Urteil vom 19. Dezember 1995 – 6 U 11/94 (Vorinstanz LG Frankfurt: 2/3 O 338/92)
Urteil
In dem Rechtsstreit (…) hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (…) für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.11.1993 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts in Frankfurt am Main wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß von den Kosten erster Instanz die Beklagte 9/10 und die Klägerin 1/l0 zu tragen haben.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung von 270.000,00 DM, hinsichtlich des Rechnungslegungsanspruchs durch Sicherheitsleistung von 25.000,00 DM sowie hinsichtlich des Kostenausspruchs von 30.000,00 DM abzuwenden, sofern nicht die Klägerin jeweils vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 DM abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in dieser Höhe Sicherheit leistet.
Die Sicherheitsleistungen können auch in Form einer unbefristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen inländischen Kreditinstituts erbracht werden.
Beschwer der Beklagten: 370.000,00 DM
Tatbestand
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Verlagsgruppe, die unter anderem die Publikationen (…) und (…) herausgibt. Zur Verwertung des von der Klägerin unterhaltenen Zeitungsarchivs hat diese den Recherchedienst der (…) gegründet, über den außenstehende Dritte gegen Entgelt zu einzelnen Problembereichen Informationen erfragen und auch Kopien von Beiträgen bestellen können, welche in den Zeitungen der Klägerin veröffentlicht worden sind oder an denen ihr Rechte zustehen. Beiträge aus fremden Publikationen werden nicht kopiert; auf diese wird im Zusammenhang des Rechercheergebnisses lediglich verwiesen.
Die Beklagte, eine bundesdeutsche Großbank, unterhält seit vielen Jahren ein Archiv über Wirtschaftsdaten. Anfangs führte sie Recherchen in diesem Archiv lediglich zu hausinternen Zwecken durch; später stellte sie ihre Recherchedienste auch ihren Kunden – zunächst unentgeltlich – zur Verfügung.
Seit 1991 bietet die Beklagte, die ihr Archiv nach wie vor vorwiegend für hausinterne Zwecke nutzt, öffentlich einen entgeltlichen Informationsservice unter dem Namen (…) an und bewirbt ihn unter dieser Bezeichnung mit einer Broschüre. Wegen des Inhalts dieser Broschüre nebst der beiliegenden Rechercheauftragsformulare sowie der Preisinformationen wird auf die Anlagen zur Klageschrift (Bl. 25-28 d.A.) verwiesen.
Diese (…) stützt sich zum einen auf die große Sammlung der Beklagten von Fachzeitschriften. Für deren Artikel werden kurze Zusammenfassungen erstellt, welche sodann – ohne den Text selbst – nebst den bibliographischen Angaben in einer Computerdatenbank gespeichert werden. Daneben erfaßt die Beklagte nicht nur in großem Umfang Geschäftsberichte verschiedener Unternehmen, sondern auch Zeitungsausschnitte, indem sie – v.a. auch aus den Publikationen der Klägerin – relevant erscheinende Artikel täglich ausschneiden und – so die Behauptung der Beklagten – mit Hilfe eines “Zettelkastens” archivieren läßt.
Die Beklagte nutzt darüber hinaus auch externe Datenbanken und hat auf diesem Wege Zugang zu Informationen, die in ihrem eigenen Archiv nicht existieren. So unterhält sie zum einen vertragliche Verbindungen zu dem von (…) betriebenen Datenbankpool (…) sowie zur (…) über die sie gleichermaßen mit Artikeln aus der (…) versorgt wird. In letzterem Fall fungiert die (…) als Datenbank-Anbieter für die Klägerin, für die sie deren Volltext-Datenbank “(…) Online” vermarktet.
Ihren eigenen Kunden bietet die Beklagte die Besorgung von Rechercheaufträgen zu bestimmten Themen an, als deren Ergebnis sie dem Kunden ein Verzeichnis der einschlägigen Zeitungsartikel und sonstigen Fundstellen sowie, falls der Kunde sein Interesse hieran durch Ankreuzen einer entsprechenden Textpassage in dem Auftragsformular bekundet, Kopien der recherchierten Zeitungsartikel übersendet. Für diesen Kopierdienst verlangt die Beklagte ein gesondert ausgewiesenes Entgelt. In der Vergangenheit wurden auf diese Weise auch Kopien von Artikeln, die in den Publikationsorganen der Klägerin erschienen waren, an Kunden der Beklagten übergeben.
Nachdem die Klägerin von dieser Verfahrensweise erfahren hatte, wandte sie sich schriftlich an die Beklagte und forderte diese – zuletzt mit Schreiben vom 11.3.1992 – vergeblich zur Unterlassung der Verbreitung bzw. Vervielfältigung der in ihren Blättern publizierten Artikel auf. In ihrem Antwortschreiben vom 20.3.1992 lehnte die Beklagte dieses Begehren ausdrücklich ab.
Die Klägerin hat behauptet, sie besitze ein ausschließliches Nutzungsrecht für alle Beiträge, die von ihren angestellten Redakteuren verfaßt würden. Eine sie insoweit begünstigende Regelung sei nicht nur in § 18 des für sie geltenden Manteltarifvertrages vom 18.11:1989 enthalten, auch die von ihr mit ihren Redakteuren geschlossenen Anstellungsverträge enthielten Bestimmungen, die ihr ein dauerhaftes, ausschließliches Recht an allen im Rahmen des Vertrages gefertigten Arbeiten einräumten.
Die Klägerin hat deshalb die Ansicht vertreten, daß sie der Beklagten gegenüber zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs befugt sei. Bei den von der Beklagten archivierten und in Kopie an deren Kunden herausgegebenen Artikeln handele es sich – zumindest zu einem weitaus überwiegenden Teil – um urheberrechtlich geschützte Werke, deren alleinige Nutzungsberechtigung bei ihr liege. Soweit sich die Beklagte demgegenüber auf das Kopier-Privileg des § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG berufe, könne dies in dem vorliegenden Fall nicht angewendet werden, da eine Vervielfältigung zum privaten oder eigenen Gebrauch nicht mehr vorliege. Die in soweit von der Beklagten vertretene Ansicht, der Kunde selbst sei es, der als “Vervielfältiger” im Sinne des § 53 UrhG angesehen werden müsse, sei unter den gegebenen Umständen mit dem Gesetz nicht mehr vereinbar.
