OLG Nürnberg: Linkhaftung

Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Nürnberg in Zivilsachen

Internetrecht

Haftung für fremde Inhalte // Handlungsort

Handlungsort bei unerlaubten Handlungen via Internet Wettbewerbs-Verstöße aus dem Ausland Haftung für fremde Texte

Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 8.2.2000, Az. 3 U 4168/99

Angewandte Vorschriften: § 40 I EGBGB; § 5 TKD; § 1 UWG

Entscheidungsgründe

…..

2.Es ist, wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, deutsches Recht anwendbar.

Handlungsort ist nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB bei Äußerungsdelikten auch der Ort, wo die Äußerung bestimmungsgemäß verbreitet wird (BGH NJW 1996, 1128; NJW 1999, 2894), also dort wo im Fall von Verletzungshandlungen über das Internet der beanstandete Inhalt bestimmungsgemäß abgerufen werden kann. Das ist hier zweifellos Deutschland, da auf der beanstandeten Web-Seite über eine bestimmte, in Deutschland geführte rechtliche Auseinandersetzung mit den in Deutschland ansässigen und von dort aus geschäftlich operierenden Verfügungsklägern berichtet wurde und wird. Es wird daher gezielt auf den deutschen Markt eingewirkt, auch wenn die Information damals nur in englischer Sprache verfügbar gewesen sein sollte (vgl. Ubber WRP 1997, 502 f.; Renck NJW 1999, 3592). Englisch ist die in internationalen Kommunikationsnetzen favorisierte Weltsprache, so daß sie auch von deutschen Nutzern gelesen wird. Zum anderen geht der Tätigkeitsbereich der Verfügungsklägerin als Anbieterin von Suchmaschinen für das Internet über Deutschland hinaus. Sie werden deshalb durch den englischsprachigen Text unmittelbar tangiert, wenn nicht deutsche oder nicht deutsch sprechende Nutzer ihn zur Kenntnis nehmen.

Aus diesen Gründen liegt zumindest der Erfolgsort der der Verfügungsbeklagten angelasteten unerlaubten Handlung in Deutschland, so daß deutsches Recht auf jeden Fall nach Art. 40 Abs. 2 Satz 2 EGBGB anwendbar ist. Die Verfügungskläger haben ihr Wahlrecht zugunsten des deutschen Rechts in der Antragsschrift deutlich ausgeübt.

3.Die Verfügungsbeklagte ist für den Text nach § 5 Abs. 1 TDG und als wettbewerbsrechtliche Störerin verantwortlich.

Nach § 5 Abs. 1 TDG haftet nicht nur, wer eigene Inhalte im Internet anbietet, sondern auch wer sich fremde Texte zu eigen macht (Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, Rdz. 290; Bundestagsdrucksache 13/7385, Seite 19 f.). Die Verfügungsbeklagte ist unstreitig Inhaberin der Internet-Adresse, von der aus die Informationen verbreitet werden. Da mit keinem Wort erwähnt wird, daß die Texte ihrer Homepage nicht von ihr stammen, muß der Nutzer annehmen, daß es sich um eigene Inhalte handelt, für die sie als Adresseninhaberin geradestehen will. Dies gilt hier umso mehr, als über einen eigenen mit den Verfügungsklägern geführten Prozeß berichtet wird. Von den internen Abmachungen zwischen der Verfügungsbeklagten und ihrer gleichnamigen Schwesterfirma kann ein Nutzer keine Kenntnis haben.

Selbst wenn man davon ausgehen wollte, daß es sich um fremde Inhalte handelt, haftet die Verfügungsbeklagte nach § 5 Abs. 2 TDG auf jeden Fall, weil sie spätestens ab Abmahnung davon positive Kenntnis hat und als Verwalterin der Rechner, auf denen die fraglichen Inhalte abgelegt sind, jederzeit die technischen Möglichkeiten hat, diesen von den beanstandungswürdigen Inhalten zu säubern (vgl. Sieber, a.a.O., Rdz. 282).

Sie ist Störerin, da sie bewußt ihre Internet-Adresse ihrer Schwesterfirma zur Verfügung stellte und aufgrund des vorgelegten Vertrages auch rechtlich in der Lage ist, wettbewerbswidrige Handlungen auf ihrer Homepage zu verhindern (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Auflage, Einleitung Rdz. 327 a und 327 c).

4.An einem Verstoß gegen § 1 UWG ist nicht zu zweifeln, da der beanstandete Text den irreführenden und stark verzerrenden Eindruck erweckt, als sei die behauptete Urheberrechtsverletzung der Verfügungskläger bewiesen worden und deshalb sie gezwungen gewesen seien, Schadensersatz zu zahlen.

5.Es ist nicht zu beanstanden, daß in den Verfügungstenor der beanstandete Text in seiner englischsprachigen Fassung aufgenommen wurde. Die Verfügungskläger sind damit nur dem Konkretisierungsgebot nachgekommen und haben sich zulässigerweise genau an der konkreten Verletzungsform orientiert.

Daß das Verbot aus technischen Gründen die Verfügungsbeklagte unter Umständen dazu zwingt, den Text in seiner konkreten Fassung weltweit zu unterlassen, hat sie hinzunehmen, da sie damit gezielt in den inländischen Wettbewerb mit der Verfügungsklägerin eingegriffen hat (vgl. Hoeren, Rechtsfragen des Internets, 1998, Rdz. 393). Sie kann sich deshalb nicht darauf berufen, daß ihre Handlungen anderswo zulässig seien, ganz abgesehen davon, daß sie zu deren Zulässigkeit im Ausland, speziell in Australien, nichts Näheres vorträgt. Daß der Text in anderen Rechtsordnungen nicht wettbewerbswidrig sei, ist auch nicht ersichtlich.

(Urteil des Oberlandesgericht Nürnberg vom 8.2.2000, Az. 3 U 4168/99)