OLG Nürnberg: Haftung des Architekten für fehlerhafte Vermessung

Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil v. 27. März 1997

IM NAMEN DES VOLKES

In Sachen (…)

hat der 13.Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg (…) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.Februar 1997
für Recht erkannt:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das “Grundurteil ” der 6. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg –
Fürth vom 18. April 1996 wird zurückgewiesen.

II. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.

III. Der Wert der Beschwerde für die Beklagten wird auf 710.000,– DM festgesetzt.

Beschluß: Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 710.000,– DM.

T a t b e s t a n d

Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadenersatz wegen seiner Behauptung nach schuldhafter Verletzung des zwischen den Parteien am 20. Dezember 1991 (schriftlich). abgeschlossenen Architektenvertrages.

Gegenstand dieses Architektenvertrages war die “Errichtung einer Betriebsanlage in X”, Bauabschnitte I bis V, wobei, nach dem Wortlaut des Architektenvertrages vom 20. Dezember 1991 (§ 2), den Beklagten sämtliche Leistungsphasen (gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 HOAI) übertragen waren. Die Beklagten, bei ihnen insoweit federführend der Beklagte zu 2), erbrachten in der Folgezeit die veranlaßten Architektenleistungen, so etwa die Erstellung eines Lageplanes M 1:100 (Anlage K 2).

Mit der Ausführung der Bauleistungen als solche wurde vom Kläger ein “Generalunternehmer”, die Firma XY, beauftragt. Nach Durchführung der Grobplanie wurde ein Schnurgerüst erstellt, welches (- unstreitig -) von den Beklagten nicht überprüft worden ist. Sodann wurde mit der Errichtung der Gebäudlichkeiten begonnen.

In der Folgezeit stellte sich heraus, daß der gesamte Gebäudekomplex nicht an der in dem Lageplan (K 2) vorgesehen áewesenen Stelle, sondern um etwa 10 bis 12 Meter seitlich verschoben in Richtung des für eine spätere Errichtung östlich geplanten Verwaltungsgebäudes gegründet worden war. Die tatsächliche Position ist auf einem vom Kläger übergebenen Lageplan (K 4) rot eingezeichnet, die geplant gewesene Gebäudeposition demgegenüber schwarz.

Der Kläger hat (in erster Instanz) behauptet, die falsche Positionierung des Gebäudes auf dem Grundstück sei durch die unzureicheñde Planung und Bauleitung der Beklagten verursacht worden. Schon Grundlagenermittlung und Vorplanung seien nicht ausreichend gewesen. So habe bereits ein Geländenivellement gefehlt. Deshalb sei der vorhandene Höhenversatz nicht rechtzeitig erkannt worden, was dazu geführt habe, daß der “Fertigungsbereich” nicht so, wie im Lageplan vorgesehen gewesen, in das Gelände habe integriert werden können.

Nach Durchführung der Grobplanie sei im September 1992 das Schnurgerüst erstellt worden, wobei allerdings unklar sei, wer das in wessen Auftrag getan habe. Die Beklagten hätten dieses Schnurgerüst jedenfalls nicht in Bezug auf die Einmessung im Gesamtgrundstück kontrolliert, so daß, da die Einmessung objektiv falsch war, es zu einer wesentlichen “Verschiebung” des errichteten Gebäudes gekommen sei. Das habe er, der Kläger, erst Ostern 1993 festgestellt.

Durch die veränderte Positionierung sei ihm, dem Kläger, ein erheblicher Schaden entstanden. So könnten hierdurch die weiteren Bauabschnitte nicht mehr in dem vorgesehen gewesenen Umfange realisiert werden. Es entfielen Lagerflächen, Stellplätze und Einfahrtmöglichkeiten. .

Die ursprünglich geplant gewesene Positioñierung lasse sich nurmehr verwirklichen, wenn das schon erstellte Objekt abgerissen und an der richtigen Stelle neu errichtet werde, wobei auch die fehlerhafte Nivellierung (- um 1,545 Meter höher als geplant gewesen -) berücksichtigt werden müßte. Dieser Teilabriß werde (Mehr-) Kosten in Höhe von ca. 5 Millionen DM verursachen.

Ein noch höherer Schaden errechne sich, wenn man den Verlust von Lagerflächen 3,256 Millionen DM), Nutzflächen des Verwaltungsgebäudes (1,36 Millionen DM) sowie die Einfahrtsproblematik (180.000,– DM), die Mehrkosten zum Produktionsablauf (2,4 Millionen DM), die Mehrkosten für Stellplätze (250.000,– DM) und einen merkantilen Minderwert (3 Millionen DM) berücksichtige.