Schließlich werde durch den ihr zuzubilligenden urheberrechtlichen Sonderrechtsschutz ein Anspruch aus § 1 UWG nicht ausgeschlossen. Die Beklagte übernehme zum einen in wettbewerbswidriger Weise ihre – der Klägerin- Leistung und beute zum anderen ihren – der Klägerin – guten Ruf für eigene wettbewerbliche Zwecke aus, so daß ein Verstoß gegen die guten Sitten i.S.d. § 1 UWG ebenfalls begründet sei.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren,
zu unterlassen,
ohne Zustimmung der Klägerin Teile der Druckwerke oder einzelne Beiträge, die in Publikationen der Verlagsgruppe der Klägerin, insbesondere in der (…) veröffentlicht worden sind, über die von der Beklagten unter der Bezeichnung (…) betriebene Datenbank oder in sonstiger Weise zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten und/oder vervielfältigen und/oder verbreiten zu lassen und/oder dafür zu werben;
hilfsweise:
a) (Hilfsantrag zu 1 a)
Teile der Druckwerke oder einzelne Beiträge, die in Publikationen der Verlagsgruppe der Klägerin veröffentlicht worden sind – nämlich in der Publikation (…) Blick durch die Wirtschaft -, soweit sie von den in der Anlage K 12 im einzelnen näher bezeichneten angestellten Redakteuren der Klägerin stammen,
über die von der Beklagten unter der Bezeichnung (…) betriebene Datenbank oder in sonstiger Weise zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten und/oder vervielfältigen und/oder verbreiten zu lassen und/oder dafür zu werben;
b) (Hilfsantrag zu 1.b)
Teile der Druckwerke oder einzelne Beiträge, die in Publikationen der Verlagsgruppe der Klägerin veröffentlicht worden sind – nämlich in der Publikation (…) Blick durch die Wirtschaft -, soweit sie von den in der Anlage K 12 im einzelnen näher bezeichneten angestellten Redakteuren der Klägerin stammen,
über die von der Beklagten unter dar Bezeichnung (…) betriebene Datenbank oder in sonstiger Weise zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten und/oder vervielfältigen und/oder verbreiten zu lassen und/oder dafür zu werben,
es sei denn, es handelt sich um vermischte Nachrichten tatsächlichen Inhalts oder Tagesneuigkeiten, die als solche oder die als Übernahme von Agenturmeldungen gekennzeichnet sind;
c) (Hilfsantrag zu 2)
die in der Anlage K 3 zur Klageschrift vorgelegten Veröffentlichungen der Klägerin in ihrer Tageszeitung (…) über die von der Beklagten unter der Bezeichnung (…) betriebene Datenbank oder in sonstiger Weise zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten und/oder vervielfältigen und/oder verbreiten zu lassen und/oder dafür zu werben;
2.) die Beklagte zu verurteilen, über den Umfang der vorstehend zu 1). bezeichneten Handlungen Rechnung zu legen, und zwar insbesondere unter Angabe der vervielfältigten Beiträge, der Namen und Anschriften der jeweiligen Empfänger der Vervielfältigungsstücke sowie der Zeitpunkte, zu welchen die jeweiligen Empfänger Vervielfältigungsstücke von der Beklagten erhalten haben;
3.) festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin all den Schaden zu ersetzen, der ihr aus den vorstehend zu 1) bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten (Haupt und Hilfs-) Unterlassungsanträge hat sie die Ansicht vertreten, daß diese unzulässig seien, da sie zu weit gefaßt und daher unbestimmt seien.
Materiell sei eine Urheberrechtsverletzung nicht gegeben, denn die genehmigungslose Anfertigung und Versendung von Kopien von Zeitungsartikeln der Klägerin seien durch das Kopierprivileg des § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG gedeckt, welches ausdrücklich auch das “Herstellenlassen”, von Fotokopien durch Dritte gestatte. Auftraggeber für die von dem Informationsdienst der Beklagten gefertigten Kopien sei der einzelne Kunde, welcher ein Vervielfältigungsrecht habe, da er die Kopien lediglich zum eigenen Gebrauch verwende. Allein der Umstand, daß Recherche und Fotokopiertätigkeit in einer Hand vereinigt würden, könne nicht dazu führen, daß diese beiden an sich zulässigen Vorgänge in ihrer Gesamtheit urheberrechtlich zu beanstanden seien. Insoweit sei sie – die Beklagte – ebenso wie eine öffentliche Bibliothek zu behandeln, der es ebenfalls erlaubt sei, aus ihren Beständen für Interessierte Kopien aus urheberrechtlich geschützten Werken zu fertigen.
Bezüglich des von der Klägerin erhobenen Anspruchs auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.
Gemäß Beweisbeschluß vom 4. März 1993 hat das Landgericht Beweis erhoben durch Vernehmung des Herrn (…) als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme hat es auf die schriftliche Aussage des Zeugen (…) vom 13. Mai 1993 (B1. 424-426 d.A.)Bezug genommen.
Mit Urteil vom 18. November 1993, der Beklagten zugestellt am 14. Dezember 1993, hat das Landgericht die Beklagte unter Abweisung des Hauptantrags zu 1) gemäß dem Hilfsantrag zu 1)a) sowie den Klageanträgen zu 2) und 3) verurteilt.
Es hat die Ansicht vertreten, der Hilfsantrag zu 1)a) sei – anders als der Hauptantrag zu 1) – noch ausreichend bestimmt, da das beantragte Verbot durch die Bezugnahme auf bestimmte Publikationen der Klägerin sowie die bei ihr festangestellten Redakteure genügend konkretisiert sei.
