zaun als ein Symptom der zunehmenden „Verpolizeilichung“ des öffentlichen Raums betrachtet wird. Die geplanten Maßnahmen – von der Umzäunung über die nächtliche Schließung bis hin zu den Flutlichtern – erwecken den Eindruck, dass der Park nicht mehr als Ort der Erholung, sondern als sicherheitsbedingte Problemzone behandelt wird. Dabei gehen die Probleme, die den Park zu einem Brennpunkt gemacht haben, weit über die Frage hinaus, ob ein Zaun das Drogenproblem lösen kann.

Um auf die Kritik aufmerksam zu machen, organisierte die Initiative „Görli zaunfrei!” mehrere Protestaktionen, die sich gegen den Bau des Zauns und die nächtliche Schließung richten. So fand unter dem Motto „Der Görli bleibt auf!“ eine große Kundgebung statt, bei der hunderte Demonstranten ihre Ablehnung gegenüber dem Projekt ausdrückten. Sie argumentieren, dass der Zaun nicht nur das Problem des Drogenhandels in die umliegenden Wohngebiete verdränge, sondern auch die Bewegungsfreiheit im Park einschränke. Besonders für die Anwohner des Wrangelkiezes, die den Park als Naherholungsgebiet und sozialen Treffpunkt nutzen, wäre die nächtliche Schließung ein harter Einschnitt. Die Initiative wirft dem Senat vor, den Zaun um den Görlitzer Park als bloßes „Machtsymbol“ zu nutzen, das die wahre Problematik nicht adressiert.

Auch ökologische Bedenken wurden im Rahmen der Proteste geäußert. Der BUND Berlin, einer der größten Umweltverbände der Hauptstadt, äußerte sich kritisch über die geplante Umzäunung und Beleuchtung des Parks. Der Verband warnte davor, dass der Park durch die „polizeiliche Sicherheitsarchitektur“ – wie sie der Zaun und die Flutlichter darstellen – seinen Charakter als Natur- und Erholungsraum verlieren könnte. Besonders die intensive Beleuchtung, die zur besseren Überwachung und Sichtbarkeit beitragen soll, stehe im Widerspruch zum Naturschutz und bedrohe die Tierwelt im Park. Nachts sei der Park ein Rückzugsgebiet für Fledermäuse und andere nachtaktive Tiere, deren Lebensraum durch die Flutlichter gestört werde.

Die Kritik beschränkt sich jedoch nicht nur auf die unmittelbaren Auswirkungen des Zauns auf den Park und seine Umgebung. Auch die finanziellen Aspekte des Projekts werden immer wieder hinterfragt. Zwei Millionen Euro für den Bau des Zauns und weitere 800.000 Euro jährlich für Überwachung und Instandhaltung – diese Summen erscheinen vielen Gegnern als überzogen, insbesondere in einer Zeit knapper öffentlicher Kassen. Für diese Summe, so argumentieren sie, könnte man zahlreiche soziale Projekte im und um den Park finanzieren, die präventiv auf die Ursachen von Kriminalität und Drogenhandel eingehen. Es sei „komplett unverantwortlich“, so eine Demonstrantin, „dass der Senat so viel Geld in ein Symbol der Macht investiert, anstatt in Lösungen, die den Menschen hier wirklich helfen“.

 

Der Rechtsstreit: Bezirksmacht oder Landessache?

Der erste Schritt des Bezirks, den Zaunbau zu stoppen, scheiterte im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Der Bezirk argumentierte, dass die Maßnahme den Charakter des Parks grundlegend verändern und den Drogenhandel lediglich in angrenzende Straßen verlagern würde, was die Probleme nur vergrößere. Doch das Verwaltungsgericht entschied am 10. Juli 2024, dass der Bezirk keine eigenständigen Rechte im Sinne der kommunalen Selbstverwaltung geltend machen könne (VG Berlin, Beschluss vom 10.07.2024, Az.: VG 2 L 82/24). Gemäß Artikel 28 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes steht die Selbstverwaltungsgarantie nämlich nicht dem Bezirk, sondern dem Land Berlin zu, jedoch ist der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg keine „Gemeinde“ im rechtlichen Sinne, sondern nur ein untergeordneter Verwaltungsteil des Landes Berlin. Demnach fallen Entscheidungen über die Verwaltung öffentlicher Grünflächen letztlich in die Zuständigkeit des Landes Berlin, nicht in die des Bezirks.

Auch in der Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. September 2024, Az.: OVG 12 S 15/24) konnte der Bezirk keinen Erfolg verbuchen. Das Gericht lehnte den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab und bestätigte damit das Urteil der Vorinstanz. Besonders bemerkenswert ist die Feststellung beider Gerichte, dass der geplante Zaun um den Görlitzer Park keine irreversiblen Konsequenzen nach sich ziehe. Diese juristische Bewertung, die die Eilbedürftigkeit verneinte, spielt dem Senat in die Hände, da dieser somit den Bau trotz der noch ausstehenden Hauptverhandlung vorantreiben kann.