Desweiteren hätten die Beklagten für Baumängel einzustehen.

Mit der Klage hat der Kläger einern Teilbetrag in Höhe von 710.000,– DM geltend gemacht. Er hat beantragt, zu erkennen:

Die Beklagten werden verurteilt, gesamtschuldnerisch an den Kläger 710.000,– DM nebst 10,75 % Zinsen hieraus seit dem 05.12.1994 zu bezahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Für die Verschiebung des Baukörpers um etwa 11 Meter nach Osten sei die Firma verantwortlich. Auch die Baumängel hätten nicht sie, die Beklagten, zu vertreten.

Das Höhennivellement sei am 23. Mai 1991 erstellt worden. Mit dem Schnurgerüst hätten sie, die Beklagten, nichts zu tun gehabt. Dieses habe der Generalunternehmer durch einen Subunternehmer, die Z, erstellen lassen. Zu diesem Zeitpunkt sei dermit dem Bauvorhaben federführend befaßte Beklagte zu 2) in Urlaub gewesen. Nach Urlaubsrückkehr sei nur noch ein Fragment des Schnurgerüsts vorhanden gewesen. Allerdings habe das Landratsamt XYZ es vorher als ordnungsgemäß abgenommen gehabt.

Sie, die Beklagten, seien keine Vermesstungsfachleute. Sie hätten keinen Anlaß gehabt, das Schnurgerüst und die Einmessung zu überprüfen. Beides sei Sache des Generalunternehmers gewesen. Zudem hätten sie, die Beklagten, sich auf die Erfahrungen der Z verlassen dürfen, die jährlich ca. 20 Schnurgerüste erstelle und sich stets als zuverlässig erwiesen habe. Auch eine Überwachung durch einen “Sonderfachmann” sei nicht erforderlich gewesen.

Sie, die Beklagten, hätten von der Verschiebung des Baus erst im Frühjahr 1993 erfahren.

Nachteile seien dem Kläger durch dié Verschiebung nicht erwachsen.

Hilfsweise werde mit eigenen noch offenen Honorarforderungen (126.500,– DM nebst 4% Zinsen seit Ol. Juni 1995) gegen etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers aufgerechnet.

Die Beklagten haben mit Schriftsatz vom 25. September 1995 der Firma Z den Streit verkündet. Beitritt ist nicht erfolgt.

Das Landgericht hat, ohne eine Beweisaufnahme durchgeführt zu haben, am 18. April 1996 folgendes “Grundurteil” verkündet:

I. Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

II.Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.

Der Erlaß eines Grundurteils sei gemäß § 304 ZPO zulässig, da davon auszugehen sei, daß der “Klageanspruch in irgendeiner Höhe besteht”, der Umfang der Schadenersatzansprüche aber, da bestritten, erst “nach Beweisaufnahme durch Zeugen und Sachverständige festgestellt werden” könne.

Die von ihnen übernommenen vertraglichen Verpflichturngen, unter diesen die Bauüberwachung, hätten die Beklagten schuldhaft verletzt. Sie hätten nämlich nicht dafürgesorgt, daß der Bau plangerecht und frei von Mängeln errichtet wird. Gerade bei der Einmessung des Gebäudes wären die Beklagten zu besonders intensiver Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet gewesen, da es sich insoweit um eine der kritischen Phase eines Bauablaufs gehandelt habe.

Die Beklagten hätten eingestanden, das Schnurgerüst nicht überprüft zu haben. Darauf, daß das Schnurgerüst von einer erfahrenen Fachfirma errichtet worden sei, könnten sich die Beklagten nicht mit Erfolg berufen. Sie hätten sich nicht einmal davon überzeugt, ob der Ausführende tatsächlich die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Durchführung dieser Arbeiten eingehalten hat.

Zudem sei den Beklagten vorzuwerfen, dem Kläger nicht geraten zu haben, einen Vermessungsspezialisten zuzuziehen. Der Beklagte zu 2) müsse sich daher vorhalten lassen, daß einer der wichtigsten Teilbereiche der Erstellung des Bauobjekts ohne jegliche Überprüfung geblieben ist.

Die Beklagten schuldeten mithin dem Kläger gemäß § 635 BGB dem Grunde nach Schadenersatz wegen Nichterfüllung ihrer Bauaufsichtspflichten.

