URTEIL
In dem Rechtsstreit […] hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 29.05.2001 durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts […] und die Richter am Oberlandesgericht […] für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 30.11.2000 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen II des Landgerichts Kiel geändert.
Der Beklagte wird verurteilt, gegenüber dem Deutschen Network Information Center (DENIC) in eine Umschreibung des von ihm bei der DENIC für sich angemeldeten Domain-Namens indutronic.de auf die Klägerin Zug um Zug gegen Erstattung der Kosten für die Umschreibung einzuwilligen.
[…]
Tatbestand (redaktionell gekürzt):
Die Klägerin wendet sich dagegen, dass der Beklagte seit Februar 1999 bei dem Deutschen Network Information Center (DENIC) die Internet- Domain indutronic.de hat registrieren lassen. Sie sieht sich in ihren Namensrechten verletzt [es folgen Ausführungen zu den Einzelheiten des Rechtsstreites]
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat mit dem zuletzt gestellten Hauptantrag Erfolg…
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Einwilligung des Beklagten in die Umschreibung der Internet-Domain indutronic.de aus §§ 12, 823 Abs. 1, 1004 BGB. § 12 BGB gibt bei unbefugter Nutzung des gleichen Namens dem Berechtigten einen Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung. Das Namensrecht wird als sonstiges Recht von der Bestimmung des § 823 Abs. 1 BGB erfasst, so dass bei Verletzungen ein Schadensersatzanspruch und gemäss § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Folgenbeseitigungsanspruch besteht.
Die Registrierung der Internet-Domain indutronic.de durch den Beklagten stellt eine Beeinträchtigung des Namensgebrauchs der Klägerin dar, da es ihr verwehrt ist, den Namensbestandteil indutronic unter der top-level-Domain .de zu benutzen. Dies hat bereits das Landgericht zutreffend auf den Seiten 5 und 6 des angefochtenen Urteils ausgeführt, worauf der Senat Bezug nimmt. Nach gesicherter Rechtsprechung ist es anerkannt, dass § 12 BGB auf juristische Personen analog anzuwenden ist und dass sich der Namensschutz dabei nicht nur auf den gesamten Firmennamen, sondern auch auf Bestandteile des Firmennamens bezieht, wenn die verwendete Bezeichnung eine individualisierende Eigenart aufweist, also namensmässig Unterscheidungskraft besitzt und von Natur aus geeignet ist, eine Namensfunktion auszuüben (BGH Urteil vom 24.11.1993 – XII ZR 51/92, BGHZ 124, 173, 178 = MDR 1994, 1155 = NJW 1994, 245; BGH Urteil vom 28.10.1987 – I ZR 165/85, NJW-RR 1988, 553, 554; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 12.12.2000 – 6 U 54/2000).
Nach der Rechtsprechung des BGH kann für einen Teil einer Firmenbezeichnung ein selbständiger Namensschutz im Sinne von § 12 BGB beansprucht werden, wenn es sich dabei um einen unterscheidungskräftigen Firmenbestandteil handelt, der seiner Art nach im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen (vgl. BGH Urteil vom 21.11.1996 – I ZR 149/94, NJW 1997, 1928 = GRUR 1997, 468 = MDR 1997, 768 jeweils m. w. N.). Dies ist hinsichtlich des prägenden Namensbestandteils indutronic der Klägerin eindeutig zu bejahen. Die Internet-Domain ist mit dem prägenden Bestandteil des Firmennamens der Klägerin identisch.