Wegen der im Einzelfall zu prüfenden Urheberrechtsschutzfähigkeit der streitgegenständlichen Beiträge sei ausnahmsweise eine Verschiebung dieser Prüfung in die Zwangsvollstreckung zulässig.
Zur Begründetheit der Klage hat das Landgericht ausgeführt, daß die Klägerin aktivlegitimiert sei, da ihr nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme abweichend von der Vorschrift des 38 Abs.3 UrhG das zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkte Nutzungsrecht an allen Beiträgen, die von den bei ihr festangestellten Redakteuren verfaßt worden seien und verfaßt werden, übertragen worden sei. Die im Klageantrag bezeichneten Artikel stellten überdies urheberrechtsschutzfähige Beiträge i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG dar. Zwar sei die Urheberrechtsschutzfähigkeit grundsätzlich im Einzelfall festzustellen; hiervon sei jedoch eine Ausnahme möglich, wenn – wie hier – Erfahrungssätze hinsichtlich der Schutzwürdigkeit bestimmter Werke existierten. Es sei davon auszugehen, daß Beiträge, die unter einem der in der Anlage K 12 zum angefochtenen Urteil aufgelisteten Kürzel erschienen, ausnahmslos die notwendige besondere eigenschöpferische Gestaltung aufwiesen.
Das Verhalten der Beklagten verletze die Klägerin weiterhin in ihren ausschließlichen Nutzungsrechten nach § 15 Abs. 1 Nr. l und Nr. 2 UrhG. Die Beklagte könne sich nicht auf die Privilegierung des § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG berufen, da sie nicht als im Auftrag ihrer Kunden handelnder “Kopist” -ähnlich einem Copyshop – anzusehen sei. Auch rechtfertigten Sinn und Zweck der Vorschrift des § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG nicht die Gleichstellung der Tätigkeit der Beklagten mit der einer öffentlichen Bibliothek.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am l2. Januar l994 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist mit am 14. April 1994 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Sie vertritt auch weiterhin die Auffassung, der vom Landgericht zugesprochene Hilfsantrag zu 1)a) sei wegen mangelnder Bestimmtheit als unzulässig abzuweisen.
Darüber hinaus ist die Beklagte nach wie vor der Ansicht, daß die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei. Die Behauptung, in allen Anstellungsverträgen für Redakteure sei eine Vereinbarung enthalten, durch die der Klägerin ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt werde, werde auch nicht durch die Aussage des Zeugen (…) bewiesen. Dessen dahingehende Bekundung enthalte eine rechtliche Schlußfolgerung, die einem Zeugen nicht zustehe und auf die das Gericht sich nicht stützen dürfe.
Weiterhin meint die Beklagte, das Landgericht gehe zu Unrecht davon aus, daß die – von den in Anlage K 12 aufgeführten Redakteuren – verfaßten Beiträge urheberrechtsschutzfähig seien. Das Urteil stütze sich auf eine dahingehende Vermutung, die jedoch dem Urheberrecht fremd sei.
Zur Zulässigkeit ihrer Fotokopiertätigkeit gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen und wendet sich gegen die vom Landgericht vorgenommene Differenzierung zwischen öffentlichen Bibliotheken einerseits und dem privaten Informationsdienst der Beklagten andererseits. Das Landgericht verkenne mit seiner Auslegung des § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG insbesondere die Schranken des Urheberrechts. Sie – die Beklagte – könne nicht darauf verwiesen werden, sich die entsprechenden Nutzungsrechte einräumen zu lassen; dies werde generell, dem Informationsbedürfnis der Gesellschaft nicht gerecht und verhindere die allgemein erwünschte Entwicklung privater Informationsdienste.
Der auf die (…) bezogene Unterlassungsanspruch sei schließlich schon deswegen abzuweisen, weil sie – die Beklagte – mittlerweile aufgrund des mit der (…) am l.12.1992/30.3.1993 geschlossenen Vertrages das Recht erworben habe, Beiträge aus dieser Publikation zu vervielfältigen und an ihre Kunden weiterzugeben. Durch ihren Vertrag mit der Firma , welcher ihr, den Zugriff auf die Datenbanken dieser Firma gestatte, stehe ihr folglich auch der Inhalt der (…) in vollem Umfang zur Nutzung zur Verfügung.
Die Beklagte beantragt, das Urteil der 3.Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt vom 18. November 1993 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Ansicht, für eine ausnahmsweise Überprüfung der Urheberrechtsschutzfähigkeit der streitgegenständlichen Beiträge sei auch im Zwangsvollstreckungsverfahren Raum, da das Vollstreckungsgericht die Möglichkeit habe, den Urteilstenor anhand der Entscheidungsgründe zu interpretieren. Aus diesen ergebe sich eindeutig, daß sich das erlassene Verbot nur auf urheberrechtsschutzfähige Beiträge erstrecke.
Darüber hinaus habe das Landgericht zu Recht zwischen der Tätigkeit der Beklagten und der einer öffentlichen Bibliothek differenziert und der Beklagten eine Berufung auf die Privilegierung des § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG abgeschnitten. Maßgebend sei der Unterschied, daß der Recherchedienst der Beklagten nicht der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, sondern ausschließlich dem privatwirtschaftlichen Streben nach Gewinn diene.
Die Beklagte könne weiterhin auch keine Nutzungsrechte aus dem Vertrag mit der Firma herleiten. Denn nach dem zwischen der Klägerin und der Firma vereinbarten Vertrag verblieben alle Rechte an den an die Firma übergebenen Daten ungeschmälert bei der . Diese Regelung gebe die Firma über ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen an die jeweiligen Nutzer weiter.
Schließlich hält die Klägerin an ihrer Ansicht fest, daß die geltend gemachten Klageansprüche eine Grundlage auch in § 1 UWG fänden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im übrigen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht nach dem erstinstanzlich gestellten Hilfsantrag zu l a), der allein Gegenstand der Berufung und der nachstehenden Ausführungen ist, zur Unterlassung verurteilt.