Gegen dieses Urteil haben die Beklagten form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

Sie bestreiten, ihre vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft verlètzt zu haben; denn sie, die Beklagten, hätten die Baustelle “laufend ordnungsgemäß überwacht”. Etwa jeden zweiten Tag sei er, der Beklagte zu 2), oder ein Mitarbeiter auf der Baustelle gewesen.

Die Vermessung und Nivellierung des Objekts habe dem Generalunternehmer oblegen, wie sich aus einem Besprechungsprotokoll vom 20. Juli 1992 ergebe. Sie, die Beklagten, hätten dem Generalunternehmer ihrerseits ordnungsgemäße Pläne im Maßstab 1:100 zur Verfügung gestellt, aus denen die Positionierung genau hervorgegangen sei. Wenn “der Generalunternehmer das Schnurgerüst durch seinen Subunternehmer, die, entgegen dieser eindeutigen Planung” habe erstellen lassen und “anschließend den Bau etwa 10 bis l2 Meter östlich als geplant” erstellt habe, so hätten sie, die Beklagten, “dies nicht zu vertreten” (Bl. 276 d.A.). “In der Praxis” überwache “kein Architekt ein Schnurgerüst, da er dies nicht nachmessen” könne und die “dafür nötige Sachkunde und die entsprecheriden Geräte nicht” besitze. Einen Sonderfachmann brauche er nur dann zuzuziehen, “wenn er begründeten Anlaß hätte, an der fachlichen Qualifikation des Erstellers des Schnurgerüsts zu zweifeln” (Bl. 177 d.A. ). Die Z habe sich jedenfalls ansonsten stets als äußerst zuverlässig erwiesen. Im übrigen sei das Schnurgerüst ja auch vom Landratsamt XYZ abgenommen und genehmigt worden.

Schließlich sei auch zu bedenken, daß der Kläger – ein Schreinermeister – “aufgrund seiner beruflichen Qualifikation mindestens so gut wie ein Architekt in der Lage sei, die Richtigkeit eines Schnurgerüsts zu beurteilen” (Bl. 180 d. A.).

Die Abweichung der Positionierung der Gebäude von der ursprünglichen Planung sei dem Kläger bereits seit Oktober 1992 bekannt gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hätte “ohne weiteres an der ursprünglich geplanten Stelle” noch gebaut werden können (B1. 181 d. A.). Wenn der Kläger aber nicht eingeschritten sei, habe er sich “einen allenfallsigen Schaden allein selbst zuzuschreiben” (Bl. 1.81 d. A.). Tatsächlich sei dem Kläger durch die Verschiebung ohnehin kein Schaden entstanden.

Die Beklagten beantragen, zu erkennen:

I. Das Grundurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18.04.1996, Az. 6 0 7223/95, wird aufgehoben.

II. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entgegen der Behauptung der Beklagten habe sehr wohl ihre Verpflichtung bestanden, die Einmessung der Gebäude zu überprüfen. Die Überwachungspflicht sei auch keineswegs auf den Generalunternehmer übertragen worden. Zudem habe er, der Kläger, den Beklagten zu 2) ausdrücklich darauf hingewiesen gehabt, es könne sinnvoll sein, einen Vermessungsingenieur einzuschalten. Der Beklagte zu 2) habe darauf erwwidert “Das ist nicht notwendig, das kann ich alleine” (Bl. 193 d.A.).

Der Kläger bestreitet, im Oktober l992 von der falschen Positionierung Kenntnis erlangt zu haben. Der Beklagte zu 2) habe selbst immer wieder betont, die Verschiebung der Gebäude erst im Frühjahr 1993 festgestellt zu habén.

Die Beklagten stellen demgegenüber in Abrede, daß mit dem Kläger über die Frage, ob ein Vermessungsingenieur “einzuschalten” sei, gesprochen worden ist (Bl. 199 d.A. ).

Von der Verschiebung des Objekts hätten sie, die Beklagten, tatsächlich erst im Frühjahr 1993 “aufgrund des Hinweises des Klägers” erfahren (Bl. 200 d. A.). Da andererseits der Kläger “in Kenntnis der Verschiebung nicht auf der plangerechten Errichtung” bestanden habe, stehe § 254 BGB einer etwaigen Schadenersatzpflicht der Beklagten entgegen.

Bezüglich des weiteren Parteivorbringens im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze mit Anlagen verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung (21. November 1996) hat der Kläger erklärt, daß er den Klageanspruch jedenfalls gegenwärtig “nur auf die fehlerhafte Errichtung des Schnurgerüstes stützt und nicht auch auf die in seinem Schriftsatz vom 08. Februar 1996 auf Blatt ? (Bl. l09 d. A.) genannten weiteren Ursachen”.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A; Bl. 212, 220 ff. , 232) und B (Bl. 212, 226 ff. d. A.;.