Es entspricht ferner herrschender Meinung in der Rechtsprechung und Literatur, dass in der Verwendung der Internet-Domain der Gebrauch eines entsprechenden Namens liegt. Zwar dient die Adresse technisch nur dem Auffinden des entsprechenden Servers. Die dafür benötigte Zahlen- und Buchstabenkombination ist frei wählbar. Trotzdem geht der Internet-Nutzer davon aus, dass unter der Adresse auch die gleichnamige Firma, also der Namensinhaber erreichbar ist. br> Ferner besteht eine Verwechselungsgefahr im weiteren Sinne. Dies liegt vor, wenn die beteiligten Verkehrskreise zwar nicht von einer Identität der Personen und/oder Unternehmen ausgehen, jedoch vermuten, dass es zwischen ihnen organisatorische und personelle Verknüpfungen oder jedenfalls eine Zustimmung des Namensträgers zur Verwendung seines Namens gibt (BGH Urteil vom 28.10.1987 a. a. O.). Die Bezeichnung der vom Beklagten verwendeten Internet-Domain gibt ausreichenden Anlass für eine solche Annahme.
Dem Beklagten steht an der Bezeichnung indutronic keinerlei eigenes Namensrecht zu, die in Konflikt stünden mit dem Namensrecht der Klägerin. Allein die Registrierung der Domain bei der DENIC gibt dem Beklagten kein Namensrecht, sondern stellt die Verletzung des Namensrechts der Klägerin aus § 12 BGB dar.
Dem Begehren der Klägerin steht nicht entgegen, dass sie mit dem Zusatz gmbh die Top-Level-Domain indutronic-gmbh.de hat registrieren lassen können und so im Internet erreichbar ist. Der typische Benutzer des Internets gibt zunächst schlagwortartig den Begriff ein, den er mit dem Suchobjekt assoziiert, ohne sich über die aktuelle Rechtsform eines gesuchten Gewerbebetriebes Gedanken zu machen. Dies ist die vom Beklagten benutzte Kurzform indutronic. Sie ist umfassend, weswegen die Verwechselungsgefahr stets gegeben ist.
Für den Beseitigungsanspruch der Klägerin ist die Verletzungshandlung des Beklagten ausreichend. Unerheblich ist, dass die Klägerin das Kürzel indutronic unter einer anderen Domain registrieren lassen könnte. In Deutschland ist die Domain .de die erste Adresse, die der typische Benutzer des Internets wählt. Andere Domains werden bei der Suche erst im Fall des Misserfolgs gewählt. Die Klägerin als Namensinhaberin hat jedenfalls im Verhältnis zum Beklagten, dem kein schutzwürdiges Interesse zur Seite steht, das Recht zur Nutzung der Domain .de. Deswegen ist es auch unerheblich, ob der Beklagte, wie er im Termin zur mündlichen Verhandlung behauptet hat, den Zugang zu seiner Seite im Internet kennwortgeschützt hat, so dass weitere Angaben erforderlich sind, um zur Seite zu gelangen. Die Rechte der Klägerin, die nach wie vor von der Nutzung der Domain .de ausgeschlossen ist, werden dadurch nicht gewahrt.
Neben dem Anspruch des Verletzten auf Unterlassung der Nutzung einer Domain entsteht mit dem Anspruch auf Verzicht auf den Domain-Namen – nach jetzt wohl herrschender Ansicht – ein Übertragungsanspruch, so dass die Klägerin die Einwilligung in die Umschreibung der Domain auf sie begehren kann (vgl. Hoffmann, Die Entwicklung des Internet-Rechts, Beilage zu NJW 2001, Heft 14, S. 24 m. w. N.). Dem aus § 12 BGB und auch uns §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB folgenden Anspruch auf Wiederaufhebung der entstandenen Rechtsbeeinträchtigung ist nur mit einer Übertragung Genüge getan, weil anderenfalls die Gefahr bestünde, dass entweder durch schnelle Veräusserung der Domain ein reiner Löschungsanspruch hinsichtlich der Domain-Reservierung ins Leere ginge oder aber nach Löschung alsbald ein Dritter unbefugt die Domain für sich reserviert oder sich bereits durch eine Zwischenregistrierung gesichert hat (Landgericht Hamburg, Urteil vom 12.07.2000 – 315 O 148/000, K & R 2000, 613).