Allerdings erweist sich diese rechtliche Einschätzung aus praktischer Perspektive als trügerisch. Zwar mag der Bau des Zauns theoretisch reversibel sein, praktisch jedoch ist der Rückbau einer solchen umfangreichen Struktur keineswegs schnell und einfach umsetzbar. Die damit verbundenen finanziellen und logistischen Hürden – von den erheblichen Baukosten von zwei Millionen Euro bis hin zu den jährlichen Unterhaltskosten von 800.000 Euro – machen eine spätere Umkehr des Projekts äußerst unwahrscheinlich. Der Zaun ist also nicht nur eine symbolische Barriere, sondern auch eine Investition, die der Stadt Berlin über Jahre hinweg hohe finanzielle Verpflichtungen aufbürdet.

 

Das „Eingriffsrecht“: Senat zieht die Reißleine

Im Übrigen stützt sich der Berliner Senat in seinem Vorgehen auf eine besondere Regelung: das „Eingriffsrecht“ nach § 13a des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes (AZG). Dieses Instrument erlaubt es dem Senat, Maßnahmen an sich zu ziehen, wenn „dringende Gesamtinteressen Berlins“ betroffen sind. Der Senat sieht den Görlitzer Park als kriminalitätspolitisches Problem von gesamtstädtischer Bedeutung, das über die Bezirksgrenzen hinaus Wirkung entfaltet. Tatsächlich hat der Görlitzer Park aufgrund der Drogenszene und der wiederholten Gewalttaten den Status eines „kriminalitätsbelasteten Ortes“.

Für den Senat ist es daher nachvollziehbar, dass die Lösung dieses Problems nicht allein dem Bezirk überlassen werden kann. Der Park habe sich zu einem Anziehungspunkt für Drogenhandel entwickelt, der weitreichende Auswirkungen auf andere Stadtteile hat, argumentiert der Senat. Die Entscheidung, die Zuständigkeit an sich zu ziehen, gründet auf dieser rechtlichen Grundlage – eine Entscheidung, die der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg als übergriffig und unangemessen empfindet.

 

Eine Frage des Rechtsschutzes: Wie kann der Bezirk den Zaun um den Görlitzer Park verhindern?

Rechtlich scheint der Bezirk derzeit in einer Sackgasse zu stecken. Die Gerichte haben bislang klar gemacht, dass das Land Berlin im Rahmen des „Eingriffsrechts“ handeln darf, solange keine irreversiblen Schäden entstehen. Die Entscheidung, ob der Bezirk letztlich überhaupt ein rechtliches Interesse oder eine eigene Klagebefugnis gegen den Eingriff des Senats geltend machen kann, wurde offengelassen und muss zu einem späteren Zeitpunkt geklärt werden.

Die Senatsverwaltung hat bereits angekündigt, mit den Bauvorbereitungen fortzufahren, und rechnet mit dem Baubeginn im Frühjahr 2025. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg steht somit vor einer schwierigen Entscheidung: Soll er den Rechtsweg weiter verfolgen oder sich auf eine politische Lösung konzentrieren? Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann kritisierte die juristischen Entscheidungen scharf und stellte fest, dass „nur weil etwas rechtlich möglich ist, es nicht politisch richtig sein muss“. Sie setzt weiterhin auf eine politische Einigung, um den umstrittenen Zaunbau zu verhindern.

Trotz dieser rechtlichen Rückschläge bleibt der Fall juristisch und politisch spannend, da das Hauptsacheverfahren noch aussteht. Sollte der Bezirk den Rechtsweg weiter beschreiten, werden die Gerichte eine endgültige Entscheidung treffen müssen, ob der Bezirk tatsächlich klagebefugt ist und ob seine Argumente gegen den Zaunbau juristisch Bestand haben. Bis dahin bleibt dem Bezirk jedoch wenig Handlungsfreiheit.

 

Fazit: Ein Raum für alle geht verloren

Die geplante Umzäunung des Görlitzer Parks wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Kritiker des Projekts sehen in diesem Vorhaben nicht nur eine symptomatische Behandlung eines tief verwurzelten Problems, sondern einen gefährlichen Präzedenzfall für den Umgang mit öffentlichem Raum in Berlin. Der Zaun, so ihre Argumentation, repräsentiere keine echte Lösung, sondern ein Werkzeug der Verdrängung und Kontrolle. Was der Berliner Senat als sicherheitspolitischen Erfolg feiern möchte, könnte sich in der Praxis als teurer Fehlschlag herausstellen. Anstatt die Symptome zu bekämpfen, könnte der Senat besser in soziale Projekte investieren, die den betroffenen Menschen tatsächlich helfen – etwa in Drogenprävention, Suchtberatung oder die Integration der Dealer, die oft aus prekären Lebenssituationen heraus agieren.