I. Gegen die Zulässigkeit diese Antrags bestehen keine durch greifenden Bedenken.
Der Senat teilt nicht die Befürchtung der Beklagten, daß die Wendung “Teile der Druckwerke” nicht hinreichend bestimmt sei und insbesondere auch einzelne Sätze oder Worte einschließe. Abgesehen davon, daß sich die Klägerin insoweit an den Wortlaut des Gesetzes gehalten hat, sind bei der Auslegung des Antrags Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils mit heranziehen, die in dem hier gegebenen Zusammenhang einen eindeutigen Schluß darauf zulassen, daß das Unterlassungsbegehren der Klägerin sich auf einzelne oder mehrere urheberrechtsschutzfähige Beiträge aus den von ihr herausgegebenen Publikationen bezieht, also gerade nicht auf nur einzelne, diese Qualifikation nicht erfüllende Sätze oder Worte.
Die Beklagte macht allerdings auch in der Berufung zu Recht geltend, daß sich die Frage, ob Beiträge in den Publikationen der Klägerin urheberrechtsschutzfähig sind und ob sie – die Beklagte – diese Beiträge verbreiten und/oder vervielfältigen darf, letztlich erst im Rahmen eines Ordnungsmittelverfahrens nach § 890 ZPO beantwortet.
Der Senat ist aber in Übereinstimmung mit dem Landgericht der Auffassung, daß der Antrag i.S.d. des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ausreichend bestimmt ist.
Eine Urheberrechtsverletzung kann zwar grundsätzlich nur am konkreten Zeitungsartikel festgestellt werden, da nur so nachprüfbar ist, ob dieser den durch § 2 UrhG aufgestellten Anforderungen genügt. Zudem sind nicht alle veröffentlichten Artikel der Klägerin urheberrechtsschutzfähig, wie die Beklagte insbesondere an einem kurzen Beitrag über die Gewerbeentwicklung in den neuen Bundesländern nachgewiesen hat.
Zu berücksichtigen ist aber, daß die Klägerin ihren Antrag im Vergleich zum ursprünglichen Hauptantrag sowohl durch die Angabe der betroffenen Publikationsorgane als auch dadurch wesentlich eingeschränkt und konkretisiert hat, daß er nur noch Beiträge erfaßt, die mit einem Kürzel der in der Anlage K 12 genannten festangestellten Redakteurinnen und Redakteure versehen sind.
Hinzu kommt, daß von der Klägerin nicht verlangt werden kann, alle Beiträge, deren Verbreitung sie untersagt haben will, in ihren Antrag aufzunehmen. Dies wäre angesichts der Vielzahl der bereits erschienen Beiträge unzumutbar.
Für die erst zukünftig erscheinenden Beiträge, die die Klägerin naturgemäß noch gar nicht benennen kann, ergäbe sich dagegen als Konsequenz, daß der Klägerin ein Rechtsschutz im Wege der vorbeugenden Unterlassungsklage völlig versagt wäre, obwohl das Prozeßverhalten der Beklagten dafür spricht, daß insoweit Erstbegehungsgefahr besteht, d.h. die ernsthafte Besorgnis, daß die Beklagte ihr Verhalten auch bezüglich der noch nicht erschienenen Beiträge fortsetzt, sofern es ihr nicht untersagt wird.
Das gerichtsbekannt intellektuell anspruchsvolle Niveau der Publikationen der Klägerin und der urheberrechtliche Schutz der sog. kleinen Münze, der bei Zeitungsartikeln zumeist nur bei sog. “Zweizeilern” unterschritten wird, begründen überdies eine tatsächliche Vermutung dafür, daß der weitaus überwiegende Teil der in den Publikationen der Klägerin erschienenen und zukünftig erscheinenden Artikel urheberrechtlich geschützt ist. Das gilt jedenfalls für Artikel, die mit einem Redakteurskürzel gekennzeichnet sind, sofern es sich nicht um die Wiedergabe von bloßen Agenturmeldungen oder Tatsachenmitteilungen ohne jegliche redaktionelle Bearbeitung handelt. Insoweit hat aber die Klägerin hinreichend dargelegt, daß nur diejenigen Artikel mit einem Redakteurskürzel gekennzeichnet werden, die tatsächlich eine redaktionelle Bearbeitung erfahren haben. Demgegenüber muß die von der Beklagten dargelegte Gefahr, daß auch nicht urheberrechtsschutzfähige Beiträge mit Redakteurskürzeln versehen werden, als gering erachtet werden. Jedenfalls hat die Beklagte unbeschadet des vorerwähnten Beispiels, das eher für ein Versehen spricht, keine Fälle dargelegt; die auf der Grundlage bereits veröffentlichten Materials Gegenteiliges signifikant belegen.
Es kann daher unterstellt werden, daß nur wenige Beiträge mit Redakteurskürzeln Anlaß dazu geben können, ihre Schutzfähigkeit vom Vollstreckungsgericht klären zu lassen. Davon unabhängig ist zu bezweifeln, ob es in den möglichen Ausnahmefällen im Hinblick auf die vorauszusetzende Erfahrung beider Parteien bei der Beurteilung urheberrechtlicher Fragen überhaupt zu einer Zwangsvollstreckung kommt.
Der Zulässigkeit des Antrags steht ferner nicht die “Leitsätze”- Entscheidung des Bundesgerichtshofs (GRUR 1992,382, 383) entgegen. Zwar hat der BGH in dieser Entscheidung im Zusammenhang mit einem Antrag auf Unterlassung der Vervielfältigung von Leitsätzen gefordert, daß die Leitsatzentscheidung selbst bezeichnet werden müsse. Er hat dies aber nicht als Frage einer etwaigen Unzulässigkeit der Klage mangels hinreichender Bestimmtheit des Klageantrags behandelt, sondern als Frage der Begründetheit (vgl. auch OLG Köln, GRUR 1995, 265, 266 – “Infobank”; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 6: Aufl., Kap.51 Rdn.ll mwN).
