BESCHLUSS
In dem Verbraucherinsolvenzverfahren
des … Schuldner, Beschwerdeführer und weiterer Beschwerdeführer
hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main – 26. Zivilsenat – durch
…
am 1. August 2000 beschlossen:
Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss
des Landgerichts Gießen – 7. Zivilkammer – vom 8. Mai 2000 wird
verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Schuldner zu tragen.
Beschwerdewert: 8.000 DM.
Gründe:
Der Schuldner erstrebt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein
Vermögen.
In dem von ihm mit dem Schuldenbereinigungsplan vorgelegten
Gläubigerverzeichnis sind 45 Gläubiger enthalten; darunter befindet
sich eine . . . GmbH, die 1997 wegen Vermögenslosigkeit im
Handelsregister gelöscht worden ist. An die GmbH, deren Forderung sich
auf etwa 7.000 DM beläuft, konnten weder Insolvenzantrag noch
Schuldenbereinigungsplan zugestellt werden.
Im Hinblick auf die nicht erfolgte Zustellung an diese Gläubigerin
lehnte das Amts-gericht mit Beschluss vom 10. März 2000 die
Insolvenzeröffnung ab. Die dagegen vom Schuldner eingelegte sofortige
Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 8. Mai 2000
zurückgewiesen.
Das Landgericht hat die Auffassung des Amtsgerichts bestätigt, dass
eine Beteiligung aller Gläubiger im Schuldenbereinigungsverfahren nach
den zwingenden Vorschriften der Insolvenzordnung unerlässlich sei. Der
Schuldner habe es unterlassen, der partei-fähigen, jedoch nicht
rechtsfähigen Nachgesellschaft der im Handelsregister gelöschten GmbH
zum Zwecke der Zustellung einen Nachtragsliquidator bestellen zu
lassen.
Gegen diesen ihm am 26. Mai 2000 zugestellten Beschluss setzt sich der
Schuldner mit der am 8. Juni 2000 eingegangenen sofortigen weiteren
Beschwerde zur Wehr, deren Zulassung er beantragt.
Die sofortige weitere Beschwerde ist nicht statthaft und deshalb gemäß
§§ 4 InsO, 574 S. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
Nach § 7 Abs. 1 InsO ist eine weitere Beschwerde im Insolvenzverfahren
statthaft, wenn sie vom Oberlandesgericht zugelassen wird. Dies setzt
einen zulässigen und be-gründeten Antrag des Beschwerdeführers auf
Zulassung dieses Rechtsmittels voraus. Das Oberlandesgericht lässt das
Rechtsmittel zu, wenn es darauf gestützt wird, dass die angefochtene
Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, und die
Nachprüfung der Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung ge-boten ist.
Der Schriftsatz des Schuldners vom 9. Juni 2000 genügt den
Anforderungen für die Ein-legung des Rechtsmittels und des
Zulassungsantrags.
Rechtsmittel und Zulassungsantrag sind statthaft gegen eine nach § 34
Abs. 2 InsO an-fechtbare insolvenzgerichtliche Ausgangsentscheidung
(Nichteröffnung des Insolvenz-verfahrens) gemäß den §§ 6, 7 InsO
gerichtet und form- und fristgerecht gemäß §§ 7 Abs. 1, 4 InsO; 569,
577 ZPO eingelegt worden.
Der Schuldner rügt auch eine Gesetzesverletzung im Sinne des § 7 Abs.
1 S. 1 InsO indem er geltend macht, die angefochtene Entscheidung des
Landgerichts beruhe auf einer Verletzung des Gesetzes, weil das
Gericht zu Unrecht die Zustellung auch an die im Register gelöschte
GmbH verlange. Dies verstoße angesichts seiner geringfügigen Einkünfte
im Hinblick auf die Kosten der für eine Zustellung erforderlichen
Bestellung eines Nachtragsliquidators gegen den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit. Zudem habe das Landgericht fälschlich die
Voraussetzungen des § 57 ZPO als nicht gegeben an-gesehen.
Die Zulassung des Rechtsmittels scheitert jedoch daran, dass die
Nachprüfung der an-gefochtenen Entscheidung des Beschwerdegerichts zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht geboten ist. Eine
solche Nachprüfung ist im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 2 InsO nur geboten,
wenn die ernsthafte Gefahr einer divergierenden
insolvenzge-richtlichen Rechtsprechung besteht. Dies kann nach
Auffassung des Senats bereits dann der Fall sein, wenn zwar keine
obergerichtliche Rechtsprechung zu der Fragestel-lung vorliegt, jedoch
abweichende Entscheidungen von Land- und Amtsgerichten oder
abweichende Ansichten in der Literatur zu wesentlichen Rechtsfragen
der Insolvenz-ordnung die Notwendigkeit einer einheitlichen
Ausrichtung begründen (so auch OLG Köln, Beschl, v. 3. 3. 2000 – 2 W
31/2000). Dagegen begründen bloße Subsumtionsfehler des
Beschwerdegerichts bei der Anwendung einer an sich zweifelsfreien und
un-umstrittenen Rechtsnorm oder einer fehlerhafte
Tatsachenfeststellung im konkreten Einzel-fall keine generelle, durch
das Oberlandesgericht zu korrigierende Divergenz-Gefahr (Heidelberger
Kommentar-Kirchhof, InsO, § 7 Rn. 23, 24; OLG Köln a. a. 0., m. w.