Ein weiterer Punkt der Kritik betrifft die Verdrängung der Probleme in die angrenzenden Wohngebiete. Wenn der Park nachts geschlossen wird, bedeutet das keineswegs das Ende des Drogenhandels. Vielmehr dürfte er sich in die angrenzenden Straßen und Viertel verlagern – mit schwerwiegenden Folgen für die Anwohner, die dann erst recht unter der Belastung leiden würden. Der Zaun löst also nicht das Problem, sondern verschiebt es lediglich räumlich, während die Grundproblematik unangetastet bleibt.

Ebenso trifft der Zaun das Herz des Parks als sozialen Raum. Der Görlitzer Park ist nicht nur ein Hotspot für Kriminalität, sondern auch ein wichtiger Treffpunkt für viele Menschen aus dem Kiez. Familien, Kinder, Anwohner – sie alle nutzen den Park als Ort der Erholung, des Austauschs und der Freizeitgestaltung. Eine nächtliche Schließung greift tief in die Bewegungsfreiheit und die soziale Struktur der Umgebung ein. Wer sich abends oder nachts im Park aufhält, wird pauschal als potenzieller Störer gesehen.

Ein weiterer Aspekt, der in der Debatte um den geplanten Zaun um den Görlitzer Park oft übersehen wird, ist die Auswirkung auf die Anwohner und die fortschreitende Gentrifizierung in der Region. Der Wrangelkiez, der den Park umgibt, gehört seit Jahren zu den beliebtesten Vierteln Berlins, was dazu geführt hat, dass Mieten und Immobilienpreise stark gestiegen sind. Mit dieser Entwicklung geht oft auch eine Veränderung der Bevölkerungsstruktur einher: Alteingesessene Bewohner werden verdrängt, während einkommensstarke Neuzuzügler die Gegend zunehmend prägen.

Ebenso könnten die Schließung und Umzäunung des Parks den Prozess der Gentrifizierung weiter beschleunigen. Die ständige Präsenz von Sicherheitsmaßnahmen wie Zäunen, Flutlichtern und Überwachungskameras signalisiert einerseits eine Kontrolle des öffentlichen Raums, andererseits macht sie den Park für die neuen, zahlungskräftigeren Bewohner attraktiver. Ein sicherer, überwachter Park wird für Menschen, die bereit sind, hohe Mieten oder Immobilienpreise zu zahlen, zu einem weiteren Verkaufsargument für das ohnehin schon begehrte Wohnviertel. Gleichzeitig jedoch verlieren die ursprünglichen Anwohner, die den Park als offenen Raum für Begegnung und sozialen Austausch schätzten, nicht nur ein Stück ihres Alltags, sondern möglicherweise auch ihre gesamte Heimat.

Die Kritik richtet sich also nicht nur gegen den Zaun selbst, sondern gegen die tieferliegenden Auswirkungen, die solche Maßnahmen auf die Nachbarschaft haben. Die sozialen Ungleichheiten werden durch diese Form der Stadtpolitik nicht abgebaut, sondern sogar verstärkt. Während der Zaun als Lösung für ein akutes Kriminalitätsproblem verkauft wird, trägt er in Wahrheit dazu bei, dass der Park zunehmend zu einem Symbol der sozialen Spaltung wird – einer Spaltung, die mit der Gentrifizierung einhergeht und die die ursprünglichen Bewohner des Wrangelkiezes immer weiter an den Rand drängt.

Hinzu kommt die Frage, ob der Zaun nicht ein falsches Zeichen setzt: Berlin, eine Stadt, die ihre Geschichte der Mauern und Trennung eigentlich überwunden haben sollte, schließt erneut einen ihrer zentralen Räume ein. Was wird dadurch signalisiert? Ein Park für „gute Bürger“ und eine Abgrenzung gegen all jene, die aus dem Raster fallen? Diese Symbolik droht mehr zu spalten als zu einen.

Letztlich bleibt die Frage, ob der Zaun um den Görlitzer Park tatsächlich zu mehr Sicherheit führen kann. Die Erfahrung zeigt, dass rein repressive Maßnahmen selten die gewünschten Ergebnisse liefern. Was der Park braucht, ist nicht mehr Überwachung, sondern ein kluges, auf Prävention und Integration setzendes Gesamtkonzept. Eine Politik, die auf Dialog und Teilhabe setzt, anstatt auf Zäune und Kontrolle. Der Görli könnte so zu einem Vorzeigeprojekt für einen integrativen, sicheren öffentlichen Raum werden – ganz ohne Zäune.

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