Nach alledem rechtfertigt es eine Gesamtwürdigung dieser Umstände, die Prüfung, ob einzelne Beiträge in den Publikationen der Klägerin schutzfähig sind, ausnahmsweise in die Zwangsvollstreckung zu verschieben.
Der Antrag der Klägerin ist schließlich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht deshalb zu beanstanden, weil er die Wendung: “unter der Bezeichnung betriebenen Datenbank” enthält. Hierzu stellt der Senat klar, daß unter den Begriff “Datenbank” auch der von der Beklagten zur Sammlung von Presseartikeln angeblich benutzte “Zettelkasten” fällt.
II. Die Klage ist auch sachlich begründet. Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus § 97 Abs. i UrhG zu.
1) Die Klägerin ist für den geltend gemachten Anspruch aktiv legitimiert, da ihr an sämtlichen Beiträgen, die von den in der Anlage K 12 genannten Redakteurinnen und Redakteuren verfaßt worden sind bzw. noch verfaßt werden, ausschließliche urheberrechtliche Nutzungsrechte zustehen.
Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin diese Rechte ab dem l. November 1989, wie vom Landgericht angenommen, vom OLG Köln dagegen angezweifelt wurde (a.a.O., S. 267), aus § 18 Abs. l des Manteltarifvertrages für Redakteure und Redakteurinnen an Tageszeitungen herleiten kann.
Denn nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme steht auch zur Überzeugung des Senats fest, daß in sämtlichen Anstellungsverträgen zwischen der Klägerin und den in der Anlage K 12 genannten Personen – mit Ausnahme des Redakteurs – eine individuelle vertragliche Vereinbarung dahingehend enthalten war und ist, die der Klägerin er allen aufgrund des Anstellungsvertrages angefertigten Arbeiten ein uneingeschränktes und zeitlich unbegrenztes ausschließliches Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung einräumt.
Zweifel an der Richtigkeit der dahingehenden schriftlichen Bekundung des Zeugen Eichmann ergeben sich nicht. Seine Erklärung stellt entgegen der Auffassung der Beklagten auch keinen unzulässigen Zeugenbeweis dar. Denn für den Zeugen gehört in seiner Eigenschaft als Personalleiter der Klägerin der Umgang mit redaktionellen Anstellungsverträgen zu seinen täglichen beruflichen Aufgaben. Die vertragliche Einräumung eines Nutzungsrechts ist für ihn daher ein einfacher und geläufiger Vorgang. Mit Rücksicht darauf hat der Zeuge Eichmann keine dem Zeugenbeweis unzugängliche rechtliche Schlußfolgerung gezogen, sondern in zulässiger Weise eine Beweistatsache bekundet.
Auch der Arbeitsvertrag des Redakteurs (…) aus dem Jahre 1955 räumt der Klägerin ein ausschließliches Nutzungsrecht an den streitgegenständlichen Beiträgen ein. Denn nach der glaubhaften Aussage des Zeugen (…) sieht dieser Vertrag vor, daß die Ausübung jedweder journalistischer, redaktioneller, literarischer, publizistischer, beratender oder sonstiger Tätigkeit neben der Tätigkeit bei der Klägerin der ausdrücklichen Einwilligung der Klägerin ebenso bedarf (§ 1 Ziffer 3 des Vertrages) wie der Nachdruck oder eine andere Wiedergabe von Veröffentlichungen des Redakteurs Jetter (§ 1 Ziffer 4 des Vertrages). Dieses umfassende Einwilligungserfordernis seitens der Klägerin ist mit dem Landgericht dahingehend zu werten, daß auch der Redakteur Jettet der Klägerin ein ausschließliches Nutzungsrecht an den von ihm angefertigten Beiträgen eingeräumt hat.
2) In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist der Senat des weiteren der Auffassung, daß die streitgegenständlichen Beiträge in den Publikationen der Klägerin grundsätzlich eine eigenschöpferische und damit urheberrechtsschutzfähige Leistung i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG sind. Hierzu gelten die vorstehenden Ausführungen unter I. zur Bestimmtheit des Antrages entsprechend, insbesondere auch dazu, daß die Schutzfähigkeit dieser Beiträge tatsächlich zu vermuten ist. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, daß selbst die Beklagte nicht leugnet, von schutzfähigen Beiträgen der Klägerin Gebrauch gemacht zu haben. Dies genügt für die Bejahung eines Unterlassungsanspruchs der Klägerin nach § 97 Abs. 1 UrhG. Welche Beiträge im einzelnen davon betroffen sind, ist dagegen, wie dargestellt, eine gegebenenfalls in der Vollstreckung zu klärende Frage.
3) Der Klägerin steht danach das alleinige Vervielfältigungs- (§ 16 UrhG) und Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG) an den streitgegenständlichen Beiträgen zu (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 UrhG). Diese Rechte verletzt die Beklagte durch die inkriminierte Weitergabe von Fotokopien, da sie sich dabei weder auf eine Genehmigung der Klägerin noch auf eine Privilegierung gemäß den §§ 45 ff. UrhG berufen kann.
a) Die Klägerin hat der Beklagten (unstreitig) keine ausdrückliche Genehmigung zur Anfertigung dieser Fotokopien erteilt.