Das Vorbringen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 10. März 1997 wurde, soweit es sich auf das Vorbringen des Klägers in dem Schriftsatz vom 18. Februar 1997 bezieht, da insoweit nachgelassen, berücksichtigt. Soweit es sich auf den Schriftsatz des Klägers vom 19. Februar 1997 bezieht und soweit der Schriftsatz vom 10. März 1997 neuen Sachvortrag enthält war , das, wie auch neues Vorbringen im Schriftsatz des Klägers vom 19. Februar 1997, da nach Schluß der mündlichen Verhandlung eingegangen, nicht mehr zuzulassen (§ 296 a ZPO).

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache jedoch nicht von Erfolg. Wie das Landgericht ist der Senat zu dem Ergebnis gelangt, daß die Beklagten verpflichtet sind, den dem Kläger infolge einer “Verschiebung” der Gebäudlichkeit auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück gegenüber der vorgegeben gewesenen Position etwa entstandene Schäden – dem Grunde nach – zu ersetzen.

Der Senat folgt, da die im Berufungsverfahren durchgeführte Beweisaufnahme an deren Zutreffen nichts geändert hat, den Gründen der angefochtenen Entscheidung und nimmt auf sie Bezug (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Lediglich ergänzend ist zum Berufungsvorbringen (unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren erfolgten Beweisaufnahme) auf folgendes hinzuweisen:

l. Soweit die Beklagten hervorheben, daß nach dem zwischen dem Kläger und dem Generalunternehmer abgeschlossenen Vertrag letzterem ausdrücklich die Vermessung und Nivellierung oblegen habe, vermag dies, auch wenn es zutreffen sollte, die Beklagten im Verhältnis zum Kläger nichtzu entlasten. Auch dann, wenn ein Bauunternehmer ihm übertragene Leistungen unvollständig oder mangelhaft ausführt, bleibt eine etwaige Haftung des Architekten gegenüber seinem Auftraggeber, dem Bauherrn, wegen Verletzung eigener Pflichten, etwa im Hinblick auf die Bauaufsicht, unberührt.

2. Die Beklagten können auch nicht (mit Erfolg) einwenden, die Überprüfung des Schnurgerüsts gehöre nicht zu den von einem Architekten im Rahmen der Leistungsphasen 1 bis 15 (§ 15 Abs. 1 HOAI) übernommenen Pflichten.

Schon das Landgericht hat zutreffend betont, daß bereits allgemein die Einmessung eines Gebäudes die wesentliche Grundlage für die anschließende plangerechte Bauausführung darstellt. Die Positionierung der Gebäude war im verfahrensgegenständlichen Fall darüber hinaus von ganz besonderer Bedeutung; wie aus dem von den Beklagten gefertigten Lagéplan ersichtlich, waren die Gebäudekomplexe und Verkehrsflächen nur dann auf dem relativ kleinen, unregelmäßig geformten Grundstück sinnvoll anzuordnen, wenn die Vorgaben dieses Lageplanes exakt eingehalten werden.

Ein Architekt, dem bei einem Bauvorhaben die Planung und Bauüberwachung (Bauleitung) übertragen worden sind, ist nicht nur verpflichtet, die Bauausführung ordnungsgemäß zu planen sondern auch, sie in technischer Hinsicht sorgfältig zu überwachen. Insbesondere hat er dafür einzustehen, daß die wesentlichen Umstände, die für dìe fehlerfreie Herstellung des Bauwerks von Bedeutung sind, beachtet werden. Hierzu gehört die Höhenlage (vgl. BGH Vers R 61, 459) wie auch die Einmessung der Baugrube in Relation zu den Grundstücksgrenzen.

Tatsächlich haben die Beklagten jedoch, wie sie selbst einräumen, das auf dem Grundstück zur Kennzeichnung der vorgesehenen Baugrube und der Höhenlage des Erdgeschosses (nach Behauptung der Beklagten von der “XXXXXXXX” im Auftrag des Generalunternehmers, der Firma XXXXXXXXX) erstellte – objektiv nicht dem Lageplan Rechnung tragende, mithin falsch positionierte – Schnurgerüst nicht kontrolliert und weder die Einmessung auf dem Grundstück noch das Nivellement überprüft.

a) Auch wenn die Beklagten, wie sie vorgetragen haben, “technisch” zu einer solchen Überprüfung nicht in der Lage gewesen sein sollten, vermag sie das nicht zu entlasten. Denn dann hätte es ihnen oblegen, für die Zuziehung eines Fachmannes von sich aus zu sorgen oder den Bauherrn unmißverständlich darüber zu unterrichten, daß sie sich zu der gebotenen Überprüfung nicht in der Lage sehen, eine Überprüfung durch einen Sonderfachmann aber dringend angeraten sei.