N.).
Im vorliegenden Fall bedarf die angefochtene Beschwerdeentscheidung
des Land-gerichts keiner inhaltlichen Überprüfung zur Sicherung einer
einheitlichen insolvenz-rechtlichen Rechtsprechung.
Zu Recht halten Amts- und Landgericht auf der Grundlage des § 307 Abs.
1 S. 1 InsO und von dessen eindeutigen Wortlaut die förmliche
Zustellung des vorgelegten Schuldenbereinigungsplans an alle Gläubiger
für erforderlich. Diese Rechtsprechung befindet sich in völliger
Übereinstimmung mit der einschlägigen Kommentarliteratur (vgl.
Frankfurter Kommentar-Grote, InsO, § 307 Rn. 7; Heidelberger
Kommentar-Land-fermann, InsO, § 307 Rn. 5).
Die förmliche Zustellung an alle Gläubiger hat die Funktion, möglichst
schnell feststel-len zu können, ob der Schuldenbereinigungsplan
Grundlage für eine einvernehmliche Lösung sein kann. Nach § 307 Abs. 1
S. 3 InsO gelten hier nicht die allgemeinen Erleichterungen für die
Zustellung im Insolvenzverfahren, insbesondere besteht nicht die
Möglichkeit der Zustellung durch Aufgabe zur Post. Vielmehr nimmt das
Gesetz den bei der förmlichen Zustellung erforderlichen Aufwand und
die dabei entstehenden Kosten wegen der einschneidenden Folgen, die
das Schweigen auf die Zustellung des Schuldenbereinigungsplans und die
entsprechenden Erklärungsaufforderungen des Gerichts hat, bewusst in
Kauf (Heidelberger Kommentar-Landfermann, InsO, § 307 Rn. 1). Dabei
stellt das Gesetz nicht darauf ab, in welchem Umfang der einzelne
Gläubiger nach dem Schuldenbereinigungsplan befriedigt werden soll
bzw. in welcher Höhe er Forderungen gegen den Schuldner geltend machen
kann und in welchem Verhältnis die geltend gemachte Forderung zu
denjenigen der übrigen Gläubiger steht.
Dementsprechend hat der Schuldner nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO ein
Verzeichnis der Gläubiger mit deren genauen Anschriften vorzulegen,
damit die Zustellung nach § 307 InsO keine Schwierigkeiten bereitet
(so bereits ausdrücklich Bericht des BT-Rechts-ausschusses BT-Drucks,
12/7302, S. 190 f.). In Kenntnis der dem Schuldner bei Nicht-eröffnung
des Verfahrens entstehenden möglichen Kosten und Nachteile hat der
Gesetzgeber an die nicht vollständige Vorlage der erforderlichen
Verzeichnisse nach § 305 Abs. 3 InsO Sanktionen geknüpft, die bis zur
Fiktion der Rücknahme des Antrags auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens reichen. Aus diesem Grunde ist für die
Argu-mentation des Schuldners im vorliegenden Fall, die Nichteröffnung
im Hinblick auf die fehlende Zustellung an nur einen Gläubiger
verstoße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, kein Raum.
Soweit er im Hinblick auf die ihm infolge der Zurückweisung des
Insolvenzantrags dro-henden Nachteile die Voraussetzungen des § 57 ZPO
für die Bestellung eines Prozess-pflegers als gegeben ansieht, kann
der Senat dieser Auffassung nicht beitreten. Zu Recht hat das
Landgericht bereits darauf hingewiesen, dass es Sache des Schuldners
war, sich vor Antragstellung oder jedenfalls im Verfahren über seinen
Antrag auf Eröff-nung des Insolvenzverfahrens bei dem für den Sitz der
GmbH zuständigen Register-gericht um die Bestellung eines
Nachtragsliquidators zu bemühen, an den die erfor-derliche Zustellung
hätte erfolgen können. Selbst wenn jedoch das Landgericht inso-weit
bei Anwendung des § 57 ZPO zu hohe Anforderungen gestellt hätte,
begründete ein solcher Subsumtionsfehler keine Divergenzgefahr, die
die Nachprüfung der ange-fochtenen Entscheidung zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung erforderlich machen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 4 InsO, 97 Abs. 1 ZPO.