Die Beklagte hat auch kein vertragliches Recht, Beiträge aus den Publikationen der Klägerin zu vervielfältigen und an Dritte weiterzugeben. Zwar hat die Beklagte unter dem 1.12.1992/30.3.1993 mit der Firma (…) dem Datenbankanbieter der klägerischen Volltext-Datenbank (…) einen Nutzungsvertrag abgeschlossen, welcher ihr den Zugriff auf die Datenbanken der Firma (…) gestattet und sie gemäß ihrem in den Vertrag einbezogenen Schreiben vom 28.3.1990 – auch dazu berechtigt, “als Informationsvermittler die abgerufenen Informationen … im Rahmen von spezifischen Rechercheaufträgen Dritter auch an diese Dritten weiterzuleiten”. Darauf kann sich die Beklagte aber nicht berufen. Denn diesem Schreiben ist nicht zu entnehmen, daß ihr damit auch die Klägerin – vertreten durch die Firma – das vertragliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung der streitgegenständlichen Beiträge eingeräumt hat. Das Schreiben sieht im Gegenteil ausdrücklich die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Firma (…) vor. Darin aber gibt die Firma (…) nach dem unbestrittenem Vortrag der Klägerin die zwischen der Klägerin und der Firma (…) bestehende Vereinbarung weiter, daß alle Rechte an den. der Firma (…) übergebenen Daten ungeschmälert bei der Klägerin verbleiben. Die Firma (…) konnte damit der Beklagten nicht mehr Rechte einräumen als ihr selbst zustehen. Diesen Tatbestand erfaßt der Urteilstenor des Landgerichts, da er die Vervielfältigung etc. “ohne Zustimmung der. Klägerin” untersagt.
b) Die Genehmigung der Klägerin zu der Vervielfältigung und Weitergabe der streitgegenständlichen Beiträge durch die Beklagte ist auch nicht entbehrlich. Zwar unterliegen die dem Urheber gemäß § 15 Abs. 1 UrhG zustehenden ausschließlichen Rechte nach den §§ 16, 17 UrhG den sich aus dem 6. Abschnitt des Urhebergesetzes (§§ 45 bis 63) ergebenden Schranken, mit der Folge, daß eine Werknutzung auch ohne Genehmigung des Urhebers zulässig sein kann. Die Beklagte kann eine solche Privilegierung aber nicht für sich in Anspruch nehmen.
aa) Soweit § 49 UrhG in Betracht kommt, scheidet er zu Gunsten der Beklagten schon deshalb aus, weil die Beklagte weder Kopien nur einzelner Beiträge aus den Publikationen der Klägerin anfertigt noch es sich bei diesen Beiträgen um solche handelt, die lediglich aktuelle Tagesfragen betreffen. Die Beklagte wählt vielmehr für ihr Archiv Beiträge aus, die zu verschiedenen Themen aus Politik und Wirtschaft insbesondere Fach- und Hintergrundwissen liefern und die daher über die Behandlung aktueller Tagesfragen hinausgehen.
bb) Die Beklagte kann sich ferner nicht auf die Vervielfältigungsfreiheit des § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG berufen.
Diese Vorschrift bestimmt, daß es auch ohne Genehmigung des Urheberberechtigten zulässig ist, einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes herzustellen öder herstellen zu lassen, wenn dies zum sonstigen eigenen Gebrauch geschieht und es sich um einen kleinen Teil eines erschienenen Werkes oder um einzelne in Zeitungen oder Zeitschriften erschienene Beiträge handelt. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall entgegen der Auffassung des OLG Köln (a.a.O., 267 ff., ihm folgend LG München, Urteil vom 15.5.1995 Az.. 7 0 1987/94 (B1.715 ff. d.A.]; siehe ferner Stintzing, GRUR 1994, 871, 875 f.) nicht erfüllt.
Dem OLG Köln ist allerdings einzuräumen, daß der Wortlaut des § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG den Kopiervorgang bei der Beklagten zunächst zu decken scheint, wenn ihm ein entsprechender Auftrag des Kunden unter den vorgenannten Bedingungen zugrunde liegt.
Dabei geht es – vorbehaltlich der Ausführungen unter II 3 b cc) – nicht um die Anwendbarkeit des § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG auf die Beklagte. Denn die Klägerin greift nicht die Herstellung von Kopien zum Zwecke der Archivierung bei der Beklagten an, sondern die Herstellung weiterer Kopien mit dem Ziel der Versendung an Kunden der Beklagten, also ein über die reine Archivierung hinausgehendes Handeln. Zutreffend stellt die Beklagte daher auf die Position ihrer Kunden ab, die davon geprägt ist, daß § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG auch das Herstellenlassen von Vervielfältigungsstücken eines Werks zuläßt, also nicht verlangt, daß derjenige, der die Vervielfältigungsfreiheit in Anspruch nimmt, die Kopien selbst fertigt. Er kann hiermit vielmehr auch einen Dritten, dessen Position die Beklagte einnehmen will, beauftragen.
§ 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG unterscheidet auch nicht danach, ob der Vervielfältigende selbst gewerblichen Zwecken nachgeht und sich die Kopiertätigkeit bezahlen läßt. Daher ist unschädlich, daß die Beklagte sich ihre Kopiertätigkeit vom Auftraggeber, wie ihrer Preistabelle für Recherche-Dienste (B1. 28 d.A.) zu entnehmen ist, mit einem Pauschalbetrag von mindestens 50,00 DM vergüten läßt.
Der Privilegierung nach § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG steht ferner nicht im Wege, daß die Beklagte ihre Tätigkeit überwiegend für Geschäftsleute und Unternehmen erbringt. Denn das Tatbestandsmerkmal “zum sonstigen eigenen Gebrauch” umfaßt auch berufliche und erwerbswirtschaftliche Zwecke. Entgegen der Auffassung der Klägerin setzt § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG auch nicht voraus, daß derjenige, der durch Dritte kopieren läßt, ein eigenes Werkstück besitzt. Diese Forderung enthält nur § 53 Abs. 2 Nr. 2 UrhG bei der Aufnahme von Vervielfältigungsstücken in ein eigenes Archiv. Das rechtfertigt den Umkehrschluß, daß § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG die Verwendung eines eigenen Werkstücks gerade nicht verlangt (ebenso OLG Köln, a.a.O., 267).
cc) Trotzdem folgt der Senat nicht dem OLG Köln. Denn der streitige Kopiervorgang widerspricht Sinn und Zweck des § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG und ist daher nicht privilegiert. Außerdem wird unzulässigerweise vorausgesetzt, daß die von der Beklagten angebotene Recherche und die in diesem Zusammenhang erbrachte Kopiertätigkeit zwei rechtlich getrennt zu bewertende Vorgänge sind (so OLG Köln, a.a.O., 267).