Die Beklagten haben selbst nicht behauptet, letzteres getan zu haben. Nach dem Sachvortrag des Klägers haben sie aber nicht nur das Zuziehen eines Sonderfachmannes nicht angeraten, sondern, durch den Beklagten zu 2), darüber hinaus die von ihm, dem Kläger, aufgeworfene Frage, ob es nicht besser sei, jemanden vom staatlichen Vermessungsamt einzuschalten, ausdrücklich verneint. Der vom Kläger hierzu benannte, im Berufungsverfahren vernommene Zeuge A hat letzteres bestätigt. Anhaltspunkte dafür, daß diese Aussage nicht der Wahrheit entsprechen könnte, haben sich nicht ergeben.

Das damit anzunehmende “Abraten” von der Zuziehung eines “Sonderfachmannes” für Vermessung muß als weitere Verletzung der Pflichten der Beklagten zur Bauüberwachung und Baubetreuung eingestuft werden.

b) Die Beklagten können sich, gegenüber dem Vorwurf der Pflichtverletzung, auch nicht (mit Erfolg) darauf berufen, daß sie keinen Anlaß gehabt hätten, die Zuverlässigkeit der das Schnurgerüst erstellenden Firma Z) in Zweifel zu ziehen. Die

das Schnurgerüst erstellende Firma stand, unstreitig, in keiner Vertragsbeziehung zu den Beklagten. Eigene Pflichten konnten sie daher unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt auf diese verlagern, ihre Bauaufsichtspflicht bestand unabhängig davon, ob die Z sich bislang (im Rahmen anderer Bauvorhaben) als zuverlässig erwiesen hatte, wie die Beklagten behaupten,oder nicht.

Die Beklagten durften auch nicht darauf vertrauen, daß der Kläger selbstausreichend fachkundig sei, etwaige Fehler der Schnurgerüsterstellung zu erkennen. Umstände, aus denen auf eine dahingehende spezielle Kenntnis des Klägers geschlossen werden könnte, haben die Beklagten nicht vorgetragen. Der Hinweis, daß der Kläger Schreinermeister sei und schon mehrere Bauvorhaben durchgeführt habe, reicht jedenfalls nicht aus, dem Kläger eine höhere Sachkunde zuzuschreiben, als die Beklagten als bauleitende Architekten besitzen mußten.

c)Schließlich können sich die Beklagten auch nicht (mit Erfolg) darauf berufen, daß das Schnurgerüst vom Landratsamt XYZ also einer Fachbehörde, abgenommen und nicht beanstandet worden sei.

Auch wenn den Beklagten die Fachkenntnisse und Instrumente zur Nachprüfung der Messungen gefehlt haben sollten, hätten sie zumindest die mittels des Schnurgerüsts fixierten Höhen und die Entfernungen zu den Grundstücksgrenzen mit den von ihnen selbst erstellten Plänen vergleichen und die objektiv gegebene Fehlerhaftigkeit der Eìnmessung feststellen können und müssen (vgl. BGH a.a.0. 460).

Soweit sie in diesem Zusammenhang vorgetragen haben, der Grenzverlauf sei zum damaligen Zeitpunkt infolge Nichterkennbarkeit der Grenzsteine nicht feststellbar gewesen, entlastet sie das, auch im Falle des Zutreffens, nicht. Im Gegenteil: Wenn sie bemerkt haben, daß die Grenzsteine nicht sichtbar sind, hätte ihnen das besonderen Anlaß dafür geben müssen, die Richtigkeit der Einmessung in Frage zu stellen; denn dann war zu befürchten, daß auch bei Erstellung des Schnurgerüsts die Grenzsteine nicht exakt ermittelt worden waren.