53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG ist eine Ausnahmevorschrift und nach allgemeiner Auffassung eng auszulegen (BGHZ 114, 368, 371 – Liedersammlung; Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 8. Aufl., vor § 45 Rdn. 3). Sie darf daher nicht über ihren eigentlichen Zweck hinaus erstreckt werden, wobei dieser Zweck “nur aus der tatsächlichen und rechtlichen Lage, die der Gesetzgeber bei Erlaß dieser Bestimmung vorfand” entnommen werden kann (BGHZ 17, 266 – “Grundig-Reporter”; Schricker/Melichar, Urheberrecht, vor §§ 45 Rdn. 15). Darüber hinaus ist zu beachten, daß im Zweifel stets zu Gunsten des Urhebers zu entscheiden und die Zulässigkeit der beliebigen Nutzung seines Werkes durch Dritte zu verneinen ist (Fromm/Nordemann, vor § 45 Rdn. 3 m.w.N.).
dd) Der Gesetzgeber wollte mit der Alternative des § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG “herstellen lassen” dem anzuerkennenden Informationsbedürfnis der Allgemeinheit Rechnung tragen und eine Benachteiligung derjenigen vermeiden, die aus finanziellen Gründen kein eigenes Kopiergerät besitzen und deshalb auf eine Kopieranstalt angewiesen sind (BT-Drucksache IV/270, 74; Schricker/Loewenheim, § 53 Rdn. 10).
Typisch für diesen Fall ist, daß der Kunde ein Werkstück besitzt, mit diesem zu einer Kopieranstalt geht und es dort kopieren läßt, sei es selbst oder durch einen Dritten. Wesentlich an diesem Vorgang ist, daß allein der Kunde bestimmt, was kopiert wird.
Mit diesem Sachverhalt stimmt die Tätigkeit der Beklagten nur insoweit überein, als auch sie nur auf Wunsch des Kunden kopiert. Anders verhält es sich, wenn der Kunde der Beklagten bereits mit dem Rechercheauftrag einen Kopierauftrag erteilt. Denn dann bestimmt nicht der Kunde, sondern ausschließlich die Beklagte, welche Werkstücke vervielfältigt werden.
Ein weiterer Unterschied zur Kopieranstalt liegt bei der Beklagten darin, daß Schwerpunkt ihrer Tätigkeit nicht der rein mechanische Kopiervorgang ist, sondern eine intellektuelle Dienstleistung, nämlich die Recherche, d.h. das Auffinden des zu kopierenden Werkstückes.
Die Beklagte kann zudem die Recherche auch ohne Kopierauftrag des Kunden sinnvoll durchführen, während sie andererseits ohne Recherche keine Anfertigung von Kopien jedweder Vorlagen anbietet. Folglich gibt es ohne vorangegangene Recherche auch kein Kopierangebot der Beklagten.
Die Tätigkeit der Beklagten ist deshalb mit der Tätigkeit eines Copy-Shops nicht vergleichbar, also auch nicht mit der Ausgangssituation, die der Gesetzgeber bei, Schaffung des Privilegs des § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG im Auge hatte.
Der Tätigkeit der Beklagten steht vielmehr die Tätigkeit öffentlicher Bibliotheken näher. Denn diese sind dazu übergegangen, auf Wunsch des Kunden Kopien von Werkstücken aus dem eigenen Bestand anzufertigen und zuzusenden, eine Verfahrensweise, die aus naheliegenden Gründen das Ausleihen und Versenden des Werkstückes selbst ersetzen soll.
Diese Bibliothekspraxis geht bereits deutlich über den vom Gesetzgeber ursprünglich gesehenen Sachverhalt hinaus, vor allem wenn die Herstellung von Kopien – wie z.B.: im Fall der (…) – mit einer vorausgegangenen Recherche verbunden sein kann. Zu Recht kann daher bezweifelt werden, ob diese Praxis noch vom Ausnahmetatbestand des § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG gedeckt ist (dazu Katzenberger GRUR 1973, 634, 635; Raczinski/Rademacher GRUR 1989, 324, 328). Der Gesetzgeber hat diese Bibliothekspraxis allerdings, wenngleich nicht in Verbindung mit einer Recherche, in der Begründung zu § 53 UrhG erwähnt und sie aus nachvollziehbaren praktischen Erwägungen für zulässig erachtet, sofern auf der Basis des § 54 UrhG eine Vergütung entrichtet wird (BT-Drucksache 10/837, 13, 20).
Aber auch zwischen der Bibliothekspraxis (ohne Recherche!) und der Tätigkeit der Beklagten bestehen sachliche Unterschiede.
Zum einen bestimmt die Beklagte und nicht, wie bei öffentlichen Bibliotheken, der Kunde, welche Beiträge kopiert werden sollen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Kunde der Beklagten – wie bereits dargetan – schon mit Erteilung des Rechercheauftrags den Auftrag zur Anfertigung von Kopien erteilt.
Zum anderen handeln öffentliche Bibliotheken uneigennützig. Dieser Altruismus fehlt bei der Beklagten, da sie ihren Recherchedienst gewerblich betreibt. So verlangt sie gemäß ihrer Preistabelle für Recherche-Dienste für die Recherche einen Grundpreis von 100,– DM und je angefangene halbe Stunde weitere 100,– DM. Hinzu kommt der bereits erwähnte, vom OLG Köln (a.a.O., 267) aber nicht berücksichtigte Mindestbetrag von 50,– DM für Sachleistungen wie Kopieren.
Das Kopierangebot der Beklagten mag zu ihrem Recherchedienst nur eine Nebenleistung sein. Gleichwohl dient es der eigentlichen Hauptleistung der Beklagten, da es den Recherchedienst wesentlich attraktiver macht, wenn nicht sogar erst ermöglicht.
So hat die Beklagte selbst vorgetragen, ihr Kopierdienst sei für eine schnelle und effiziente Information des Auftraggebers “unerläßlich”. Zudem hat sie ihren Vollstreckungsschutzantrag im Kammertermin vom 21.1.1993 damit begründet, daß ohne Kopiererlaubnis ihr Informationsdienst “faktisch lahmgelegt” werde.
Die Beklagte benötigt somit nach ihren eigenen Angaben Recherche und Kopieren als Komplettangebot. Das aber heißt, daß die Beklagte auch dann, wenn der Kopiervorgang trotz der dargelegten Umstände weiterhin dem Kunden zuzurechnen ist (so OLG Köln, a.a.O., 267), die dem Kunden zustehende Vervielfältigungsfreiheit des § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG in den Dienst ihrer erwerbswirtschaftlichen Interessen stellt. Dies geschieht zwar mit Zustimmung des Kunden, die er der Beklagten im Zusammenhang mit dem Kopierauftrag konkludent erteilt. Die aufgezeigten wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhänge zwischen Recherche und Kopierangebot verdeutlichen aber, daß das aus beidem geschnürte Servicepaket der Beklagten ein einheitlicher Lebensvorgang ist. Er muß daher auch als solcher bewertet werden, um seinen tatsächlichen Gegebenheiten gerecht werden zu können.
Geschieht dies, dann erweist sich, daß der bei der Beklagten gegebene Sachverhalt nochmals deutlich über die beschriebene Bibliothekspraxis hinausgeht. Nach Sinn und Zweck des § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG ist der Kopiervorgang bei der Beklagten im Zusammenhang mit ihrem Recherchedienst daher nicht mehr privilegiert. Dies trägt sowohl dem Ausnahmecharakter dieser Vorschrift als auch dem Grundsatz: “In dubio pro auctore” angemessen Rechnung.
ee) Dieses Ergebnis rechtfertigt sich selbst dann; wenn der Kunde der Beklagten zunächst nur einen Rechercheauftrag erteilt und bei ihr erst nach Erhalt der Recherche Kopien bestimmter Beiträge anfordert.
Im Gegensatz zum vorangegangenen Fall bestimmt hier zwar der Auftraggeber, welche Beiträge die Beklagte kopieren soll, so daß die Beklagte bei dieser Gestaltung wieder mehr in die Nähe von Kopieranstalten oder öffentlichen Bibliotheken rückt. Der aufgezeigte wirtschaftliche und rechtliche Zusammenhang, der beide Vorgänge verbindet, bleibt aber bestehen. Dieser Zusammenhang kann nicht – im Ergebnis künstlich – dadurch beseitigt werden, daß Recherche und Kopieren zeitlich getrennt ablaufen. Denn unverändert bleibt auch in diesem Fall, daß a) Recherche und Kopieren in einer Hand liegen, b) die Beklagte ohne vorangegangene Recherche nicht für den Auftraggeber kopiert und c) der Kopiervorgang im Dienst des kommerziell betriebenen Recherchedienstes der Beklagten steht. Sinn und Zweck des § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG und sein Ausnahmecharakter sind deshalb auch hier in gleicher Weise tangiert. Außerdem könnte die Beklagte § 53 Abs. 2 Nr. 4a UrhG leicht dadurch umgehen, daß sie ihre Kunden darauf hinweist, aus Rechtsgründen einen Kopierauftrag erst nach Zugang der Recherche annehmen zu können. Auch bei dieser Fallgestaltung ist es der Beklagten deshalb verwehrt, Kopien für ihre Kunden aus den Publikationen der Klägerin herzustellen.
ff) Die Beklagte macht gegenüber dem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch ohne Erfolg die Verjährungseinrede geltend. Nach § 102 Satz 1 UrhG verjähren Ansprüche wegen Verletzung des Urheberrechts in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Berechtigte von der Verletzung und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt hat. Im Streitfall ist entscheidend, daß die Beklagte unstreitig erst seit 1991 einen (entgeltlichen) Informationsdienst unter dem Namen (…) betreibt und folglich auch erst seit 1991 öffentlich für diesen wirbt. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten war es in den Jahren davor lediglich hausintern üblich, einigen wenigen Kunden im Rahmen eines kostenlosen Services Kopien der streitgegenständlichen Beiträge zukommen zu lassen. Demzufolge ist davon auszugehen, daß die Klägerin erst mit der öffentlichen Werbung für den (…) -Recherchedienst im Jahre 1991 von diesem Kenntnis erlangt hat, und zwar durch die Pressemitteilung der Beklagten vom 25.3.1991. Die Klägerin hat daher die Frist des 102 UrhG durch Einreichung der Klage im Juni 1992 gewahrt.
gg) Wegen der vom Landgericht weiter zuerkannten Ansprüche auf Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 543 Abs. 2 ZPO). Daneben kommt es nicht weiter darauf an, ob der Klägerin auch ein Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG zusteht (dazu OLG Köln a.a.O., 268).
III. Nach alledem war die Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die angefochtene Entscheidung war jedoch insoweit abzuändern, als der Beklagten die vollen Kosten der ersten Instanz auferlegt worden sind. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist der Senat der Auffassung, daß der abgewiesene Hauptantrag gegenüber dem Hilfsantrag zu 1a) ein “Mehren darstellt, so daß sich die auf dem Hilfsantrag beruhende Verurteilung der Beklagten auch in der Kostenverteilung auswirken muß. Dieses “Weniger” des Hilfsantrages gegenüber dem Hauptantrag bemißt der Senat mit einem Zehntel, so daß die Kosten der ersten Instanz im Verhältnis von 9/10 zu 1/10 zu Gunsten der Klägerin zu verteilen waren.
Im übrigen folgt die Kostenentscheidung aus § 97 Abs. 1 ZPO; der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.