Die Beklagten haben vorgetragen, daß zum Zeitpunkt der Rückkehr des Beklagten zu 2) aus dem Urlaub das Schnurgerüst nurmehr zum Teil gestanden habe. Auch das hätte besonderen Anlaß geben müssen, sich selbst über die Korrektheit der geschehenen Einmessung Gewißheit zu verschaffen. Zumindest hätten die Beklagten dazu Kontakt zum Landratsamt XYZ das nach ihrer Behauptung das Schnurgerüst “abgenommen” hat, aufnehmen müssen, um durch Nachfragen zu erfahren, welche Höhenpunkt festgelegt worden ist und ob die Entfernungen zur Grundstücksgrenze konkret überprüft und so, wie im Lageplan vorgesehen gewesen, fixiert worden sind. Allein schon dieses Unterlassen begründet eine Verletzung ihrer Pflichten als planende und bauleitende Architekten.

d)Es ist unstreitig, daß die Positionierung der Gebäude auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück nicht dem von den Beklagten gefertigten Lageplan, der auch Grundlage der Baugenehmigung gewesen ist, entspricht. Hätten die Beklagten, wie es ihre Pflicht gewesen wäre, die Einmessung überprüft, dann hätten sie die Fehlerhaftigkeit des Schnurgerüsts erkennen und die Fehlpositionierung der Gebäudlichkeit verhindern können und müssen.

Ihre schuldhafte Unterlassung ist mithin ursächlich für die Falschpositionierung und daraus abzuleitende Schäden.

3. Im Berufungsverfahren haben die Beklagten mit dem Hinweis auf “Mitverschulden” (§ 254 BGB) dem Kläger vorgeworfen, er habe, im Gegensatz zu ihnen, die sie davon erst im Frühjahr 1993 erfahren hätten, schon seit Oktober 1992, somit zu einem Zeitpunkt, zu dem eine Änderung noch ohne wesentlichen Kostenaufwand möglich gewesen wäre, von der Fehlpositionierung gewußt.

Der Kläger hat letzteres bestritten.

Der auf Antrag der Beklagten vom Senat vernommene Zeuge A damals Leiter der Niederlassung der Firma X in Q seit 1996 auch Prokurist dieser, Firma, hat ausgesagt, im Oktober 1992 hätte er auf der Baustelle an zwei Gesprächen teilgenommen, wobei der Kläger bei einem dieser Gespräche anwesend gewesen sei. Anlaß dieser Gespräche sei die Feststellung gewesen, daß das “Schnurgerüst nicht richtig errichtet war und die Positionierung nicht stimmte”. Der Kläger habe sich dazu zwar nicht geäußert, seiner, des Zeugen, Meinung nach habe “er die Situation jedoch verstanden”, zumindest habe er, der Zeuge, geglaubt, “dies seiner Gestik entnehmen zu dürfen” íBl. 227 d.A.).

Auf den Widerspruch dieser Aussage zu einem von ihm unterzeichneten Schreiben vom 25. Juni 1993 an Herrn Rechtsanwalt R, in dem ausgeführt ist “Dieser dargelegte Sachverhalt wurde von Herrn B mit einer entsprechenden Äußerung akzeptiert”, angesprochen, hat der Zeuge zunächst behauptet, dieser Satz habe sich nicht auf eines der Gespräche im Oktober 1992 bezogen. Das wiederum hat er aber nach Einsichtnahme in das Schreiben, in dem der Bezug auf den 05. Oktober 1992 enthalten ist, berichtigt.

Insgesamt war die Aussage des Zeugen B der im übrigen auch behauptet hat, der Bèklagte zu 2) müsse derjenige gewesen sein, der den Bauleiter K auf die Fehlerhaftigkeit des Schnurgerüsts hingewiesen,hatte, sowie, “sicherlich” habe “Herr C bei der Besprechung im Oktober 1992 die Verschiebung des Gebäudekomplexes um ca. 12 Meter registriert” (Bl. 230 d. A.), von so vielen Unsicherheiten und letztlich nicht aufklärbaren Widersprüchen geprägt, daß sie als Nachweis der Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, der Kläger habe schon im Oktober 1992 von der Fehlpositionierung Kenntnis erlangt, nicht ausreicht.

Ein Mitverschulden des Klägers an den Auswirkungen der Fehlpositionierung der Gebäudlichkeiten auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück gegenüber dem Lageplan haben die Beklagten somit nicht nachgewiesen.

Nach alldem war die Berufung der Beklagten als unbegründet zu- rückzuweisen.

II.

Die Entscheidung (auch) über die Kosten des Berufungsverfahrens war der Schlußentscheidung vorzubehalten.

Der Wert der Beschwerde wurde gemäß § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO festgesetzt.

Die Revision ist (bereits) im Hinblick auf diesen Wert statthaft (§546 Abs. 1 ZPO).